Archivale
Inquisition über Agnes, Eheweib des Johann Blanckh, Bürgers und Weingärtners
Regest: Anwesend die Herren Johann Bihler und Georg Hummel, beide des Rats, und Peter Bihler, Zunftmeister
Sie hat auf vielfältiges gütliches Zusprechen nicht das geringste bekennen wollen, sondern vorgegeben, daß sie ein gutes Gewissen habe, worauf sie leben und sterben wolle. Hierauf ist sie geschnürt, gebunden und etwas aufgezogen worden. Nachdem sie heruntergelassen worden, hat sie bekannt:
Sie sei aus Armut von dem bösen Geist verführt worden in der Behausung des Ludwig Bientz in der Neuen Stadt im Stall. Es sei geschehen vor ungefähr 14 Jahr. Er sei in Gestalt eines Bürgers zu ihr gekommen und habe sie gleich beschlafen. Sie bekennt mit weinenden Augen, der böse Geist sei ihr nunmehr 10 Wochen lang immer mit einem brennenden Lichtlein erschienen mit dem Begehren, sie solle es hinstecken, wo sie wolle. Es werde ein groß Wesen (= eine große Sache) daraus werden. Sie habe solches aber niemals ins Werk gesetzt. Die Leut haben sie gedauert und sie habe Mitleid mit ihnen gehabt.
Der böse Geist habe Hans Conrad geheissen. Er habe sie getauft in Teufels Namen. Gott und der heil. Dreifaltigkeit habe sie gänzlich absagen müssen. Bei der Tauf habe er sie Anna Agnes genannt. Es sei gleich, nachdem er sie beschlafen, geschehen. Auf der linken Seite vom Hals habe ihr der Teufel Blut herausgelassen und in ihrem Namen unterschrieben.
1665 Mai 18
Anwesend die vorgenannten Herren Commissarii.
1) Zuerst ist ihr ihr gestriges Geständnis von Punkt zu Punkt vorgelesen, von ihr nochmals bejaht, dabei sie aber erinnert worden, ihre Missetaten zu bekennen. Sie hat hierauf bekannt:
Mit dem Aferle und der Schmidin, Bartle Hildners Weib, wie auch mit dem justifizierten Fürkäufler-Gretle sei sie am vergangenen Mathes-Tag zum letztenmal ausgefahren auf einem Stecken, welchen sie salbte mit der Salb, welche ihr der Teufel Hans Conrad gegeben. Auf dem Rangelbergle seien sie zusammengekommen. Sie habe mit ihrem Hans Conrad getanzt. Gleich nachdem sie sich dem Teufel ergeben, sei sie ausgefahren. Der Teufel habe ihr immer angezeigt, wann sie ausfahren sollen. Sie sei verschiedenemal ausgefahren.
2) Wie die Salbe ausgesehen habe.
Antwort: braunlecht (= bräunlich).
3) Ob ihr der Teufel kein Pulver gegeben und wie solches ausgesehen habe.
Antwort: Ja, der Teufel habe ihr Pulver gegeben. Es sei gelblich gewesen.
4) Ob der Teufel nicht sagte, dass sie mit dem Pulver Leuten und Vieh Schaden tun solle, und wem sie damit Schaden getan habe.
Antwort: Dem Kind des Jacob Riepert habe sie ein wenig Pulver auf das Breilein getan, wovon es habe sterben müssen. Das Fürkäufler-Gretle habe ihr dazu geholfen. - Der Teufel habe dem Aferle auf dem Rangelbergle Geld gegeben.
Sie habe ihr eigenes Vieh geritten, daß es so elend wurde. Aber keines sei gestorben. Sie habe ihnen Pulver gegeben.
5) Ob sie nicht dem Glaser Hieronymus Hess im vergangenen Herbst, als er ihr die Fenster flickte, im Rotwein, den sie in einem Leitfaß (= Transportfaß), das sie in ihrer Haustenne liegen hatte und aus dem sie ein Krügle voll holte, vergeben und Pulver in den Wein getan habe.
Antwort: Sie habe in den Wein ein wenig Pulver getan und ihm zu trinken gegeben.
6) Ob sie nicht dem Johannes Stirm selig vergeben habe.
Antwort: Sie habe ihm ein Stückle Platz (= Kuchen) gegeben und darauf etwas von dem Pulver getan, daß er sterben mußte.
7) Wem sie noch Schaden getan habe.
Antwort: Sie wisse sonst niemand.
8) Was sie nach dem Ausfahren getan und ob sie auch gegessen und getrunken haben.
Antwort: Sie haben getanzt, roten Wein getrunken. Bisweilen habe man ihr auch gegeben. Die Leut, die draußen waren, habe sie nicht gekannt. Sie seien vermummt gewesen. Man habe die Schnudelbutze (= Aschenbrödel) wie sie nicht geachtet.
9) Ob sie nicht Johannes Stirms Kind auch vergeben habe und worin.
Antwort: Ja, sie habe einmal Stirms Kind Margretha ein Stück Brot in Stirms Laden hinüber gebracht. Sie habe von ihrem Pulver darauf getan. Das Kind habe es gegessen und sei davon gestorben.
10) Ob sie nicht Hans Jerg Bihlers Kind Michel, das starb, auch vergeben habe und womit.
Antwort: Sie habe demselben auf der Gass, als es umherlief, ein Brot gegeben, worauf sie auch von diesem Pulver getan. Das Brot habe das Büble gegessen, sei darauf krank worden und gestorben. Der Teufel habe sie gezwungen, den Leuten zu vergeben.
