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Nachlass Hamm, Eduard (Bestand)
Vorwort: 1. Lebenslauf 1.1. Abstammung Eltern: Johann Baptist Hamm (* 14. Oktober 1841 in Neunburg vorm Wald, + 12. September 1921 in München) Verheiratet seit 31. August 1878 mit Aloisia Hamm, geb. Niederleuthner (* 15. April 1858, + 5. Mai 1945) Kinder: -Eduard Hamm, * Passau 16. Oktober 1879 -Gottfried Hamm, * Passau 20. März 1881 -Aloysia Barbara Hamm, * Deggendorf 11. Mai 1886 -Max Hamm, * Augsburg 15. November 1890, + 15. Juli 1977 1.2. Persönliche Lebensdaten Eduard (im Familienkreis Edi) Anton Hamm (* 16. Oktober 1879 in Passau, + 23. September 1944 in Berlin) Verheiratet seit 24. August 1907 mit Maria (im Familienkreis Medi) Hamm, geb. von Merz (* 8. September 1882, + 12. März 1955 Kinder: -Gertrud, * Memmingen 3. April 1910, + 7. März 1993 -Hans Carl, * München 13. Juli 1911, + München, 14. April 1940 -Frida, * 12. März 1914 Eduard Hamm wurde als erstes Kind des damaligen Amtsrichters Johann Baptist Hamm und seiner Frau Luise Hamm, geborene Niederleuthner am 16. Oktober 1879 in Passau geboren. Der Vater stammte aus einer alteingesessenen Handwerker- und Bürgerfamilie in Neunburg vorm Wald, die Mutter aus einer Innviertler Brauer- und Wirtsfamilie. Sein Vater war das sechste von zehn Kindern des Glasermeisters Johann Baptist Heinrich Hamm (* 21.7.1807 in Neunburg vorm Wald) und der Barbara Hamm, geb. Beer (* 15.5.1807 in Neunburg vorm Wald). Seine Mutter war die jüngste Tochter des Anton Niederleuthner (* 27.4.1809 in Münzkirchen, OÖ), Hotelier und Weinhändler in Passau, Besitzer des Gasthofs zum Wilden Mann und der Anna Niederleuthner, geb. Obermüller (* 15.3.1822 in Perlesreut). Nachdem der Vater 1885 als Amtsrichter nach Deggendorf versetzt worden war, besuchte Hamm die Klosterschule in Metten. Nach etwa zwei Jahren wurde Johann Baptist Hamm zum Landgerichtsrat ernannt und nach Augsburg versetzt. Dort besuchte Eduard Hamm das Gymnasium in St. Stephan, wo er 1898 die Reifeprüfung ablegte. Aufgrund seiner ausgezeichneten Prüfungsergebnisse - er war der beste seines Jahrgangs - wurde er ins Maximilianeum aufgenommen und studierte an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München Jura. Während seiner Studienzeit engagierte sich Hamm für den Allgemeinen Philisterverband des Akademischen Gesangsvereins München (vgl. NL Hamm, Nr. 4, 43, 51). 1902 beendete er sein Studium mit der Aufnahmeprüfung für den Höheren Justiz- und Verwaltungsdienst. Danach war er bis 1905 Rechtspraktikant in Augsburg. Den Abschluss seiner Vorbereitungszeit bildete die zweite Staatsprüfung für den Höheren Justiz- und Verwaltungsdienst im Dezember 1905, die er als Bester absolvierte. Zwischen 1906 und 1908 war er dritter Staatsanwalt am Landgericht München II, danach vom 1. Februar 1908 bis zum 30. September 1909 Rechtskundiger Magistratsrat in Lindau. Nach einer zweijährigen Tätigkeit als Bezirksamtsassessor in Memmingen wurde Hamm 1911 ins Staatsministerium des Inneren berufen, wo er am 12. November 1913 zum Regierungsassessor aufstieg. Am 1. Januar 1916 wechselte er nach einer Beurlaubung vom Bayerischen Innenministerium in die Zentral-Einkaufsgesellschaft (Z.E.G.) nach Berlin, dann in das im Mai 1916 dort gegründete Kriegsernährungsamt, um 1917 wieder nach München zurückzukehren, wo er Leiter der Landesfettstelle wurde. Im Februar 1918 erfolgte seine Ernennung zum Legationsrat im Bayerischen Ministerium des Äußeren. In diese Zeit fällt auch seine Vorlesungstätigkeit