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Kurbayern Hofbauamt (Bestand)
Das kurfürstliche Hofbauamt (1595-1688, 1695-1804): Geschichte der Behörde
Die Geschichte des fürstlichen = öffentlichen = staatlichen Baues, d.h. der Errichtung von landesherrlichen Burgen, Schlössern und Residenzen, von Amts-, Verwaltungsbauten und Befestigungen, von Umbaumaßnahmen und Instandsetzungen, auch im Straßen-, Brücken- und Wasserbau, ist so alt wie die Geschichte der Staatsverwaltung überhaupt(1).
Im Herzogtum Bayern oblag die Durchsetzung landesherrlicher Bauwünsche den Pflegern, die sich der Scharwerksdienste der Grundholden und späteren Untertanen bedienten oder Aufträge an Baumeister vergaben, die sich nicht selten mit eigenen Bauhütten anwerben ließen, sich ansonsten um die Bauhandwerker, um Lieferanten, Baumaterial und die Abrechnung kümmerten. Das galt für Bauvorhaben auf dem Lande ebenso wie für Hofbauten in der Residenzstadt München. Die vor allem finanzielle Kontrolle übten die jeweiligen Viztume, später die Rentmeister aus.
Im Zuge der Einrichtung von Zentralbehörden ab 1550 wurde auch das Bauwesen gebündelt und gestrafft. So kam es zur Gründung des Hofbauamtes als einer der Hofkammer direkt nachgeordneten Dienststelle. Die neue Behörde bestand offensichtlich bereits im Jahr 1590, wie einer frühen Dienstvorschrift zu entnehmen ist, die Hofbaumeister, Bauschreiber, Werkmeister und andere fürs Bauwesen zuständige Personen aufzählt(2). Sie waren zuständig für alle Bauvorhaben, die aus der landesherrlichen Kasse zu bestreiten waren. Das neue Amt blieb vorerst nur bis 1688 bestehen, dann wurde es vom neugegründeten Generalbaudirektorium(3) abgelöst, einer rechtlich wie finanziell unabhängigen, aber "monströs bürokratischen" Zentralbehörde, die, bald aufgelöst, schon 1695 dem Hofbauamt wieder Platz machen musste.
Wohl als Folge knapper Personalausstattung waren der Hofbaumeister und seine Leute in aller Regel nur in der Lage, die Bauvorhaben in der Residenzstadt zu leiten und zu überwachen. Draußen im Lande beschränkte sich die Mitwirkung zumeist auf Voranschläge und Gutachten. Eine Auflistung aller Gebäude, für die das Hofbauamt zuständig war, ergab 1730 ein Verzeichnis mit 72 Nummern (4): 60 betrafen das heutige Stadtgebiet Münchens, darunter die Residenz mit dem Hofgarten, Schloss Nymphenburg mit Park und allen Anlagen, den Nymphenburger und Schleißheimer Kanal, die Stadtbefestigung, das Schloss in Obermenzing und jede Menge staatlicher Häuser und Einrichtungen, aber auch die Klöster der Franziskaner und der Kapuziner oder den Glockenstuhl auf der Jesuitenkirche. Nur 12 Gebäude und Anlagen, wie die Wuhrbauten in der Isar bei Garching, Schloss Grünwald oder die Forsthäuser zwischen Hofolding, Schöngeising und Forstenried lagen deutlich außerhalb. Spätere Aufstellungen lassen erkennen, dass die Zuständigkeit, und damit die Anzahl der anvertrauten Gebäude, ständig wuchs. So werden 1757 zusätzlich die Schlösser Schleißheim mit Lustheim sowie Fürstenried und Neuhausen, die Schwaige Laufzorn und der Triftkanal genannt. Seit 1778 ist in vergleichbaren Listen auch vom Schloss Dachau die Rede. Eine Anzeige von 1781 zählt überdies Schiffe, Schiffshütten und Schloss in Starnberg, die Schlösser Berg am Starnberger See und Berg am Laim sowie die Landshuter Residenz und die Burg Trausnitz ob Landshut dazu(5).
