Baudenkmal

Tempelhof-Schöneberg, Viktoria-Luise-Platz 9, Motzstraße 55

Unter den repräsentativen Gebäuden am Viktoria-Luise-Platz gehörte das Wohn- und Geschäftshaus Viktoria-Luise-Platz 9, 1901-02 von Boswau & Knauer errichtet, mit ehemals großen Wohnungen, einem exklusiven Restaurant im Erdgeschoss und einem kuppelartigen Dachaufbau zu den eindrucksvollsten. (1) Obwohl die Straßenfront heute stark vereinfacht und das Erdgeschoss seit 1964 mit Travertin verkleidet ist, lässt sich die einstige Pracht noch an Hand einiger erhaltener Details erahnen. Neben Giebeln, Balkonen und Erkern fällt vor allem das aufwendig gestaltete Sandsteinportal auf, das die reich geschnitzte Eichentür umrahmt. (2) Im Inneren des Hauses haben sich das Vestibül, das kostbar geschmückte Treppenhaus und ein Festsaal mit Nebenräumen, der zum Restaurant gehörte, erhalten.
Das Vestibül mit weißem Marmorfußboden, mit figürlichem Stuck an den Gewölbedecken, Farbglasfenstern, verglaster Doppeltür, Kamin, Spiegel und Bronzegeländer sowie rotbraunem und grauem Stuckmarmor zeugt ebenso vom gestalterischen Anspruch des Hauses wie das Treppenhaus an der Hofseite. Hier sind die hölzerne Haupttreppe mit offenem, dreieckigem Treppenauge und neobarockem Geländer sowie der Personenaufzug von 1901 die auffallendsten Merkmale großbürgerlicher Wohnkultur. 1934 wurden die Wohnungen unterteilt und das Restaurant im Erdgeschoss, das sich mit seinem Festsaal bis zum Quergebäude und dem dahinterliegenden Gartenhof erstreckte, im vorderen Teil als Bankfiliale umgebaut. Der Festsaal mit Nebenräumen (3) wurde in eine Wohnung verwandelt, wobei der Saal selbst mit Rundbogen-Fenstertüren zum Garten, mit Spiegeln, Parkett, hölzernen Wandpaneelen und einem Deckengewölbe mit Fresken erhalten blieb. (4)
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(1) Architektonische Rundschau 1904, H. 5, Tafel 39 und H. 8, Tafel 64. Die Architekten Boswau & Knauer wurden kurz nach 1900 durch Mietwohnhäuser am Kurfürstendamm bekannt, vor allem aber durch den Bau des Metropol-Theaters am Nollendorfplatz von 1906 (s. d.). Hermann Knauer (1872-1909), Mitinhaber der Firma Boswau & Knauer, hatte eine Wohnung im Hause, in der er laut Berliner Adressbuch von 1902 bis zu seinem Tode 1909 lebte. Prinzessin Viktoria Luise hat nicht in diesem Haus gelebt, wie dies gelegentlich in der Literatur behauptet worden ist.
(2) Pfeiler mit Masken. Im Giebel flankieren vier Putten eine Kartusche (mit der Inschrift "Ohn' Fleiss kein Preis"); darüber das Haupt der Pallas Athene als Schirmherrin der Künste, flankiert von den Symbolen der Kunst (Drei-Wappen-Schild) und der Architektur (Schild mit Hammer, Zirkel, Richtscheit).
(3) Vom Festsaal führt eine Treppe hinab in das sog. Kaminzimmer, das unter dem gartenseitigen Wohnraum (ehem. Bibliothek) liegt. Der Raum ist mit einem Kreuzgratgewölbe überwölbt und an einer Schmalseite mit einem Kamin ausgestattet.
(4) Die Fresken sind unsigniert und undatiert, sie stammen aber aus der Bauzeit und sind in der Zeitschrift Architektonische Rundschau 20 (1904), H. 5, Taf. 39 abgebildet, als Maler wird Julius Voß, Berlin, angegeben. Die Stuckaturen des Gewölbes sind gut erhalten, jedoch heute weiß überstrichen; ursprünglich waren die Felder zwischen dem Roll- und Bandelwerk, in denen Festons, Masken, weibliche Figuren angeordnet sind, wohl farbig kontrastierend zum weißen Stuck getönt.

Landesdenkmalamt Berlin

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Land
Berlin
Ort
Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil
Schöneberg
Straße und Hausnummer
Viktoria-Luise-Platz 9, Motzstraße 55
Bezeichnung
Wohn- und Geschäftshaus & Festsaal (Viktoria-Luise-Platz 9, Motzstraße 55)

Beteiligte
Boswau und Knauer [Entwurf & Bauherr]
Ereignis
Datierung
(wann)
1901-1902
Ereignis
Umbau
(wann)
1934

Rechteinformation
Landesdenkmalamt Berlin
Letzte Aktualisierung
18.01.2024, 15:32 MEZ

Objekttyp

  • Wohn- und Geschäftshaus & Festsaal

Beteiligte

  • Boswau und Knauer [Entwurf & Bauherr]

Entstanden

  • 1901-1902
  • 1934

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