Archivbestand

Kirchengemeinde Tecklenburg (Bestand)

Das Archiv der Ev. Kirchengemeinde Tecklenburg (Kirchenkreis Tecklenburg) wurde in den 1970er Jahren im Landeskirchlichen Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen verzeichnet und 2008-2010 um einen Nachtrag erweitert. Es umfasst insgesamt 434 Verzeichnungseinheiten und erstreckt sich über den Zeitraum von 1443 bis 2006.Mit den erhaltenen Pergamenturkunden aus den Jahren 1443-1794 beginnt die Überlieferung der Kirchengemeinde noch in katholischer Zeit. Bei den Urkunden aus dem 15. und 16. Jahrhundert handelt es sich um Vermögensregelungen, v.a. Stiftungen oder zustehende Renten zugunsten des Kirchspiels, darunter auch eine jährliche Stiftung des Grafen Nikolaus aus seinen Zöllen 1470 und eine Landschenkung der Gräfin Anna 1569. Als Begünstigter wird der Tecklenburger Pastor Hermann Keller genannt. Er wurde 1527 als erster evangelischer Stadtprediger in Tecklenburg von Graf Konrad berufen. Damit zählt die Kirchengemeinde Tecklenburg zu den ältesten evangelischen Kirchspielen der Grafschaft Tecklenburg, in der (als erstem westfälischem Gebiet) Graf Konrad unter dem Einfluss des Landgrafen Philipp von Hessen seit 1527 die Reformation durchgehend einführte. Die von Graf Konrad 1543 verabschiedete lutherische Kirchenordnung für die Grafschaft wurde 1562 durch eine eigene Kirchenordnung des Stadt- und Hofpredigers Machäropaeus (oder Messmacher) ersetzt, die jedoch keine volle Zustimmung der Gräfin Anna, Konrads Erbin, fand und 1588 durch die reformierte Kirchenordnung des Grafen Arnold, Annas Sohn, abgelöst wurde. Auch in Tecklenburg wurde seither reformierter Gottesdienst gefeiert. Die Ver-waltungsakten im Gemeindearchiv bezeugen diese Entwicklungen zwar nicht. In der Chronik des ältesten Lagerbuchs jedoch findet sich eine kurze Einführung gefolgt von einer Liste der Tecklenburger Pfarrer seit 1484. Erwähnenswert sind außerdem die Protokollniederschriften der seit 1689 stattfindenden Tecklenburger Synodalversammlungen aus den Jahren 1689 bis 1691,die sich ebenfalls in dem Lagerbuch befinden.Dass die älteste Aktenüberlieferung seit Mitte des 17. Jahrhunderts ansonsten vorwiegend zur Vermögensverwaltung der Kirchengemeinde, hier v.a. auch zum Armenwesen, entstanden ist, passt in das regelmäßige Bild früher Gemeinderegistraturen aus jener Zeit. Immerhin sind jedoch die Presbyteriumsprotokolle bereits seit 1686 durchgehend erhalten. Die übrigen Bereiche des kirchlichen Lebens in Tecklenburg wie Gottesdienste, Amtshandlungen, Gemeindeleben und Schule sind spätestens seit dem 19. Jahrhundert überliefert. Dennoch lassen sich einzelne Aspekte auch aus den ältesten Akten erforschen, wie z.B. die Besetzung der Schullehrerstelle. Neben der Elementarschule gab es in Tecklenburg auch eine lateinische bzw. Rektorschule, die von Graf Arnold bereits Ende des 16. Jahrhunderts gegründet wurde. Über die Verwaltung beider Schulen und die Besetzung und Besoldung der Lehrerstellen geben die Schulakten im Gemeindearchiv breite Auskunft. Neben der Tecklenburger Pfarrstelle war die lateinische Schule mit einem Geistlichen als Rektor besetzt, der auch Predigtdienste wahrzunehmen hatte. Mit den Rektoren- und Lehrerstellen an der Rektorstelle waren seit dem 16. Jahrhundert immer wieder die Dienste der zweiten und zeitweise