Bestand
Rittergut Oppurg (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Der Bestand Oe 222 umfasst die Archivalien des Riiterguts Oppurg und teilt sich in ein Familienarchiv der Besitzerfamilien (von Brandenstein, von Einsiedeln, von Hoym, Hohenlohe-Oehringen) und ein Gutsarchiv, das Unterlagen aus der Wirtschaftsführung des Ritterguts enthält.
1. Territoriale Verhältnisse: Die Herrschaft Oppurg liegt am Mittellauf des Orlaflusses zwischen den Städten Neustadt/Orla und Pößneck, im heutigen Bezirk Gera. Dieses Gebiet, der ehemalige Orlagau, hat im Laufe der Jahrhunderte in territorialer Beziehung viele Veränderungen erfahren. Während der Völkerwanderungszeit (4.-6.Jh.) drangen slawische Völker, besonders die Sorben, in den Orlagau ein und errichteten feste Siedlungsplätze. Der slawische Ursprung der meisten Orte, die zur Rittergutsherrschaft Oppurg gehörten, lässt sich heute - trotz vielfach geänderter und germanisierter Form - deutlich an den aus dem Slawischen stammenden Orts- und Flurbezeichnungen belegen. Nach Unterwerfung der eingedrungenen sorbischen Stämme wurde der Orlagau Reichsgut (869). Er ist dann in die Hände kleinerer Dynastiengeschlechter gelangt, von denen die Grafen von Schwarzburg und von Orlamünde sowie die Herren von Lobdeburg für die weitere Geschichte des Orlagaus von Interesse sind. Durch das Zurückweichen der Slawen von der Saale und dem Orlagau hatte die frühere sorbische Grenzmark ihre Bedeutung verloren. Es fehlten eine größere Territorialmacht. Die als Lehen vergebenen Grafschaften verloren infolge dieser Verhältnisse immer mehr ihren Lehenscharakter und wurden als erblich angesehen. Hierdurch entstanden an der Saale und in der ehemaligen sorbischen Mark viele kleine Dynastien, die nach staatlicher Selbständigkeit strebten. Von diesen Geschlechtern kommt für den Orlagau besonders der Zweig der Herren von der Lobdeburg in Betracht, die sich seit Anfang des 12. Jh. Grafen von Arnshaugk (bei Neustadt/O) nennen. Vom Grafen Wilhelm von Arnshaugk soll Moritz von Brandenstein, der Stammvater des im Orlagau angesessenen Brandensteinischen Geschlechts, im 12. Jh. mit Oppurg beliehen worden sein. Nachdem die Grafschaft Anshaugk im 14. Jh. an den Markgrafen von Meißen gekommen war, wurde Herzog Wilhelm von Sachsen (gest. 1482) Herr des Orlagaus. Da dieser ohne männliche Erben starb, fielen seine Länder an seine Neffen, die Herzöge Ernst und Albrecht, die ihre väterlichen Lande bereits seit 1464 gemeinsam regierten. Bei der Landesteilung von 1485 fiel der Orlagau an die Ernestinische Linie. Unter Johann Friedrich dem Mittleren (reg. von 1554 - 1567) kam im Jahre 1567 durch die Gothaer Kapitulation ein Teil dieser ernestinischen Lande an die albertinische Linie. Hier blieben die Gebiete dann bis zum Jahre 1815. Durch den Wiener Kongress vom Jahre 1815 gelangte der Neustädter Kreis an Preußen, doch bereits 1816 der größte Teil davon wieder an Sachsen-Weimar. Von den zur Herrschaft Oppurg gehörigen Ortschaften fielen Bodelwitz, Gertewitz und Peuschen an den Königlich-Preußischen Kreis Ziegenrück, während Oppurg selbst mit seinen übrigen Besitzungen an Sachsen-Weimar, also wieder zurück an die ernestinische Linie gelangte. Die Herrschaft Oppurg bildete den äußersten westlichen Teil des Neustädter Kreises (V. Verwaltungsbezirk). Im Jahre 1922 wurde das Gebiet dem Land Thüringen, Kreis Saalfeld, angegliedert.