über das Bayerische Staatsrecht an der Technischen Hochschule München (vgl. NL Hamm, Nr. 106). Als nach der Revolution im April 1919 das Ministerium für Handel, Industrie und Gewerbe neu geschaffen wurde, wurde Hamm am 31. Mai 1919 erster Bayerischer Handelsminister im zweiten Kabinett Hoffmann (SPD). Da die DDP, der er 1919 als Mitglied beigetreten war, 1922 aus Protest gegen die bayerische Haltung gegenüber der Reichsregierung und vor allem gegen das eigenmächtige Vorgehen Bayerns hinsichtlich der Anwendung des Republikschutzgesetzes aus der Regierungskoalition ausschied, trat Hamm am 24. Juli 1922 als Handelsminister zurück. Doch schon am 22. November 1922 wurde Hamm zum Staatssekretär der Reichskanzlei nach Berlin berufen, trat aber nach dem Rücktritt des Reichskanzlers Cuno (12.8.1923) am 14. August 1923 ebenfalls als Staatssekretär zurück. In seiner Eigenschaft als Staatssekretär war Hamm 1923 als Vertreter der Reichsregierung zum Begräbnis der von den Franzosen in den Kruppwerken in Essen erschossenen Arbeiter gefahren und wurde beim Überschreiten der Grenze von französischem Militär verhaftet (vgl. NL Hamm, Nr. 29). Seit dem 30. November 1923 fungierte Hamm im ersten und zweiten Kabinett Marx (Zentrum) als Reichswirtschaftsminister. In seine Amtsperiode fielen die gesetzliche Anpassung der Wirtschaft an die neue Reichsmarkwährung und die Schaffung der Deutschen Reichsbahn als reichseigenes Unternehmen. Da Hamm nach dem Rücktritt des Kabinetts am 15. Januar 1925 kein Mandat, weder in Bayern noch reichsweit, erringen konnte, arbeitete Hamm seit dem 28. Januar 1925 als Generalsekretär und erstes geschäftsführendes Präsidialmitglied beim Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT). Nach der Machtergreifung Hitlers und der Gleichschaltung des DIHT wurde Hamm am 10. Mai 1933 seiner Ämter enthoben und pensioniert. Während seiner Zeit beim DIHT war er Herausgeber der "Deutschen Wirtschaftszeitung". In dieser Zeit unternahm er ausgedehnte Reisen, z.B. zur Internationalen Handelskammmer nach Paris, nach Amsterdam, Stockholm, Genf, New York, usw. Im November 1927 ernannt ihn die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen zum Ehrendoktor der Rechte. Nach seinem Ausscheiden aus dem DIHT erhielt Hamm 1936 seine Zulassung zum Rechtanwalt (vgl. NL Hamm, Nr. 3), ohne je den Beruf richtig auszuüben. In dieser Zeit widmete er sich vor allem der von der Deutschen Akademie in München geplanten Veröffentlichung "Biographien (Lebensbilder) von Industriellen und Technikern", wobei Hamm die bayerischen, vor allem die Augsburger Industriellen bearbeitete (vgl. NL Hamm Nr. 104, 105). Im Zuge des Anschlags vom 20. Juli 1944 auf Hitler wurde Hamm am 3. September 1944 im oberbayerischen Reit im Winkl, wo er sich inzwischen mit seiner Familie niedergelassen hatte, verhaftet. Hamm, der mit dem Anschlag selbst wohl nicht in Verbindung gebracht werden kann, hatte jedoch Kontakte zu Personen, die sich aktiv am Widerstand gegen Hitler beteiligten, wie z.B. Carl Goerdeler (ehemaliger Oberbürgermeister von Leipzig und Reichspreiskommissar) und Franz Sperr (Bayerischer Gesandter bei der Reichsregierung). Ihm wurde daher vorgeworfen, an der versuchten Beseitigung des NS-Regimes mitgearbeitet zu haben. Nachdem Hamm ins Reichssicherheitshauptamt nach Berlin gebracht worden war, entzog er sich am 23. September 1944 durch einen Sprung aus einem Fenster im dritten Stock des Vernehmungsgebäudes in der Lehrter Straße den weiteren Verhören. Seine Leiche wurde sofort verbrannt, die Auslieferung der Urne verweigert. Die Beisetzung konnte erst am 21. August 1946 auf dem Münchner Waldfriedhof stattfinden. 