Archivale

Besitzstreitigkeiten

Enthält: Bereits am 5.9.1730 klagt Roderich Schmitz gegen Adolph Reinermann d. J. und seine Frau Anna Becker wegen eines nicht erfüllten Kaufvertrags über 2 Morgen 3 Viertel Land im Mödrather Feld am Bottenbroicher Weg, abgeschlossen 13.5.1730 [an manchen Stellen steht 13.3.] zwischen dem Beklagten und dem Notar Johann Conrad Pfeiffer in Vertretung des Verkäufers. Da der Beklagte auf die mehrmaligen gerichtlichen Aufforderungen, den Kaufpreis von 100 Rtlr und 2 Dukaten zu zahlen, nicht reagiert, annulliert das Gericht am 24.10. den Kontrakt und erlaubt dem Kläger, die Grundstücke anderweitig zu verkaufen. Ein habes Jahr später, im März/April 1731 klagen Johann Sprenger als Pächter bzw. Vikar Hutschen als Pachtherr des genannten Grundstücks gegen Reinermann auf Räumung des bereits bestellten Grund und Bodens. Es stellt sich heraus, dass das umstrittene Land bereits 1664 für 6 1/4 Rtlr verpfändet worden war. Über mehrere Stationen gelangte die Obligation an die verwitwete Frau von Esch geb. von Heiden gen. Hungeringhausen, die sie am 1.6. (nach dem Verkauf durch Pfeiffer!) vor dem Amtmann Monschau an Roderich Schmitz und seine Frau übertrug. Das Ehepaar gab aber, wieder durch den Notar Pfeiffer, die Hypothek mit Datum vom 9.7.1730 an die Witwe von Heinrich Hutschen, die Mutter des oben bereits genannten Vikars, ab. Diese verpachtete dann anscheinend das Unterpfand, um die Zinserträge zu sichern, an Johann Sprenger. [Ob der Vikar und seine Mutter bei der Übernahme der Obligation von dem Verkauf wussten, ist unklar]. Tatsache ist aber, dass Pfeiffer bereits am 15.5.1730 angewiesen hatte, das Kaufgeld an Roderich Schmitz in Köln erst zu zahlen, wenn er, Pfeiffer, es ihm "schriftlich oder mündlich" bewilligt habe. (Pfeiffer selbst führte nämlich mit Schmitz zu dieser Zeit (nicht näher ausgeführte) Geschäfte, in denen er gerade "durch viell gutliches Gesinnen ... zur Liquidation gelangen" konnte). Roderich Schmitz beschwerte sich jedoch beim Amtmann Monschau, der die Kaufsumme pfänden ließ ("in Verbot hat legen lassen"). Unklar und umstritten ist, ob dies noch im Sommer 1730 oder erst 1731 geschah - der Gerichtsbote Jacob Graetz kann sich jedenfalls 1733, als er gegen Ende des Verfahrens darüber Zeugnis ablegen soll, nicht mehr so recht erinnern - und ob bzw. wann Reinermann davon Kenntnis erhielt. Unangesehen dessen und unter Nichtanerkennung der gerichtlichen Annullierung des Kaufs vom 24.10.1730 erhebt Reinermann weiterhin Besitzanspruch auf die 2 Morgen und 3 Viertel Land. Er bezahlt schließlich sogar den Kaufpreis (Beilage: Quittung Pfeiffers für den erhaltenen Kaufschilling 9.6.1732). Vikar Hutschen für seine Mutter verteidigt seinerseits den Besitz kraft der Übertragung und untermauert den Anspruch, indem er Pfeiffer termingemäß die Abzahlungen der Hypothek liefert (6.8.1730, 12.5.1731). Das Gericht fordert daraufhin schon am 19.6.1731 den Beklagten Reinermann auf, bei Strafe von 5 Goldgulden dem Kläger Hutschen das Land abzutreten. Das Verfahren geht aber weiter, weil jede Seite durch ihren Anwalt wiederum umfangreiche Entgegnungen mit Allegationen und Beilagen auf die Eingaben und Antworten der Gegenseite vorlegt. Der Streit dreht sich - kurz gefasst - darum, welches Recht und welche Handlung vorgehe, um den Realbesitz zu begründen: der Kauf (Reinermann) oder die Hypothekenübertragung (Hutschen). Die Kerpener Schöffen bleiben jedoch bei ihrem Beschluss und nehmen am 5.7.1732 im Beisein von Vikar Hutschen und seinem Anwalt und Adolph Reinermann die "Realimmission", d. h. die Beschlagnahmung des Grund und Bodens, vor: Sie stellen den Zustand des Feldes fest, das gerade in der Sommerfrucht, besät mit Erbsen, steht. Sie nehmen eine Handvoll Erde und Früchte davon auf und übergeben sie dem rechtmäßigen Eigentümer. Noch ist aber kein Urteil ergangen. Am 23.9.1732 beschließt das Gericht die Inrotulation. Am 30.10. appelliert Reinermann gegen den, die Immission erneut bestätigenden Gerichtsbeschluss vom 21.10. beim Notar J. W. Cassel und unter Zuhilfenahme der Zeugen Wilhelm Hecker und Christian Ruland. Die Verhandlungen darüber ziehen sich aber noch bis zum Februar 1733 hin. Bis zuletzt bleibt Reinermann dabei, dass die Kassation des Kaufvertrags vom 24.10.1730 unrechtmäßig gewesen sei, während Vikar Hutschen auf der Richtigkeit der Übertragung besteht. Der Ausgang des Verfahrens ist nicht überliefert.

Archivaliensignatur
GerKer, 779
Umfang
Schriftstücke: 30

Kontext
Schöffengericht Kerpen >> 1 Zivilsachen >> 1.2 Erb- und Besitzstreitigkeiten
Bestand
GerKer Schöffengericht Kerpen

Indexbegriff Sache
Besitzstreitigkeiten
Obligation
Realimmission
Indexbegriff Person
Esch, von, geb. von Heiden gen. Hungeringhausen
Graetz, Jacob, Gerichtsbote 1733
Hecker, Wilhelm
Heidt, Johann Heinrich, Notar
Hutschen - Johann, Vikar
Hutschen - Heinrich
Korffgen, Henrich
Krudewig, Franz, Anwalt
Lyskirchen, Johann Conrad von, Propst von St. Kunibert
Monschau
Notare
Pfeiffer, Johann Conrad, Notar
Reinermann - Adolph d.J.
Ruland, Christian
Schmitz - Roderich
Schmitz - Theodor, Dr., Anwalt
Sprenger, Johann
Voiß, Elisabeth, Ehefrau Heinrich Korffgens
Indexbegriff Ort
Bottenbroicher Weg

Laufzeit
1731 - 1733

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Letzte Aktualisierung
24.06.2025, 13:18 MESZ

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Objekttyp

  • Archivale

Entstanden

  • 1731 - 1733

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