Bestand
Regierung Schillingsfürst (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Die Regierung der Linie Hohenlohe-Schillingsfürst entstand 1615, als Graf Georg Friedrich II. im Zuge der waldenburgischen Landesteilung den Schillingsfürster Landesteil erhielt. In seiner neuen Residenz musste er in der Folgezeit eine neue Zentralverwaltung einrichten, die zunächst 'Kanzlei' genannt wurde. Im zweistufigen Verwaltungsaufbau bildete sie zusammen mit der Kammer die obere, den Ämtern übergeordnete Ebene. Nach der Zerstörung der Burg Schillingsfürst 1632 bis zum Ende des Dreissigjährigen Krieges wurde die Herrschaft von Rothenburg o. d. Tauber, dem Wohnsitz der Grafenfamilie, aus regiert. Unter Philipp Ernst erhielt die Regierung Anfang des 18. Jahrhunderts ihren Sitz zeitweise in Wilhermsdorf. Mit dem Eintritt Karl Albrechts I. in die Regierung wurde die Behörde nach Waldenburg verlegt. Seit 1745 wird sie als 'Hofratskanzlei' bezeichnet, später ab 1760 als 'Hof- und Justizrat(skollegium)'. 1775 erfolgte eine Verlegung der Behörde nach Schillingsfürst, die seit 1793 wieder nach Waldenburg verlagert wurde und den Namen 'Landesregierung' erhielt. Bis zur Aufhebung des Fürstentums Hohenlohe-Schillingsfürst infolge der Mediatisierung 1806 und damit verbunden auch der hohenlohe-schillingsfürstischen Behörden blieb die Regierung in Waldenburg bestehen. - Weitere Unterlagen dieser Behörde werden im Archiv Schillingsfürst als Bestand Sf 5 verwahrt.
Gliederung: 1. Angelegenheiten des Gesamthauses Hohenlohe; 2. Angelegenheiten der Hauptlinie Waldenburg; 3. Angelegenheiten der Hauptlinie Neuenstein; 4. Haus- und Familiensachen der Linie Hohenlohe-Schillingsfürst; 5. Allgemeine Verwaltung; 6. Konsistorialia; 7. Kameralia; 8. Gemeinde- und Untertanenangelegenheiten; 9. Beziehungen zu Auswärtigen; 10. Reichs- und Reichstagssachen; 11. Kreis- und Kreistagssachen; 12. Grafenkollegium; 13. Militaria; 14. Handakten und Korrespondenz von Beamten; 15. Gemeinsame Akten der Regierung und Kammer; 16. Akten der Hofkommission; 17. Akten der Jagd- und Forstdeputation bzw. der Oberforstämter.
1. Zur Geschichte der Regierung Schillingsfürst: Die Regierung, anfangs noch "Kanzlei" genannt, der Linie Hohenlohe-Schillingsfürst entstand 1615, als Graf Georg Friedrich II. im Zuge der waldenburgischen Landesteilung den Schillingsfürster Landesteil erhielt. In seiner neuen Residenz musste er in der Folgezeit eine neue Zentralverwaltung einrichten. Im zweistufigen Verwaltungsaufbau bildete die Regierung zusammen mit der Kammer die obere, den Ämtern übergeordnete Ebene. Das Personal bestand aus einem Kanzleidirektor und mehreren Räten. Nach der Zerstörung der Burg Schillingsfürst im Jahr 1632 bis zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs wurde die Herrschaft von Rothenburg o. T., dem Wohnsitz der Grafenfamilie, aus regiert. Die Geschäfte vor Ort führte der Amtmann in Schillingsfürst. Unter Philipp Ernst erhielt die Behörde Anfang des 18. Jahrhunderts zweitweise ihren Sitz in Wilhermsdorf, kehrte später aber wieder nach Schillingsfürst zurück. Mit dem Eintritt Karl Albrechts I. in die Regierungsgeschäfte wurde sie nach Waldenburg verlegt. Sie führte ab 1745 den Titel Hofratskanzlei, ab 1760 Hof- und Justizrat(skollegium). 1775 erfolgte die erneute Verlegung nach Schillingsfürst. Nach dem Tod Karl Albrechts I. wurde 1793 unter der Vormundschaftsregierung für dessen Sohn Karl Albrecht II. die Regierung wieder nach Waldenburg verlegt. Sie erhielt den Namen "Landesregierung". Die Behörde existierte unter Karl Albrecht III. fort und wurde erst 1806 bei der Aufhebung des Fürstentums Hohenlohe-Schillingsfürst infolge der Mediatisierung aufgehoben (Zur Geschichte der Regierung Schillingsfürst vgl. auch das Vorwort zu "Sf 5 Archiv Schillingsfürst: Regierung"). Wolfgang Stetter
