Handschriften

Ed. Tobler an Karl Weltzien

Enthält: (1r) Tobler ist seit drei Monaten in Moresnet und hat sich bereits gut eingelebt. Der Dienst ist arbeitsreich. Unter zuviel Arbeit leiden die "Beamten der Vieille Montagne" (= Aktiengesellschaft für Bergbau und Zinkhütten vom Alten Berg) jedoch nicht. Tobler war nach eigenem Ermessen fleißig. Er wohnt nicht "wie früher [Max] Schaffner" im Laboratorium. Er ist mit "einigen kleinen Arbeiten" beschäftigt, die Weltzien interessieren könnten. Dienstliche Aufgaben hindern am Fortschritt dieser Vorhaben. Nicht alle "Zinkartige[n]" werden weiterverwendet. Am Monatsanfang ist zeitlicher Freiraum für Privatarbeiten, da jeweils erst zur Monatsmitte die Proben aus "sämtlichen Hütten und Gruben" zur Analyse bis zum Monatsende eingehen. (1v) Etwa "80 bis 100" Proben an "Galmey, Blenden und Bleiglanzen" werden monatlich eingesandt. Die meisten werden vor Ort analysiert. Tobler hat einen von Schaffner ausgebildeten Assistenten, der fleißig und kenntnisreich ist, aber sehr ungenau arbeitet. Tobler überträgt ihm "außer gewöhnlichen Proben keinerlei Bestimmungen". Der Assistent opponierte anfangs so stark gegen Tobler, dass er einen Weggang erwog. Schaffners Stelle war längere Zeit unbesetzt. Der Assistent spekulierte auf diese Stelle, da er Schaffner schon oft vertreten hatte. Tobler ging den Konflikt schließlich offensiv und durchgreifend an. Der Konflikt wirkte sich auch auf die Untersuchungsergebnisse aus. Insbesondere kam es zu einer fehlerhaften Annahme bezüglich der "erreichbaren Genauigkeit [der] Zinktitrirung". (2r) Die vom Assistenten erzielten Genauigkeiten erwiesen sich als fiktiv. Die bisher zur Titration benutzte "Schwefelnatriumlösung" ist zinkhaltig. Durch Verdünnung senkte Tobler den Zinkgehalt der Lösung um 25 bis 50 Prozent. Die zugegebenen "4 Tropfen Eisenchlorid" bleiben nicht "coagulirt". Die verwendete Eisenchloridlösung besitzt eine geringere Konzentration als jene Eisenchloridlösung, die Tobler vormals unter Weltzien zu gleichem Zweck herstellte. "Das coagulirt Erhalten der Eisenchloridlösung" wird durch die Konzentration der "ammoniakalischen Zinklösung" erreicht. Der Niederschlag von "Eisenoxydhydrat" wird "mit Ammoniakflüssigkeit aus dem gelösten Galmey ausgewaschen". Tobler legt die Fehlerquellen in diesem Versuch dar und hebt hervor, dass sich "die Einwirkung von Schwefelnatrium auf Eisenoxydhydratklumpen" nur auf der Oberfläche vollzieht. Das Ende der Reaktion wird von der "Dauer der Einwirkung des Titers und dem Grade der Hitzung der Flüssigkeit" bestimmt. Entscheidend sind auch das Erkennen des richtigen Schwärzungsgrads beziehungsweise der Titerverbrauch bei Verwendung der Eisenchloridlösung. (2v) Bei der Titration ergeben sich Abweichungen von bis zu 1 %. Die größten Fehlerquellen birgt die "gewöhnliche Zinkanalyse": Beim Auswaschen der Ammoniakfällung in der Galmey- oder Blende-Lösung wird mit zu hohen Konzentrationen gearbeitet, um die Abdampfzeit zu verkürzen. Tobler ist bei Zinkbestimmungen mittels Titration erfolgreich, sofern eine sorgfältige "vorgängige Trennung des Zinks" erfolgt. Die Titrationsmethode ist genau und vor allem neben der Zinkbestimmung auch für die "Galmey- und Blenden-Analyse" geeignet. Die Gewichtsanalyse führte Tobler "maßanalytisch und auf gewöhnlichem Wege" durch. Ihre Ergebnisse stimmen mit jenen der Titration überein. Von (Maximilian) Braun erhielt Tobler eine kleine Menge "Zinkoxydkrystalle", die sich bei "unregelmäßigem Gange der Zinkherstellung" oder bei der Gewinnung in Muffeln (= Gefäße aus feuerfestem Ton) bilden. Die Kristalle sind "grünlichgelb und vollkommen durchsichtig" und weisen eine atypische Form auf. Als Formel wird "Zn[hoch]2O[hoch]3" angenommen. Tobler bestimmte einen Zinkgehalt von fast 84 %. (3r) Der Zinkgehalt deutet auf Vorliegen von "2 ZnO + Zn[hoch]2O" hin. Das spezifische Gewicht der Kristalle beträgt 5,775. Sie sind in "kalter Salzsäure leicht löslich und frei von sonstigen Beimengungen". In Bappelsberg am Bach nach Herbesthal lagert eine sehr reine, fast weiße, leicht gelbliche Blende aus 2/3 Zink und 1/3 Schwefel. Die Inkrustationen auf den Grubenhölzern ähneln farblich einer Blende, die "wesentlich nur aus wasserhaltigem Schwefelzink besteht". Bei der Reaktion von metallischem Zink mit heißer Alaunlösung "löst sich das Zink unter Wasserzersetzung" und "bildet schwefelsaures Zinkoxyd neben basischem Alaun". Die Bildung dieser Reaktionsprodukte erfolgt auch bei Zugabe von "kohlensauren Alkalien". Tobler sammelt "alle