Bestand

230 - Gemeindearchiv Eich (Bestand)

Vorwort: Abt. 230 Gemeindearchiv Eich
Umfang: 301 Archivkartons u. 3 lfm Überformat (verp.) = 2569 Verzeichnungseinheiten = 44,5 lfm [ohne 230-N, mit: 52 lfm]
Laufzeit: ca. 1600 - 1965
Zur Geschichte der Gemeinde Eich
Urkundlich wird der Ort erstmals 771 in einer Schenkungsurkunde im Lorscher Codex genannt. Angeblich schenkte Wanbert unter König Karl und Abt Helmerich sein Grundbesitz in Eich dem Lorscher Kloster. Im Jahr 1139 erhält das Paulusstift in Worms von Bischof Burchard II. das Investiturrecht, das Recht die Priester in Eich einzusetzen. Somit kamen auch die Ländereien, die vorher dem St. Peterstift zugefallen waren, jetzt dem St. Paulusstift zu. Der Sandhof, der im 8 Jh. entstanden ist, kam im 10 Jh. in klösterlich kirchliche Verfügungsgewalt. 1330 geht der Sandhof von den Otterberger an die Herren von Hohenfels.
Die Herren von Hohenfels leisteten Abgaben an das Paulusstift, darum gehörte der Sandhof zum Eicher Grundbesitz des St. Paulusstifts (s. Festschrift "1200 Jahre Eich", s. S. 281ff). 1406 wird Eich von Elisabeth, der Witwe des Raugrafen Heinrich an den Pfalzgrafen Ruprecht verpfändet. Im Alzeyer Salbuch von 1429 wird erwähnt, dass der Pfalzgraf Besitzer über den größten Teil Eichs war. Der 30jährige Krieg verwandelte Deutschland in ein Schlachtfeld in dem die Heere sich nicht nur gegenseitig bekämpften, sondern auch das Land aussagten. Einquartierung und Verpflegung der ungarischen und französischen Truppen verursachten große Auslagen. Die Eicher Bevölkerung leistete Fahrdienst, verrichtete Schanzarbeiten an der Niersteiner u. Northeimer Schiffsbrücken. In den Jahren 1798 bis 1814 stand Eich unter französischer Herrschaft. Ab 1816 kam der Ort zum Großherzogtum Hessen; 1816 Kanton Bechtheim, 1822 Kanton Osthofen, 1835 Kreis Worms, 1848 Regierungsbezirk Mainz, 1850 Regierungsbezirk Worms, 1852-1969 Kreis Alzey-Worms (1946 Rheinland-Pfalz). Am 22.04.1972 wurde eine Verbandsgemeinde Eich mit den Ortsgemeinden Alsheim, Eich, Gimbsheim, Mettenheim und Hamm gebildet. Im Jahre 1854 lebten in Eich 1519 Einwohner (s. Nr. 2585), im Jahr 1890 1771 Einwohner, davon 38 Juden. Die Bevölkerung der Gemeinden der 1969 gebildeten Verbandsgemeinde Eich wuchs und betrug im Jahre 2014 13.141 Einwohner.
Zur Geschichte der ev. Kirche findet man eine Abhandlung von Dr. Diehl aus Darmstadt ab 1496 (s. Nr. 0774), Voranschläge über die Kosten des Abbruchs der kath. Kirche u. des Neubaus (s. Nr. 2607) sowie Kauf eines Bauplatzes, 1863, zur Erbauung der kath. Kirche (s. Nr. 2610).
Eine Reihe von Akten dokumentieren den Schulalltag sowie den Schulbau in der Gem. Eich. Drei kolorierte Zeichnungen über die Lage des kath., des reformierten Schulhauses u. des als neues Schulhaus eingetauschten Hauses, Januar 1823 befinden sich in der Akte Nr. 1044.
Zahlreiche Pläne zu den zwei Schulen, ev. u. kath., die in Eich gebaut wurden befinden sich in den Akten Nr. 0649 bis Nr. 0651u. in Nr. 0653. Das kath. Schulhaus in Eich wurde ca. 1870 abgebrannt, somit begann man es wieder aufzubauen (s. Nr. 0652 u. Nr. 2492, Situationsplan). Zum Thema Gesundheitswesen in der Gem. Eich findet man in der Urkunden zur Rechnungen einen Vertrag mit dem prakt. Arzt Dr. Carl Scriba, der als Gemeindearzt eingestellt wurde, 1873 (s. Nr. 2496, dazu s. auch Anzeigen betr. Besetzung einer Stelle des Gemeindearztes in der WZ, Darmstädter u. Gießener Zeitung, Nr. 2490). 1879 bemüht sich der Bürgermeister wieder die Stelle des Gemeindearztes zu besetzen (ab Oktober 1879 wechselte Dr. Scriba nach Offenbach, seine Stelle als Gemeindearzt wird von Dr. Carrillon besetzt). 