Tektonik

04.02.04.03 Gesellschaftliche Gerichte

Bereits die Verordnung über die Bildung von Kommissionen zur Beseitigung von Arbeitsstreitfällen (Konfliktkommissionen) in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben und Verwaltungen vom 30. April 1953 und das Gesetzbuch der Arbeit vom 12. Juli 1961 sahen die Einrichtung von gewählten gesellschaftlichen Gerichten vor, die durch die Gewerkschaften angeleitet und qualifiziert werden sollten. Bei den dokumentierten Kommissionen handelt es sich um solche, deren Bildung durch das Gerichtsverfassungsgesetz vom 17. April 1963 vorbereitet worden war. Für die 1950er Jahre können Konfliktkommissionen in den Beständegruppen "09 Wirtschaft" und "10 Parteien und Organisationen" nachgewiesen werden.

Die Einbindung von Laienrichtern in die Rechtsprechung war in den Verfassungen von 1949 und 1963 ebenfalls verankert. Sie wurde im ersten Gesetz über die Gesellschaftlichen Gerichte der DDR vom 11. Juli 1968 ergänzt und im zweiten Gesetz vom 12. März 1982 näher beschrieben. Die Mitglieder der Konfliktkommissionen wurden in allen Betrieben und Einrichtungen mit mehr als 50 Beschäftigten von der Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) vorgeschlagen und von der Belegschaft gewählt. Unter ihrem Vorsitzenden wirkten die Konfliktkommissionen erzieherisch auf Rechtsverletzer ein. Auf Antrag von Betriebsangehörigen behandelten sie Streitigkeiten aus dem Arbeitsrechtsverhältnis des Beschäftigten mit dem Betrieb sowie geringfügige Straftaten. Auf Antrag von Dritten verhandelten die Kommissionen Vorwürfe gegen Betriebsangehörige, die auch deren Privatleben betreffen konnten. Weiterhin überwachten und begleiteten sie verhängte Sanktionen auf Antrag von gesellschaftlichen und staatlichen Stellen. In der Wendezeit 1989/1990, spätestens mit der Selbstauflösung des FDGB am 14. September 1990, lösten sich die Konfliktkommissionen auf.

In den Wohngebieten von Städten und Gemeinden sowie in großen Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH) und der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) wurden dagegen Schiedskommissionen gebildet. Grundlage hierzu war neben den bereits erwähnten Gesetzen der Staatsratsbeschluss vom 21. August 1964. Die Kommissionen hatten zwischen 8 und 15 ehrenamtlich tätige Mitglieder, die als "Kollektivorgan" in öffentlicher Sitzung entschieden. Auf Antrag von Bürgern, Betrieben, Einrichtungen und Gerichten behandelten sie einfache zivil- und strafrechtliche Streitigkeiten. Berufungsinstanz für Einsprüche gegen Beschlüsse von Konflikt- und Schiedskommissionen waren die Kreisgerichte. Wie die Konfliktkommissionen stellten die Schiedskommissionen ihre Tätigkeit 1989/1990 ein.

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Sächsisches Staatsarchiv (Beständegliederung) >> 04. Bezirke der DDR 1952 - 1990 >> 04.02 Behörden und Einrichtungen der DDR >> 04.02.04 Justiz

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27.11.2023, 08:58 MEZ

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