Bestand
Schlossarchiv Zwingenberg: Altes Reich (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Depositum
Inhalt und
Bewertung
Archiv von Schloss Zwingenberg mit
Unterlagen der Besitzerfamilen (von Wiser, von Horneck von Hornberg/von
Göler/von Gemmingen, Kurpfalz, von Bretzenheim) aus dem Alten Reich und
vor der badischen Verwaltung. Die Unterlagen der badischen
Herrschaftszeit finden sich im Bestand "69 Baden, Zwingenberg-2". Die
Erschließung des Schlossarchivs erfolgte in einem von der Stiftung
Kulturgut Baden-Württemberg geförderten Projekt. 64 Akten, 567
Amtsbücher, 6 Karten und Pläne
Herrschaftsgeschichte: Die in
späterer Zeit zum Schloss ausgebaute Burg Zwingenberg liegt am Neckar,
oberhalb des gleichnamigen Ortes im heutigen Neckar-Odenwald-Kreis in
Baden-Württemberg. Sie war Mittelpunkt einer kleinen Adelsherrschaft, die
grundherrschaftlichen Besitz verwaltete und Ortsherrschaft über folgende
umliegende Orte ausübte: Zwingenberg, Ferdinandsdorf, Mülben,
Oberdielbach, Strümpfelbrunn, Waldkatzenbach, Friedrichsdorf und
Weisbach. Die Orte Balsbach, Robern und Wagenschwend gehörten anteilig
zur Amtsvogtei Zwingenberg. Im Jahr 1632 stirbt das in Zwingenberg
herrschende Adelsgeschlecht der Herren von Hirschhorn aus und somit
beginnt ein jahrzehntelanger Rechtsstreit um die Erb- und Besitzansprüche
der Herrschaft Zwingenberg. Dabei stritten die Adelshäuser Göler von
Ravensburg und von Eltz um Zwingenberg aufgrund familiärer Beziehungen
zum Geschlecht der Hirschhorns. Als 1648 die Kurpfalz durch den
Westfälischen Frieden wiederhergestellt wurde, verhängte diese über die
Erbansprüche beider Parteien eine Zwangsverwaltung (Sequestration). 1651
entschied Kaiser Ferdinand III. (1608-1657) zwar für die Göler von
Ravensburg, dies wurde aber von Kurfürst Karl I. Ludwig (1617-1680) nicht
umgesetzt und Zwingenberg blieb unter kurpfälzischer Verwaltung. Ein
Unteramt (Kellerei) wurde zur Verwaltung in der Burg Zwingenberg
eingerichtet und wurde zeitweise in Personalunion vom Keller zu Eberbach
geführt. 1696 erhielt der kurfürstliche Hofkanzler und Geheime Rat Franz
Melchior Freiherr von Wiser (1651-1702) Zwingenberg als Mannlehen. Die
Herrschaft Zwingenberg konnte er 1718 in ein Erblehen für seinen Sohn
Graf Ferdinand Andreas von Wiser (1677-1751) umwandeln. Die Göler von
Ravensburg versuchten weiter Zwingenberg zu erhalten: Friedrich Jakob
Göler von Ravensburg erhob Klage gegen Kurfürst Karl III. Philipp von der
Pfalz (1661-1742) vor dem Reichshofrat und weiteren Reichsinstitutionen.
Nach dem Tod von Friedrich Jakob Göler von Ravensburg 1717 übernahmen
seine Töchter und ihre Ehemänner die Klage mit Prozessen vor den
verschiedenen Reichsinstitutionen. Friderica Salome Horneck von Hornberg,
Christine Dorothee von Gemmingen, Maria Regina Göler von Ravensburg
wurden vertreten durch ihre Ehemänner Wilhelm Friedrich Horneck von
Hornberg, Pleickhardt Dietrich von Gemmingen und Eberhardt Friedrich
Göler von Ravensburg. Der Reichshofrat sprach 1725 Zwingenberg den Erben
zu, jedoch verzögerte die Kurpfalz den Vollzug. Die Göler von Ravensburg
konnten Zwingenberg 1728 übernehmen und etablierten Jacob Salomon Clemm
(1728-1781) als Amtsvogt. Schon 1746 wurde die Herrschaft Zwingenberg
dann an Kurfürst Karl Theodor (1724-1799) verkauft.