2. Besitzverhältnisse: 2.1 Die Familie von Brandenstein als Besitzer von Oppurg (12. - 18. Jh.) Um das Jahr 1125 belieh Graf Wilhelm von Arnshaugk seinen Dienstmann Moritz von Brandenstein mit den Gütern Oppurg und Wernburg. Die Familie von Brandenstein wusste sich viele Jahrhunderte ihren Gütern im Orlagau zu halten. Ihre Blütezeit erlebte sie um die zweite Hälfte des 16. Jh. Sie verfügte damals über einen umfangreichen Besitz. Dieser umfasste im ehemaligen Orlagau die Güter Oppurg mit den Schäfereien Döbritz und Positz, die Rittergüter Kolba bei der Kirche und Kolba im Dörflein und den Flurbesitz "bei der wüsten Kirche", ferner die Burg Brandenstein und die später erworbenen Güter Krobitz, Ranis, Wöhlsdorf, Gräfendorf, Kölpa, ein Gut in Bodelwitz, Güter in der Gegend von Coburg und einige dem Stift zu Merseburg lehnbare Güter. Die günstige Vermögenslage der Familie von Brandenstein verschlechterte sich von Generation zu Generation durch eine weitgehende Zersplitterung des Besitzes und eine Teilung der Güter in kleine und kleinste Partien sowie durch die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges. Die erste Teilung des Brandensteinischen Familienbesitzes erfolgte in der Mitte des 14. Jh. in die drei Linien Oppurg, Wernburg und Brandenstein. Im Jahre 1511 befand sich der gesamte Besitz der Oppurger Linie noch in der Hand des Georg von Brandenstein. Mit seinem Tod begann die Zerstückelung und Teilung der zur Oppurger Linie gehörigen Güter, die nie wieder in eine Hand gekommen sind, solange sie sich noch im Bandensteinischen Besitz befanden. Georg von Brandenstein hinterließ drei Söhne: Joachim (lebte noch 1572), Hans (kehrte im Jahre 1545 aus türkischer Gefangenschaft nach Oppurg zurück) und Otto (gest. wahrscheinlich 1572). Diese Söhne teilten sich so im Jahre 1545 in den Besitz, dass Joachim unter anderem Positz II. Teils erhielt, Hans Positz I. Teils und Otto Positz II. Teils und das Schloss Oppurg. Durch die umfangreiche männliche Nachkommenschaft (Joachim sieben Söhne, Otto zehnSöhne, Hans acht Söhne) teilte sich der Brandensteinische Besitz in viele kleine Güter und Höfe auf, bis er schließlich im Jahre 1672 durch Zwangsverkauf zum großen Teil an den Grafen Johann Albrecht von Ranow (gest. 1707) kam. 2.2 Der Gräflich-Brandensteinische Besitz in den Händen des Grafen Johann Albrecht von Ranow (1672 - 1703) Über die Ranowsche Besitzzeit sind nur geringe Nachrichten vorhanden. Wahrscheinlich entstammen die Ranows einem alten böhmischen Geschlecht. Johann Albrecht von Ronow hatte im Dienst der Kurfürsten Johann Georg I. und Johann Georg II. gestanden; er hatte aber dann seine Stellung am Dresdener Hof aufgegeben, als er im Jahre 1672 die Güter Oppurg und Knau erwarb. Von seiner ersten Gemahlin, der Gräfin Elisabeth von Bieberstein, der Erbtochter dieses Hauses, nahm er den Namen Ranow-Bieberstein an. Der geringe Ertrag, den die Güter Oppurg und Knau abwarfen, mag die Ursache gewesen sein, warum Graf Ranow sich zum Verkauf entschloss. 2.3 Herzogin Marie-Amalie von Sachsen-Zeitz als Besitzerin der Herrschaft Oppurg (1703) Käuferin war die Herzogin Marie Amalie, Gemahlin des Herzogs Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz, geb. Prinzessin von Brandenburg. Der Kaufvertrag wurde am 19. Juni 1703 abgeschlossen und landesherrlich genehmigt. 