Bestand

Schwurgericht Schwäbisch Hall (Bestand)

1. Behördengeschichte (von Tessa Neumann; siehe Bestand E 322): Durch Verfügung vom 12. Okt. 1849 (RegBl S. 670-671) wurden in Württemberg im Bezirk jedes Kreisgerichtshofs zwei, insgesamt also acht Schwurgerichtshöfe in Esslingen, Ludwigsburg, Tübingen, Rottweil, Ellwangen, Schwäbisch Hall, Ulm und Biberach errichtet.Grundlage hierfür, für die Organisation und für die Tätigkeit der Schwurgerichte bildete das Gesetz über das Verfahren in Strafsachen, welche vor die Schwurgerichtshöfe gehören, vom 14. Aug. 1849 (RegBl S. 399 ff.). Die Schwurgerichte hatten zu urteilen über 1) die in Art. 140-155, 167, 169, 175-179 und 195 des Strafgesetzbuches enthaltenen politischen Verbrechen und die im Reichsgesetz vom 10. Okt. 1848 (RGesBl Nr. 3) verpönten Handlungen, 2) die von Amts wegen zu verfolgenden Pressevergehen, 3) insgesamt 33 im Gesetz vom 14. Aug. 1849 aufgeführte "gemeine Verbrechen" und 4) "diejenigen Dienstverbrechen der in Art. 399 Ziff. 1-4, 6 des Strafgesetzbuches genannten Perso-nen, auf welchen nach den Umständen des einzelnen Falles Arbeitshausstrafe steht" (S. 399-401). Den Schwurgerichtshof bildeten drei Richter, einschließlich des Präsidenten, der Staatsanwalt des Kreisgerichts oder dessen Stellvertreter und ein Gerichtsschreiber. Die Richter hatten unter Zuziehung von zwölf Geschworenen zu urteilen. Die Sitzungen hatten alle drei Monate stattzufinden (S. 408). Die Voruntersuchung führte das zuständige Bezirksgericht, das in den von Amts wegen zu verfolgenden Pressevergehen die Klage des Staatsanwalts des Kreisgerichts abzuwarten hatte. Dieser übersandte die Akten und, falls die Voruntersuchungen dies rechtfertigten, den Antrag auf Verweisung an das Schwurgericht an den zuständigen Referenten beim Kriminalsenat des Kreisgerichtshofs. Der Kreisgerichtshof verwies die Sache entweder an das zuständige Gericht oder er zog sie an sich oder er verwies sie an den Schwurgerichtshof; letzteres war mit der Haftverfügung verbunden (S. 402-404). Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmungen bilden im konkreten Fall Abt (s.u.) die Unterlagen von der Voruntersuchung durch das Stadtgericht Stuttgart bis zum Prozeß vor dem Schwurgericht und den Nachakten eine Prozeßakte. - Kassationshof in Schwurgerichtssachen war der Kriminalsenat des Obertribunals (S. 445). Durch Verfügung vom 26. Dez. 1868 (RegBl 1869 S. 3 ff.) über die Einführung des Gesetzes über die Gerichtsverfassung vom 13. März 1868 (RegBl. S. 61 ff.) wurde der bisherige Kreisgerichtshof Esslingen zum Kreisgerichtshof Stuttgart (mit einer Zivil, einer Rats- und Anklage- und einer Strafkammer sowie einem Ehegericht); Esslingen erhielt dafür eines der drei Kreisstrafgerichte des Landes. Es blieb auch Sitz des Schwurgerichts (Bekanntmachung vom 13. Juli 1868 RegBl S. 410 ff.). Mit der Übernahme des Reichs-Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Jan. 1877 (RGesBl S. 41 ff.) durch Württemberg im Ausführungsgesetz vom 24. Jan. 1879 (RegBl S. 3 ff.) endete die Tätigkeit der bisherigen Kreisgerichtshöfe und der württembergischen Schwurgerichte. Sie wurden ersetzt durch Landgerichte mit Zivil- und Strafkammern, die wiederum mit einem Teil ihrer Richter als Schwurgerichte zusammentraten (RGesBl S. 57 ff.).

2. Zur Bestandsgeschichte und zur Retrokonversion: Der Bestand E 345 enthält lediglich drei Verfahren, die im Jahr 1948 von Alfons Bogenrieder verzeichnet wurden. Über den Verbleib weiterer Akten des Schwurgerichts Schwäbisch Hall war nichts zu ermitteln. Der Bestand im Umfang von 6 Büscheln (= 0,4 lfd. m) wurde im Jahr 2004 unter Anleitung von Frau Dr. Maria Magdalena Rückert von einem Praktikanten retrokonvertiert, also in ein datenbankgestütztes und damit onlinefähiges Format umgewandelt. Bei dieser sogenannten Retrokonversion wurden die Struktur der Vorlage und die sprachliche Fassung der Texte grundsätzlich beibehalten (Motto: "Abschrift statt Neubearbeitung"). Dies kann zu einer gewissen Diskrepanz zwischen dem modernen äußeren Erscheinungsbild und der heute teilweise überholt wirkenden Gestaltung und Formulierung der Titelaufnahmen führen. Ludwigsburg, November 2005 Dr. Röschner

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, E 345
Umfang
6 Büschel (0,4 lfd. m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Ober- und Mittelbehörden 1806-um 1945 >> Geschäftsbereich Justizministerium >> Gerichte im Jagstkreis

Bestandslaufzeit
1852-1882

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Letzte Aktualisierung
18.04.2024, 10:40 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1852-1882

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