Bestand

Familienarchiv Heinrich Günzler (Bestand)

1. Zu Heinrich Günzler und zur Familie Günzler: Dipl. - Ing. Heinrich Günzler (1900-1993), Direktor der AEG Stuttgart und Ehrensenator der Universität Stuttgart, hat sich als Freizeit-Genealoge intensiv der Genealogie seiner Familie verschrieben. Das Interesse an der Familiengeschichte setzte Anfang der 30er Jahre ein, als er von seinem Vater die älteren Unterlagen der Familie erhielt. Heinrich Günzler war damit nicht der Erste, der sich der Familiengeschichte Günzler widmete. Sein Vater Hugo, der 1920 eine Familiengeschichte verfasste (Bü 87), sein Urgroßvater Friedrich (Bü 19 und 65) und auch sein Ururgroßvater Christian Heinrich (Bü 78) hatten schon familiengeschichtlich geforscht und auch gehaltvolle autobiographische Quellen hinterlassen. Heinrich Günzler tat dies ihnen gegenüber jedoch vergleichsweise umfassend. Heinrich Günzler konnte auf Ergebnisse seiner genannten Vorgänger zurückgreifen, als er in den 30er/40er Jahren eine Ahnentafel bezogen auf seinen Sohn Helmut (= Nr. 1) zusammenstellte. Die Arbeiten an den späteren Generationen beanspruchten ihn noch in der Nachkriegszeit bis etwa 1970. Er führte die Ahnentafel soweit zurück, dass auch Karl der Große als Nr. 143.005.669.584 darin erscheint. Zur gleichen Zeit stellte Heinrich Günzler verschiedene Nachkommentafeln zusammen, und zwar bezogen auf die Nördlinger Günzler von 1490 an, auf Heinrich Christian Günzler (geb. 1758) und auf Johann Georg Günzler (geb. 1712). 1942 entstand eine umfangreiche, jedoch nie veröffentlichte Darstellung "Friedrich Günzler, Oberamtmann 1789-1874, eine Lebensbeschreibung". Unermüdlich korrespondierte er zu Fragen der eigenen Familiengeschichte, um seine Daten zu vervollständigen und weitere Ahnen auszumachen. Er nutzte dafür auch die Dienste kommerzieller Familienforscher wie Kurt Erh. von Marchtaler und Hans Kaschau. Von allen Ahnen suchte er die Personenstands-Dokumente über Geburt, Taufe und Tod zumindest in beglaubigter Abschrift zusammen. Systematisch sammelte er auch Bildmaterial, vor allem Porträts, zu seinen Ahnen. Ferner transkribierte er Tagebuch- und andere Aufzeichnungen seiner Ahnen zu bestimmten Themen. Zum Beispiel veröffentlichte er 1988 die Aufzeichnungen über die Kuren seines Urgroßvaters Friedrich Günzler für einen kleineren Kreis Interessierter. Eine Darstellung über den Ahnen Heinrich Christian Günzler wurde 1986 in die Lebensbildern aus Schwaben und Franken, Band 16 aufgenommen und gedruckt. Wenig später erschien seine Edition von dessen Stammbuch aus der Studentenzeit. Somit hat Heinrich Günzler über die engeren genalogischen Recherchen hinaus auch Geschichte seiner Familie geschrieben, also das rein positivistische Datensammeln der Genealogie überwunden. Dass er sich auch allgemein historisch interessierte, zeigt seine 45jährige Mitgliedschaft seit 1948 bis zu seinem Tod im Württembergischen Geschichts- und Altertumsverein. Sein Sohn Prof. Dr. Helmut Günzler würdigte ihn posthum mit den Worten: "Unzählige Stunden verbrachte er am Schreibtisch mit Korrespondenz, um der Herkunft unserer Vorfahren nachzuspüren, suchte Pastoren und Kirchendiener auf, um Einsicht in Kirchenbücher zu nehmen und fotografierte Grabsteine auf Friedhöfen vielerorts im Lande für die Dokumentation." Als Techniker war Heinrich Günzler für seine Familie eher untypisch. Die Günzlers waren herausragende Staatsbeamte im württembergischen Dienst, später auch Militärs. Die ersten Ahnen werden in Nördlingen greifbar. Jakob Günzler (1495-1529) ist der erste bekannte Günzler, er war hier Schuhmacher, Veitt der Ältere (1525-1603) ebenfalls, jedoch war er zudem Gerichtsknecht. Veitt der Jüngere (um 1556-1612) wirkte als Barbier sowie Stadt- und Wundarzt und David (1591-1664) als Barbier und Stadtarzt jeweils in Nördlingen. Erstmals im Verwaltungsdienst tätig war Veit Ulrich Günzler (1636-1690). Er war kaiserlicher Notar und Hospitalmeister in Nördlingen. Erst Christian Ulrich (1677-1746) verließ Nördlingen. Von 1705-1722 war er Stadtschreiber in Blaubeuren , dann Kanzleirat in Württemberg-Neuenstädtischen Diensten und seit 1743 Rentkammer-Expeditionsrat und Rechenbanksrat in Stuttgart. Amandus Günzler (1714-1787) wirkte seit 1741 als Advokat, seit 1747 als Oberamtmann in Göppingen und von 1750-1786 als Amtsoberamtsmann in Stuttgart. Sein Sohn Christian Heinrich (1758-1842) war zunächst Kanzleiadvokat, von 1786-1799 Amtsoberamtmann und seit 1799 Stadtoberamtmann und Regierungsrat in Stuttgart und von 1805 bis 1821 Oberamtmann in Nürtingen. 1836 wurde er in den Personaladel erhoben. Im Ruhestand noch wirkte er ehrenamtlich als Mitglied der Aktenausscheidungskommission. Friedrich Günzler (1789-1874), sein Sohn, wurde Oberamtsaktuar in Nürtingen und Waiblingen, seit 1817 war er Oberamtsverweser in Rottenburg und seit 1819 in Reutlingen. 1821 wurde er Oberamtmann in Welzheim und von 1830-1854 wirkte er als Oberamtmann in Öhringen. Sein Sohn Ernst (1831-1902) schlug eine Karriere im Forstdienst ein. 1850/51 war er Forstassistent in Bönnigheim, 1860 Revierförster in Calmbach, 1870 Forstmeister in der Hofkammer, 1877 Hofdomänenrat und seit 1898 Hofdomänendirektor in Stuttgart. Auch er wurde wie sein Großvater in den Personaladel erhoben. Hugo Günzler (1870-1952), der Vater von Heinrich Günzler, schlug die militärische Laufbahn ein. Seit 1889 wirkte er als Avantageur beim Infanterieregiment 125. 1898 wurde er Premierleutnant, 1905 Hauptmann und 1914 Major. Seit 1898 war er mit Helene Reibel verheiratet, der Tochter des Generalleutnants Heinrich von Reibel. Die Affinität der Familie zum Militär zeigte sich auch in der Heirat 1924 von Heinrich Günzler, beider Sohn, mit Ortrun Kabisch, der Tochter des charakterisierten Generals der Infanterie Ernst Kabisch.