2.4 Oppurg im Besitz der Familie von Einsiedel (1703 - 1745) Aus welchem Grund die Herzogin Marie Amalie die Gräflich-Ranowschen Besitzungen ankaufte, ist nicht genau bekannt. Bereits am 4. August 1703 wurden sie an die verwitwete Geheimrätin Anna Sophie von Einsiedel, geb. Gräfin von Rumohr, weiterverkauft. Diese war eine Tochter des dänischen Gesandten am Dresdner Hof, der einer reichen holsteinischen Familie entstammenden Grafen Cajus von Rumohr. Der Geheimrätin von Einsiedel bzw. ihrem Vater, dem Grafen von Rumohr, verdankt Oppurg zum großen Teil seine jetzige Gestalt. Zunächst wurde das alte Oppurger Schloss, der im Jahre 1354 mit Türmen und Mauern versehene Friedrichstein, niedergelegt und an dessen Stelle in den Jahren 1705 bis 1708 das Schloss in seiner noch heute erhaltenen Gestalt erbaut. Die Anlage des Schlosshofes, an der später Graf von Hoym Erweiterungen vornahm, stammt ebenfalls aus der Einsiedelschen Besitzzeit. Graf von Rumohr starb im Jahre 1714 und wurde in der Oppurger Kirche beigesetzt. Frau von Einsiedel starb im Jahre 1725. Ihre Füter mit Oppurg und Grünau, Kobitz und Knau fielen an ihre Söhne Cajus Rudolf Haubold, Johann Georg und Detlef Heinrich von Einsiedel. Cajus Rudolf Haubold soll im Jahre 1730 gestorben sein. Seine Brüder teilten sich in den Besitz so, dass Johann Georg das Rittergut Knau, Detlev Heinrich aber die Rittergüter Oppurg mit Grünau und Kobitz übernahm. Der im Jahre 1745 in den Grafenstand erhobene Detlev Heinrich von Einsiedel blieb nur kurze Zeit im Besitz seiner Herrschaft Oppurg, bereits durch Vertrag vom 16. Februar 1745 verkaufte er sie weiter an den Grafen Julius Gebhard von Hoym. 2.5 Oppurg im Besitz des Grafen Julius Gebhard von Hoym (1745 - 1769) Aus der Besitzzeit des Grafen Julius Gebhard ist im Bestand des Rittergutes Oppurg das umfangreichste Aktenmaterial vorhanden. Unter dem Grafen von Hoym erlebte die Herrschaft eine wirtschaftliche Blütezeit und konnte durch Grundstücksankäufe bedeutend erweitert werden. Die Familie der Grafen von Hoym stammte aus einem anhaltinischen Geschlecht, das von dem Städtchen Hoym bei Quedlinburg, seinem Stammhaus, seinen Namen führt. Die Familie von Hoym saß bereits seit dem Jahre 1596 auf den Gütern Burgscheidungen an der Unstrut und Droyßig bei Zeitz. Ludwig Gebhard (gest. 1711), kurfürstlicher Kammerdirektor und Geheimrat, stand bei dem Kurfürsten Johann Georg IV. von Sachsen in hoher Gunst und hatte es verstanden, sich in seiner Stellung ein bedeutendes Vermögen zu schaffen. Er starb im Jahre 1711 als reicher Mann. Sein ältester Sohn, Adolf Magnus (gest. 1723), erreichte als kursächsischer Kabinettminister unter August dem Kahlen ebenfalls eine hohe Stellung. Eine Zeitlang stand er in hohem Ansehen, da er es verstand, für den verschwenderischen, stets geldbedürftigen sächsischen Hof die nötigen Mittel zu beschaffen. Da von der neu eingeführten Steuer auch der Adel betroffen war, sah sich Graf Hoym, durch dessen Intrigen veranlasst, den sächsischen Dienst aufzugeben. Er verlegte seinen Aufenthaltsort nach Oberschlesien, wo er die Herrschaft Slawentzitz durch Tausch gegen seine Güter Burg- und Kirchscheidungen erwarb. Aus diesen oberschlesischen Besitzungen errichtete Adolf Magnus einen Familienfideikommiss für die Gräflich Hoymsche Familie, das später den Grundstock für das Fürstlich Hohenlohesche Schlesisch-Sächsische Familienfideikommiss bildete. Adolf Magnus von Hoym starb im Jahre 1723, sein bedeutender Nachlass fiel zunächst an seinen Bruder, dem Grafen Ludwig Gebhard II., nach dessen Tod im Jahre 1738 an seinen ältesten Sohn, den Grafen Julius Gebhard von Hoym (gest. 1769) wie oben erwähnt, erwarb Graf