2. Zur Geschichte des Bestandes und seiner Bearbeitung: Der vorliegende Provenienzbestand mit Akten der hohenlohe-schillingsfürstischen Regierung ist nicht der einzige Bestand zu dieser Provenienz. Im Archiv Schillingsfürst existiert ein weiterer, den Wilfried Beutter 1997 aus Unterlagen im Archiv Schillingsfürst formierte. Er hat die Bezeichnung "Sf 5 Regierung". Der vorliegende Bestand enthält die im Archiv Waldenburg verwahrten Akten der hohenlohe-schillingsfürstischen Regierung. Der weitaus größte Teil der Unterlagen der Regierung wurde also in Waldenburg verwahrt (im Archiv Schillingsfürst 748 Bü in 8,5 lfd. m, im Archiv Waldenburg 2142 Bü in 29,85 lfd. m). Hier war auch die letzte Wirkungsstätte der Behörde. Zur Geschichte der Regierungsregistratur ist nur wenig bekannt. Anfangs führte die neu entstandene Regierung Akten der Kanzlei Waldenburg und des Amtes Schillingsfürst fort. Das ergab sich aus einigen noch vorliegenden Akten, die aber bei ihrer Bearbeitung provenienzgerecht zergliedert und zugeordnet wurden. Für das 17. Jahrhundert sind Schriftstücke und Akten nachweisbar, die eine Signatur nach Schublade und Nummer aufweisen. Ein Repertorium, auf das sich diese Angaben beziehen, ist nicht mehr vorhanden. So bleibt unklar, ob ein funktionierendes Registratursystem erreicht wurde oder ob nur ein gescheiterter Ordnungsversuch vorlag. 1780 ordnete der Hofrat und Archivar Molitor das schillingsfürstische "Partikulararchiv". Sein sehr umfangreiches Repertorium liegt noch vor. Das Partikulararchiv trennte die unterschiedlichen Behörden der Herrschaft schon nicht mehr. Das Schriftgut aller hohenlohe-schillingsfürstischen Behörden, also auch dasjenige der Regierung, war nach Sachgesichtspunkten zu einem einzigen Pertinenzbestand vermischt worden. Das Archiv umfasste 99 Schubladen, die in Einzelnummern untergliedert waren. Zeitlich reichen die Akten bis ca. 1730, spätere Akten der Regierung müssen damals noch in den Registraturen verwahrt worden sein. 1782 bis 1784 revidierte Johann Justus Herwig diese Ordnung. Von ihm stammt die Numerierung der Akten mit bis zu vierstelligen Nummern, die im Verzeichnis von Molitor nachgetragen wurden. Diese Nummern werden - soweit bekannt - im vorliegenden Findbuch unter Vorsignatur angegeben. Oft packte Herwig Akten und Schriftstücke ähnlichen Inhalts in dicke Faszikel mit weitgefassten Titeln wie "Landessachen in genere", "Militaria in genere" zusammen. Sie existierten bis heute und mussten im Rahmen der vorliegenden Erschließung mühsam mit vielen Einzeltitelaufnahmen sachgerecht verzeichnet werden. Erst beim Umzug der Zentralbehörden der Herrschaft Hohenlohe-Schillingsfürst nach Waldenburg 1792 wurde das Schillingsfürster Archiv und die bestehenden Registraturen von Schillingsfürst nach Waldenburg verlagert (s. Notizen Herwigs über seine Dienstverhältnisse 1782 bis 1800 in Nachlässe Herwig, Bü 19). Die Residenz des Fürsten wurde Kupferzell. Nach der schillingsfürstischen Linienteilung 1807 wurden das Oberamt Schillingsfürst betreffenden Akten an die jüngere Linie Schillingsfürst abgegeben und nach Schillingsfürst zurückverlagert. Wegen des dürftigen Ordnungszustandes konnte keine konsequente Trennung der Archive nach dem Territorialprinzip durchgeführt werden. Der Benutzer der Unterlagen der Regierung Schillingsfürst muss also sowohl den Schillingsfürster wie den Waldenburger Teil der Überlieferung einsehen. Ein Teil der in Waldenburg befindlichen