Bestand

Unterlagen Erhard Jöst (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Eingekommen von Dr. Erhard Jöst, Ludwigstraße 18, 74078 Heilbronn, gauwahn@gmx.de, am 7.8.2018; weitere Ablieferung 2019
Erhard Jöst (* 22. November 1947 in Mannheim) ist ein deutscher Autor, Kabarettist und ehemaliger Lehrer aus Heilbronn.
Jöst wuchs in Heddesheim auf. Von 1954 bis 1958 besuchte er die Volksschule und anschließend das Moll-Gymnasium Mannheim, an dem er 1966 die Abiturprüfung ablegte. Ab 1969 studierte er Germanistik, Geschichte und Philosophie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, machte 1974 das Erste Staatsexamen und wurde 1976 mit der Arbeit Bauernfeindlichkeit. Die Historien des Ritters Neithart Fuchs über spätmittelalterliche Schwankliteratur zum Dr. phil. promoviert. 1977 schloss er sein Referendariat mit dem Zweiten Staatsexamen ab. Von 1976 bis 2011 unterrichtete er als Gymnasiallehrer die Fächer Deutsch, Geschichte, Politik und Ethik, von 2008 bis 2011 war er zudem Bezirkspersonalrat der Lehrkräfte an Gymnasien beim Regierungspräsidium in Stuttgart.
Seit 1980 ist er verheiratet mit Christel Banghard-Jöst. Ein Jahr später wurde Tochter Julia geboren.
Publizist
Jöst veröffentlichte literarische und literaturwissenschaftliche Bücher und Aufsätze in Zeitschriften, Anthologien, Sammelbänden, Jahrbüchern und Nachschlagewerken, außerdem journalistische Beiträge in Tages- und Wochenzeitungen. Rezensionen schrieb er vor allem für literaturkritik.de.
Seit einem Seminar bei Eberhard Lämmert zur Lyrik der Befreiungskriege im Wintersemester 1972/73 befasst er sich mit Theodor Körner. 1997 wirkte er bei der Neugestaltung der Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin mit und hielt die Rede anlässlich der Neueröffnung des Theodor-Körner-Museums. Im Mai 2012 hielt er beim Verein für corpsstudentische Geschichtsforschung auf der Rudelsburg einen Vortrag über Körners Rezeptionsgeschichte. 2013 entlarvte Jöst ein angebliches Körner-Zitat (Noch sitzt ihr da oben ihr feigen Gestalten...), das von nationalistischen Kreisen in den Medien und bei Pegida-Demonstrationen verbreitet wurde, als Fälschung.
Er war Mitglied der wissenschaftlichen Kommission, die nach der Öffnung des Wiener Neidhartgrabes 2000 die Funde auswertete und er publizierte zwei Aufsätze in dem Sammelband Neidhartrezeption in Wort und Bild, der die Ergebnisse der Neidhartforschung präsentiert. In dem 2018 von Margarete Springeth und Franz Viktor Spechtler hg. Handbuch "Neidhart und die Neidhart-Lieder" stellt er "Das Schwankbuch Neithart Fuchs" vor. Er lieferte Beiträge für den Deutschlandfunk.
Jöst veröffentlicht Satiren, Lyrik, Essays, literaturwissenschaftliche Untersuchungen, Kabarett-Texte, Kurzgeschichten in den Zeitschriften Die Horen (Morawietz), kunst + kultur, Kürbiskern, Orbis litterarum, Der Deutschunterricht, Diskussion Deutsch, Litfass, päd. extra, Demokratische Erziehung, Österreich in Geschichte und Literatur, Kultur und Gesellschaft, Informationen zur Deutschdidaktik, Die Unterrichtspraxis, bildung und wissenschaft, Die Pointe, Ossietzky, Wiener Geschichtsblätter und publizierte Beiträge im LehrerInnen-Kalender sowie in Anthologien und Jahrbüchern.
1988 gründete er das Kabarett-Ensemble GAUwahnen.[5] Die GAUwahnen spielen ihre Programme im Heilbronner K3-Theaterforum. Von 1993 bis 2015 haben sie am Vorabend zum Tag der deutschen Einheit in Heilbronn und Frankfurt an der Oder eine "Nacht der deutschen GemEinheit" präsentiert, bei der auch Stars des deutschen Kabaretts wie Dieter Hildebrandt mitspielten. Seit 2015 wirkt Erhard Jöst als Komparse bei Spielfilmen mit: "Wer aufgibt, ist tot" (2016), "Die Freibadclique" (2017), "25 km/h" (2018), "Hopfingen - da braut sich was zusammen" (2018), "Aenne Burda" (2018).
Politik
Im November 1970 verteilte Jöst zusammen mit Jungsozialisten in Heddesheim bei einem Wohltätigkeitskonzert des Männergesangsvereins für den Bau von zwei konfessionellen Kindergärten Flugblätter mit der Forderung nach einem überkonfessionellen Kindergarten. Der Bürgermeister stoppte die Aktion, indem er auf die Flugblattverteiler einprügelte und einen folgenschweren Treppensturz verursachte. Die Klage gegen ihn wurde von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Mannheim eingestellt mit der Begründung, dass "an der Bestrafung des Beschuldigten kein öffentliches Interesse" bestehe. (Prügel vom Dorfschulzen. Vorwärts vom 3. Dezember 1970; Konrad Dussel: Heddesheim. Von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart. verlag regionalkultur Ubstadt-Weiher 2017, S. 427 ff.). Bundesweit Schlagzeilen machten verschiedene Veranstaltungen, die Jöst während seiner Zeit als Juso-Vorsitzender in Bad Mergentheim organisierte: 1979 musste eine Vorstellung des Kabarettisten Dieter Hildebrandt in das Evangelische Gemeindezentrum verlegt werden, weil der Stadtrat den Auftritt in der Aula der Volkshochschule mit der Begründung untersagte, diese dürfe nur für "schulische und hochwertig kulturelle Zwecke" freigegeben werden. (Fränkische Nachrichten und Tauber-Zeitung vom 15. Mai 1979.) Ebenfalls in diesem Jahr referierte General Gert Bastian in Bad Mergentheim und löste im Bundestag einen Parteienstreit um die Verteidigungspolitik aus. (Generalmobilmachung gegen Gert Bastian. Eine Dokumentation. Vorwort von Walter Jens, PDI Sonderheft 14, München 1981, ISBN 3-88206-024-7.) Jöst wurde vom baden-württembergischen Kultusministerium 1981 von Bad Mergentheim nach Heilbronn versetzt, wegen der öffentlichen Verwendung eines Zweizeilers von Heinrich Heine. Dies hielt Jöst in zwei Büchern fest, die er zusammen mit der Journalistin Ruth Broda herausgab.Das ZDF verarbeitete sie zu dem satirischen Film Heinrich Heine und die deutsche Gegenwart. 1987 wurde der Lehrer als Verfasser einer Landeshymnen-Persiflage in einer "Staatsaktion" auf Verfassungstreue überprüft. 1995 wurde er innerhalb von Heilbronn versetzt wegen Personalratstätigkeit.
Ehrungen und Auszeichnungen[Bearbeiten Quelltext bearbeiten]
Die Bundesvereinigung Kabarett und Oberbürgermeister Andreas Michelmann verliehen ihm 2012 den ¿Kleinkunstpreis der Stadt Aschersleben¿.


