Bestand

Hanseatische Legion (Bestand)

Erschließungszustand, Umfang: Verzeichnis "Militärarchive" D und E (1948-1949)
0,7 lfm

Verwandte Verzeichnungseinheiten: ASA Interna Kriegswesen B, Militärarchive E

Literaturhinweis: Lutz Voigtländer, Das Tagebuch des Johann Heinrich Lang aus Lübeck und die Feldzüge der Hanseaten in den Jahren 1813-1815 (Veröffentlichungen der HL, Reihe B, Bd. 4), Lübeck 1980; C.F. Gaedechens, Die hanseatische Legion, in: Zeitschrift des Vereins für hamburgische Geschichte 8, 1889, S. 601-640; Heilwig Prosch, Die hanseatische Legion 1815, in: Der Wagen 1960, S. 67-77

Vorwort: Militärbehörden

I. Geschichte und Organisation

Das Kriegswesen vor dem Jahr 1811
Das Wehrwesen der Stadt gliederte sich vor dem Verlust der Selbständigkeit der Stadt im Jahre 1811 in drei Abteilungen:
1. Die Garnison, auch Stadtmiliz genannt: geworbene Truppen unter einem Stadthauptmann (später: Kommandant).
2. Die Bürgerwacht: das Aufgebot der wehrfähigen Bürgerschaft, innerhalb der vier Quartiere in Kompanien unter Bürgerkapitänen geordnet.
3. Das Artillerie-Korps: ursprünglich eine rein technische, erst seit Anfang des 18. Jahrhunderts militärähnlich eingerichtete Truppe unter einem Oberoffizier (meist Major).

Organisation
a) Militärisch: Im normalen Wach- und Sicherheitsdienst unterstand dem Kommandanten nur die Garnison, während der Wachdienst der Bürger und der Wach- und Ausbildungsdienst der Artillerie vom Artillerie-Major selbständig geregelt wurde. In Kriegszeiten und zu Verteidigungszwecken traten Bürgerwacht und Artillerie taktisch unter das militärische Kommando.
b) Verwaltungsmäßig: Verwaltungsbehörde für die Garnison waren die Herren des Kriegskommissariats (der Kriegsstube); sie waren gleichzeitig Präsidenten des Kriegsgerichtes, das nur für die Garnison zuständig war. Verwaltungsbehörde der Bürgermacht waren die Wachtherren, mit dem Wachtgericht, für die Artillerie die Artillerie-Herren mit dem Artilleriegericht. Den Artillerieherren unterstanden auch die Verwaltung des Zeughauses und die militärische Fürsorge für die Befestigungsanlagen, deren bauliche und finanzielle Unterhaltung dagegen den Wallherren oblag.
Die Bürgerschaft kannte im Gegensatz zu Garnison und Artillerie keine militärische Spitze. Hauptamtlich war bei ihr - gewissermaßen als Adjutant - der Bürgerleutnant (eigentlich: Bürgerkapitän-Leutnant) angestellt. Die internen Verwaltungssachen (Personalvorschläge, Kassenführung usw.) wurden von einem Ausschuss der Bürgerkapitäne, den sogenannten Cassa-Kapitänen, wahrgenommen, von denen einer als Präses fungierte und die Bürgerwacht gegenüber den Wachtherren und dem Rat vertrat.

II. Die Hanseatische Legion

Die Legion wurde während der Befreiungskriege zweimal (1813 und 1815) aufgestellt. Sie bildete ein hanseatisches Ganzes, wenngleich Werbung, Aufstellung und Ausrüstung zunächst in den drei Städten Lübeck, Hamburg und Bremen getrennt erfolgte. Als Verwaltungsbehörde fungierte in Lübeck die Kontingents-Kommission.

III. Das Kriegswesen nach dem Jahre 1814, bis 1867

Unmittelbar aus der Verwaltung der Hanseatischen Legion erwuchs die neue Militärordnung, die vom Gedanken der allgemeinen Dienstpflicht und Volksbewaffnung ausging. Dem entsprach die Tatsache, dass die alte Bürgerbewaffnung nun organisatorisch erhöhte Bedeutung gewann. Die Bewaffnungsdeputation übernahm nicht nur die Aufgabe der alten "Wachtherren", indem ihr die neu geordnete, zahlenmäßig vergrößerte "Bürgergarde" (nach preußischem Vorbild auch Bürger- und Landwehr genannt) unterstand; sie griff vielmehr auch in den Aufgabenbereich der eigentlichen Militärorganisation über, indem die ihr eingegliederte aus der Verwaltung der Hanseatischen Legion erwachsene Kontingentskommission die Eintragung, Aushebung, Stellvertretung usw. der Dienstpflichtigen für das "Bundeskontingent" regelte. Diese Dienstpflichtigen leisteten ihre aktive Dienstzeit bei der Garnison ab.