Akten wurde im 19. Jahrhundert zusammen mit der Registratur der Domänenkanzlei nach dem Pertinenzprinzip zusammengefasst und verzeichnet. Ein anderer Teil floss in den Auslesebestand der sog. Kabinettsakten ein und wurde in einem 1842 abgeschlossenen Findbuch erfasst. Diese als besonders wichtig angesehenen Akten befanden sich in der Umgebung des Fürsten, im "Kabinett". Ein weiterer nicht unwesentlicher Teil blieb unerschlossen. Nach der Verlagerung des Waldenburger Archivs ins Hohenlohe-Zentralarchiv in Schloss Neuenstein erfassten Karl Schumm und seine Mitarbeiter in den 1960er Jahren die Unterlagen erneut, allerdings nur listenartig und ohne Berücksichtigung der Provenienzzusammenhänge. Archivischen Kriterien genügte diese Liste nicht, sie ermöglichte aber relativ schnell, die meisten Unterlagen zu nutzen. Ein großer Teil des Archivsgutes war in dieser Liste nicht eingeschlossen. Infolge der zahlreichen Umlagerungen hatten sich viele Akten in Einzelblätter aufgelöst und waren in solche Unordnung geraten, dass der Zusammenhang der einzelnen Schreiben verloren ging. Dieses nicht mehr formierte Material blieb bei allen genannten Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten unberücksichtigt. Später wurden die Unterlagen des Waldenburger Archivs in ein Archiv Waldenburg Neu (ab 1806) und ein Archiv Waldenburg Alt (bis 1806) aufgeteilt. Die Unterlagen des älteren Teils erschloss der Archivangestellte Wolfgang Stetter zwischen 1999 und 2002 im Rahmen eines von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg geförderten Projektes. Ziel war es, das ältere Archiv provenienzgerecht umzustrukturieren. Für jede Verzeichnungseinheit bestimmte der Projektmitarbeiter die Provenienz. Im Rahmen dieser Arbeiten konnte er den vorliegenden Bestand weitgehend formieren und provisorisch klassifizieren. Nach Ende des Projektzeitraumes erledigte der Unterzeichnende die abschließenden Arbeiten. Dazu gehörte die Erschließung und Einordnung der unformierten Unterlagen, die definitive Provenienzabgrenzung, die Durchführung der Feinklassifikation, die Durchnummerierung der Akten entsprechend der Findbuchordnung und ihre Separierung im Magazin, die Endredaktion des Findbuches einschließlich der Abfassung des Vorwortes. Der Bestand enthält vergleichsweise viele unformiert vorgefunden Unterlagen. Die Überlieferung war vergleichsweise stark gestört. Die nicht mehr im ursprünglichen Aktenzusammenhang vorgefundenen Unterlagen wurden mühsam entweder bestehenden Büscheln zugeordnet oder mit Unterlagen zum gleichen Thema zu neuen Aktenfaszikel formiert. Diese sind daran erkennbar, dass für sie keine Vorsignatur genannt ist. Bei der provenienzgemäßen Formierung des vorliegenden Bestandes wurden einige kleinere Provenienzen den Unterlagen der Regierung zugeordnet. Teilweise liegt ein enger Zusammenhanges mit der Regierung vor. Wegen zu geringen Umfangs konnten für sie keine eigene Bestände gebildet werden. Manchmal war nicht klar, ob es sich wirklich um eine eigene Behörde handelt, oder nur um eine Unterorganisation der Regierung. Diese Provenienzen wurden meist als eigene Klassifikationsgruppe dem Bestand zugewiesen, womit sie leicht als eigene Gruppe erkennbar und unterscheidbar bleiben. Die Regierung funktionierte unter dem Seniorat des Fürstes Philipp Ernst als Seniorats- und Lehenkanzlei. Normalerweise wurden deren Akten mit der Funktion des Seniorates weitergereicht und sind in den gemeinschaftlichen Archiven des Hauses Hohenlohe in den Senioratsbeständen verwahrt. Einige Akten befanden sich jedoch noch im Archiv Waldenburg und wurden provenienzgemäß der Regierung Schillingsfürst