Verwaltungsstrukturell gehörte Zwingenberg damit zum Oberamt Mosbach mit
den Kellereien Eberbach, Lohrbach, Neckarelz und der Amtsvogtei
Zwingenberg. Ab Februar 1778 wurde der uneheliche Sohn von Kurfürst Karl
Theodor, Karl August (1768-1823), zum Reichsgrafen von Bretzenheim und
mit Zwingenberg als Erblehen belehnt. Auf Karl August Reichsgraf von
Bretzenheim gehen zahlreiche Vermessungen und über 500 Grenzsteine in der
Herrschaft Zwingenberg zurück. Teresa Keller-Janka
Überlieferungsgeschichte: Das
Archiv von Schloss Zwingenberg wurde dem Generallandesarchiv Karlsruhe im
Jahr 2021 als Depositum übergeben. Die Unterlagen lagerten in zwei Räumen
auf dem Dachboden des Schlossgebäudes. Bei der Übernahme konnte lediglich
eine getrennte Aufstellung von Amtsbüchern, vor allem Rechnungen, und
Akten festgestellt werden; außerdem lagerten neuere Unterlagen,
vornehmlich nach dem Ende der Monarchien 1918, in einem eigenen Schrank.
Der größte Teil des Archivs wurde ins Generallandesarchiv Karlsruhe
überführt: Das betrifft alle Unterlagen seit Beginn des Archivs;
lediglich Unterlagen nach ca. 1950 verblieben noch in Zwingenberg. Alle
vorgefundenen Karten und Pläne wurden vom GLA übernommen. Während die
Rechnungsbände chronologisch gereiht waren, so war bei den Akten keine
Ordnung erkennbar. Viele waren in Konvoluten zusammengeschnürt und
einzelne davon mit Inhaltshinweisen auf beigelegten Notizzetteln
versehen, wobei sich die letztlichen Inhalte bei der Verzeichnung meist
als diverser herausgestellt haben. Diesen modernen knappen Notizzettel,
die auch keinerlei Nummern aufwiesen, wurde strukturell und inhaltlich
für den Bestand kein Wert beigemessen; sie wurden daher nicht aufbewahrt.
Ein Teil der Akten befand sich in Kartons, die meisten lagerten
allerdings ohne weitere Verpackung in Schränken. Bei den in Kartons
verpackten Akten handelt es sich um von dem Historiker und Eberbacher
Archivar Rüdiger Lenz bereits grob erfasste und geordnete Unterlagen.
Vielleicht stammen von ihm auch die Notizzettel an den Aktenkonvoluten
aus einer bereits erfolgten inhaltlichen Sichtung. Bei dem verwendeten
Signaturschema erhielt jeder Karton eine fortlaufende Nummer und darin
nochmal jede Akte (CL 1/1, CL 1/2, ... CL 44/1, CL 44/2, ...); sie sind
als Vorsignatur 2 vermerkt. Die Inhalte der Kartons waren den außen
angebrachten Verzeichnissen zu entnehmen. Kopien davon liegen den
Vorgangsakten bei; die Originale konnten nicht aufgehoben werden, da sie
auf den nicht archivgerechten Kartons aufgeklebt waren. Die Bearbeitung
umfasste 87 Kartons, ca. 1/5 des gesamten Archivs (wobei Box 87 nur
Aktendeckel und Schilder enthielt). Der überwiegende Teil der Akten aus
dem Alten Reich befand sich unter diesen bereits knapp erfassten
Unterlagen. Eine frühere geordnete Lagerung zeigt eine kleine Anzahl von
Akten an, die mit einer Bezeichnung nach dem Schema "Kasten, Fach und
Faszikel" versehen sind. Auch diese Bezeichnungen sind bei den
Vorsignaturen vermerkt (Vorsignatur 3). Bereits beim Betreten des
Dachbodens wiesen zahlreiche Papierschnipsel und andere
Hinterlassenschaften daraufhin, dass das Archiv Mäusen ausgesetzt war.
