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Ruggiero und Angelica

Das Werk gehört zu den zahlreichen Literaturadaptionen Böcklins, für den Bücher wie Musik ein Lebenselixier und eine Quelle imaginärer Bilder waren. So mußte in den 1880er Jahren einmal der junge Maler Otto Lasius »auf Weihnachten für ihn einen ganzen Stoß alter Klassiker einkaufen« (Aus den Tagebüchern von Otto Lasius, Berlin 1903, S. 34). Das umfängliche Poem »Orlando Furioso« (Der rasende Roland) von Ludovico Ariosto, die erste Ausgabe 1516, scheint Böcklin besonders geliebt zu haben. Böcklin malte nach diesem Gedicht allein sechs Bilder. Dieses ist das früheste. Das letzte der Bilder, »Orlando Furioso« (Museum der bildenden Künste, Leipzig), war bei Böcklins Tod noch unvollendet. Jacob Burckhardt, der Jugendfreund, schrieb in seiner »Kultur der Renaissance in Italien«: »Das Kunstziel des Ariosto ist das glanzvoll lebendige ›Geschehen‹, welches sich gleichmäßig durch das ganze große Gedicht verbreitet.« Solcherart »Geschehen«, phantastische Vorkommnisse, ohne genauere Auslotung der Figuren, regten Böcklins Phantasie offensichtlich an. Keineswegs aber entstanden Illustrationen; Böcklin setzte Bilder der Literatur in freie malerische Bilder um. Die dramatisch-erotische Szene der Befreiung Angelicas aus den Klauen eines Drachen malte Böcklin um 1880 sogar ein zweites Mal (Museum Kunstpalast, Düsseldorf, 1946 gestohlen). »Gefesselt stand sie seit dem Morgen hier, / Verschluckt zu werden, ach, mit Haut und Haaren / Von jener Orca, jenem Riesentier, / Dess graus’ge Nahrung junge Weiber waren« (Bd.1, X. Gesang, Strophe 94). Beide Umsetzungen dieser Szene zeigen einen ironischen Zug: Hier ist Angelica zwar an den Baum gebunden und um beide schlingt sich der Drache. Aber sie scheint nicht geängstigt, kokett wendet sie ihren Kopf dem mutig heransprengenden, kostbar geharnischten Ritter mit dem roten Übergewande zu. Der prächtige, ganz friedlich wirkende, grün-blaue Drache ahnt bestenfalls die nahende Gefahr. Er schielt zu dem Ritter hin, noch aber befindet er sich mit seiner leicht bekleideten Gefangenen in ruhiger Gemeinschaft. Böcklin hat diese poetisch, geradezu märchenhaft aufgefaßte Szene in fein abgestufter, kostbar wirkender Malerei auf eine kleine Holztafel gebracht. | Angelika Wesenberg

Vorderseite | Fotograf*in: Andres Kilger

Public Domain Mark 1.0

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Material/Technik
Tempera auf Holz
Maße
Rahmenmaß: 65,5 x 56,5 x 5,5 cm
Höhe x Breite: 46 x 37 cm
Standort
Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
Inventarnummer
A I 753

Ereignis
Erwerb
(Beschreibung)
1902 Vorlaß der Mary Levi (spätere Balling), München und Partenkirchen, aus der Sammlung ihres verstorbenen Ehemanns Conrad Fiedler; 1919 endgültige Übergabe nach dem Tod der Stifterin
Ereignis
Herstellung
(wer)
(wann)
1873

Letzte Aktualisierung
08.08.2023, 11:02 MESZ

Objekttyp


  • Bild

Beteiligte


Entstanden


  • 1873

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