Artikel

Die Zinsbesteuerung in der Europäischen Union

In dem Maße, in dem die Integration des Europäischen Kapitalmarktes voranschreitet, gewinnt die Harmonisierung der Besteuerung der Zinseinkommen an Bedeutung. Die effiziente Allokation von Kapital darf nicht durch zwischenstaatliche Steuergefälle belastet werden. Nach einer mehr als vierzigjährigen Diskussion zeichnet sich nunmehr ein Ansatz ab, bei dem das Wohnsitzland-Prinzip durch ein System des Informationsaustausches und Quellensteuern verwirklicht wird. Das Informationsmodell soll im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen die Deklaration der im Ausland erzielten Zinseinkommen sicherstellen. Jene EU-Staaten, in denen das Bankgeheimnis einen hohen Stellenwert besitzt, sollen für einen Übergangszeitraum bis Ende 2011 Quellensteuern auf die dort erzielten Zinseinnahmen erheben können. Deren Sätze müssen in dieser Zeitspanne von 15% auf 35% angehoben werden, um auch in diesen Staaten den Übergang auf den Informationsaustausch zu stimulieren. Ein besonderes steuerpolitisches Problem sind in diesem Zusammenhang die Schweiz sowie andere Drittstaaten, die ihren Status als Steueroase aufgeben und in diesen Ansatz übernehmen sollen. Der deutsche Steuergesetzgeber könnte mit dem Satz für einen Zinsabschlag von 25%, der ab 2005 auf die in Deutschland erzielten Zinseinkommen von Steuerinländern erhoben werden soll, einen Ansatz wählen, der mit der europäischen Lösung vereinbar wäre, sofern er in Umsetzung des europäischen Ansatzes auch die Weitergabe von Informationen über die in Deutschland erzielten Zinseinkünfte von Steuerausländern ermöglicht. Sowohl die Eckwerte der EU-Richtlinie zur Zinsbesteuerung als auch der deutsche Ansatz sind unvollkommen, da erhebliche Lücken in der Erfassung der sachlichen und persönlichen Steuerpflicht bleiben. Das für die EU gewählte Modell ist insofern eine pragmatische Konzession, als es die Eingriffsintensität in das nationale Steuerrecht relativ gering hält. Es wird noch weiterer steuerpolitischer Anstrengungen bedürfen, um die verbliebenen Defizite der Zinsbesteuerung zu beseitigen und auch eine ökonomisch sinnvolle Abstimmung der Belastung der Zinseinkommen mit der ebenfalls notwendigen Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung herbeizuführen. (JEL F36, H21, G15)

Language
Deutsch

Bibliographic citation
Journal: Kredit und Kapital ; ISSN: 1865-5734 ; Volume: 36 ; Year: 2003 ; Issue: 3 ; Pages: 309-367

Classification
Wirtschaft
Financial Aspects of Economic Integration
Taxation and Subsidies: Efficiency; Optimal Taxation
International Financial Markets

Event
Geistige Schöpfung
(who)
Rehm, Hannes
Event
Veröffentlichung
(who)
Duncker & Humblot
(where)
Berlin
(when)
2003

DOI
doi:10.3790/ccm.36.3.309
Last update
10.03.2025, 11:44 AM CET

Data provider

This object is provided by:
ZBW - Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. If you have any questions about the object, please contact the data provider.

Object type

  • Artikel

Associated

  • Rehm, Hannes
  • Duncker & Humblot

Time of origin

  • 2003

Other Objects (12)