2. Archivalische und historische Bewertung des Nachlasses von Eduard Hamm Der Nachlass Eduard Hamms wurde 1993 von der Abteilung V (Nachlässe und Sammlungen) des Bayerischen Hauptstaatsarchivs von Prof. Dr. Wolfgang Hardtwig (Humboldt-Universität zu Berlin), ein Enkel mütterlicherseits, erworben. Bereits in den Jahren 1937 und 1957 hatte das Bayerische Hauptstaatarchiv bzw. das Bundesarchiv Koblenz versucht, den Nachlass zu erwerben, jedoch ohne Erfolg (vgl. NL Hamm 112). Besondere historische Bedeutung hat der Nachlass Hamm vor allem in denjenigen Bereichen, die internes Wissen wie z.B. durch Denkschriften (Nr. 20, 30, 54, 63) oder Ministerratsprotokolle (Nr. 20, 57), zum Teil aber auch retrospektiv (Nr. 74, 107) vermitteln. Hier ragen einige Stücke hervor, denen große Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, so Hamms Augenzeugenbericht zum Hitlerputsch (Nr. 74), seine Sammlung von Plakaten und Verordnungen zum Kapp-Putsch (Nr. 58), seine Notizen zur Regierungskrise Gustav von Kahrs (Nr. 63) oder seine Erinnerungen an die Regierung Cuno sowie den Ruhrkampf (Nr. 107). Ferner lässt sich anhand des Nachlasses die Wirtschafts- und Staatsauffassung Hamms und damit auch - für kurze Zeit zumindest - die Bayerns und des Reichs in eindrucksvoller Weise rekonstruieren, wenn man sich die Mühe macht, die häufig auf Schmierzetteln und meist in Kurzschrift geschriebenen Notizen logisch stringent zusammenzufügen (vgl. Nr. 15, 16, 19, 20, 22, 23, 24, 42, 44, 45-51, 69, 106, 110). Bemerkenswert ist auch der umfangreiche Bestand der überlieferten Reden Hamms, die teils in stenographierter, handschriftlicher, maschinenschriftlicher oder gedruckter Form vorliegen (Nr. 45-51). Besonders erwähnenswert ist hierbei die Liste, die - mit der Hamm eigenen Akribie - seine Rednertour während des Wahlkampfes 1920 festhält. Von geringerer Bedeutung ist jedoch Hamms Sammlung von Zeitungsausschnitten zum Zeitgeschehen (Nr. 52, 53, 55, 56, 57, 59, 60, 61, 64, 65, 70, usw.), die in ähnlicher oder umfangreicherer Form bereits in einigen zeitgeschichtlichen Sammlungen vorhanden sein dürfte. Überlieferungstechnisch gesehen liegt der Schwerpunkt des Nachlasses in der Zeit Hamms als Handelsminister, Staatssekretär und Reichswirtschaftsminister. Relativ dürftig dagegen ist die Überlieferung zu seiner Schul-, Studien- und Referendarszeit. Vorhanden sind hierzu nur die Geburtsurkunde, ein Zeugnis, einige Schulaufsätze, ein Schulheft, zwei Klassenfotos und das Studienbuch (Nr. 3, 4). An bildlicher Überlieferung existieren Porträtfotos von Hamm und seiner Frau (?), sowie Bilder von seiner Westfrontreise (1917), die er zusammen mit dem späteren Reichswehrminister Otto Geßler unternahm (Nr. 3; vgl. NL Geßler 15). Weiteres Quellenmaterial zu Eduard Hamm, das über den Nachlass hinausführt, findet sich im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, nämlich die Handakten Hamms als Handelsminister (MH 13624-13827) sowie im Institut für Zeitgeschichte in München. Hier verdient vor allem der von Ricarda Huch geführte Schriftwechsel über die von ihr geplante biographische Studie über die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 besondere Erwähnung (IfZ ZS/A 26/1). Aufgrund dieser Korrespondenz ließ sich klären, dass die biographischen Skizzen, die von Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen über Eduard