Während die räumliche Zuständigkeit des Hofbauamts stetig zunahm, erfuhr die inhaltlich-sachliche Verantwortlichkeit im Laufe der Zeit beträchtliche Veränderungen. Dabei stand das eigentliche Hochbauwesen selbstredend nie in Frage. Doch die Aufsicht über die Hofgärten entglitt dem Bauamt im 18. Jahrhundert: Zwar weisen die Hofkalender von 1739 dem Bauamt einen Gartenverwalter und einen Garteninspektor zu, doch wird in diesem Jahr erstmals (und auf Dauer) eine kurfürstliche Gärtnerei ausgeworfen, mit Gärtnern für die einzelnen Münchner Gartenanlagen, den Hofgarten, den Residenz-, den Herzog-Maxischen-Residenzgarten und den Kuchlgarten, aber auch für die Gärten in Neudeck, Dachau, Schleißheim und Lustheim, Nymphenburg, Fürstenried und Berg am Starnberger See(6). Das Triftwesen wurde 1793 selbständig. Im gleichen Jahr wechselte auch die Verantwortung für die Brücken, Wuhr- und Wasserbauten in die Obhut einer General-Wasserbau-Direktion(7). 1796 wurde ein eigenes "Landbauamt" errichtet(8), offenbar zur Entlastung des "Hof"-Bauamts von Aufträgen weit außerhalb der Hofhaltung. Nur zwei Jahre später wird vom "nun wiedervereinigten Hof-Land-Bauamt" gesprochen(9). Doch weisen die Hof- und Staats-Kalender der Jahre 1800 und 1802 in München ein "Hof- und Landbauamt" und eigene Bauämter in Burghausen, Landshut und Amberg sowie ein "Hofbauamt" in Neuburg a.d.Donau auf(10).
Ungeachtet dieser Veränderungen nahm die Personalstärke des Hofbauamts im 18. Jahrhundert kräftig zu. Während die oben erwähnte erste Bau-Dienstvorschrift von 1590 den Eindruck gerade einer Handvoll Bediensteter vermittelt, nennt die noch 1719 gültige umfangreiche Bauordnung von 1644(11) neben dem Hofbaumeister bereits einen Bauamts-Gegenschreiber, einen Holz- und Stadelschreiber, drei Übersteher (Aufseher), je einen Meister und einen Polier des Maurer-, Zimmermanns- und Steinmetzhandwerks sowie einen Brunnenmeister samt Wasser-Polier. Laut kurbayerischem Hofkalender bestand das Hofbauamt 1739(12) aus folgenden Personen: einem Oberbaumeister, zwei Unterbaumeistern und je einem Bauschreiber und Gartenverwalter, Inspektor über die Brunnenstuben, Adjunkt (Amtsgehilfen), Bau-Gegen- und Holzschreiber, Hof-Zimmermeister, Hof-Steinmetzmeister und Triftmeister. Hinzu kam seit 1751(13) ein Geometer, Ingenieur-Lieutenant und Wasser-Baumeister in einer Person. Bereits 1758 waren Geometer und Wasserbaumeister getrennt, dafür wurde die Hofgärtnerei in Personalunion vom Oberbaumeister des Hofbauamts geführt(14). 1790 jedenfalls zählt der Hof- und Staatskalender vom Hof-Oberbaudirektor über die Landfeldmesser und die Hofmaler, Künstler und Hofarbeiter in München, Mannheim und Neuburg a.d.Donau mehr als 130 Personen auf(15).
Bereits 1799 der Generallandesdirektion unterstellt, endet die Geschichte des Münchner Hofbauamts 1804 mit der Umwandlung in die "Hofbauintendanz"(16).
Zur Bestandsbildung
Als Kern des Bestandes dienten Klein- und Kleinstteile von Akten und Unterlagen, die unter meiner Anleitung in den Jahren 1998/99 vom Referendarkurs 1997/2000 hauptsächlich aus den Mischbeständen "GR" (General-Registratur), "GL Fasz." (Gerichtsliteralien Akten), "HR I" (Hofamts-Registratur I) und "KL Fasz." (Klosterliteralien Akten) herausgelöst, geordnet und vorverzeichnet wurden. Ein Registratur- bzw. Aktenplan der Behörde lag nicht vor. Zwar fand sich eine Aufstellung "Acta des Hofbauamtes in folgenden Gegenständen" aus der Mitte des 18. Jahrhunderts(17), doch enthielt die Liste in der Reihenfolge zuerst des einfachen, dann des doppelten Alphabets in Kleinbuchstaben und schließlich der Zahlenreihe von 1-10 vorwiegend Akten über Nymphenburg, und zwar ohne jede erkennbare Ordnung. Deshalb wurde die Strukturierung nach der vorauszusetzenden Kompetenz und Funktion des Hofbauamts ausgerichtet(18). Die abschließende Überarbeitung der Verzeichnung fand noch 1999 statt.
