Urkunden
Fürststift Kempten, Archiv (Bestand)
Vorwort: Das vorliegende Inventar erschließt einen historischen Kernbestand des Staatsarchivs Augsburg. Das Fürststift Kempten war nach dem Hochstift Augsburg das zweitgrößte Territorium im Gebiet des ehemaligen Schwäbischen Reichskreises soweit dieser zu Beginn des 19. Jahrhunderts an Bayern gefallen ist. Er bildet zusammen mit Vorderösterreich den historischen Sprengel des schwäbischen Staatsarchivs.
Daß ein so bedeutendes Archiv wie das des Fürststifts Kempten erst 200 Jahre nach seinem Anfall an Bayern der Forschung in einem archivwissenschaftlich einwandfreien Ordnungs- und Verzeichnungszustand zur Verfügung gestellt werden kann, findet seine Erklärung im Verlauf der bayerischen Archivgeschichte. Als deren Ergebnis konstatierte Walter Jaroschka im Jahre 1973 auf dem 33. Südwestdeutschen Archivtag in Kempten eine heillose Zerreißung der Fonds im altbayerisch-schwäbischen Archivbereich und zeigte Wege zur Abhilfe auf.
Jaroschka stellte damals im Hinblick auf eine notwendige gesamtbayerische Beständebereinigung fest: "Die Bestandsbildung nach dem Provenienzprinzip innerhalb des Bayerischen Hauptstaatsarchivs wird die Bereinigung mit den Außenarchiven zwangsläufig nach sich ziehen. Sie kann nur nach dem Grundsatz der Unteilbarkeit der Fonds erfolgen. Dies bedeutet zunächst einmal, daß die zwischen dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv und dem Staatsarchiv Neuburg zerrissenen Provenienzen jeweils an einem Ort zusammenzuführen sind."
Die von Jaroschka damals geforderte und initiierte gesamtbayerische Beständebereinigung auf der Grundlage des Provenienzprinzips konnte er als Generaldirektor anschließend in den siebziger, achtziger und neunziger Jahren verwirklichen. Für den schwäbischen Archivbereich bedeutete dies nach der Verlegung des Staatsarchivs von Neuburg a. d. Donau nach Augsburg die Zuweisung der ausschließlichen Zuständigkeit für die an Bayern gefallenen Territorien des Schwäbischen Reichskreises und Vorderösterreichs an das neue Staatsarchiv und die daraus folgende Abgabe aller schwäbischen Bestände vom Bayerischen Hauptstaatsarchiv dorthin.
Das vorliegende Inventar ist der erste schwäbische Fonds, der als sichtbare Frucht dieser umwälzenden Maßnahmen der Öffentlichkeit präsentiert werden kann. Wir freuen uns, daß die Fertigstellung des Bandes mit dem 70. Geburtstag Walter Jaroschkas zusammenfällt und widmen ihm dieses Inventar in Dankbarkeit. Sehr herzlich zu danken ist dem Bearbeiter des Inventars, Herrn Archivoberrat Dr. Gerhard Immler, München, der das historische Archiv der Fürstäbte von Kempten, so wie es bei der Säkularisation 1802/03 bestand, in seiner Augsburger Amtszeit in den Jahren seit 1992 auf der Grundlage der alten Repertorisierung von Joseph Feigele von 1767 aus einer ganzen Reihe von Pertinenzbeständen mühevoll wiederhergestellt hat.
In der vorliegenden gedruckten Form konnte das Inventar nur erscheinen durch die großzügige Unterstützung einer ganzen Reihe von Förderern, dank ihres Interesses an der Geschichte des Fürststifts Kempten und ihrer Verbundenheit mit dem Staatsarchiv Augsburg. Herzlicher Dank gilt deshalb der Societas amicorum - Freundeskreis des schwäbischen Staatsarchivs, Augsburg; der Bischöflichen Finanzkammer Augsburg, insbesondere Herrn Domdekan Prälat Dr. Eugen Kleindienst; der Stiftung Oberschwaben, insbesondere ihrem Vorsitzenden Herrn Professor Dr. Peter Blickle, Bern; der Stadt Kempten sowie Herrn Dr. Theodor Wohnhaas, Nürnberg/Augsburg.
