Bestand

Krondomänen (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Im Zuständigkeitsbereich des Finanzministeriums wurde ab 1806 für die Verwaltung des württembergischen Staatseigentums das Oberfinanzdepartement als Landwirtschaftliches Departement eingerichtet, das 1811 in Sektion der Krondomänen umbenannt wurde. Diese Oberbehörde bestand bis 1817; ihre Aufgaben wurde danach von den Kreisfinanzkammern und dem Finanzministerium übernommen. Die Akten der Behörde, die innerhalb des Finanzressorts den größten Geschäftsanfall zu verzeichnen hatte und deren Registratur deshalb bereits kurz nach ihrer Einrichtung erhebliche Ordnungsmängel aufwies, sind nach einem 1812/13 eingeführten Registraturplan geordnet. Der Bestand enthält vor allem nach Kameralamtsbezirken geordnete Spezialakten über die verschiedensten Krondomänen. Während die Vorakten in der Regel herausgelöst wurden, verblieb die urkundliche Überlieferung aus der Zeit vor 1806, die im Wesentlichen aus Lehnbriefen besteht, beim Bestand. Kriegsbedingte Lücken weist die Überlieferung über die Kameralämter der Landvogtei am Kocher und an der Jagst auf.

Inhalt und Bewertung
Der Bestand enthält reichhaltiges Material über sämtliche staatlichen Liegenschaften, darunter auch eine Reihe von Plänen. Von Interesse sind nicht zuletzt die Archivalien über die Übernahme der säkularisierten Besitzungen durch den württembergischen Staat und die Verwendung des ehemals geistlichen Mobiliars.

1. Verwaltung des Staatskammerguts: In der Herzogszeit wurde das württembergische Staatseigentum unter der Aufsicht der Rentkammer von den Kellereien, Forstämtern und Berg- und Hüttenwerken verwaltet. Mit Erlaß König Friedrichs vom 31.12.1805 wurde aus der altwürttembergischen Rentkammer, der altwürttembergischen geistlichen Kammer (Kirchenrat) und der neuwürttembergischen Hofkammer Ellwangen das Oberfinanzdepartement zu Stuttgart gebildet. Durch das Organisationsmanifest vom 18.3.1806 wurde bis auf wenige Ausnahmen mit Wirkung vom 1. Mai 1806 das Staatseigentum dem Finanzministerium unterstellt und für jedes seiner Teile eine besondere Verwaltung eingerichtet. Durch Verordnung vom 4.6.1807 (Reg.Bl. S. 169) entstand die Oberfinanzkammer mit fünf für sich bestehenden Unterdepartements als Landwirtschaftliches Departement (kurz 3. Departement), das später durch Verordnung vom 1. Juli 1811 (Reg.Bl. S. 321 ff.) in Sektion der Krondomänen (kurz K.D.S.) umbenannt wurde; in der Geschäftsführung trat an die Stelle der bisherigen Kollegialverfassung das Bureausystem. Die Sektion der Krondomänen hatte zwei Abteilungen und zwei Chefs. Diese beiden Vorstände (bei der 1. Abteilung Staatsrat von Dünger, bei der 2. Abteilung Staatsrat von Süskind) teilten die Geschäftsmaterien unter sich nach einem von ihnen am 2. August 1811 entworfenen Plan (siehe unten) auf; jeder unterzeichnete die unter seiner Leitung expedierten Sachen. Eine dritte Abteilung, welche ebenfalls einen eigenen Chef hatte und die Aufsicht über die Verwaltung sämtlicher Stiftungen zu besorgen hatte, wurde durch Dekret vom 5. Oktober 1811 der Sektion der Krondomänen angeschlossen. Bis dahin war das Landesökonomiekollegium für die Stiftungen zuständig gewesen. Die Akten dieser dritten Abteilung sind in das vorliegende Repertorium nicht aufgenommen; sie werden später im Repertorium D 49-50 besonders verzeichnet. Die von den Staatsdomänen getrennten Königlichen Domänen unterstanden der Verwaltung der aus der altwürttembergischen Kammerschreiberei hervorgegangenen Hof- und Domänenkammer (vgl. Repertorium E 17).