Die Garnison selbst, jetzt also nicht nur Fortsetzung des alten Stadtmilitärs, sondern zugleich Teil der deutschen Bundesarmee, unterstand dem Garnisonsdepartement, dessen senatorische Mitglieder Militärherren hießen. Die Dienstpflicht war durch die Verordnungen von 1821 (Errichtung des Bundeskontingents) und 1831 (VO über Kriegsdienstpflicht) geregelt.

Diese Verhältnisse änderten sich etwas, als gemäß den Frankfurter Beschlüssen über die Bundeskriegsverfassung im Jahre 1831 die Kriegsdienstpflicht erweitert und verschärft worden war und 1834 mit den beiden anderen Hansestädten und Oldenburg eine oldenburgisch-hanseatische Brigade im Rahmen des I. Bundes-Armeekorps gebildet worden war. Seitdem gingen die Aufgaben der Kontingentskommission und des Garnisonsdepartements in dem 1835 neu geschaffenen Militärdepartement auf, während die Bewaffnungsdeputation nur noch für die Bürgergarde zuständig blieb. Die senatorischen Mitglieder des Militärdepartements, die Militärherren, trugen seit 1857 die Bezeichnung "Militärkommissare".

Der Gedanke, dass auch die Bürgergarde (Bürger- und Landwehr) einen Teil der wirklichen Militäreinrichtungen bildete, kam dadurch zum Ausdruck, dass für sie nicht mehr ein besonderes Gericht nach Art des alten Wachtgerichtes gebildet wurde, sondern für sie das Militärgericht zuständig war.

Eine Artillerie wurde nach 1814 nicht wieder geschaffen. Die Gestellung der Feldartillerie für die Bundesarmee übernahm im Rahmen der Militärkonvention von 1834 Oldenburg für alle drei Hansestädte.

IV. Militärverhältnisse nach 1866

Die bisherigen lübeckischen Militäreinrichtungen wurden durch die preußisch-lübeckische Militärkonvention von1867 beseitigt. Es verblieb nur noch die Militärkommission des Senats, die die für Lübeck verbliebenen Hoheits- und Ehrenrechte wahrzunehmen hatte. Neben sie traten die preußischen Behörden: Departements-Ersatzkommission (1869-1873 Departements- und Marine-Ersatzkommission, 1875 geteilt in Ober-Ersatzkommission und Marine-Ersatzkommission) und Kreisersatzkommission (seit 1875 Ersatzkommission).

Demzufolge unterteilen sich die Militär-Archive in folgende einzelne Archivkörper:
03.06-01 Archiv des Kriegskommissariats
03.06-02 Archiv der Bürgermacht (Wachtherren)
03.06-03 Archiv des Artillerie-Korps (Artillerieherren)
03.06-04 Archiv der Hanseatischen Legion
03.06-05 Archiv der Bewaffnungsdeputation (bis 1817 -kommission)
03.06-06 Archiv des Garnisonsdepartements und Garnisonsgerichts
03.06-07 Archiv des Militärdepartements und Militärgerichts
03.06-08 Archiv der Militärkommission des Senats
03.06-09 Archiv der Preußischen Ersatzbehörden

Die eigentümliche Verwaltungsentwicklung des Stadtstaates, in dem die einzelnen Fach-Verwaltungsbehörden sich erst nach und nach zu mehr oder minder großer Selbständigkeit aus dem Rat entwickelten, hat auch hier, wie bei allen Behördenarchiven in Lübeck, dazu geführt, dass diese einzelnen Archive teilweise unvollständig sind und nur im steten Zusammenhang mit den Senatsakten benutzt werden können. Zu fast allen nachstehend verzeichneten Aktengruppen und Einzelakten befinden sich Entsprechungen und Parallelstücke in den Senatsakten ASA Interna H-K, ehemals Kriegswesen/Kriegsstube.
Einige zu den Militärarchiven gehörende Stücke, die bis vor kurzem im Bestand der Handschriften (08.01) zu finden waren und im Findbuch von 1948/49 als fehlend bezeichnet wurden, konnten dem Bestand wieder angegliedert werden. Hier handelt es sich unter anderem um eine Reihe von Kriegsstubenprotokollen sowie Eide- und Rechnungsbüchern des Kriegskommissariats. Ebenso sind große Teil des Archivs der Bewaffnungsdeputation und des Militärdepartements, die ursprünglich als ausgelagert und nicht benutzbar markiert waren, bis auf wenige Ausnahmen ab nun wieder in ihrer ursprünglichen Zugehörigkeit zu den Militärarchiven benutzbar.

