Bestand
Gefürstete Grafschaft Zollern: Beilagen zur Renteirechnung (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Geschichtlicher Überblick
Der Ursprung der spätmittelalterlichen Grafschaft Zollern liegt in den territorialen Rechten, die 1288 bei der Erbteilung des Grafen Friedrichs V. des Erlauchten auf seine beiden Söhne in die Linien Schalksburg und Hohenzollern in die Hände des älteren Sohnes fielen, der die Grafschaft Zollern mit der Burg erhielt. Die Linie Zollern-Schalksburg starb bereits 1408 wieder aus.
In der Folgezeit kam es immer wieder zu Erbteilungen und Erbschaftskonflikten, die zur zeitweiligen Verpfändung des zollernschen Besitzes und zur Zerstörung der Stammburg Zollern durch Württemberg und den Schwäbischen Städtebund im Jahr 1423 führten. Im Markgröninger Vertrag 1429 musste Graf Eitelfriedrich schließlich einem württembergischen Eintritt in die Erbfolge beim Erlöschen der Zollern im Mannesstamm zustimmen.
Hierzu kam es jedoch nicht, im Gegenteil konnte ein großer Teil der Besitzungen wieder zurückerworben, die Landesherrschaft ausgebaut und 1454 auch die Burg Zollern wiederaufgebaut werden. 1471 erhielten die Grafen von Zollern das Münz- und Bergregal sowie den Blutbann in allen Orten mit zollernscher Niedergerichtsbarkeit, außerdem wurde die Grafschaft von fremden Gerichten befreit.
1497 tauschte man die allodiale Herrschaft Haigerloch gegen die Herrschaft Rhäzüns in Graubünden von Österreich ein, 1540 kaufte man die Herrschaft Hainburg und 1552 die Habsburg lehenbare Herrschaft Wehrstein.
1558 fiel die Stammgrafschaft nach dem Tod des Grafen Jos Niklaus II. an seinen Vetter Graf Karl I. von Hohenzollern (1515-1576), der 1575 die Teilung des Besitzes entgegen der Anordnung seines Großvaters Graf Eitelfriedrichs II. unter seinen drei Söhnen in der so genannten ¿Väterlichen Verordnung¿ festschrieb. Der älteste Sohn Eitelfriedrich begründete so die Linie Hohenzollern-Hechingen, der zweite Sohn Karl die Linie Hohenzollern-Sigmaringen und der dritte Sohn Christoph die bereits 1634 wieder ausgestorbene Haigerlocher Linie.
Die Stammgrafschaft umfasste 1576 ca. 270 km2. Dazu gehörten die Stadt Hechingen, 24 Dörfer, nämlich Grosselfingen, Burladingen, Hausen, Owingen, Rangendingen, Bisingen, Stein, Sickingen, Bechtoldsweiler, Jungingen, Weilheim, Stetten bei Hechingen, Starzeln, Stetten unter Holstein, Killer, Steinhofen, Gauselfingen, Boll, Schlatt, Thanheim, Wessingen, Zimmern, Hörschwag, Beuren sowie die Exklave Wilflingen bei Rottweil.
Eitelfriedrichs Sohn Johann Georg wurde 1623 wegen seiner Verdienste unter den Kaisern Rudolf II., Matthias und Ferdinand II. zum erblichen Reichsfürsten erhoben.
Eine Konstante in der Geschichte des Fürstentums Hohenzollern-Hechingen stellt seine schwierige finanzielle Lage dar, die man durch eine Annäherung an die brandenburgischen Hohenzollern zu erleichtern suchte. Diese führte jedoch nicht zu einer finanziellen Entlastung, wohl aber zum Erbvertrag von 1695, der den jeweiligen Kurfürsten von Brandenburg zum Chef des gesamten Hauses Hohenzollern und die Erbfolge der brandenburgischen Hohenzollern im Falle des Fehlens eines männlichen Nachkommens in der schwäbischen Linie bestimmte.
Auch die Vererbung der Grafschaft Zollern nicht in gerader Linie, sondern an einen Bruder oder Neffen stellt ein immer wiederkehrendes Phänomen der Geschichte der Hohenzollern-Hechingen dar. So übernahm z.B. Philipp, zunächst Domherr in Köln und Straßburg, die Grafschaft von seinem Bruder, Fürst Eitelfriedrich II., der seine Grafschaft bereits in seinen letzten 10 Regierungsjahren von 1651 bis 1661 von einer kaiserlichen Schuldenkommission verwalten lassen musste, die sich auch bei der Revision der Renteirechnungen niederschlägt.