1. Zur Person von Erhard Jöst: Erhard Jöst wurde am 22.11.1947 in Mannheim als Sohn des Georg Jöst und der Wilhelmine, geb. Herbert geboren. Er wuchs in Heddesheim auf und besuchte die Volksschule und anschließend das Moll-Gymnasium in Mannheim. Dort legte er 1966 sein Abitur ab. Von 1969 bis 1974 studierte er an der Universität Heidelberg Germanistik, Geschichte und Philosophie. 1976 promovierte er zum Dr. phil. mit seiner Dissertation ,,Bauernfeindlichkeit. Die Historien des Ritters Neithart Fuchs". 1974 und 1977 absolvierte er das Erste bzw. Zweite Staatsexamen, anschließend war er bis 2011 als Lehrer für die Fächer Deutsch, Geschichte, Politik und Ethik in Bad Mergentheim und Heilbronn tätig. Dabei erregte er mit satirischen Äußerungen mehrmals Anstoß und geriet damit in ein größeres öffentliches und mediales Interesse. Auch in der Politik und in einigen Gerichtsverfahren fand sein provokatives Verhalten Niederschlag. Hierzu gehörte auch seine Heiratsanzeige. Am 22.11.1980 heiratete er Christel Banghard. In der Heiratsanzeige zitierte er Heinrich Heine ,,Und fehlt der Pfaffensegen dabei, die Ehe wird gültig nicht minder". Dieses Zitat löste einen Sturm der Entrüstung aus, Jöst wurde öffentlich angefeindet und auch die Medien griffen das Thema auf. 1988 gründete Erhard Jöst das Kabarett "GAUwahnen", mit dem er über zwanzig Programme und vier CDs produzierte. 2012 zeichnete ihn die Bundesvereinigung Kabarett mit dem Kleinkunstpreis der Stadt Aschersleben aus. Außerdem war und ist er als Schriftsteller tätig. Er verfasste mehrere Werke mit satirischem Charakter, u.a. "Kultus und Spott. Provinzpossen und Schulsatiren", 1997 und "Grüss Spott", 1988. In mehreren Publikationen spielte der damalige Kultusminister Gerhard Mayer-Vorfelder eine Rolle, da dieser an seiner Zwangsversetzung beteiligt war. Außerdem war Jöst politisch aktiv bei den Jungsozialisten in Heddesheim. Besonders hervorzuheben ist dabei der 22.11.1970. Jöst verteilte an diesem Tag, zusammen mit einem weiteren Jungsozialisten, Flugblätter vor der Kirche in Heddesheim. Sie wollten darauf aufmerksam machen, dass zwei konfessionelle Kindergärten gebaut werden sollten. Der Bürgermeister Fritz Kessler soll sie im weiteren Verlauf beschimpft und geschlagen haben. Erhard Jöst lebt in Heilbronn.

