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Nachlass Friedrich Ernst Hoffmann (Bestand)

Bestandsbeschreibung: Friedrich Ernst Hoffmann
Der preußische Baubeamte Friedrich Ernst Hoffmann entstammte einer Apothekerfamilie, die über Generationen in Schmalkalden ansässig war und weitreichende berufliche wie familiäre Kontakte pflegte.
Philipp Ernst Hoffmann war um die Mitte des 18. Jahrhunderts Apotheker und Ratsverwandter in Schmalkalden. Sein Sohn Christian Friedrich lernte den Beruf unter anderem von 1762 bis 1766 in Kassel bei Johann Henrich Keller und von 1778 bis 1780 in Lausanne bei Johann Heinrich Thylmann, einem aus Büdingen stammenden Apotheker, dessen Tochter Catharina Salome er heiratete. Sie starb 14 Tage nach der Geburt des einzigen Sohnes Johann Ernst Heinrich, dem sie Kapitalien und Mobilien im Wert von 3473 Reichstalern hinterließ. Johann Ernst Heinrich Hoffmann absolvierte seine Lehre ab 1797 in Wildungen, ab 1801 in Darmstadt, ab 1805 in Mannheim und von 1807 bis 1811 in Bern. Danach arbeitete er in Genf. 1817 erwarb er für 4000 Taler die Apotheke in Allendorf an der Werra von Jacob Fischer, einem früheren Lehrling seines Großvaters Philipp Ernst Hoffmann.1818 gestattete ihm das Obersanitätskollegium in Kassel nach bestandener Prüfung das eigenständige Führen einer Apotheke.
Johann Ernst Heinrich Hoffmann heiratete Marie Wilhelmine Baur. Als zweiter Sohn der Eheleute wurde Friedrich Ernst Hoffmann am 20. Dezember 1824 in Allendorf an der Werra geboren. Der Bruder der Mutter, Physikus Dr. Friedrich Baur, übernahm das Patenamt bei der Taufe am 12. Januar 1825.
Friedrich Ernst Hoffmann schilderte seinen Ausbildungs- und Berufsweg anlässlich des Jubiläums nach 50 Jahren im Staatsdienst in einer Aufstellung vom 1. Januar 1883. Sie und die teilweise als Anlage dienenden Dokumente, die noch weitere Informationen enthalten, gingen in den Nachlass ein. Ihnen sind die folgenden biografischen Angaben zu entnehmen.
Hoffmann wurde zu Pfingsten 1839 in Allendorf konfirmiert. Im Herbst verließ er die Privatschule des Pfarrers Claus in Sooden an der Werra, in der er seit 1837 unter anderem die griechische und lateinische Sprache erlernt hatte. Von September 1839 bis August 1842 besuchte er die Höhere Gewerbeschule in Kassel.
Als Bau-Eleve trat er am 20. September 1843 in den kurhessischen Staatsdienst. Am 15. Mai 1844 teilte ihn die Oberbaudirektion dem Landbaumeister Claus in Hünfeld als Gehilfe zu. Ab Februar 1846 versah er vertretungsweise die Stelle des Baukommissars in Witzenhausen, ab Dezember 1846 die entsprechenden Position in Fritzlar, wo er am 6. September 1848 das Ortsbürgerrecht erwarb.
Zum 31. Oktober 1850 gab er diese Stelle auf, um sich fortzubilden. Für zwei Semester besuchte er die königliche Bauakademie in Berlin. Am 1. November 1851 trat er die frühere Vertretungsstelle erneut an. Zum 1. August 1854 wurde er vorläufig und im März 1857 definitiv zum Baukommissar in Fritzlar ernannt.
Dort hatte er sich inzwischen auch familiär gebunden. Seine Frau Amalie war die Tochter des verstorbenen Gastwirts Jacob Dieterich und dessen Ehefrau Helene, geb. Dux. Sie war am 8. November 1835 in Fritzlar geboren worden, also mehr als zehn Jahre jünger als ihr Mann, und gehörte der römisch-katholischen Kirche an. Die Heirat fand am 20. Mai 1855 in der deutsch-reformierten Oberneustädter Gemeinde zu Kassel statt.
In Fritzlar leitete Hoffmann 1857 die Restaurierung der Klosterkirche St. Ursula nach Angaben von Georg Gottlob Ungewitter, der als führender Architekt der Neugotik in Kurhessen gilt. Hoffmann befasste sich zudem eingehend mit der Stiftskirche St. Peter zu Fritzlar, fertigte Zeichnungen und beriet Heinrich von Dehn-Rotfelser beim Erstellen der Texte für Monografien zu diesem Bau und zur Michaelskapelle in Fulda für das 1866 erschienene Werk Mittelalterliche Baudenkmaeler in Kurhessen.
Nach dem Tod des Landbaumeisters Hunrath in Fritzlar nahm Hoffmann ab Februar 1864 dessen Geschäfte wahr.
Am 1. Dezember 1864 trat er das Amt des Landbaumeisters in Melsungen an. Dort erwarb er am 2. September 1865 das Bürgerrecht. Als Landbaumeister leitete er von 1865 bis 1866 die Innenerneuerung der Stadtkirche in Spangenberg. Außerdem entwarf er die neugotische Kirche in Eubach und leitete bis 1866 deren Errichtung.
Am 1. Dezember 1871 ernannte ihn das zuständige königliche Ministerium zum Bauinspektor und übertrug ihm die Verwaltung des Baukreises Fulda. Dort verbrachte Hoffmann den Rest seines Lebens.
Ab Anfang 1876 verwaltete er zusätzlich den Hoch- und Wasserbau im Kreis Gers-feld. Am 7. Dezember 1881 wurde er zum preußischen Baurat ernannt. Als oberster Baubeamter des Kreises Fulda entwarf er die 1887 errichtete römisch-katholische Pfarrkirche in Hattenhof.
Die Synagoge in Neuhof, die 1938 geschändet und nach dem Zweiten Weltkrieg zum Wohnhaus umgebaut wurde, geht ebenfalls auf einen Entwurf von Hoffmann zurück. Er wurde 1874 genehmigt und bis 1878 ausgeführt.
Zum 1. April 1898 schied Friedrich Ernst Hoffmann altersbedingt aus dem aktiven preußischen Staatsdienst. König Wilhelm II. ernannte den Pensionär gleichzeitig zum Geheimen Baurat.
Dieser widmete sich im Ruhestand verstärkt der Glockenkunde. Er besuchte Kirchen seiner früheren Wirkungskreise, um historisch bedeutende Glocken zu vermessen und zu zeichnen. Der Nachlass enthält zahlreiche Skizzen aus den Glockenstuben, Reinzeichnungen in Tusche und Probeabzüge der nach ihnen gefertigten Lithografien. Sie bilden die Illustrationen der großformatigen Beiträge zur Glockenkunde des Hessenlandes, die Hoffmann 1906 zusammen mit Bernhard Zölffel veröffentlichte. Berücksichtigt sind darin Glocken aus den Kreisen Fritzlar, Fulda, Gersfeld, Hünfeld, Hersfeld, Marburg, Melsungen, Witzenhausen und Wolfhagen.
1905 konnte Hoffmann die Goldene Hochzeit feiern. Seine Frau Amalie starb 1909. Er selbst blieb "ausgerüstet mit klarem Verstand, hervorragenden Kenntnissen und reichen Erfahrungen, von seltener Schaffensfreudigkeit bis in sein Greisenalter", wie das Fuldaer Kreisblatt in einem Nachruf an seinem Todestag schrieb.
Friedrich Ernst Hoffmann starb an den Folgen eines Herzschlags am 16. März 1912 gegen 9.30 Uhr in Fulda. Als letzte Adresse wird im Totenbuch das Haus Schlossstraße 1 genannt. Am 19. März 1912 wurde Hoffmann in Fulda bestattet.