Unter der Regierung des Fürsten Friedrich Wilhelm kam es zur Verpachtung der Einkünfte des Landes auf den späteren Kammerdirektor und Geheimen Rat Johann Paul von Bara tti gegen die Zahlung von zunächst 22 000, dann 31 000 Gulden.
Wie dem Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen gelang es auch dem kleineren Hechingen in der Zeit des napoleonischen Länderschachers der Mediatisierung zu entgehen und seinen Status als souveränes Fürstentum zu wahren. Allerdings erhielt Hechingen im Gegensatz zu Sigmaringen als Entschädigung für entgangene Feudalrechte in der Grafschaft Geulle bei Maastricht sowie den Herrschaften Mouffrain und Baillonville nur sehr geringe Gebietsgewinne, nämlich 1803 die Herrschaft Hirschlatt, welche bisher dem Augustinerchorherrenstift Kreuzlingen gehört hatte und aus einem Dorf und 7 Weilern bestand, sowie die säkularisierten Klöster Stetten, Rangendingen und St. Luzen und das Kollegiatstift in Hechingen. 1815 folgte der Eintritt in den Deutschen Bund.
Im Staatsvertrag vom 7. Dezember 1849 traten die Fürsten der beiden hohenzollerischen Fürstentümer ihre Souveränität gemäß der alten Hausgesetze und Erbverträge an Preußen ab.
Die Rechnungslegung der Gefürsteten Grafschaft Zollern
1. Rechnungsarten
Zu den Rechnungsarten sei auf den Bestand DH 1 T 13 Gefürstete Grafschaft Zollern: Renteirechnungen und dessen Einführung verwiesen. Die im vorliegenden Bestand erschlossenen Beilagen sind die nummerierten und - in Hechingen gebundenen - Belege der Renteirechnung.
2. Überlieferung
Die Beilagen der Rentei Hechingen wurden im Gegensatz zu denen des Fürstentums Sigmaringens wie die Renteirechnungen ebenfalls gebunden. Ab 1757 sind sie für die lange Regierungszeit Fürst Joseph Wilhelms bis 1798 und darüber hinaus bis 1806 fast komplett vorhanden. Es fehlt lediglich der gesamte Jahrgang 1799/1800 sowie offenbar einzelne Bände z.B. des Jahres 1796/97. Vor 1757 haben sich lediglich einzelne Beilagen von 1731 und 1733 erhalten. Durch die Bindung gingen nur wenige Einzelbelege verloren, so dass für jeden Jahrgang zwei, drei oder z.T. vier Bände, insgesamt meist um die 1500 Beilagen oder mehr erhalten geblieben sind. Im Gegensatz zu den Beilagen zu den Renteirechnungen von Sigmaringen und Haigerloch bzw. Wehrstein konnten, die Beilagen so auch nicht verunordnet werden, was das Auffinden einzelner Belege ausgehend von der durch Rubriken gegliederten Rechnung vereinfacht. Aufgrund des großen Umfangs der Bände sind die Bindungen allerdings stark strapaziert, teilweise fehlen Deckel und Buchrücken oder sind stark verformt. Bei mehreren Bänden lösen sich auch einzelne Beilagen aus der mittlerweile schwachen Bindung. Zusätzlich war das Hechinger Archiv sowohl bezüglich der Ordnung der Bestände als auch der Unterbringung in einem schlechten Zustand. Laut einem Bericht des Registraturkommissars Eduard Schwarzmann vom 15. Juli 1850 lagen die Archivalien ungeordnet in einem feuchten Raum (Vgl. Wilfried Schöntag, Vom Schatzarchiv zum Staatsarchiv. DasWerden des Staatsarchivs Sigmaringen, in: Beiträge zur Landeskunde 2/1981, S. 1-8, hier: S. 3.). Dementsprechend ist der Zustand einiger Beilagenbände aus der Serie eher schlecht, da das Papier von Schimmel befallen ist und teilweise an einigen Stellen zerbröselt, allerdings ist der Zustand der Beilagen in dieser Beziehung weitaus besser als der der Rechnungen.