Diese Klein- und Kleinstaktenteile waren entstanden, weil Archivarshände im 19. Jahrhundert die ehemalige Registratur des Hofbauamts nach dem damals üblichen Pertinenzprinzip aufgeteilt und den verschiedenen Mischbeständen zugeordnet hatten. Sie wurden wieder greifbar, weil im Zuge des gewaltigen Projekts der Wiederherstellung der ursprünglichen Registraturen auch der Altbestände in der Abteilung I des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in jahrzehntelanger Arbeit Zehntausende umfangreicher Faszikel der Mischbestände nach ihren Provenienzen, ihrer registraturmäßigen Herkunft, analysiert worden waren. Dabei fanden sich auch wesentliche Bestandteile der ehemaligen Registratur des Hofbauamts, rund 500 Akten oder Aktenteile vom 17. Jahrhundert bis zur Umgliederung des Amts im Jahr 1804.
Ein zweiter, mehrheitlich aus Rechnungsbänden, Manualen und Ausgabenlisten, aber auch aus Aktenteilen bestehender Teil des neuen Bestandes entstammte dem inzwischen aufgelösten "Bauamt der Schlösserverwaltung". Er umfasste 1011 Nummern und war, Aktenteile und Bandserien nicht unterscheidend, in nicht konsequent getrennte Serien geordnet und verzeichnet. Aus dieser Zeit stammen die bei der Neuordnung und -verzeichnung unter der Bezeichnung "Bauamt der Schlösserverwaltung" als Altsignatur übernommenen Ziffernfolgen ab 3-, 5-, 9-, 10-, 14- und 19-tausend. Dieser Fonds wurde bis 1996 in den Räumen des Bauamtes in Schloss Nymphenburg und im Bauamt der Residenz, einer untergeordneten Abteilung des Bauamts, aufbewahrt und war nach intensiven Bemühungen 1996 an das Staatsarchiv München abgegeben worden.
Dort wurde festgestellt, dass es sich um Unterlagen des ehemaligen Hofbauamts handelte mit einem erkennbaren Anteil des "Bauschreibers in Nymphenburg", einer Art Baubüro vor Ort. Stichproben in den Aktenteilen legten die Vermutung nahe, dass von einem Instanzenzug Bauschreiber > Hofbauamt > Hofkammer ausgegangen werden könne. Folglich wurden die 1011 Nummern zwischen dem Hauptstaatsarchiv - zuständig für Zentralbehörden wie das Hofbauamt - und dem Staatsarchiv München - zuständig auch für staatliche, lokale Überlieferung vor Ort - im Verhältnis von etwa zwei Drittel zu einem aufgeteilt. Der im Staatsarchiv verbliebene Teil wurde dem Bestand "Schlösser-, Gärten- und Seenverwaltung " (SGSV) einverleibt und ab der Ziffer 3568 neu durchnumeriert. Auch diese Signatur wurde bei der Neuordnung und -verzeichnung als Altsignatur belassen. Der Hauptstaatsarchiv-Anteil blieb vorerst unter den Altsignaturen bestehen.
Im Oktober 2003 kamen die Amtsvorstände des Hauptstaatsarchivs und des Staatsarchivs München, die zuständige Referentin des Staatsarchivs und der Leiter der Abteilung I überein, die Überlieferung des ehemaligen Hofbauamts als unteilbares Ganzes aufzufassen und damit die Teilung des 1011-Nummern-Fonds rückgängig zu machen. Als Folge wurden noch im ausgehenden Jahr 2003 die Bände und Aktenteile zuerst nach der ursprünglichen Bauamts-Nummerierung wieder zusammengefügt, dann in z.T. neuen, z.T. veränderten Serien neu formiert. Da die Laufzeit dieser Überlieferung vom 18. bis ins 20. Jahrhundert reichte, galt es in einem dritten Schritt, eine Aufteilung zwischen den Abteilungen I Ältere und II Neuere Bestände vorzunehmen, die sich in etwa am Stichjahr 1804, der Umwandlung des Hofbauamts zur Hofbauintendanz, orientierte. Dabei wurden Überschneidungen in Kauf genommen, um Zerreissungen aus- oder anlaufender Serien zu vermeiden. Als letztes erfolgte die Einarbeitung der älteren Aktenteile in den bereits verzeichneten Aktenbestand und die Ein- bzw. Angliederung der neuformierten älteren Serien. (Die jüngeren unterstehen der Obhut der Abteilung II).
Die Arbeit wurde im März 2004 abgeschlossen.