Prof. Dr. Hermann Rumschöttel
Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns
Dr. Peter Fleischmann
Vorstand des Staatsarchivs Augsburg
Das Fürststift Kempten. Sein Territorium und seine innere Verfassung I:
Bis zur Aufhebung, der geistlichen Fürstentümer in Deutschland 1802/03 stellte im heutigen Bayerisch-Schwaben das Fürststift Kempten das zweitgrößte Territorium nach dem Hochstift Augsburg dar. Dem Fürstabt von Kempten unterstand ein Gebiet von ungefähr 1000 Quadratkilometern, in dem bei der Säkularisation etwa 40000 Einwohner lebten. Im Gegensatz zu dem auf dem bunten "Fleckerlteppich" der Territorien des Schwäbischen Reichskreises sonst Üblichen war das Herrschaftsgebiet des Fürstabts von Kempten ein weitgehend in sich geschlossener, abgerundeter Kleinstaat.
Lediglich die Reichsstadt Kempten durchbrach den territorialen Zusammenhang, während andererseits die zwischen Memmingen und Ottobeuren gelegenen Herrschaften Theinselberg (1692/95 gekauft) und Hetzlinshofen (1790 endgültig heimgefallen) und die weit entfernt bei Dillingen gelegene und 1767 als Lehen an das Stift heimgefallene Herrschaft Binswangen (Archivalien dazu in den Schubladen XCIX Lit. B und C des Stiftsarchivs.) Exklaven bildeten. Das Stift Kempten war als Benediktinerkloster in einem mehrstufigen Prozeß, der um 752 seinen Abschluß fand, von der Mutterabtei St. Gallen aus gegründet worden. Von Karl dem Großen und seiner Gemahlin Hildegard erhielt es eine reiche Grundausstattung, was den Aufstieg zum Königskloster ermöglichte. Durch die Verleihung der Grafenrechte im Jahr 1213 und die Abschüttelung der Vogtei, die durch Verpfändung erstmals 1218 und ständig 1276 an das Stift selbst kam, waren die Voraussetzungen für die Entwicklung zum reichsunmittelbaren Fürstentum gegeben.
Versuche Rudolfs I., die stiftische Hochvogtei an das Reich zu ziehen, und Karls IV., sie dem Herzog von Teck zuzuwenden, blieben Episoden. In einer Privilegienbestätigung Karls IV. aus dem Jahre 1348 findet sich erstmals der Titel "Fürst und Abt" für den Vorsteher des Klosters und Inhaber der Grafschaft Kempten. Bei dieser geistlich-weltlichen Doppelfunktion, die der Kemptener Fürstabt mit den Fürstbischöfen des Reiches gemeinsam hatte, war für die weitaus größte Zahl der Amtsinhaber der weltliche Bereich derjenige, der ihr Selbstverständnis stärker prägte. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, daß die Fürstäbte auch im kirchlichen Bereich zahlreiche Aufgaben wahrnahmen, die sich nicht unmittelbar aus ihrer Funktion als Klostervorstand ergaben. Seit 1484 war die Abtei Kempten von der Jurisdiktion des Bischofs von Konstanz ganz befreit und unmittelbar dem Heiligen Stuhl unterstellt (Exemtion: Die entsprechenden Privilegien in Schublade I Lit. E des Stiftsarchivs.).
Seitdem beanspruchten die Fürstäbte aufgrund der Inkorporation der Kemptener Pfarrei St. Lorenz in das Stift in dieser Pfarrei das bischöfliche Amt des Hirten und Richters, das heißt, in dieser Pfarrei alle Rechte eines Bischofs ausüben zu dürfen, für die nicht die Bischofsweihe Voraussetzung war (Entsprechende Nachweise in Schublade XXXII des Stiftsarchivs.). Vom Bischof von Konstanz wurde dieser Anspruch lange angefochten, in einem Vertrag von 1752 aber schließlich fast vollständig anerkannt. Drei Jahre zuvor hatte eine Bulle Papst Benedikts XIV. die Stellung der Fürstäbte in der Pfarrei St. Lorenz noch weiter gestärkt, indem diesen das Recht verliehen wurde, die Firmung zu spenden. [...]