3. Inhalt
Die Beilagen enthalten Quittungen und Belege zu den in den Hechinger Renteirechnungen enthaltenen, und nach Rubriken - also thematisch gegliederten - Posten wie den Geldeinnahmen u.a. aus Rauchgeld, Mann- und Frauensteuer, Judentribut und Schirmgeld, Ungeld, Fällen und Frevel aber auch verkauften Naturalien wie Fisch, Wein, Holz, Gänsen. Dazu kommen Beilagen zu den Einnahmen an Frucht, alten Hennen, Obst etc. Die Beilagen zu den Ausgaben betreffen die Tilgung von ausgeliehenem Kapital und dessen Verzinsung, Ausgaben ad manus Serenissimi, Deputate, Ausgaben für die Hofhaltung, für Besoldung, für das Bauwesen, Almosen und Stipendien. Die Beilagen bieten v.a. sehr aussagekräftige Unterlagen über die Hofhaltung des Fürstentums Hohenzollern-Hechingen sowie anhand der zahlreichen Belege zur Tilgung von Kapitalzinsen über die Verschuldung der Hechinger Fürsten. Neben Bau-, Schneider- und Abrechnungen mit Kaufleuten sind im einzelnen u.a. auch die Abrechnungen des Hofgärtners Franz Joseph Zettler zu erwähnen, die Aufschluss über die u.a. in Klostergärtnereien wie in Söflingen oder bei dem Gärtner und Samenhändler Günther in Stuttgart gekauften Samen und damit auch über die in den Gärten in Hechingen selbst und bei Schloss Lindich kultivierten Pflanzen geben, zu denen z.B. durchgängig auch Artischocken, zeitweise aber auch Spargel gehörte. Bemerkenswert sind auch die regelmäßigen Abrechnungen des Buchbinders Anton Krüchel, der neben den Rechnungen und Beilagen auch die von Mitgliedern des Fürstenhauses gekauften Bücher einband. Im Gegensatz zu anderen Buchbindern listete Krüchel jedoch die Titel der Bücher und Theaterstücke teilweise sogar mit dem zugehörigen Autor auf, so dass auf diese Weise zumindest ein Eindruck über die ab 1757 bis 1773 von Fürst Joseph Wilhelm und seiner Gemahlin Maria Theresia erworbenen und vielleicht auch gelesenen Bücher, oder für das Hoftheater erworbene Theaterstücke gewonnen werden kann. Interessant sind auch Belege über die Ausbildung des Grafen und späteren Fürsten Friedrich Hermann Otto sowie der Grafen Hermann und Joseph von Hohenzollern-Hechingen an der Hohen Carlsschule, wo sich z.B. für Friedrich Hermann Otto Belege über zusätzlich Klavierstunden bei dem Stuttgarter Hofmusikus Johann Christian Ludwig Abeille finden.
Die Erschließung des Bestandes
Der vorliegende Bestand wurde im Rahmen eines Projekts der Stiftung Kulturgut im Dezember 2009 bis Februar 2010 bzw. im April und Mai 2011 erschlossen. Dabei wurden die im Regal bereits chronologisch aufgestellten zu Bänden gebundenen Beilagen durchnummeriert und im Hinblick auf interessante inhaltliche Aspekte intensiver erfasst. Anschließend wurden die Bände in Archivboxen bzw. in Zugbändelmappen, um den aufgrund des Umfangs sehr strapazierten Bindungen der Bände Halt zu geben.
Bei der Benutzung der Beilagen zu den Renteirechnungen der Gefürsteten Grafschaft Zollern empfiehlt sich zunächst die Recherche in den thematisch nach Rubriken gegliederten Rechnungen. Die in den Rechnungen nummerierten Belege finden sich dann fast immer unter der entsprechenden Nummer in den Beilagen.
Der Bestand umfasst 156 Archivalieneinheiten und ist unter der Signatur FAS DH 1 T 14 Nr. ... bestellbar.
Sigmaringen im Mai 2011
Stefanie Albus-Kötz
- Reference number of holding
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Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, FAS DH 1 T 14
- Context
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen (Archivtektonik) >> Fürstlich Hohenzollernsches Haus- und Domänenarchiv (Dep. 39) >> Domänenarchiv Hohenzollern-Hechingen >> Gefürstete Grafschaft Zollern
- Related materials
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Jörg Riester, Die Einnahmen und Ausgaben in den Rentei-Rechnungen des Fürstentums Hohenzollern-Hechingen unter Fürst Joseph Wilhelm. Rechnungsjahre 1770 bis 1775. Ein Beitrag zum Rechnungs- und Finanzwesen des Fürstentums Hechingen im 18. Jahrhundert. Diplomarbeit masch., WS 1966/67 Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
- Indexentry place
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Zollern; Grafschaft
- Date of creation of holding
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1731-1806
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rights
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Last update
-
03.04.2025, 8:37 AM CEST
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1731-1806