Julius Gebhard das gesamte vom Grafen Cajus Rudolf von Einsiedel besessene Rittergut Oppurg. Sofort nach der Übernahme war er bemüht, sich aus Oppurg einen seinem Geschmack, seiner Stellung und seinem Vermögen entsprechenden Wohnsitz zu schaffen. Über den Ausbau und der Reparatur des Schlosses sowie die Erweiterung und Verschönerung des Schlosshofes findet sich im vorliegenden Bestand umfangreiches Aktenmaterial. Leider fiel in die Zeit der größten Bautätigkeit der Siebenjährige Krieg. Durch die Belagerung von Dresden geriet auch das Hoymsche Palais in Brand. Durch dessen Wiederaufbau sowie durch die infolge des Krieges herbeigeführte ungünstige Finanzlage sind dann die weitgehenden Pläne zur Erneuerung des Oppurger Besitzes fallen gelassen worden. Um den Belästigungen auszuweichen, die der Graf auf seinem im Operationsfeld der preußischen Armeen gelegenen Gütern ausgesetzt gewesen war, verlegte Julius Gebhard während des Krieges seinen Wohnsitz nach Mainz, das weit vom Kriegsschauplatz entfernt gelegen war. Von Mainz aus verfolgte Julius Gebhard sämtliche, bis ins kleinste Detail gehende Restaurationsarbeiten in Oppurg, wie das die umfangreiche erhaltene Korrespondenz mit seinen Beamten und Verwaltern von Oppurg beweist. Sofort nach Erwerbung von Oppurg interessierte sich der Graf von Hoym für den Ankauf der noch in der Hand der Brandensteins befindlichen Rittergüter Kolba bei der Kirche, Kolba im Dörflein und Positz I., II., III. Teils. Die Verhandlungen zogen sich lange hin, da der Graf gewillt war, alle fünf Güter gleichzeitig zu erwerben. Im Jahre 1752 kamen die Verträge zum Abschluss. Graf Julius Gebhard von Hoym starb am 14. Februar 1769. Er war zweimal vermählt gewesen, zuerst in kinderloser Ehe mit der Gräfin Marie Anna von Brühl, dann mit Christiane Charlotte von Dieskau. Aus dieser Ehe stammt seine einzige Tochter, die Gräfin Amalie Marianne Louise Charlotte Christiane, die die Erbin des gesamten Gräflich Hoymschen Besitzes mit Ausnahme des Gutes Droyßig wurde. 2.6 Die Herrschaft Oppurg im Besitz des fürstlichen Hauses Hohenlohe-Oehringen (1782 - 1945) a) Friedrich Ludwig zu Hohenlohe-Ingelfingen (gest. 1818) Die Hoymsche Erbtochter vermählte sich im Jahre 1782 mit dem Erbprinzen Friedrich Ludwig zu Hohenlohe-Ingelfingen. Damit gelangten die Herrschaft Oppurg mit den gesamten Hoymschen Besitzungen in Schlesien und Sachsen in den Besitz des Fürstenhauses Hohenlohe-Ingelfingen, seit 1805 Hohenlohe-Oehringen. Durch den Einfluss der verwitweten Gemahlin des Grafen Julius Gebhard von Hoym wurde zwischen dem Fürsten Friedrich Ludwig und seiner Gemahlin am 19. November 1799 ein Vertrag abgeschlossen, durch den sowohl die schlesischen Besitzungen als auch die Herrschaft Oppurg zu einem unveräußerlichen Familiengut erklärt wurden. Die Fürstin Marianne zu Hohenlohe blieb bis zum Jahre 1828 titulierte Besitzerin der Herrschaft Oppurg. Nach ihrem Ableben erhielt sie ihr ältester Sohn. b) Fürst Friedrich August Karl (1784 - 1853) Im Jahre 1839 wurde außer dem bereits bestehenden schlesisch-sächsischen Familienfideikommiss vom Jahre 1799 das Fideikommiss Ujest-Bitschim gegründet. Es wurde aus Mitteln des württembergischen Stammgutes des Gesamthauses Hohenlohe für die Ablösungsgelder sog. Landesmialberechtigungen erworben. Im Jahre 1861 wurde die Dideikommiss-Herrschaft zum Herzogtum Ujest erhoben, womit gleichzeitig die Inhaber des schlesischen Fideikommisses den Titel eines Herzogs von Ujest erhielten. Durch die Ereignisse des Jahres 