auch einer dritten Pfarrstelle verbunden (1976 Hunsche: 107-125).Unter den Pergamenturkunden befinden sich Kollektenbriefe aus den Jahren 1711 und 1794. Es sind (z.T. königliche, da die Grafschaft Tecklenburg 1707 vom Königreich Preußen käuflich erworben worden war und seither unter preußischer Landesherrschaft stand) Empfehlungsschreiben für Kollektenreisende v.a. im niederländischen Ausland zugunsten baulicher Verbesserungen in der Kirchengemeinde. Die Kollektenbücher liegen ebenfalls im Gemeindearchiv vor, genauso wie Schreiben zur ersten Kollektenreise, die Viktor Klipping 1669 im Auftrag des Grafen Mauritz in die Niederlande unternahm, um für die Errichtung eines (steinernen) Kirchturms an der Tecklenburger Stadtkirche zu sammeln. Die Kirche war 1562-1566 durch Erweiterung der vor den Mauern des Ortes entstandenen St.-Georg-Kapelle errichtet und im 17. Jahrhundert zunächst um einen hölzernen Glockenturm ergänzt worden. Wie die Bauakte mit den Abrechnungen zum Turmbau und die Presbyteriumsprotokolle zeigen, wurden die Pläne letztendlich jedoch erst 1710-1720 verwirklicht. Zur Finanzierung des Vorhabens fanden erneut Kollektenreisen statt, zu denen die oben erwähnten Empfehlungsschreiben überliefert sind. Um die Verteilung der Kirchensitze entbrannten immer wieder Streitigkeiten. Waren es 1681 die Besitzrechte an dem Brautstuhl der Kirche, die juristisch geklärt werden mussten, 3 Jahre später eine Anordnung des Grafen Arnold, die neuen Kirchensitze nicht nach Ordnung sondern der Reihe nach einzunehmen, um den Gottesdienst nicht zu stören, oder Kontroversen um den Wegfall von Kirchensitzen im Westteil des Kirchenschiffes infolge des Turmbaus 1711 - die Belege für die Streitigkeiten im Gemeindearchiv sind vielfältig. Mit der Umstuhlung 1883-1890, die Pfarrer Greiff angeregt hatte, um auch endlich Nichtsitzberechtigten einen gleichberechtigten Zugang zum Gottesdienst zu ermöglichen, und nach dessen Tod Pfarrer von der Becke entschlossen weiterführte, wurde dem Verkauf und der Weitervermietung (!) schließlich ein Ende gesetzt . Zum Thema Fürsorge- und Wohlfahrtsarbeit finden sich im Archiv der Kirchengemeinde Tecklenburg nicht nur die Akten der Armenfürsorge und Protokollbücher des Armenvorstandes aus dem 19. Jahrhundert, sondern sogar die Stiftungsurkunde des (städtischen) Tecklenburger Armenhauses 1703 oder auch die Buchführung des Kreishilfsausschuss für notleidende Kriegsopfer des Zweiten Weltkrieges, dem Pfarrer Bleek vorsaß. Neben einem Mädchenfürsorgeheim, dessen Errichtung und Verwaltungsarbeit der Gründungsjahre sich im Gemeindearchiv niedergeschlagen hat, gab es in der Kirchengemeinde seit Anfang des 20. Jahrhunderts ein Ev. Krankenhaus. Die Akten des Gemeindearchivs führen die finanziellen Schwierigkeiten und die mangelnde technische Ausstattung, die sich in den Nachkriegsjahren des Zweiten Weltkriegs bemerkbar machten, vor Augen. Nachdem es 1955 von der Ev. Kirchengemeinde Ibbenbüren übernommen worden war, wurde es als Altersheim und Kurheim für krebskranke Frauen erweitert (1988 Kirchenkreis: 54).Im Jahr 2008 vereinigte sich die Ev. Kirchengemeinde Tecklenburg mit den Ev. Kirchengemeinden Brochterbeck, Ledde und Leeden zur neuen Ev. Kirchengemeinde Tecklenburg .Bei der Verzeichnung erhielten die Akten fortlaufende Nummern, die als gültige Archivsignaturen