Verwaltungsgeschichte/biografische Angaben: Bestandsbeschreibung und Benutzungshinweise
Der Nachlass Friedrich Ernst Hoffmann füllt zwei Archivkartons in Übergröße. Er umfasst 247 Verzeichnungseinheiten mit einer Gesamtlaufzeit von 1766 bis 1915. Die Archivalie Nr. 246, in der Familiendokumente gesammelt sind, enthält mit einem Lehrbrief, den der Apotheker Georg Henrich Keller in Kassel am 29. September 1766 für Christian Friedrich Hofmann ausstellte, das älteste Schriftgut.
Bei den meisten Archivalien handelt es sich um Architekturzeichnungen, die Friedrich Ernst Hoffmann seit seiner Jugendzeit vor allem in Nord- und Osthessen schuf. Da ein Teil der dargestellten Bauten und Objekte nicht oder nur verändert erhalten ist, kommt den Zeichnungen ein hoher dokumentarischer Wert zu. In späteren Jahren widmete sich Hoffmann der Hessischen Glockenkunde. Zahlreiche seiner Zeichnungen stehen in diesem Zusammenhang.
Eine ergänzende Überlieferung von fünf Archivalien mit Zeichnungen, die Friedrich Ernst Hoffmann von der ehemaligen Klosterkirche in Breitenau und der Stadtkirche in Spangenberg erstellte, befindet sich in der Graphischen Sammlung der Museumslandschaft Hessen Kassel und ist in deren Online-Katalog einsehbar.
Frau Meyer-Wintzer aus Bad Oeynhausen übergab den Nachlass Friedrich Ernst Hoffmann am 9. August 2005 dem Landeskirchlichen Archiv Kassel. Hier wurde er vom Sommer 2010 bis zum Frühjahr 2011 von drei Archivsachbearbeitern und mehreren Praktikanten geordnet, verzeichnet und parallel digitalisiert. Die Verzeichnungseinheiten 248 und 249 wurden im Dezember 2012 von Dr. Gerhard Seibt angekauft und nachverzeichnet. Die Digitalisate werden ins Internet eingestellt.
Das Findbuch wurde mit AUGIAS - Archiv 8.1 erstellt. Für jede Einheit sind Bestell-nummer, Aktentitel, Laufzeit, eine fortlaufende Indexnummer und ggf. ein Vermerk zum Inhalt ("Enthält u. a.") angegeben. Die Begriffe der Sach-, Orts- und Personen-indizes sind mit den Indexnummern verknüpft.
Bei der Benutzung des Bestands Nachlass Friedrich Ernst Hoffmann sind die Bestimmungen des Archivgesetzes der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck vom 26. April 1997 (KABl. 1997 Nr. 6 S. 117 - 120) einzuhalten.
Es ist zu zitieren: Landeskirchliches Archiv Kassel: H Nachlass Friedrich Ernst Hoffmann. Nr. …
Kassel, den 14. Juni 2011
Peter Heidtmann-Unglaube, Archivsachbearbeiter

Bestandssignatur
Landeskirchliches Archiv Kassel, H Hoffmann

Kontext
Landeskirchliches Archiv Kassel (Archivtektonik) >> Nachlässe

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Letzte Aktualisierung
06.03.2023, 11:52 MEZ

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