1848 sowie durch andauernde Krankheit veranlasst, trat Fürst Friedrich August Karl alle Besitzungen des schlesisch-sächsischen Familienkommisses an seinen Sohn, den Fürsten Hugo, ab. c) Fürst Hugo zu Hohenlohe-Oehringen (1816 - 1887) Dieser war bereits durch Familienschluss vom 21. Dezember 1842 zum NAchfolger im schlesisch-sächsischen Fideikommiss bestimmt worden. Die Güter Oppurg, Kolba und Positz mit sonstigem Zubehör wurden ihm durch Urkunden von 1849 und 1863 übereignet. Während Fürst Hugo zu Hohenlohe die Herrschaft Oppurg in Besitz hatte, vergrößerte er sie durch viele kleine und größere Erwerbungen. Alle Kapitalien, die er durch die Ablösung der grundherrlichen Rechte erhielt, mussten nach der Ablösungsgesetzgebung in Grund und Boden aufgelegt werden. Zahlreiche Aktenschriftstücke liegen vor über die Ankäufe von Waldgrundstücken. Außerdem gelang ihm die Wiedererwerbung der Oppurger Mühle und der Grünau-Mühle, die beide während der Besitzzeit der Familie von Einsiedel vom Gut abgetrennt worden waren. Neben vielen kleineren Grundstückserwerbungen in allen Fluren der Rittergutsherrschaft Oppurg war die bedeutendste Erwerbung des Fürsten Hugo der Kauf des Rittergutes Lausnitz/Oberer Teil. Weiter wurde in den Fluren Kolba, Döbritz und Oppurg eine Zusammenlegung von Grundstücken durchgeführt, durch die für die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Grundstücke eine erhebliche Besserung erzielt wurde. Außerdem sind in den siebziger bis neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Oppurg, Positz und Lausnitz ausgedehnte Drainagen durchgeführt worden. Fürst Hugo starb im Jahre 1897. d) Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Oehringen (1848 - 1926) Ihm folgte im Besitz des Fideikommisses auf Grund der bestehenden Familienverträge, im Besitz der nicht zum Fideikommiss gehörenden Ländereien auf Grund des väterlichen Testaments sein ältester Sohn Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Oehringen. Er erweiterte den durch Urkunde vom 22. Juni 1898 übernommenen Grundbesitz durch weitere Grundstücksankäufe in Fluren von Oppurg, Lausnitz, Langendembach, Kolba, Weira, Rehmen und Hütten und versetzte das Schloss Oppurg endlich wieder bewohnbaren Zustand. Fürst Christian Kraft starb im Mai 1926. e) Fürst Hans zu Hohenlohe-Oehringen wurde sein Besitznachfolger.
3. Auflösung des Familienfideikommisses: Durch das im Jahre 1926 erfolgte Ableben des Fürsten Christian Kraft zu Hohenlohe-Oehringen musste auf Grund der Bestimmungen der Zwangsauflösungsverordndung vom 19. November 1920 die Auflösung des Fürst zu Hohenlohe-Oehringschen Familienfideikommisses erfolgen. Die Schwierigkeit bestand in der Tatsache, dass es sich bei der Familienfideikommiss-Stiftung um ein zwischenstaatlich gebundenes Vermögen handelte, das einheitlich aufgelöst werden sollte. Auf Grund von Vereinbarungen zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Freistaat Preußen wurde die Genehmigung dazu erteilt. Im Beschluss vom 4. November 1927 hat das Auflösungsamt für Familiengüter in Jena zunächst der Bildung einer Waldstiftung zugestimmt, der die Waldgrundstücke des Thüringischen Anteils der des Fürst zu Hohenloheschen Familienfideikommisses als sog. Schutzforst Oppurg angegliedert wurden. Aus dem übrigen schlesisch-thüringischen Grundbesitz wurde die "Hans Fürst zu Hohenlohe-Oehringensche Stiftung Slawentzitz - Ujest - Oppurg" durch Beschluss des Auflösungsamtes für Familiengüter vom 10. November 1927 gebildet. Dieser