Viele Akten wiesen Fraßspuren von Mäusen, aber vereinzelt auch von
Insekten, sowie Verunreinigungen aus Kot und Urin auf. Wasser- und
Schimmelschäden konnten dagegen kaum festgestellt werden. Der
überwiegende Teil der Akten war in relativ gutem Zustand und lediglich
mehr oder weniger verstaubt. Für die Verzeichnung des Schlossarchivs im
Generallandesarchiv Karlsruhe wurde entschieden, die Unterlagen zeitlich
in zwei Beständen aufzustellen. Unter "69 Baden, Zwingenberg-1" sind die
Unterlagen erfasst, die dem alten Reich zuzuordnen sind, also vor der
Badischen Verwaltung. Folglich finden sich hier Unterlagen, deren
Laufzeit vor 1808 beginnt und auch nicht darüber hinausläuft. Die
tatsächliche Laufzeit reicht von 1608 bis 1808 (wenige Rechnungsbände
reichen bis 1810). Durch Abschriften oder Zitate älterer Urkunden ergeben
sich vereinzelt Laufzeiten bis zurück ins 14. Jahrhundert.
Bearbeitungsbericht: Die
Erschließung und Verpackung des Schlossarchivs von Zwingenberg nahmen
Frau Teresa Keller-Janka und Frau Regine Dendler in einem von der
Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg geförderten Projekt vom Juli 2022
bis September 2024 vor. Die Betreuung des Projekts oblag Frau Sara
Diedrich. Bei der Beschreibung der Akteninhalte wurde auf eine möglichst
standardisierte Ausdrucksweise Wert gelegt, um die Verwendung von
Stichworten bei einer zukünftigen Findbuchsuche zu erleichtern. Für den
hier vorliegenden Teil konnte größtenteils auf die bereits früher
erfolgte inhaltliche Erschließung als Grundlage zurückgegriffen werden.
Die auf den Unterlagen selbst und im Verzeichnis auf den Kartons
vermerkten Titel und Inhaltsangaben wurden dennoch überprüft sowie bei
Bedarf mit ausführlicheren Enthältvermerken ergänzt. Dies ist notwendig,
weil sich in der Gliederung des Gesamtbestandes zwangsläufig nicht alle
Akteninhalte abbilden. Besonders erwähnt wird in den Enthältvermerken
auch immer, wenn sich Verzeichnisse von Personen oder Liegenschaften
darin befinden. Alle Ortsbetreffe sind soweit ersichtlich ebenfalls
genannt. Außerdem sind die in den Akten enthaltenen Karten und Pläne
ausführlich erfasst. Überformate und beschädigte Pläne wurden aus
konservatorischen Gründen den Akten entnommen: Sie sind auf
untergeordneter Ebene erfasst und mit einer eigenen Nummer versehen,
bestehend aus der Nummer der Akte mit einem K-Zusatz. Digitalisate der
Pläne wurden nicht angefertigt; für eine Einsicht müssen die entnommenen
Stücke gesondert bestellt werden. Für in den Unterlagen erwähnte Orte und
bekannte Persönlichkeiten wurden normierte Deskriptoren vergeben. Die
formale Gliederung des vorliegenden Bestands folgt Sachbetreffen und
einzelnen Verwaltungszweigen. Die übergeordneten Rubriken orientieren
sich an der Art der Unterlagen: "Akten und Bände", "Karten und Pläne" und
"Abbildungen und Drucksachen". Die untergeordneten Rubriken sind
thematisch angelegt: "Herrschaft Zwingenberg" enthält das gesamte
Herrschaftsgebiet betreffende, übergreifende Unterlagen zum Besitz und
Erwerb sowie Dokumente zur Geschichte der Herrschaft Zwingenberg.
"Grundbesitz und Grenzen" behandelt hauptsächlich die Verwaltung von
Erbbestandsgütern sowie Vermessungssachen. Davon getrennt wurde das
Bauwesen, das vor allem das Schloss Zwingenberg und seine Nebengebäude
betrifft. Die übrigen Gliederungspunkte (Gemeinden und Untertanen,
Kirchen, Finanzen, Forst, Justiz, Landwirtschaft) enthalten jeweils nur
wenige Akten. Neben der Verzeichnung und Ordnung erfolgte eine
Schadensaufnahme, Reinigung und Verpackung. Die Reinigung der Unterlagen
nahmen die Bearbeiterinnen sowie die Auszubildende Amelie Rester vor.