zugeordnet. Sie sind nicht als eigene Provenienz in einer eigenen Klassifikationsgruppe separiert, sondern meist in den Gruppen Lehen (1.4 und 1.5) entsprechend der Pertinenz eingeordnet. Die Provenienz Regierung ist für sie ja gegeben. Weiterhin fanden sich Akten, die sowohl in der Regierung wie in der Kammer entstanden und bearbeitet worden sind und für die keine eindeutige Federführung erkennbar wird. Solche Akten wurden der Regierung zugeordnet und finden sich unter 15. Handakten und Korrespondenzen von hohenlohe-schillingsfürstischen Beamten sind in der Gruppe 14 zusammengefasst und in alphabetischer Reihenfolge der Namen gereiht. Akten der Hofkommission, wohl eine Art Revisionsinstanz für die Verwaltungs- und Justizangelegenheiten der Ämter, finden sich als Gruppe 16, Akten der Jagd- und Forstdeputation bzw. der Oberforstämter als Gruppe 17. Unterlagen des Hofkriegsrates (Oberst d'Everlange) und der Hofkriegskommission enthält teilweise die Sachgruppe Militaria unter 13.5. Entgegen der ursprünglichen Absicht des Pojektmitarbeiters ist das nachlassartige Schriftgut des Grafen Ludwig Gustav und der Fürsten Philipp Ernst und Karl Albrecht II. nicht in den vorliegenden Bestand eingegliedert, sondern zu einem eigenen Bestand "Nachlässe regierender Grafen und Fürsten der Linie Hohenlohe-Schillingsfürst" formiert worden. Obgleich ihre provenienzmäßige Zuordnung in einzelnen Fällen schwierig ausfiel, handelt es sich in der Mehrzahl um eindeutiges Nachlassschriftgut. Für Graf Ludwigs Gustav liegen umfangreiche Unterlagen vor, die nicht aufgrund seiner Tätigkeit als Territorialherr, sondern aufgrund der Tätigkeiten für Sonderämter im kaiserlichen Auftrag entstanden. Einen eigenen Bestand bilden Unterlagen der Regierung Pfedelbach, die nach dem Aussterben des Hauses an die Linie Schillingsfürst fielen und in der Regierung benutzt und teilweise weitergeführt wurden. Es handelt sich um Extradita aus der pfedelbachischen Registratur betreffend die schillingsfürstisch gewordenen Ämter Adolzfurt und Waldenburg. Diese Akten wurden entsprechend ihrer Entstehungsprovenienz einem eigenen Bestand zugeordnet. Einige Akten reichten zeitlich über das Jahr 1615 zurück. Auch wenn die Schriftstücke durchnumeriert waren, wurden die vor 1615 entsprechend ihrer Provenienz den Beständen "Kanzlei Waldenburg bis 1615" bzw. "Amt Schillingsfürst" zugewiesen. Es sei denn, es handelte sich nur um wenige Schriftstücke, die als Vorakten angesehen werden konnten. Der vorliegende Bestand erhielt die Bezeichnung "Wa 60 Regierung Schillingsfürst". Er ist parallel zum Bestand "Sf 5 Regierung" des Archiv Schillingsfürst zu benutzen. Sachliche Zusammenhänge finden sich außerdem in den Nachlassbeständen und den Beständen zu den Zentralbehörden der Herrschaft Hohenlohe-Schillingsfürst in den Archiven Waldenburg wie auch Schillingsfürst. Der Bestand "Wa 60 Regierung Schillingsfürst" umfasst 2142 Bü in 29,85 lfd. m. Die Laufzeit reicht von 1615 bis 1807 mit einigen Nachakten. Neuenstein im Mai 2003 Dr. Schiffer
- Bestandssignatur
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein, Wa 60
- Umfang
-
2142 Bü (29,9 lfd.m)
- Kontext
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein (Archivtektonik) >> Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein >> Archiv Waldenburg >> Linie Hohenlohe-Schillingsfürst
- Bestandslaufzeit
-
Vorakten, 1615-1807, Nachakten
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rechteinformation
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
-
25.02.2022, 08:54 MEZ
Datenpartner
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- Vorakten, 1615-1807, Nachakten