Urkunden

Fürststift Kempten, Handwerksordnungen (Bestand)

Vorwort: Bei den in diesem Bestand erfaßten Handwerksordnungen handelt es sich eigentlich um Archivalien 'privater' Provenienz. Sie wurden in der Zunftlade aufbewahrt. Die starke obrigkeitliche Einbindung der Zünfte, die sich in der Genehmigung der Zunftordnungen durch den jeweils regierenden Fürstabt und in den Bestätigungen beim Regierungsantritt eines neuen zeigt, rechtfertigt es jedoch, sie als einen Bestand mit der Bezeichnung "Fürststift Kempten, Handwerksordnungen" zusammenzufassen.

In den Besitz des Staates sind die Handwerksordnungen durch eine Verordnung der Landesdirektion von Schwaben vom 18. Januar 1804 gelangt, in der die Magistrate, Marktgemeinderäte, Landrichter- und Pflegämter beauftragt wurden, sich die Handwerksordnungen aus den Zunftladen ausliefern zu lassen und an die Landesdirektion einzusenden (Siehe dazu: Regierungsblatt für die kurpfalzbayerische Provinz in Schwaben, Ulm 1804, Sp. 58 f). Im Jahre 1823 befanden sie sich, wie aus einem Akt der Depotregistratur Kempten (Archivsignatur: Depotregistratur Kempten 74) hervorgeht, bereits im königlich-bayerischen Allgemeinen Reichsarchiv zu München.

Die Gliederung des Bestandes erfolgt primär nach den Sitzen der Zünfte. Als solche kamen die Stiftsstadt Kempten sowie die Märkte Dietmannsried, Grönenbach, Obergünzburg, Legau und Unterthingau in Frage. Dietmannsried war im 18. Jahrhundert zugleich Sitz des Pflegamtes Falken, Obergünzburg Sitz des Pflegamtes Liebenthann, Unterthingau seit jeher Sitz des Pflegamtes Thingau, Legau der bedeutendste Ort im Pflegamt Hohenthann, dessen Sitz sich im Schloß zu Lautrach befand. Gelegentlich findet sich in den Handwerksordnungen eine Andeutung einer übergreifenden Organisation mit der in der Stiftsstadt ansässigen Zunft als "Hauptlade" und den übrigen Zünften desselben Handwerks als "Nebenladen"; auch wurde des öfteren von den später gegründeten Zünften im Land die Ordnung der Zunft in der Stiftsstadt ganz oder mit geringfügigen Änderungen übernommen. In anderen Fällen scheint die in der Stiftsstadt ansässige Zunft die Mitglieder ihres Handwerks im ganzen Fürststift erfaßt zu haben.

Definitive Angaben über die Zunftorganisation im Stiftsland würden umfangreichere Forschungen erfordern, zumal sie einer ständigen Fluktuation unterworfen war: Ursprünglich in einer Sammelzunft zusammengefaßte Handwerke machten sich selbständig. Bei einzelnen Handwerken organisierten sich gesondert von den Meistern die Gesellen in Vereinigungen, denen aber anscheinend der Name "Zunft" nicht zugestanden wurde.

Besondere Verhältnisse herrschten bei den Webern, die teils in ordentlichen Zünften, wie andere Handwerker organisiert waren, teils als "unfördermäßige" Weber pfarreienweise sich zu Vereinigungen zusammenschlossen. Die Unterschiede scheinen darin bestanden zu haben, daß bei den unfördermäßigen Webern auch Personen, die das Handwerk nur nebenberuflich ausübten, und auch Frauen zugelassen waren; insbesondere das letztere brachte diesen Vereinigungen jedoch den Nachteil ein, daß ihre Mitglieder von den Zünften der Reichsstädte nicht als "zünftige" Handwerker anerkannt wurden.

Etwas aus dem Rahmen fallen auch die Ordnung der Wundärzte und die Allgemeine Weberordnung; diese wurden nämlich von Fürstabt Anselm von Reichlin-Meldegg einfach von Obrigkeits wegen erlassen, im ersteren Falle aus gesundheitspolizeilichen Gründen, im letzteren Falle wegen der mit der Organisation des Weberhandwerks zusammenhängenden Frage der Leinwandschau.

Dr. Gerhard Immler, September bis Dezember 1991

Bestandssignatur
Fürststift Kempten, Handwerksordnungen
Umfang
73
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Staatsarchiv Augsburg (Archivtektonik) >> I. Altbestände (Territorien und Institutionen des Alten Reichs) >> A. Geistliche Reichsstände >> 2.) Fürststift Kempten

Provenienz
Fürststift Kempten, Handwerksordnungen
Bestandslaufzeit
1651-1803

Weitere Objektseiten
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Rechteinformation
Alle Rechte des Freistaats Bayern, vertreten durch das beständeverwahrende Archiv, sind vorbehalten: http://www.gda.bayern.de/uploads/media/veroeffentlichungsgenehmigung_2010.pdf
Letzte Aktualisierung
29.04.2025, 13:24 MESZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Staatsarchiv Augsburg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Urkunden

Beteiligte

  • Fürststift Kempten, Handwerksordnungen

Entstanden

  • 1651-1803

Ähnliche Objekte (12)