Wenige Unterlagen sind aufgrund des fortgeschrittenen Schadens im Prinzip
unbenutzbar und sind daher nicht in den Bestand aufgenommen worden.
Andere können noch restauriert werden und sind im Bestand erfasst. Die
angetroffenen Schäden führten gelegentlich zu einer Aussonderung der
betreffenden Akte bzw. deren Deckblatt oder zu einer
Nutzungsbeschränkung. Karlsruhe, im September 2024 Regine Dendler und
Sara Diedrich
Inhalt: Der vorliegende Bestand
enthält im Wesentlichen Unterlagen der Familien, die vor dem Haus
Hochberg/Baden Besitzer der Herrschaft Zwingenberg waren: hauptsächlich
der Herren von Hirschhorn, der Grafen von Wiser, der Göler von
Ravensburg, der Kurpfalz und der Grafen von Bretzenheim, mit ihren
jeweiligen Erben und Verwandten. Übergaben der Herrschaft zwischen
aufeinanderfolgenden Besitzern, Erbfolgen und die sich daraus ergebenden
Differenzen sind anhand der Akten nachvollziehbar. Der Bestand besteht
vornehmlich aus einer nahezu lückenlosen Serie von Rechnungsbänden
beginnend im Jahr 1608. Sowohl die Rechnungen der Herrschaftsverwaltung
(1608-1810) als auch Gemeinde- und Kirchenrechnungen (1767-1792 bzw.
1783-1805) sind fast vollständig erhalten. Dagegen ist
Verwaltungsschriftgut nur in geringem Maße vertreten. Einen wichtigen
Anteil hat die Verwaltung des Grundbesitzes. Dazu gehören vornehmlich
Erbbestands- und Vermessungssachen, die schriftlich und mit kolorierten
Plänen erfasst sind. Die Bauunterhaltung des Schlosses Zwingenberg und
der Schlosskapelle sind durch Akten und Handwerkerrechnungen ebenfalls
dokumentiert. Interessant für die Familienforschung sind Tabellen über
die Bevölkerung des Herrschaftsgebietes unter der Rubrik "Gemeinden und
Untertanen". Besonders erwähnt sei auch noch, dass die Pergament- oder
Papiereinbände der Rechnungsbände des 17. Jahrhunderts teilweise aus den
Seiten älterer Handschriften bestehen.
Literatur und sonstige Hinweise:
Rüdiger Lenz, Das Haus Baden auf Zwingenberg. Eine mittelalterliche Burg
im Besitz einer Fürstenfamilie, Heidelberg u.a., 2015. Der
Neckar-Odenwald-Kreis, hrsg. von der Landesarchivdirektion
Baden-Württemberg, 2 Bde., Sigmaringen, 1992. Unterlagen des
Schlossarchivs Zwingenberg unter badischer Verwaltung, siehe "69 Baden,
Zwingenberg-2". Eine in badischer Zeit angelegte Fotosammlung von Schloss
Zwingenberg befindet sich ebenfalls im Generallandesarchiv Karlsruhe,
siehe "69 Baden, Zwingenberg-3".
- Bestandssignatur
-
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 69 Baden, Zwingenberg-1
- Umfang
-
637 Archivalieneinheiten (Nr. 1-637)
- Kontext
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Dynastie und Regierung >> Schlossarchiv Zwingenberg
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Rüdiger Lenz, Das Haus Baden auf Zwingenberg. Eine mittelalterliche Burg im Besitz einer Fürstenfamilie, Heidelberg u.a., 2015.
Der Neckar-Odenwald-Kreis, hrsg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, 2 Bde., Sigmaringen, 1992.
Unterlagen des Schlossarchivs Zwingenberg unter badischer Verwaltung, siehe "69 Baden, Zwingenberg-2".
Eine in badischer Zeit angelegte Fotosammlung von Schloss Zwingenberg befindet sich ebenfalls im Generallandesarchiv Karlsruhe, siehe "69 Baden, Zwingenberg-3".
- Indexbegriff Ort
-
Zwingenberg (Herrschaft); Altes Reich
- Bestandslaufzeit
-
(1338 -) 1608 - 1810
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
-
03.04.2025, 11:03 MESZ
Datenpartner
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- (1338 -) 1608 - 1810