Stiftung sind die in Preußen gelegenen Waldgüter in Größe von ca. 37.000 ha und der gesamte in Thüringen gelegene Grundbesitz in Größe von ca. 1.200 ha einverleibt worden. Zweck der Stiftung war die Erhaltung der bisher zum Fideikommiss gehörigen Besitzungen als geschlossenes Ganzes. Hauptnutzungsberechtigter war seit 1927 Fürst Hans zu Hohenlohe-Oehringen. Seine Besitznachfolge sollte sein ältester Sohn, Prinz August zu Hohenlohe-Oehringen antreten, der auch schon zu Lebzeiten seines Vaters führendes Mitglied im Vorstand der Stiftung war. Während eines Entmündigungsverfahrens, das gegen ihn wegen angeblicher Verschwendung und Geisteskrankheit eingeleitet wurde, meldete sich Prinz Waldemar zu Hohenlohe-Oehringen als erster Agnat und Nachfolgeberechtigter in der Nutzung der Stiftung. Durch die Aufhebung des Entmündigungsverfahrens am 1. Nov. 1930 und nach Ableben seines Vaters (um 1940) wurde Fürst August Hauptnutzungsberechtigter der Stiftung. Die Bodenreform brachte im Jahre 1945 die Enteignung und Aufteilung des gesamten Hohenlohe-Oehringschen Besitzes mit sich. Fürst August zu Hohenlohe wurde verhaftet, seine Verwandten und Gutsverwalter aus Oppurg entzogen sich der Verhaftung durch Flucht in die westliche Besatzungszone. Das Oppurger Schloss wurde enteignet und in Volkseigentum überführt, Rechtsträger war seit 1949 die Sozialversicherungsanstalt Thüringen. Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde der Oppurger Besitz dem Fürsten Kraft zu Hohenlohe-Oehringen - Sohn des Fürsten August - restituiert.
4. Verwendete Literatur: - E. A. Ackermann, Zur Beurtheilung der Verzichte und Verwilligungen des Fürsten von Hohenlohe-Oehringen als Besitzer der Rittergüter Oppurg, Colba und Positz 1848, Neustadt/Orla 1865. - Dagmar Blaha (u. a. Hg.), ...zum rechten Mannlehen gereicht und geliehen - Feudale Strukturen in der Herrschaft Oppurg vom Ende des Mittelalters bis zum 19. Jahrhundert (Quellen zur Geschichte Thüringens Bd. 6), Erfurt 1997. - Dagmar Blaha (u. a. Hg.), ...daß wir auf ein gutes Jahr hoffen - Alltag in der Herrschaft Oppurg vom Ende des Mittelalters bis zum 19. Jahrhundert (Quellen zur Geschichte Thüringens Bd. 7), Erfurt 1997. - Friedrich Heinrich Dedie, Oppurg und seine Besitzer im Laufe der Jahrhunderte, Neustadt/Orla 1933. - Ernst Devrient, Thüringische Geschichte, Berlin 1921. - Ernst Heinrich Kneschke, Neues allgemeines deutsches Adelslexikon, Leipzig 1859-1870. - Harry Wünscher, Oppurg und Kolba in der Geschichte, Kolba 1893. - Gothaer Genealogisches Taschenbuch der Fürstlichen Häuser, Jahrgänge 1769-1939.
1. Herkunft und Zustand der Akten: Der im Jahre 1900 von Paul Mitzschke in Gotha herausgegebene "Wegweiser durch die Historischen Archive Thüringens" erwähnt das Oppurger Archiv, das dem Fürstlichen Rentamt in Oppurg unterstand. Schon zu dieser Zeit wird die Ordnung vom Verfasser als "mangelhaft und unübersichtlich" bezeichnet, "so daß eine Orientierung und das Aufsuchen sehr erschwert sind". Noch bis zur Übernahme des Bestandes durch das Landeshauptarchiv Weimar hat sich durch unsachgemäße Behandlung und mehrfache Umlagerung der Zustand des Bestandes noch weitaus verschlechtert.
Mit Ende der NS-Diktatur in Deutschland und der Flucht der letzten Hohenloheschen Besitzer des Rittergutes Oppurg war eine Aufsicht über das im Schloss zu Oppurg lagernde Archivmaterial nicht mehr gegeben. Nach den Enteignungen der Bodenreform sollte der Bestand des Gutsarchivs Oppurg vom Landesarchiv Rudolstadt übernommen werden.