in der Bestellsignatur jeder Verzeichnungseinheit als letzte arabische Nummer oder ganz links neben dem jeweiligen Aktentitel aufgeführt sind. Unterhalb des Aktentitels geben die Vermerke „Enthält, Enthält nur, Enthält u.a., Enthält v.a., Enthält auch“ eingrenzende oder weiterführende Auskünfte über den Inhalt. Unter „Darin“ sind besondere Schriftgutarten wie Druckschriften, Presseberichte, Bauzeichnungen oder Fotos aufgelistet. Nach den Erschließungsvermerken folgt die alte Archivsignatur oder das Aktenzeichen, falls sie auf der Akte vermerkt waren. Ganz rechts schließen sich die Laufzeiten der Archivalien an. Zu beachten sind hier zwei verschiedene Arten von Klammern: ( ) verweisen bei Abschriften auf das Datum des Originals, [ ] kennzeichnen erschlossene Jahresangaben undatierter Schriftstücke.Kassiert wurde nicht archivwürdiges Schriftgut im Rahmen der Aufbewahrungs- und Kassationsordnung der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 20.02.2003 in der Fassung vom 29.10.2020 bzw. des Aufbewahrungs- und Kassationsplans der EKvW vom 29.10.2020.Sofern die Benutzung nicht zu Verwaltungszwecken erfolgt, unterliegen gemäß § 7 Abs. 1 Kirchengesetz zur Sicherung und Nutzung von kirchlichem Archivgut in der Evangelischen Kirche der Union (Archivge-setz - ArchivG) vom 6.5.2000 sämtliche Archivalien einer 30-jährigen Sperrfrist (gerechnet nach dem Ende ihrer Laufzeit). Für Archivgut, das sich nach seiner Zweckbestimmung oder nach seinem wesentlichen Inhalt auf natürliche Personen bezieht, gelten laut § 7 Abs. 2 ArchivG zusätzliche Schutzfristen. Diese Archivalien dürfen auch nach Ablauf der allgemeinen Sperrfrist frühestens 10 Jahre nach dem Tod der betroffenen Person(en) benutzt werden. Ist das Todesjahr nicht feststellbar, endet die Schutzfrist 90 Jahre nach Geburt. Ist auch das Geburtsjahr nicht bekannt, endet die Schutzfrist 60 Jahre nach Entstehung der Unterlagen.Bei der Zitierung des Archivbestandes ist anzugeben: LkA EKvW 4.268 Nr. ... (hier folgt die Archivsignatur des entsprechenden Archivales). Das Kürzel steht in dieser Reihenfolge für "Landeskirchliches Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen, Bestand 4.268 Nr. ...".Literatur zur Gemeindegeschichte: Der Kirchenkreis Tecklenburg in Geschichte und Gegenwart, Verlag W. Bertelsmann, Bielefeld 1988Hunsche, Friedrich Ernst: Tecklenburg 1226-1976. Suburbium - Wicbeld - Stadt, hg. v. der Stadt Tecklenburg, Lengerich 1976Murken, Jens, Die evangelischen Gemeinden in Westfalen Band 3 (Schriften des Landeskirchlichen Archivs der Evangelischen Kirche von Westfalen 23), Bielefeld 2019, S. 438-447Tecklenburg. Kirche - Gemeinde - Stadt in Vergangenheit und Gegenwart. 1566 - 1966. 400-Jahrfeier der Tecklenburger Kirche, hg. v. Presbyterium der Ev. Kirchengemeinde Tecklenburg, Lengerich 1966

Bestandssignatur
4.268

Kontext
Landeskirchliches Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen (Archivtektonik) >> 04. Deposita von Kirchenkreisen und Kirchengemeinden >> 04.2. KG Kirchengemeinden >> 04.2.24. Kirchenkreis Tecklenburg

Bestandslaufzeit
10.05.1443-31.12.2007

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Letzte Aktualisierung
05.11.2025, 13:59 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 10.05.1443-31.12.2007

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