Lübeck, März 1949 Dr. von Brandt/für Korrekturen u. Ergänzungen Lokers, Oktober 2013, und Ann-Mailin Behm, März 2016


Eingrenzung und Inhalt: Stammrollen; Löhnungsbücher

Verwaltungsgeschichte/biographische Angaben: a. 1.) Bei der ersten Befreiung von den Franzosen im März 1813 wurde von den Senaten Hamburgs und Lübecks auf Drängen des russischen Obristen von Tettenborn eine Truppe zur Verteidigung der Hansestädte aufgestellt und auf den Zaren vereidigt. Die daraufhin gemeinsam von den drei Hansestädten finanzierte, aus Freiwilligen bestehende Hanseatische Legion (1 Btl Infanterie, 2 Schwadrone Kavallerie) unterstand russischem Oberbefehl. Die Ausrüstung besorgten die Freiwilligen z.T. selbst, sonst die Einquartierungskommission. Verwaltungsbehörde wurde in Lübeck die Kontingents-Kommission. Nach Rückkehr der französischen Verwaltung nach Lübeck im Juni 1813 bis zu deren endgültigem Abzug im Dezember 1813 war keine lübeckische Behörde zuständig, und die Truppe wurde in englischen Sold übernommen. Nach der Entlassung aus russischem Dienst im Mai 1814 kehrten die Kontingente der Hansestädte im Juli in die Heimat zurück und wurden aufgelöst. Nur ein geringer Teil stand weiter unter Waffen.
Nach seiner Rückkehr von Elba am 1. März 1815 beteiligten sich die Hansestädte erneut am Krieg gegen Napoléon. Um die erforderliche Anzahl Soldaten aufzubringen, wurden nun Konskriptionen mit Möglichkeit zur Stellvertretung erforderlich. Die Lübecker Jäger, überwiegend Freiwillige, rüsteten sich selbst, die Füsiliere, meist aus der ärmeren Bevölkerung, rüstete die Stadt aus. Die von den Hansestädten gemeinsam aufgestellten Truppen unterstanden dem Oberbefehl Wellingtons. Die wiederum unter dem Namen Hanseatische Legion aufgestellte Truppe kam militärisch nicht mehr zum Einsatz; die Lübecker Einheiten kehrten im Dezember 1815 und im Januar 1816 nach hier zurück und wurden aufgelöst. Die Bewaffnungskommission (vgl. Bewaffnungsdeputation bzw. -kommission), durch Senatsdekret vom 30. März 1815 um 2 Senatoren und 2 Bürger ergänzt, bildete die Kontingentskommission.

2.) Nachdem 1821 der Deutsche Bund die Aufstellung eines Bundesheeres beschlossen hatte, stellte Lübeck zusammen mit Hamburg und Bremen eine hanseatische Halbbrigade innerhalb der 2. Division des 10. Armeekorps. 1 Prozent der Bevölkerung, in Lübeck 407 Mann, wurde zu den Waffen gerufen und hatte während des 23.-25. Lebensjahres eine dreijährige Dienstpflicht abzuleisten. Bis 1834 war für die Aushebung die Kontingents-Kommission, für alle anderen Angelegenheiten das Garnisonsdepartement zuständig, danach gingen die Aufgaben beider Behörden über auf das Militärdepartement. Die Kontingents-Kommission bestand aus den Mitgliedern der Bewaffnungsdeputation, die jedoch um 2 Senatoren und 4 Mitglieder der Bürgerschaft ergänzt wurde.

b. Zwei Blätter über bei der Behörde vorhandene "Papiere" stammen von 1817 (ASA Interna Kriegswesen B, 4, 1). Der nicht ausgelagerte Bestand wurde erstmals von Ahasver von Brandt 1948-49, z.T. jedoch nicht konsequent provenienzgerecht, verzeichnet. Teile des Bestandes befinden sich noch bei den Senatsakten.

Bestandssignatur
Archiv der Hansestadt Lübeck, 03.06-04

Kontext
Archiv der Hansestadt Lübeck (Archivtektonik) >> 03 Behörden bis 1937 >> 03.06 Militärbehörden

Bestandslaufzeit
1813-1823

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Rechteinformation beim Datenlieferanten zu klären.
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Benutzungsbeschränkung: keine
Letzte Aktualisierung
22.02.2023, 10:29 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1813-1823

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