1889 wird diese Stelle wieder ausgeschrieben (s. dazu Anzeigen in der Darmstädter Zeitung, Nr. 2482). Einen großen Aufwand der Regulierung u. Unterhaltung des Seebachgrabens führte 1862 dazu, dass man eine Konkurrenzgesellschaft gründete, die aus den Gemeinden Eich, Hamm, Ibersheim u. Rheindürkheim bestand. Zur Regulierung der Seebach wurde ein neuen Graben hergestellt und zwei neuen Brücken gebaut (s. auch Anzeigen in der WZ von 1858, s. Nr. 2473). Die Gemeinde Eich legte 1854 einen neuen Sommerdamm entlang des Rheines an (s. dazu Kosten und Nivellement des Sommerdammes, Nr. 2585) und baute ein Wachhaus um die Gefahr des Hochwassers zu erkennen (s. Reparatur des Wachhauses in Nr. 2689); 1863 wurde eine einläufige Entwässerungsschleuse in den Landdamm gebaut (s. dazu Grundriss u. Ansichten in Nr. 2610).
Übernahme, Struktur, Laufzeit und Verzeichnung der Unterlagen
Die erhaltenen Archivalien umfassen den Zeitraum von etwa 1600 bis zur Verwaltungsreform von 1969 bzw. der Bildung der Verbandsgemeinde Eich (1972), in der fünf Bürgermeistereien, darunter auch Eich, vereint wurden. Dies schuf eine Grundlage für einen Depositalvertrag zwischen der Verbandsgemeinde und dem Stadtarchiv. Am 24.06.1980 wurde ein Verwahrungsvertrag zwischen dem Stadtarchiv u. der Gemeinde Eich abgeschlossen (s. Abt. 6-U Nr. 469). Das Archivgut wurde als Depositum im Jahr 1980 in das Archiv überführt, eine zweite Abgabe erfolgte im Frühjahr 1983. Die Verzeichnung übernahmen die Archivarinnen Margit Rinker-Olbrisch u. Andrea Kraft. Die Akten wurden nach dem Nummerus-currens-Prinzip und unter Beibehaltung der Abteilungen des alten Registraturplans verzeichnet (dazu s. masch. Verzeichnis in Abt. 206 Nr. 111a).
Das abgegebene Schriftgut besteht zum großen Teil aus Amtsbüchern, während sich die restlichen Archivalien v.a, aus ungehefteten Blättern zusammensetzen, die zu Aktenbänden formiert worden waren und in dieser Ordnung belassen wurden. Unter der Rubrik "Gemeinderechnungswesen" auftretende Blätter, deren innerer Zusammenhang verlorengegangen war, wurden bei der Bearbeitung im Archiv nach dem chronologischen Prinzip aneinandergereiht. Die Laufzeit der Archivalien reicht v.a. vom 18. bis zum frühen 20.Jh.; die Überlieferung aus dem 15.- 17. Jh, sowie aus der Zeit nach 1930 ist spärlich. Die Kriegs-, Nachkriegs- und die zeitgeschichtlichen Akten fehlen fast vollständig.
Eine Kassation des nicht archivwürdigen Schriftgutes fand bis auf wenige Ausnahmen nicht statt.
Die Schriftguttypen und ihre Bedeutung als Quellenmaterial
Der Bestand enthält zahlreiche Amtsbücher (Grund- und Flur-, Morgen- und Ackerbücher, Gewannverzeichnisse, Gerichtsprotokolle, Rechnungen u.ä.), die zum größten Teil im 18. und 19. Jh. entstanden sind. Aus dem 18,Jh, finden sich eine Reihe der verschiedensten Abgabeverzeichnisse, z.B. über Altrheingärtenzinse, Schatzungsgeld, Gültrenovationen, die einen recht guten Aufschluß über Bevölkerungsverhältnisse, Besitztum, Rechtszustände, Ordnung und Verwaltung der Gemeinde Eich geben.
Im 19. Jh. überwiegen die Akten zur Gemeindeverfassung und -verwaltung sowie das Grundbuch- und Sozialversicherungswesen (spätes 19.Jh.), während sich im frühen 20. Jh, v.a, Akten zu Sozialfürsorge, Schulwesen, Steuern und Kriegswirtschaft finden. Nach 1930 beschränkt sich die Überlieferung überwiegend auf das Steuer- und Rechnungswesen sowie auf die Arbeitslosenfürsorge.
Die Hauptüberlieferung des Bestandes konzentriert sich auf die Bereiche Gemeindeangelegenheiten (XV), Landwirtschaft sowie Rechte am Grundeigentum (XXI), Militär- und Kriegswesen (VIII), Finanzangelegenheiten (IX) und Unterricht (XIV). Die Registratur der Bürgermeisterei wurde Anfang des 20.Jh. nach dem hessischen Registraturplan für die Bürgermeistereien vom 1.4.1908 gegliedert, der alte und moderne Akten in ein System von Gruppen und Untergruppen eingliederte. Das Ziel der Ordnung im Stadtarchiv war die Rekonstruktion dieses Aktenplans, was ohne größere Schwierigkeiten möglich war.