Hierauf ist sie an die Tortur geschlagen und etwas aufgezogen worden nicht ganz vom Boden weg, weil sie sagte, man solle ihr doch die Tortur erlassen, sie wolle ihr Missetaten bekennen. Nachdem sie herabgelassen worden, sagt sie, daß sie die Kalbel des Herrn Johann Ehringer einmal in seinem Stall mit ihrem Stecken, welchen sie gesalbt hatte, geschlagen habe, worauf sie gestorben sei.
1665 Mai 20
Anwesend:
die eingangs genannten Herren Commissare.
Gütliche Examination.
1) Sie wird gefragt, ob sie auf den Hexen-Zusammenkünften niemand und was für Weiber sie gesehen und erkannt habe.
Antwort: 1) Die Witib des Georg Jos selig, die Cron, sei mit ihr iemal (= manchmal) ausgefahren.
2) Die obere Zieglerin, Michel Göbels Weib, sei iemal mit ihr ausgefahren.
3) Die Bertschen-Lis, Witib des Jerg Bertsch selig.
4) Georg Jauch habe beim Hexentanz immer um die Kappel getanzt.
5) Die Witib des Michel Helmble, die Nestlerin.
6) Ebenso das Weib des Hans Jacob Engel.
7) Die Tochter des Georg ... (?).
8) Das Knorren-Mariele
9) Die Apothekerin.
10) Georg Jauch.
11) (fehlt).
12) Sie meine, Johannes Schelling, der Mann des Aferle, sei auch beim Tanz gewesen, sie wisse es aber nicht gewiß.
13) Hans Jacob Tochtermann habe in seinem hintern Stüble den Wein aufgetragen und sei zwischen der Apothekerin und des Engels Weib gesessen.
14) Das Weib des Georg Jauch und ihre mit Georg Schill verheiratete Tochter.
Sonst sagt sie, es wäre übel abgegangen in der Stadt, wenn sie nicht gewesen wäre. Sie habe dem Teufel nicht willfahren wollen. Die Leut haben sie gedauert, daß sie Feuer nicht anzündete. Auf der Hexen-Zusammenkunft habe der Teufel es sie geheissen. Doch sie habe die Bürgerschaft vor diesem Unglück bewahrt.
Wenn sie nichts verhalten (= verhütet) hätte als die leidige Brunst, so sollte ihr Gott gnädig sein. Weil die Nachbarschaft ihr sehr gram und feind war, habe der Teufel mit Gewalt haben wollen, sie solle die Stadt anzünden und die Leut nicht verschonen.
1665 Mai 22
Anwesend:
die vorgenannten Herren Commissarii.
1) Sie bekennt alles, was sie vorher gütlich ausgesagt hatte. Sie solle dabei leben und sterben.
2) Ihrem Geist habe sie seit 5 oder 6 Jahren alle Wochen 1 Ort (= 1/4 fl) und im Jahr 12 fl erlegen müssen, welches Geld der Teufel immer dem Aferle gegeben habe.
3) Als das Aferle erstmals gefangen gelegen, sei sie mit der Els und der Schmidin auf das Metmannstor gefahren.
Dieses wie auch alle anderen Punkte sind ihr wieder vorgelesen worden. Sie sagt, daß sie darauf leben und sterben wolle.
1665 Mai 26
Anwesend:
die vorgenannten Herren Commissarii.
Alle Punkte sind ihr wieder vorgelesen und wieder bejaht worden.
1665 Mai 30
Sie bekennt weiter, daß Hans Jacob Tochtermann immer auf der Hexenzusammenkunft und besonders in seinem hintern Stüble bei allen vorn angezeigten Personen gewesen. Er habe immer den Wein aufgetragen. Die Apothekerin sei hoffärtig auf dem Hexenplatz aufgezogen. Der Hans Jacob Tochtermann sei immer zwischen die Apothekerin und des Engels Weib in seinem hintern Stüble gesessen.
Sie meldet weiter, wenn man vor 4 Jahren ihr das Recht getan hätte, wäre nicht soviel geschehen, sie hätte auch nicht soviel getan. Wenn die Obrigkeit das Schwert nicht schneiden lasse, nur die armen Schnudelbutzen (= Aschenbrödel) wegtue, die Reichen aber laufen lasse und überruuck ansehen (= nachsichtig behandeln) wolle, so werde Gott die ganze Stadt strafen. Es sei ja offenbar und am Tag, wer Hexe sei oder nicht.
1665 Juni 19
Sie wiederholt die Aussagen insbesondere über Hans Jacob Engels Weib, die Apothekerin und Hans Jacob Tochtermann.
1665 Juli 3
Sie wird ausdrücklich gefragt, ob sie mit ihren Aussagen irgend jemand Unrecht getan habe. Sie wiederholt aber, daß alles, was sie angezeigt, wahr sei.
- Reference number
-
A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7839
- Former reference number
-
Registratursignatur: A 2 f (Hexenprozesse) Seite abgeschnitten, bitte prüfen
- Context
-
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 24 Hexenprozesse
- Holding
-
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)
- Date of creation
-
1665 Mai 17 - 1665 Juli 3
- Other object pages
- Last update
-
20.03.2025, 11:14 AM CET
Data provider
Stadtarchiv Reutlingen. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Archivale
Time of origin
- 1665 Mai 17 - 1665 Juli 3