Werden die 670 Nummern des wiederhergestellten Bestands an der Bedeutung des Hofbauamts gemessen, so ist, auch bei den Rechnungsserien, keinesfalls von Vollständigkeit auszugehen. Deshalb sei dem Forscher und Benützer empfohlen, auch die nach Lage der Dinge wesentlich umfangreichere Parallel-Überlieferung der Hofkammer heranzuziehen. Zwar war das Hofbauamt in eigenem Aufgabenbereich tätig, in quasi-zentralbehördlicher Zuständigkeit, doch die unmittelbare Unterstellung unter die Hofkammer bewirkte, dass jede Regelung in Verwaltung und Personalwesen, jedes Bauvorhaben, jede Maßnahme und jede Abrechnung dort vor- und auch abgelegt worden ist. Bis zur Rekonstruktion der Hofkammer-Registratur liegen deren Akten und Aktenteile - in eigenen gekennzeichneten Umschlägen - vor allem in den Faszikeln der oben angesprochenen Pertinenzbestände HR I, GL, GR und KL und sind nach den reinen Sachbetreffen zu ermitteln.
März 2004
Rainer Braun
(1) Vgl. dazu und zum Folgenden Siegbert Feuchtwanger, Das öffentliche Bauwesen in Bayern vom Ende des Mittelalters bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, in: Oberbayerisches Archiv 56 (1912) S. 88-129, hier insbes. S. 98f. - Franz Geiger, Beiträge zur Geschichte des Bauwesens in Bayern, in: bau-intern 9 (1980) S. 235-238, 11 (1980) S. 287-293, 1-2 (1981) S. 18-29, 4 (1982) S. 63-70, 12 (1981) 215-219, 1-2 (1982) S. 11-15, 3 (1982) S. 33-39, hier insbes. 11 (1980) S. 290.
(2) BayHStA, HR I Fasz. 117 Nr. 98, "Bauinstruction. Ordnung" vom 29. Dezember 1590. Von einer Erstnennung 1597 gehen Feuchtwanger und Geiger (Anm. 1) aus.
(3) Vgl. dazu Feuchtwanger (Anm. 1) S. 100. - Georg Wünsche, Die bayerische Hofkammer während der ersten Regierungsjahre Max Emanuels, München 1971, S. 55-64 (Zulassungsarbeit der Ludwig-Maximilian-Universität München), BayHStA, MK - ZA 13893.
(4) Vgl. dazu und zum Folgenden BayHStA, Kurbayern Hofbauamt 5.
(5) BayHStA, HR I Fasz. 117 Nr. 99.
(6) Churbayerischer Hof-Kalender auf das Jahr 1739, S. 16f., 40f.
(7) BayHStA, HR I Fasz. 117 Nr. 99, Unterakt Das Trift- und Hochbauamt, dann die Trennung des Hofbauwesens von dem Triftwesen betr.
(8) BayHStA, Kurbayern Hofbauamt 1.
(9) BayHStA, Kurbayern Hofbauamt 1.
(10) Pfalzbaierischer Hof- und Staats-Kalender auf das Jahr 1800, S. 109, 144, 156, 196, 212. - Desgl. auf das Jahr 1802, S. 92, 131, 147, 177, 209.
(11) BayHStA, HR I Fasz. 117 Nr. 98, Instruktion, das Hofbauamt München betreffend.
(12) Churbayerischer Hof-Kalender auf das Jahr 1738, unpag.; das Hofbauamt wird zu Beginn des eigentlichen Schematismus unter den Hofstäben geführt.
(13) Churbayerischer Hof-Kalender und Schematismus auf das Jahr 1751, S. 21.
(14) Churbayerischer Hof-Kalender und Schematismus auf das Jahr 1758, S. 26 und S. 50.
(15) Hof- und Staats-Kalender für das Jahr 1795, S. 52-56.
(16) Vgl. Walter Prem, Organisation, Funktion und Bedeutung der Hofstäbe im Königreich Bayern, Diss. phil., München 1987, S. 37f.
(17) BayHStA, Kurbayern Hofbauamt 1.
(18) Vgl. dazu Joachim Wild, Möglichkeiten und Probleme der Strukturierung bei der Wiederherstellung von Altbeständen, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 61/1 (1998) S. 157-164.
- Reference number of holding
-
Kurbayern Hofbauamt
- Extent
-
679
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Archivtektonik) >> Beständetektonik des Bayerischen Hauptstaatsarchivs >> 1 Abteilung I: Ältere Bestände >> 1.2 Kurbayern >> Hofstaat
- Date of creation of holding
-
1595-1804
- Other object pages
- Last update
-
03.04.2025, 11:05 AM CEST
Data provider
Bayerisches Hauptstaatsarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
- Akten
Time of origin
- 1595-1804