2. Zur Geschichte der Registratur: Wie die Akten des Landwirtschafts-Departements bzw. der Sektion der Krondomänen aufbewahrt waren, lässt sich einer kurzen Geschichte der Registratur in den Jahren 1806-1812 entnehmen (vgl. unten Büschel 113). Bei der Staatsveränderung im Jahre 1806 wurden dem damals gebildeten königlichen Oberfinanzdepartement die Registraturen 1. der Rentkammer, 2. der Hofkammer zu Ellwangen und 3. des Kirchenrats ohne besondere Ordnung zugeteilt. Im Jahre 1806 erfolgte die zweite Kanzleiorganisation, wobei die neu errichtete Oberfinanzkammer in fünf Unterdepartements geteilt wurde. Bei keinem derselben verfuhr man jedoch aus Mangel an Zeit und Personal mit den Akten ordnungsgemäß. Außerdem litten die Akten bei Einführung des Bureausystems im Jahre 1811, wo der Krondomänen-Sektion die meisten Materien des vormaligen Rechnungsdepartements zugeschieden wurden. Die häufigen Kanzleiveränderungen vermehrten noch die Verwirrung in den ungeordnet übernommenen Akten. Die Krondomänen-Sektion, deren Wirkungskreis die ganze Kameraladministration umfasste, hatte unter allen Sektionen des Finanzdepartements den größten Geschäftsanfall (täglich durchschnittlich 100 Stück Einlauf, das sind etwa 30 000 - 40 000 jährlich). Ein Chaos beim Aufsuchen und Reponieren der Akten war die Folge. 1812 wurde eine Kommission zur Untersuchung der Missstände eingesetzt. Das Ergebnis war die Fertigstellung eines Aktenplans für die erste und zweite Abteilung der Sektion der Krondomänen und die systematische Ordnung der Registratur. Nach der Aufhebung der Krondomänen-Sektion (Verordnung vom 18. November 1817) mit Wirkung vom 1. Januar 1818 ging ein Teil der Akten an das Finanzministerium über. Nach der Auflösung der Kreisfinanzkammern 1850 wurden deren Akten mit den Vorakten der Sektion der Krondomänen (lt. Erlaß der Königlichen Domänendirektion vom 18.12.1875) bei der unter dem Finanzministerium stehenden älteren Registratur der Oberfinanzkammer in Stuttgart aufbewahrt (vgl. Generalindex des Finanzarchivs Ludwigsburg). Im Juni 1878 gelangten die Akten der Sektion der Krondomänen mit den Akten der Kreisfinanzkammern von der Oberfinanzkammerregistratur in Stuttgart an das damalige Finanzarchiv in Ludwigsburg.

3. Ordnung und Verzeichnung des Bestandes: Bei der Ordnung und Verzeichnung der vier Kreisfinanzkammern in den Jahren 1936-1952 wurden die Akten der Sektion der Krondomänen ausgehoben und darnach das vorliegende Repertorium gefertigt. Hierbei wurde der Unterzeichnete in der Zeit vom Dezember 1953 bis Juni 1954 durch den Archivangestellten Waldherr unterstützt. Die Ordnung und Verzeichnung der Akten gestaltete sich oft dadurch schwierig, daß die Akten entweder schon früher oder bei der Trennung von den Finanzkammerakten durcheinander geraten waren. Der größere Teil der Akten musste in neue Umschläge gelegt und mit einem neu gebildeten Sachtitel versehen werden. Soweit es möglich war, wurden die Akten nach dem alten Registraturplan von 1812/13 verzeichnet und aufgestellt. Der Bestand besteht aus zwei Abteilungen: 1) Generalia (nach untenstehender Sachrubrikeneinteilung) 2) Spezialia (nach dem Alphabet der Kameralämter). Bei der Verzeichnung wurden keine Akten kassiert. Die Vorakten anderer Provenienzen wurden zum großen Teil herausgelöst und in die zuständigen Bestände eingereiht. Nur die zeitlich unmittelbar vorangehenden Akten und solche, die als zum Vorgang gehörig aufgeführt sind, verblieben beim vorliegenden Bestand. Ebenso sind alle Lehenbriefe, auch die vor 1806, bei den Akten gelassen worden. Der Bestand enthält auffallend wenig Generalakten. Von den insgesamt 43 Sachrubriken sind nur 22 mit durchschnittlich je 5-6 Büscheln vertreten. Die Hauptmasse der Generalakten befindet sich noch im Bestand des Finanzministeriums, E 221, und kann erst bei dessen Neuverzeichnung herausgelöst werden. Aus dem Bestand des Finanzministeriums sind nur 40 geschlossene Aktenbüschel der Sektion der Krondomänen ausgehoben und dem vorliegenden Bestand einverleibt worden. Die Kameralämter der Landvogtei am Kocher und an der Jagst sind schwach vertreten (durchschnittlich je 2 - 3 Büschel). Größerer Zuwachs für diese Kameralämter aus anderen Beständen ist kaum noch zu erwarten, da die Akten der Kreisfinanzkammer Ellwangen mit den dazugehörigen Vorakten der Sektion der Krondomänen 1944 verbrannt sind. Der umfangreiche schriftliche Niederschlag der Sektion der Krondomänen bietet zur Geschichte vieler Gemeinden und zur allgemeinen Geschichte, insbesondere zur Verwaltung des Staatseigentums, seiner Rechte und Verbindlichkeiten (Gebäude, Güter, Meiereien, Schäfereien, Verwaltung der durch den Pressburger Frieden und den Pariser Traktat zugefallenen Gebiete, Ablösung der Frondienste und Leibeigenschaft, Abschaffung des Fall-Lehensystems u.a.) unter König Friedrich reiches Material. Groß ist die Zahl der Gebäuderisse, der handschriftlichen Flurkarten und anderer Pläne. Die Akten über Umwandlung geistlicher Gebiete, Güter und Rechte in weltliche, über die Aufhebung verschiedener Klöster und die Verteilung der dadurch freigewordenen Kirchenparamente, Glocken und Orgeln bieten eine Fundgrube für Forschungen aller Art. Die zugehörigen Bände (Protokolle, Diarien und Direktorien bzw. ab 1812 Real- und Personalrepertorien zu den Diarien) dieser Behörde sind in dem Selekt E 227 verzeichnet. Ludwigsburg, April 1961 Gez. A. Müller