Die Besichtigung des Archivbestandes wurde auf Anordnung des Thüringischen Staatsarchivs für den November 1947 festgelegt. Nach Aussagen der ersten Begutachter, der August Oberüber und Gerhard Ruhe am 13. November 1947 lagen die Archivalien "in einem wüsten Durcheinander auf dem Boden zerstreut und in kleinen Haufen in den Ecken herum. In den Schränken des Schlosses hat sich nichts mehr befunden. Ein erheblicher Teil bestand aus losen Zetteln und Blätter, die sich in einem total verschmutzten Zustand befanden". Anscheinend sei auch ein erheblicher Teil entwendet worden.
Am 20. April 1948 wurde das Oppurger Archiv nach Rudolstadt gebracht. Überführt wurde der gesamte Archivbestand, der ca. 35-40 lfd. Meter umfaßte. Die erste Durchordnung des Bestandes wurde ebenfalls im Landesarchiv durchgeführt. Eine Anzahl loser Blätter und neuerer Rechnungsbelege wurden vernichtet. Insgesamt blieben ca. 38 lfd. Meter bestehen, über deren Inhalt eine vorläufige Übersicht angefertigt wurde. Am 6. September 1962 erfolgte die Überführung in das Landeshaupatchiv Weimar.
Nach einer ersten Sichtung des Materials im Landeshauptarchiv Weimar konnte der beschriebene Ordnungszustand nur bestätigt werden. Der Bestand enthielt neben einer großen Anzahl total verschmutzter Aktenbände mit unleserlichem Titeln Tausende von losen Blättern, inbesonders Fragmente von Korrespondenzen. Lediglich die Akten des Hohenloheschen Rentamts aus der Zeit von etwa 1850 bis 1900 enthielten Signaturen, doch war die alte Registaraturordnung nicht wieder herzustellen.
2. Ordnung und Verzeichnung: Der Bestand "Rittergut Oppurg" wurde in der Zeit vom 15. Oktober 1962 bis zum 15. Februar 1963 von Gudrun Wohlfahrt nach dem Bärschen Prinzip auf Karteikarten mit vorläufigen Nummern verzeichnet. In der gleichen Reihenfolge wurden die Akteneinheiten auch in die Regale eingelagert. Die zahlreich vorhandenen losen Aktenschriftstücke, Briefe und Fragmente wurden teilweise wieder in ihren Zusammenhang gebracht oder einzeln verzeichnet. Die Korrespondenzen wurden nach Korespondenzpartnern - und innerhalb des Schriftverkehrs mit einem Korrespondenzpartner - in chronologischer Folge geordnet.
Die vorgenommenen Kassationen waren unbedeutend. Sie umfassten besonders einzelne, aus dem Registraturzusammenhang gelöste Fragmente und Briefe, für die es keinerlei sachliche Anhaltspunkte zur Wiedereinordnung gab. Sämtliche Belege zu den vorhandenen Rechnungen wurden dagegen verzeichnet und im Bestand belassen.
Von Februar bis März 1963 wurde nach der Verzeichnung der Akten auf Karteikarten die Ordnung derselben nach dem Gliederungsschema vorgenommen und die Karteikarten mit endgültigen Nummern versehen.
3. Umfang und Inhalt: Der Umfang des übernommenen Bestandes betrug 38 lfd. Meter. Insgesamt wurden 3400 Akten verzeichnet, von denen ein großer Teil neu gebildet werden musste. Nach endgültiger Ordnung, Kassation und Zusammenfassung, besonders der zusammengehörigen Rechnungsserien, umfasst der Bestand "Rittergut Oppurg" jetzt 2988 fortlaufende Nummern, das sind 38 laufende Meter. Die Archivalien des Bestandes "Rittergut Oppurg" stammen aus der Zeit vom 16. bis 20. Jahrhundert. Anfangs- und Enddaten sind die Jahre 1531 und 1943. In ihnen spiegelt sich die wechselvolle Besitzgeschichte der Herrschaft Oppurg bei Neustadt/Orla wider.
Der Bestand wurde gegliedert in A: Familienarchiv und B: Gutsarchiv. Im Familienarchiv finden sich im Wesentlichen Archivalien betreffend das Privat- und Familienleben einzelner Persönlichkeiten sowie Familiendokumente der Grafen von Hoym und der Fürsten zu Hohenlohe, während im Gutsarchiv die Materialien aus dem Wirtschaftsleben des Rittergutes Oppurg Aufnahme gefunden haben. Das Familienarchiv bietet in chronologischer Folge die Nachlässe der sich jeweils im Besitz des Rittergutes Oppurg befindlichen Familien.