möglichen Zinkreaktionen" für eine etwaige "praktische Verwendung". Die Untersuchungen zur "Zinklaugerei und Fällung von Zinkoxyd als Farbestoff" ruhen. Zunächst werden "Erfahrungen über die Verwerthung dieser Zinkpräparate im Handel" abgewartet. Schaffner fällte vormals "Oxydchlorid" aus "neutrale[n] und concentrirten Chlorzinklösungen durch Wasser" aus. Tobler untersuchte das "fragliche Oxydchlorid", war aber bei der Bestimmung mehrfach erfolglos. Die Fällung durch Wasser wurde bereits von (Leopold) Gmelin ausführlich beschrieben. Es gibt keine Angaben über die Zusammensetzung des Fällungsprodukts. Die Darstellung von Zinkoxid ergibt ein "gutes, jedenfalls feinvertheiltes Farbmaterial". (3v) "Zinkoxydhydratniederschläge" sind klebrig, schwer auszuwaschen und verlieren beim Glühen ihren feinpulvrigen Charakter. Wasserfreies Zinkoxid lässt sich bei gleichzeitiger Bildung von "Chlorcalcium" dann erzielen, wenn "Chlorzink und Aetzkalk" zusammen geschmolzen werden. Es bilden sich "gut auslaug[bares]" Zinkoxid und Chlorcalcium. Das so hergestellte Zinkoxid besitzt eine gelbliche Nuance. Tobler war Schüler Weltziens. Er bewertet mittlerweile alle Untersuchungen auf ihren späteren wirtschaftlichen Nutzen und Gewinn hin. Ein Studium in Freiberg gilt als besondere Referenz. Tobler bedauert, keine Bergschule besucht zu haben, und möchte seine Leistungen daher unter besonderen Beweis stellen. Er bildet sich neben der Arbeit in Metallurgie und Hüttenkunde weiter und besucht die "benachbarten Etablissements". Tobler will in Moresnet bleiben. Die Anstellung bei der "Schweizer Münze" zerschlug sich. Der Bundesrat steht der Anstellung eines neuen Münzdirektors "bei der neu und prachtvoll eingerichteten Münzstätte" kritisch gegenüber und will "das Silbergeld wieder in Frankreich prägen lassen". Tobler ist "Beamter der Direction des mines" und Braun direkt unterstellt. Tobler ist mit Arbeitsbedingungen und -umfeld äußerst zufrieden. Er bat (Maximilian) Braun um "recht lange" Anstellung. (4r) Tobler bot (Gabriel Gustav) Valentin seine Unterstützung bei der "Ausführung einiger Analysen" an. Da Valentin die begonnenen Untersuchungen nicht weiterführen kann, will Tobler die "in Carlsruhe liegenden Materialien zur Untersuchung nehmen". (F.) Seneca erklärte sich bereit, sowohl die Untersuchungsobjekte als auch die "Notizen" an Tobler zu überbringen. Nach Valentin genügen "4 Stück im Ganzen" (4v), in die "nöthige[...] Länge geschnitten". Tobler will alle Auslagen übernehmen, die Weltzien und dem Laboratorium entstehen, und bittet um eine Kostenaufstellung. Tobler verfügt über die Ausrüstung zur Elementaranalyse. Tobler erhielt am Vortag einen Brief Senecas. Demnach plant Weltzien ein "technisches Laboratorium" und interessiert sich für Toblers bisherige Erfahrungen mit einem "Tütenofen" und für dessen Verwendungszweck. Ein solcher Ofen ist für "Proben in Tüten" bestimmt. Bei Bleiproben werden "14 Stück gleichzeitig" eingesetzt. Ein solcher Ofen wurde anfänglich für "Proben im Eisentiegel" gebaut. Als nachteilig erwies sich, dass keine größere Anzahl Tiegel zur gleichzeitigen Einschmelzung von Proben möglich ist. Für größere und schwerere Eisentiegel ist auch ein "gewöhnlicher Windofen" geeignet. Der Verbrauch an Brennmaterial ist exorbitant hoch. Die Untersuchung von "Bleiproben im Eisentiegel" ist nicht Standard, aber zur Demonstration ("aus Schulinteresse") geeignet. Der Bau eines solchen Ofens ist kosten- und platzintensiv. (5r) Tüten- und Muffelöfen sind in Bauweise und Raumbedarf ähnlich. Tobler empfiehlt den Bau eines Muffelofens, wie er ihn in seinem Laboratorium hat. Tobler arbeitet an einem Ofen, der die Vorteile beider Ofentypen vereinigt. Im neuen Muffelofen sollen Muffeln und Tüten jederzeit gegeneinander austauschbar sein. Tobler trug Braun die Idee eines solchen Ofens für Weltziens Laboratorium an. Braun bewilligte für Weltzien "eine unregelmäßige Ausführung der Bleiproben in Tüten" unter Anwendung der "Vorzüge der Eisentiegel". In Stolberg, Bleiberg ("Bleyberg") und Moresnet werden Bleiproben mittlerweile ausschließlich im Eisentiegel aufgeschlossen. Nur bei "ungewöhnlich großen Quantitäten von Werkblei" wird der Tütenofen verwendet. Weltzien mangelt es an "guten Löthrohrkohlen". Tobler schlägt als Ersatz die in Moresnet anstelle von Holzkohlen verwendeten "künstliche[n] Kohlen" nach (Carl Friedrich) Plattner vor. (5v) Tobler wurde durch Seneca über das Chemische Laboratorium und "die neusten Veränderungen" an der Polytechnischen Schule unterrichtet.

