Bildwerk

Grafik "Hekuba"

Es handelt sich um eine Illustration zur antiken griechischen und römischen Mythologie, konkret im Kontext der fiktiven antiken Dichtungen rund um den trojanischen Krieg. Das Bild zeigt die greise Hekabe (altgriechisch Ἑκάβη), auch Hekuba (lateinisch Hecuba) oder Cisseis genannt, die fiktive sechste und letzte Königin von Troja und Gattin von König Priamos, in Trauer und auf Rache sinnend wegen zwei ihrer ermordeten Kinder: Polydorus und Polyxena. In der antiken Dichtung ist Hekabe die Verkörperung tiefsten Frauenunglücks und -elends im Krieg. Durch den zehnjährigen trojanischen Krieg, der ausgelöst wurde, indem ihr Sohn Paris die schöne Helena, die Schwägerin des griechischen Herrschers Agamemnon, nach Troja entführte, stürzte Hekabe von höchstem Mutterglück und -stolz einer Königin in tiefste Not: nicht nur ihr Mann und sämtliche ihrer 18 Kinder sterben im Verlaufe des Krieges, sondern sie selbst endet als Sklavin in Abhängigkeit und Verzweiflung. Hekabe sitzt im Schneidersitz mit traurig-leerem Blick in der Mitte des Bildes am Meeresufer, bekleidet mit einem langen Gewand und einem Schleier über der Krone. Sie stützt ihr Gesicht auf eine Hand, während sie mit der anderen den Leichnam ihres Sohnes Polydorus hält, dessen Kopf auf ihrem Schoß liegt. Innerhalb des antiken Mythos gibt es verschiedene Überlieferungen, wie Polydorus, das jüngsten Kind von Hekabe, ums Leben kam. Die geläufigste ist folgende: Hekabes Mann, König Priamos, schickte Polydorus, zu dessen Sicherheit und mit großen Reichtümern ausgestattet, vor dem Fall Trojas zu seiner ältesten Schwester Iliona. Diese war mit dem thrakischen König Polymestor verheiratet. Nach dem Fall Trojas soll König Polymestor aus Habgier auf besagte Reichtümer, seinen Schwager, den trojanischen Prinzen Polydoros getötet und seine Leiche ins Meer geworfen haben. Polydoros Leichnam wurde dann genau dort ans Ufer geschwemmt, wo seine Mutter Hekabe, die zu diesem Zeitpunkt bereits versklavt war, gerade Wasser für das Begräbnis seiner Schwester Polyxena holte. In der linken unteren Ecke des Bildes sieht man das Ufer des Meeres, das Polydoros angeschwemmt hat: der Hellespont unweit von Troja, eine Meerenge im Mittelmeer in der heutigen Türkei. Hekabe rächt sich später für den Tod ihres Sohnes Polydoros, indem sie König Polymestor die Augen auskratzt/ihn blendet und seine Kinder tötet. Auch über den Tod von Hekabes Tochter Polyxena gibt es unterschiedliche Versionen in den verschiedenen Dichtungen: In einer Variante fiel sie den Griechen in die Hände und wurde von diesen für den im trojanischen Krieg gefallenen griechischen Helden Achilleus, der in sie verliebt gewesen war und zu dem sie sich ebenfalls hingezogen fühlte, an dessen Grab geopfert. Achilleus war seinem Sohn Neoptolemos im Traum erschienen und hatte in diesem von den Griechen verlangt, ihm „das schönste und Beste aus der Beute zu opfern“, woraufhin sich die Griechen für Polyxena entschieden. In einer anderen Variante erdolchte sich Polyxena selbst, nachdem sie erklärt hatte, lieber sterben zu wollen, als den Griechen in die Hände zu fallen. Auf dem Bild sieht man sie rechts neben ihrer Mutter liegen, nackt und nur von einem Tuch bedeckt, neben ihr ein Lorbeerkranz und ein Dolch: Dinge die auf die rituelle Opferung oder die Selbsttötung vor der rituellen Opferung hinweisen. Im Hintergrund ist zudem ein griechischer Tumlus (Grabhügel) mit dem Grab des „Axdleus“ zu sehen, mit einem Leuchtfeuer davor. Ob es sich nur um den Grabhügel handelt an dem Hekabe ihre Tochter Polyxena beisetzen wollte oder sich dort auch das Grab des Achilleus befinden soll, an dem Polyxena gestorben ist, lässt das Bild offen. In den Dichtungen heißt es zu Begräbnis von Achilleus lediglich, dass er in einem großen vom Meer aus sichtbaren Hügelgrab in der Nähe seines besten Freundes und Geliebten Patroklos beigesetzt wurde. Die Schiffe im Hintergrund deuten zumindest an, dass hinter dem Grabhügel der Hafen der griechischen Flotte zu liegen scheint und das Grab vom Meer aus entsprechend gut sichtbar ist. Möglicherweise handelt es sich bei „Axdleus“ um eine Falschschreibung des altgriechischen Wortes „Ἀχιλλεύς“ was übersetzt „Achilleus“ heißt; möglicherweise war die Absicht der Künstler eigentlich „Axilleus“ zu schreiben. Aus der Mythologie ist zumindest kein „Axdleus“ bekannt. Die Schreibweise des Wortes auf dem Grab deutet zumindest an griechische Buchstaben zu imitieren. Beschriftung: Auf dem Grab oben in der Bildmitte: „Axdleus“. Direkt unter dem Bild links: „Carl Russ pinx. [lat. „pinxit“ = „hat es gemalt“]“. Direkt unter dem Bild mittig: „K.K. Gallerie im Belvedere“. Direkt unter dem Bild rechts: „I.L. Raab sc. [lat. „Sculpsit“ = „hat es gestochen“]“. Unter dem Bild mittig: „Hekuba“. Unter dem Bild ganz unten mittig: „Verlag der Kunst-Anstalt des Oestr Lloyd in Triest“.

Material/Technik
Papier; Stahlstich
Maße
21 x 26,5 cm (HxB)
Standort
Museum für Sepulkralkultur, Kassel
Inventarnummer
GS 1979/66
Sammlung
Grafische Sammlung

Bezug (was)
Krieg
Mythologie
Todesursache

Ereignis
Herstellung
(wer)
(wann)
1865 (?)
(Beschreibung)
Druckplatte hergestellt

Ereignis
Herstellung
(wer)
Karl Ruß
(wo)
Wien
(wann)
1807 (?)
(Beschreibung)
Gezeichnet

Die Grafik basiert auf einem um 1807 entstandenen Gemälde von Karl Russ mit dem Titel „Hecuba an der thrakischen Küste sitzend“.

Rechteinformation
Museum für Sepulkralkultur
Letzte Aktualisierung
08.03.2024, 09:34 MEZ

Objekttyp


  • Bildwerk

Beteiligte


Entstanden


  • 1865 (?)
  • 1807 (?)

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