2. Über den Bestand: Erhard Jöst überlies die Unterlagen im August 2018 dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart zur Archivierung. Der Vorlass spiegelt hauptsächlich seine literarischen und beruflichen Tätigkeiten wider. Er enthält die Publikationen von Jöst sowie audiovisuelles Material in Form von CDs und DVDs mit Liedern und gesprochenem Kabarett seiner Kabarettgruppe "GAUwahnen". Weiterhin enthalten sind Akten Jösts und seines Anwalts über die Gerichtsverfahren zu einem Streit am Theodor-Heuss-Gymnasium in Heilbronn zu seiner Person. Weitere Unterlagen beziehen sich auf die genannte Affäre um die Heiratsanzeige und die Reaktionen darauf. Die Verzeichnung des Bestandes erfolgte im September 2018 durch den Inspektoranwärter Steffen Maisch unter Anleitung von Dr. Peter Schiffer, die AV-Materialien erschloss Hermann Schäffner. Der Bestand erhielt die Bezeichnung "Q 2/51 Unterlagen Erhard Jöst" und umfasst 25 Verzeichnungseinheiten in ca. 1 lfd. m. Er hat eine Laufzeit von 1968 - 2018. Stuttgart, im September 2018 Steffen Maisch

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Q 2/51
Umfang
40 VE (ca. 0,5 lfd. m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Nachlässe, Verbands- und Familienarchive >> Sonstige Nachlässe

Bestandslaufzeit
1968-2018

Weitere Objektseiten
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
20.01.2023, 15:09 MEZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1968-2018

Ähnliche Objekte (12)