2. Zum Familienarchiv Günzler und seine Bearbeitung: Die Unterlagen des Familienarchivs Günzler kamen zum Teil 1986 ins Hauptstaatsarchiv Stuttgart, insoweit sie Heinrich Günzler für seine Arbeiten nicht mehr benötigte. Der weitaus größte Rest wurde 1994 nach seinem Tod in Alsdorf, seinem Alterswohnort, zur dauernden Aufbewahrung im Hauptstaatsarchiv Stuttgart abgeholt. Wenn Hans Martin Maurer die Unterlagen als "Frucht einer nebenberuflichen Lebensarbeit" Heinrich Günzlers bezeichnete, zeigt sich bereits, dass der Bestand in der Hauptsache eine Dokumentation Günzlers darstellt. Seine genealogische Korrespondenz, seine vielseitigen Materialsammlungen, seine Kopien von Originalquellen, die Bildsammlung sowie die Ahnen- und Nachfahrentafeln und die anderen familienhistorischen Arbeiten sind Dokumentationen. Und dennoch enthält der Bestand auch originale alte Unterlagen, die in der Familie tradiert worden sind. In seinen Lebenszeugnissen (Bü 6, S. 102) berichtet Günzler, er habe Anfang der 30er Jahre von seinem Vater "ein Bündel Akten" aus der Familie erhalten und die "Familienakten" seien in der Kriegszeit in Schloss Alfdorf gesichert worden. Schon sein Urgroßvater Fritz Günzler besaß 1862 "Günzlerische Familienakten" (Bü 343). Diese waren aber nicht organischer Bestandteil der 1994 abgegebenen Unterlagen, sondern voll als Elemente in die Heinrich Günzlerischen Familiendokumentation eingewoben, ohne noch eigenständige Einheiten zu sein. Viele Original-Schriftstücke fanden sich beispielsweise in den Anlagen zur Ahnentafel und waren darin nach Personenbetreff eingeordnet worden. Die Unterlagen sehr naher Ahnen waren in Mappen untergebracht, die sich auf einzelne Personen bezogen und hierfür alles, also Korrespondenz, Kopien von Dokumenten fremder Archive, Notizen und Materialien Günzlers vermengt beinhalteten. Die Unterlagen von und zu Christian Heinrich Günzler, zu dem Heinrich Günzler ein Lebensbild verfasste, waren von ihm nummeriert worden, um den Bezug zu seiner Darstellung festzuhalten, andere weniger wichtige davon separiert. Dass sie sehr oft in Einzeldokumente zersplittert waren und vermischt mit Dokumentationsgut verwahrt wurden, belegt die Liste Günzlers von 1986 (Bü 145). Ähnlich verhält es sich mit den Original-Unterlagen zu Friedrich Günzler, zu dem Heinrich Günzler ebenfalls eine Darstellung geschrieben hat. Die angegebenen Vorsignaturen beziehen sich auf diese Listen. Ziel der Ordnungsarbeiten war, die historischen Unterlagen wieder zu separieren und durch eine vergleichsweise tiefe Erschließung hervorzuheben und für die Forschung nutzbar zu machen. Da die ursprüngliche Struktur nicht mehr erkennbar war und daher eine Rekonstruktion der ursprünglichen Ordnung entfiel, musste bei der Umstrukturierung entsprechend den Erfahrungen bei vergleichsbaren Familienarchiven vorgegangen werden. In der Regel waren Einzelblätter nach gemeinsamem Inhalt zusammen zu fügen. Korrespondenzen konnten weitgehend wieder in Serien strukturiert werden, andere Unterlagen wurden nach Sachzusammenhang zusammengefasst und formiert. Die Trennung von Originalquellen und Dokumentation konnte so auf der Ebene der Büschel weitgehend durchgeführt werden. Auf Bestandsebene blieben jedoch noch kleinere Vermischungen bestehen. Um den Sachzusammenhang zu erhalten wurden von Heinrich Günzler gesammelte Unterlagen nach dem Betreff eingeordnet, also nicht zur Provenienz Heinrich Günzler, sondern zu dem betreffenden Vorfahren (Pertinenz). Dadurch ist das Material besser greifbar. Die Originalunterlagen des Familienarchivs reichen bis ins 16. Jh. zurück , sind zunächst aber noch relativ spärlich. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jh. werden sie relativ dicht: Für Christian Heinrich Günzler (1758-1842), seinem Sohn Friedrich Günzler (1789-1874) und Hugo Günzler (1870-1952) enthält das Familienarchiv relativ geschlossene Nachlässe. Am umfassendsten ist allerdings der Teil zu Heinrich Günzler, wobei dieser neben dem Nachlass vor allem eine umfangreiche Dokumentation zur Familiengeschichte darstellt. An Unterlagen aus den weiblichen Vorfahren-Linien ist in nennenswertem Umfang Material zur Familie Kabisch, Reibel und hierüber Blezinger, Brecht und hierüber Offterdinger, sowie Jahn vorhanden. Der Wert des Familienarchivs Günzler liegt in der geschlossenen Dokumentation einer in württembergischen Verwaltungsdiensten stehenden Familie über Generationen hinweg. Neben Korrespondenzen und Lebensdokumenten sind vor allem die autobiographischen Darstellungen (Friedrich Günzler: Lebenserinnerungen, Hugo Günzler: Aus meinem Leben, Albert Kabisch: Lebenslauf, Ernst Kabisch: Lebenserinnerungen und Heinrich Günzler: Erinnerungen) hervorzuheben, außerdem die Tagebucherüberlieferung des Friedrich Günzler über einen größeren Zeitraum hinweg, Reden und Schriften (vor allem Heinrich Christian Günzler), das umfangreiche Bildmaterial und die Dokumentation der Vermögensverhältnisse im Zusammenhang mit Verheiratung oder Vererbung. Im Findbuch sind die Familienmitglieder entsprechend ihrer Nummer in der Ahnentafel zu Helmut Günzler (Kap. 13.2.1.) mit Nummern versehen. Helmut Günzler hat darin als Probant die Nr. 1, sein Vater Heinrich die Nr. 2 und seine Mutter Ortrun die Nr. 3. Die Großeltern erhalten die Nummern 4-7 usw. Die Nummerierung ermöglicht über die Ahnentafel eine eindeutige verwandtschaftliche Einordnung. Einige Personen haben eine solche Nummer jedoch nicht erhalten, denn nicht alle Personen sind direkte Ahnen von Helmut Günzler (wie z.B. die Geschwister der Eltern oder Großeltern). Auch in seinem anderen Bestand des Hauptstaatsarchivs finden sich Unterlagen von der Familie Günzler. J 1 Nr. 103 a-c und Nr. 126 a enthalten Schriften des Christian Heinrich Günzler, die teilweise über die staatliche Verwaltung (Kanzlei, königliches Kabinett) an das Hauptstaatsarchiv gelangten. Das zeigt den Einfluss Günzlers. In den Bestand eingeordnet wurde als Bü 427-431 ein Teilnachlass von Wilhelm Günzler, der 1979 an das Hauptstaatsarchiv abgegeben wurde und bisher in den Bestand J 50 Nr. 301 eingeordnet war. Der Journalist war ein weitläufiger Verwandter Heinrich Günzlers. Die Ordnung und Verzeichnung der Unterlagen erfolgte von Mai bis Juli 2016 durch den Unterzeichneten. Der Bestand "Familienarchiv Heinrich Günzler" hat eine Laufzeit von 1495, 1594-1989 und umfasst 441 Archiveinheiten in ca. 6 lfd. m. Stuttgart, im Juli 2016 Dr. Peter Schiffer

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Q 3/45
Umfang
441 VE (ca. 6 lfd. m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Nachlässe, Verbands- und Familienarchive >> Verbands- und Familienarchive

Indexbegriff Person

Bestandslaufzeit
1495, 1594-1989

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Letzte Aktualisierung
20.01.2023, 15:09 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1495, 1594-1989

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