Baudenkmal

Mitte, Jüdenstraße 42, Klosterstraße 47, Stralauer Straße 15, Parochialstraße 2

Nach langen Diskussionen um den Standort errichtete Stadtbaurat Ludwig Hoffmann in den Jahren 1902-1911 ein zweites Stadthaus südöstlich vom Roten Rathaus jenseits des Molkenmarktes. Dieses seit Ende des Zweiten Weltkriegs so genannte Alte Stadthaus, Jüdenstraße 34-42, war Ausdruck der wachsenden Bedeutung des Berliner Magistrats in der expandierenden Reichshauptstadt. (1) Das Gebäude enthielt Büroräume für eintausend Beamte und eine repräsentative Festhalle, es war modernes Verwaltungsgebäude im Inneren und wilhelminischer Repräsentationsbau nach außen.
Der mächtige Baukörper, dessen vierflügelige Anlage mit Mitteltrakten dem ursprünglichen Straßenkarree folgt, ist an allen vier Fassaden gleichmäßig durch einen hohen Rustikasockel und eine Kolossalordnung mit Pilastern und Säulen toskanischer Ordnung sowie durch Seiten- und Mittelrisalite gegliedert. Über dem Dreiecksgiebel der Hauptfront an der Jüdenstraße erhebt sich auf einem kubischen Unterbau ein kuppelbekrönter Rundturm, der durch zwei Säulenkränze betont ist und in seiner Form auf die Türme am Gendarmenmarkt Bezug nimmt. Das ehemals mit 21 Turmskulpturen und 8 Kolossalvasen am Fuß der Turmkuppel reichhaltige Bildprogramm wurde 1976-77 in Freidepots eingelagert und ist nur noch in wenigen Figuren erhalten. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten werden an ihrer Stelle Nachbildungen zur Aufstellung kommen. (2) Das hohe Mansarddach des Stadthauses, das beim Umbau 1960-61 zum Haus des Ministerrates der DDR durch ein Attikageschoss mit Walmdach ersetzt worden war, ist 1998-99 im westlichen Segment zur Jüdenstraße in der ursprünglichen Gestalt rekonstruiert worden.
Das Stadthaus war ursprünglich vollständig eingebaut und nur von schmalen Straßen umgeben. Deshalb gestaltete Hoffmann den Bau, mit Ausnahme des Turms, nicht auf Fernsicht, sondern auf Nahsicht, indem er auf eine klarere Stockwerksteilung, einen Sockel und ein erheblich größeres Portal für den Haupteingang in der Jüdenstraße verzichtete. Er leitete damit den Blick des Passanten zu der von einem ausladenden Hauptgesims abgeschlossenen Fassade hinauf, deren Rustika und Monumentalordnung durch eine vielfältige, in sich geschickt gruppierte und gestaffelte Detaillierung auf ein menschliches Maß gebracht ist. Die durch den trapezförmigen Grundriss vorgegebenen Schrägen und die in den Verlauf von Klosterstraße und Jüdenstraße gestellten Eckvorsprünge und Mittelrisalite sorgen für interessante Überschneidungen und eine lebendige Wirkung der Fassaden an den Hauptseiten. Hauptfassade und Turm konnten zusammen nur von der Seite und in perspektivischer Verkürzung entlang der Jüdenstraße gesehen werden. Der Repräsentationsraum im Erdgeschoss des Mitteltraktes, die tonnengewölbte Große Festhalle (Bärensaal), die Platz für 1500 Personen bietet und in dezenten Jugendstilformen geschmückt ist, wurde bis 1999 wieder hergestellt. Das künstlerisch durchgearbeitete Alte Stadthaus gehört zu den wichtigsten Werken des Stadtbaurates Ludwig Hoffmanns.
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1) Vgl. Hansen 1996, S. 75-101; Hoffmann 1902-1912, Bd. 10; Schäche 2000.
2) Festschrift zur Wiedereröffnung des Bärensaals im Alten Stadthaus Berlin am 21. Juni 1999, S. 21-22.

Landesdenkmalamt Berlin

Rechte vorbehalten - Freier Zugang

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Land
Berlin
Ort
Mitte
Straße und Hausnummer
Jüdenstraße 42, Klosterstraße 47, Stralauer Straße 15, Parochialstraße 2
Bezeichnung
Altes Stadthaus

Beteiligte
Hoffmann, Ludwig Ernst Emil [Entwurf]
Stadt Berlin [Bauherr]
Taschner, Ignatius [Entwurf & Ausführung]
Wrba, Georg [Entwurf & Ausführung]
Ereignis
Entwurf
(wann)
1900
Ereignis
Datierung
(wann)
1902-1911
Ereignis
Umbau
(wann)
1960-1961 & um 1975 & ab 1994

Rechteinformation
Landesdenkmalamt Berlin
Letzte Aktualisierung
18.01.2024, 15:32 MEZ

Objekttyp


  • Verwaltungsgebäude & Stadthaus

Beteiligte


  • Hoffmann, Ludwig Ernst Emil [Entwurf]
  • Stadt Berlin [Bauherr]
  • Taschner, Ignatius [Entwurf & Ausführung]
  • Wrba, Georg [Entwurf & Ausführung]

Entstanden


  • 1900
  • 1902-1911
  • 1960-1961 & um 1975 & ab 1994

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