Hamm angefertigt wurden (Nr. 110), eigentlich als Arbeitsmaterial für Ricarda Huch bestimmt waren. Leider fand Hamm keine weitere Berücksichtigung, da Ricarda Huch nur über die aktiven Widerstandskämpfer und die im Zuge der Verfolgung Hingerichteten schreiben wollte. Jedoch konnte das Projekt durch den Tod Ricarda Huchs 1949 nicht verwirklicht werden. Das bei ihr angesammelte Material wurde wieder an Hamms Tochter Gertrud Hamm-Hardtwig zurückgesandt und gelangte so in den Nachlass. Dr. Christoph Bachmann, Dr. Susanne Groth 1994 Nachtrag Der Nachlass Eduard Hamm erfuhr im Jahr 2017 durch eine neuerliche Schenkung Wolfgang Hardtwigs eine nicht unerhebliche Ergänzung um 32 Nummern (Nr. 115-146). Inhaltlich liegt der Schwerpunkt hier bei weiterem persönlichen Material bzw. Material zur Familie Hamm. An erster Stelle stehen Korrespondenzen, zunächst der Eheleute Hamm untereinander, dann aber auch mit den Brüdern und Eltern Hamms, mit den Kindern und dem Schwiegersohn sowie Korrespondenzen der Ehefrau Maria und der Tochter bzw. des Schwiegersohnes (vgl. Nr. 138-146). Näheren Einblick in das Familienleben Eduard Hamms bieten auch die Glückwünsche zur Verlobung und Hochzeit, eine Sammlung von Reden Hamms, zusammengestellt von seiner Frau, oder ein Familientagebuch (vgl. Nr. 116-120). Dazu kommt eine Serie von Haushaltungsbüchern der Familie Hamm aus dem langen Zeitraum 1907 bis 1955 und ein eigenes Abrechnungsbuch für Einladungen und Repräsentation (vgl. Nr. 122-137). Als Ergänzung des Nachlasses und Ersatz für weitere Originale aus Familienbesitz erhielt das Bayerische Hauptstaatsarchiv 2018 die mehrteilige Quellenpublikation einer weiteren Enkelin Eduard Hamms, Christine Beßner; die Bände sind unter der Bestellnummer 147 dem Nachlass angereiht worden. Zwischenzeitlich wurden die im Besitz von Frau Beßner stehenden Unterlagen dem Stadtarchiv Passau geschenkt. Die Bestandsübersicht dieses Teilnachlasses ist diesem Findbuch als Anhang beigegeben. Dr. Thomas Paringer im September 2019
- Reference number of holding
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NL Hamm Eduard
- Extent
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147
- Language of the material
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ger
- Context
-
Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Archivtektonik) >> Beständetektonik des Bayerischen Hauptstaatsarchivs >> 5 Abteilung V: Nachlässe und Sammlungen >> 5.1 Nachlässe und Familienarchive >> 5.1.2 Nachlässe >> Nachlässe F - K
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Weitere Quellen: - BayHStA, Sammlung Personen 4514 - Institut für Zeitgeschichte, ED 106, Bd. 42; F-25; MA 804/2 - Bayer. Hauptstaatsarchiv Abt. II, Bestand "Bayer. Staatsministerium für Handel, Industrie und Gewerbe" - Stadtarchiv Passau, Teilnachlass Eduard Hamm Das Findbuch ist online über die Findmitteldatenbank verfügbar.
- Provenance
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Nachlass Hamm, Eduard
- Former provenance
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Christoph Bachmann M.A., Susanne Groth M.A. (Archivreferendare)
- Date of creation of holding
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1889-1957
- Other object pages
- Last update
-
03.04.2025, 11:04 AM CEST
Data provider
Bayerisches Hauptstaatsarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
- Akten
Associated
- Nachlass Hamm, Eduard
- Christoph Bachmann M.A., Susanne Groth M.A. (Archivreferendare)
Time of origin
- 1889-1957