Nur wenige Aktenschriftstücke sind aus der Zeit erhalten, als die Familie von Brandenstein Eigentümer der Herrschaft Oppurg war (12. bis 18. Jahrhundert). Es handelt sich dabei ausschließlich um Nachlass- und Verkaufsangelegenheiten der weitverzweigten Brandensteinschen Familie.
Die weitaus meisten Akten stammen aus der Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts, als die Herrschaft Oppurg im Besitz des Grafen Julius Gebhard von Hoym bzw. dessen Nachfolger war. Vielfältig sind die erhaltenen Schriftstücke, die sich auf Familienstands-, Erbschafts-, Vormundschafts- und Geldangelegenheiten des Grafen Julius Gebhard beziehen. Bei der Ordnung der ebenfalls umfangreich erhaltenen Korrespondenz des Grafen ergaben sich besondere Schwierigkeiten. Die Besitzungen des Grafen erstreckten sich nicht nur auf thüringisches Gebiet (Rittergut Oppurg), sondern waren weit verzweigt. Mit den Verwaltern in Slawentzitz und Jakobswalde in Schlesien, mit den Beamten in Breslau, Droyßig und Dresden unterhielt der Graf eine umfassende briefliche Verbindung. Bei der Anfertigung seiner Konzepte wurde eine Trennung der Briefe, die Verwaltungs- und Vermögensangelegenheiten der einzelnen Güter betreffen von den persönlichen Mitteilungen nicht durchgeführt; sie erscheinen teilweise fortlaufend auf einem Bogen. Diese Trennung war auch bei der Ordnung des Bestandes nicht durchzuführen. Aus diesem Grunde befinden sich alle Briefe des Grafen Julius Gebhard von Hoym im Teil A (= Familienarchiv) und nicht - wie ursprünglich vorgesehen - die Briefe über das Verwaltungs- und Wirtschaftsleben im Teil B (= Gutsarchiv).
Das Familienarchiv enthält, chronologisch eingeordnet, auch Archivalien über die anderen Mitglieder und Seitenlinien des Hoymschen Hauses.
Die Nachrichten über familiäre Angelegenheiten des Hauses Hohenlohe-Oehringen sind im vorhandenen Bestand spärlich. Sie betreffen fast ausschließlich die Entstehung und Verwaltung des Familien-Fideikommisses.
Im Gutsarchiv finden sich Schriftstücke sowohl über die Beziehungen des Rittergutes Oppurg zum Staat als auch über die Besitzverhältnisse und den Wirtschaftsbetrieb. Dabei nimmt das Material, das sich unmittelbar auf den landwirtschaftlichen Betrieb erstreckt, den kleinsten Teil ein. Um so größer ist die erhaltene Aktenmasse über Finanzangelegenheiten, besonders Kassen- und Rechnungssachen sowie Rechnungen und Belege. Sehr umfangreiches und brauchbares Material ist ebenfalls über Anlage und Kultur des Oppurger Forstes vorhanden.
Weimar 1962
Gudrun Wohlfahrt
4. Nachtrag: Im Anschluss an die oben beschriebene Bearbeitung wurden die Unterlagen entsprechend der endgültigen Signaturen gestellt. Bestandsfremde, das Rittergut Oppurg betreffende Akten fügte man dem Bestand bei. Nach der Verzeichnung auf Karteikarten fand eine Übertragung in ein Findbuch statt. In Vorbereitung einer Abgabe des Bestandes "Rittergut Oppurg" an das Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein wurden 2011 die bestandsfremden Unterlagen entfernt.
Seit August 2012 befindet sich das Gutsarchiv Oppurg im Hohenlohe-Zentralarchiv. Hier wurde der Bestand mit der neuen Bestandssignatur Oe 222 versehen, die alte Verzeichnung leicht überarbeitet - ohne die Signaturen innerhalb des Bestandes zu verändern - und von Birgit Domachowski in Scope aufgenommen, so dass die Verzeichnungsinformationen nun auch über das Internet zugänglich sind.
Neuenstein 2012
Joachim Brüser
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein, Oe 222
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein (Archivtektonik) >> Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein >> Archiv Öhringen >> Sonstige Bestände
- Bestandslaufzeit
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1510-1944
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rechteinformation
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Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
-
25.02.2022, 08:54 MEZ
Datenpartner
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1510-1944