Fortsetzung dieser Einleitung siehe: Bayerische
Archivinventare Band 51 (ISBN 3-921635-68-3), herausgegeben von der Generaldirektion der
Staatlichen Archive Bayerns.
Hinweise zur Benützung des Inventars:
In der linken Randspalte ist die laufende Inventarnummer [in eckiger Klammer] angegeben, mit der sämtliche Einträge durchgezählt werden. Die in den Registern angegebenen Ziffern beziehen sich auf diese Nummern. Im linken oberen Eck des Textblocks erscheint die alte Signatur des Stiftsarchivs (AS). Die jetzt gültigen Bestellnummern sind dagegen in der linken Spalte in fetter Schrift angegeben, wobei A Akten, B Bände und U Urkunden bezeichnen [im gedruckten Inventar in kursiver Schrift rechts oben]. Die Bestandsbezeichnung Fürststift Kempten Archiv wurde nicht eigens ausgedruckt. Beziehen sich Einträge auf Archivalien in anderen Beständen, so ist deren volle Bezeichnung angegeben.
Außer den üblichen Enthält- und Darin-Vermerken zur Kennzeichnung von Ergänzungen, Einschränkungen und Berichtigungen des im Aktentitels angegebenen Betreffs bzw. von typologischen Besonderheiten wird noch der Vermerk "Entnommen" verwendet. Damit wird auf Urkunden und Pläne verwiesen, die ursprünglich zu dem im Haupteintrag angegebenen Archivale gehörten, aber aufgrund der archivischen Ordnungsvorstellungen des 19. Jahrhunderts oder aus lagerungstechnischen und konservatorischen Gründen entnommen worden sind und jetzt unter einer eigenen Signatur bestellt werden müssen.
Die bei der Angabe der Laufzeit verwendeten verschiedenen Klammern haben folgende Bedeutung:
Runde Klammern ( ) die vor der eigentlichen Laufzeit stehen, bieten Hinweise auf Abschriften älterer Schriftstücke, die in dem betreffenden Archivale enthalten sind. Stehen sie nach der eigentlichen Laufzeit, so bezeichnen sie nach Abschluß der eigentlichen Sachbearbeitung angebrachte Vermerke über eine sekundäre Benützung der Akten.
Eckige Klammern [ ] geben die erschlossene Laufzeit bei nicht datierten Unterlagen an.
Geschweifte Klammern { } verweisen auf das Ausstellungsjahr von Urkunden bzw. das Jahr der Anfertigung von Plänen, die in den Entnommen-Vermerken angegeben sind, soweit dieses Datum außerhalb der Laufzeit des Akts liegt, dem die Urkunden oder Pläne entnommen worden sind.
[Das vollständige Vorwort mit Einleitung befindet sich in dem zweibändigen, im Jahr 2002 gedruckten Bayerischen Archivinventar Band 51 (ISBN 3-921635-68-3), herausgegeben von der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns]
Dr. Gerhard Immler
15.10.1998 und 2002 (Gedrucktes Archivinventar)
- Bestandssignatur
-
Fürststift Kempten, Archiv
- Umfang
-
8038
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch; lateinisch
- Kontext
-
Staatsarchiv Augsburg (Archivtektonik) >> I. Altbestände (Territorien und Institutionen des Alten Reichs) >> A. Geistliche Reichsstände >> 2.) Fürststift Kempten
- Provenienz
-
Fürststift Kempten, Archiv
- Bestandslaufzeit
-
0752-1958
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rechteinformation
-
Alle Rechte des Freistaats Bayern, vertreten durch das beständeverwahrende Archiv, sind vorbehalten: http://www.gda.bayern.de/uploads/media/veroeffentlichungsgenehmigung_2010.pdf
- Letzte Aktualisierung
-
29.04.2025, 13:24 MESZ
Datenpartner
Staatsarchiv Augsburg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Urkunden
Beteiligte
- Fürststift Kempten, Archiv
Entstanden
- 0752-1958