Weitere Entwicklung nach 1983
Im Frühjahr 2011 wurden die Daten in das Programm AUGIAS konvertiert.
Eine weitere Abgabe von Amtsbüchern und Akten erfolgte nach Ortsbesichtigung im Rathaus von Eich (2000) im Jahre 2002 im Umfang von ca. 26 lfm. Ende Juli 2013 begann die Verzeichnung dieses Materials (bis Mai 2014 abgeschlossen, folgt dem Hess. Registraturplan von 1908). Der I. Teil des Bestands umfasst nach dem Abschluss dieser Arbeit 2710 Verzeichnungseinheiten, die in 301 Archivkartons aufbewahrt werden. Sie sind in Augias eingegeben und befinden sich durchweg in gutem Zustand, Benutzungsbeschränkungen bestehen nicht.
Teil II, der die Akten und Amtsbücher ab 1945 umfasst, ist gesondert verzeichnet unter der auch mit Blick auf den abweichenden Aktenplan der Nachkriegsjahre (bis ca. 1970) neu eingerichteten Abt. 230-N. Bei der Verzeichnung wurde eine Nachkassation im Umfang von ca. 30% des Bestandes notwendig, da bei der Übernahme eine eingehende Bewertung noch nicht vorgenommen werden konnte.
Nach der Verzeichnung lagern die Unterlagen im Keller des Dienstgebäudes Adenauerring u. in dem der Ernst-Ludwig-Grundschule bzw. jetzt im Zwischenarchiv in Pfeddersheim.
Besonders erwähnenswert sind: das Amtsbuch des Gerichtes Eich mit Eingaben, Verordnungen, Urkundenabschriften u. Formularen (s. Nr. 2190), Gerichtsprotokolle von 1610 bis 1799 (Nr. 1313, Nr. 0006 -0015 usw.), Kaufbuch der Gem. Eich, 1622 (s. Nr. 2202), Schatzungsbelagregister der Gem. Eich, 1721-1730 (Nr. 401, Nr. 0028 u. Nr. 1558, enth. Einwohnerregister u. deren Vermögen). Inhaltliche Schwerpunkte bilden Akten des Finanz- und Rechnungswesens, v.a. Erhebung von eingeführten Steuern: Bede, Schatzung, Atzgeld (Herbergsrecht), Schlossbaugeld, Kopf- u. Türkensteuer, Rheindeichgeld, usw.
Ergänzende Archivabteilungen im Stadtarchiv
-Abt. 5 Stadtverwaltung Worms
-Abt. 51 Gemeindearchiv Rheindürkheim
-Abt. 52 Gemeindearchiv Ibersheim
-Abt. 204 Wormser Dokumentation/Sammlung
-Abt. 231 Gemeindearchiv Hamm
-Abt. 232 Gemeindearchiv Alsheim
-Abt. 234 Gemeindearchiv Mettenheim
Literatur:
-Brilmayer, Karl Johann Rheinhessen in Vergangenheit u. Gegenwart ..., Gießen, 1905
-Reuter-Matejka, Lucia M. A. "1200 Jahre Eich", Worms, 1981
-Reich, Günter "Dokumentation über die Eicher Ortsstraßen mit ihren Grundstücken, Gebäuden und Eigentümern 1700 bis 1950", Eich, 2000
-Reich, Günter "Eich und seine Landwirtschaft im Wandel der Zeit vom 18. bis 20. Jahrhundert", Eich, 2000
-Reich. Günter "Eicher Familienbuch. Eine Dokumentation über 250 Jahre", Eich, 2010
-Reich, Günter "Dokumentation zur Geschichte des ehemaligen Reichsarbeitsdienstlagers [Nationalsozialismus] Eich als Gefangenenlager 1939-1945" , Eich, 1998 (in Abt. 204 Nr. 52/02)
-Reich, Günter "Chronik der Eicher Juden", Eich, 1998 (in Abt. 204 Nr. 52/02)
Vgl. Überblick zur Wormser Archivpflege für die umliegenden Gemeinden: Gerold Bönnen, Kommunale Archivpflege im Wormser Umland: Ein Erfahrungsbericht des Stadtarchivs (1996-2013), in: Unsere Archive. Mitteilungen aus den rheinland-pfälzischen und saarländischen Archiven 58, 2013, S. 32-40
21. Mai 2014
Magdalena Kiefel

Zitierhinweis: Abt. 230

Erschließungszustand, Umfang: masch. Findbuch (Findbuch 1983, 135 S., mit Indices), konvertiert Augias 4/2011 - neue Zugänge (seit 2002) verzeichnet 7/2013 bis 5/2014; nachverpackt u. neu aufgestellt 07/2019 (Ki)
130 VE lagern Zwischenarchiv Pfeddersheim

Reference number of holding
Stadtarchiv Worms, 230

Context
Stadtarchiv Worms (Archivtektonik) >> Verbandsgemeinde Eich

Date of creation of holding
1600 - 1965

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Last update
15.12.2023, 2:57 PM CET

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  • Bestand

Time of origin

  • 1600 - 1965

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