Archivaliensignatur
27072/487
Umfang
5 Blatt

Kontext
27072 Nachlass Karl Weltzien >> 1 Korrespondenzstücke in der alphabetischen Folge der Absender >> 1.162 Tobler, Ed.
Bestand
27072 Nachlass Karl Weltzien

Indexbegriff Ort
Bleiberg (Bleyberg bzw. Plombières)/BE
Bleyberg (Bleiberg bzw. Plombières)/BE
Plombières (Bleiberg bzw, Bleyberg)/BE
Freiberg/DE
Herbesthal/BE
Karlsruhe/DE
Moresnet (Altenberg bzw. Vieille Montagne bzw. Kelmis bzw. La Calamine)/BE
Altenberg (Moresnet)/BE
Stolberg (Rheinland)/DE
Moresnet (Altenberg bzw. Vieille Montagne bzw. Kelmis bzw. La Calamine)/BE
Moresnet (Altenberg bzw. Vieille Montagne bzw. Kelmis bzw. La Calamine)/BE
Altenberg (Vieille Montagne bzw. Moresnet zw. Kelmis bzw. La Calamine)/BE
Kelmis (La Calamine bzw. Moresnet bzw. Altenberg bzw. Vieille Montagne)/BE
La Calamine/BE (Kelmis bzw. Alltenberg bzw. Vieille Montagne bzw. Moresnet)/BE
Vieille Montagne (Altenberg bzw. Moresnet bzw. Kelmis bzw. La Calamine)/BE

Laufzeit
1857 April 19, Moresnet (Altenberg bzw. Vieille Montagne bzw. Kelmis bzw. La Calamine)

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Letzte Aktualisierung
07.03.2025, 09:23 MEZ

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Objekttyp

  • Handschriften

Entstanden

  • 1857 April 19, Moresnet (Altenberg bzw. Vieille Montagne bzw. Kelmis bzw. La Calamine)

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