Anhang: Geschäftsverteilung der 1. und 2. Abteilung der Sektion der Krondomänen: 1. Abteilung Vorstand Staatsrat von Dünger Referenten: 1. Regierungsrat von Jäger a) Rechts- und Prozesssachen b) Annahme der Bürger und Beisitzer, Schutz und Schirm c) Konzessionen zu Mühlen und anderen Gewerben 2. Oberfinanzrat von Seubert a) Besoldungssachen des Hofs und der Kanzlei, der Geistlichen und Schuldiener b) Sauerbrunnen und Bäder 3. Oberfinanzrat von Feuerlein a) Unterstützung der Untertanen bei Wetterschlag b) Zins- und Gültgefälle c) Fruchtverkaufssachen d) Anweisung der Brotfrüchte für die Armen e) Haferanweisung für den Marstall, die Gestüte und Meiereien, Tiergärten, Fasanerien f) Prüfung und Revision der Schluß- und Quartalberichte g) Ausstände, Nachlässe und Borgfristen, welche auf Zehnten und Gülten Bezug haben 4. Oberfinanzrat Jäger a) Weinzehnt-Administrationssachen b) Bausachen an Keltern c) Herbstsachen d) Weinbesoldung e) Kelter- und Küferkosten f) Weinkauf und -verkauf g) Besoldungssachen aller weltlichen Diener h) Ökonomische Besorgung der Gymnasien und Seminarien i) Entlassung, Dienstverfehlungen, Pensionierung der Küfer k) Prüfung der Ausgabezettel in Herbstsachen l) Bestimmung der Verwaltungsbezirke 5. Oberfinanzrat Geßner a) Fruchtzehntadministrationssachen b) Bausachen an Zehntgebäuden c) Zehntnachlaßgesuche wegen Wetterschaden d) Hagel, Frost und Misswachs e) Kulturmutationen f) Zehntanweisung für den Marstall, die Gestüte und Meiereien g) Anstellung und Entlassung der Unterpfleger und Kastenknechte h) Fruchtkasten i) Prüfung der Zettel k) Wildschaden-Vergütungsgesuche 6. Oberfinanzrat Sommer a) das ganze Salpeterwesen b) das ganze Renovationswesen c) Abzug und Nachsteuer d) Organisationssachen 2. Abteilung Vorstand Staatsrat von Süskind Referenten: 1. Regierungsrat von Jäger (siehe auch 1. Ateilung) a) Post- und Botensachen b) Aufsicht über die Kanzleigebäude und Kanzleidiener c) Rechts- und Prozeßsachen 2. Oberfinanzrat von Mylius a) Administration aller Domänen in den 4 Landvogteien an der Enz, am mittleren Neckar, an der Jagst und am Kocher b) Leibeigenschaftssachen c) Ausstände, Nachlässe, Borgfristen auf Güter d) Anweisung von Gebäuden zu Wohnungen und Hauszinsbestimmung e) Straßensachen 3. Oberfinanzrat von Spittler a) Güterreferat in den 4 Landvogteien am oberen Neckar,Rotenberg, an der Rems und Fils, Schwarzwald b) Verwaltung der Archivkapitalien und der Jurisdiktionsgefälle 4. Oberfinanzrat Frisch a) Schäfereien b) Dienstersetzung und Besoldungsregulierung c) Amtsverwesereibestellung und Dienstverfehlungen d) Amts- und Registratureinrichtungen e) Lehensachen f) Fronsachen g) Inkamerationsgegenstände h) Vermögenskonfiskation i) Epaven 5. Oberfinanzrat Nördlinger a) Güterreferat in den 4 Landvogteien an der Donau, auf der Alb, am Bodensee und am unteren Neckar b) Kanzleiinventar und Kanzleikostenverwaltung c) Lumpensammlungskonzessionen 6.) Oberfinanzrat Autenriet a) Kauf und Verkauf von Gebäuden und Gütern b) Strafakkorde c) Abverdienungsgegenstände d) Haus und Vorrat e) Ausgabezettel, Reisekosten und Diäten f) Pensionen und Gratialien

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, D 37 I
Extent
4807 Büschel (94,4 lfd. m)

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Behörden der Übergangszeit um 1803-um 1817 >> Gesamtwürttembergische Behörden und Gerichte 1806-1817 >> Behörden

Date of creation of holding
1806-1817 (Va ab 1773, Na bis 1840)

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18.04.2024, 10:40 AM CEST

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1806-1817 (Va ab 1773, Na bis 1840)

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