Handschriften

27049 Nachlass Joachim Teichmüller (Bestand)

Inhalt: Vorwort Klaus-Peter Hoepkes im provisorischen Findbuch (1992):
"Den vergleichsweise größten Teil des Nachlasses machen die über 560 tagebuchähnlichen Oktavheftchen aus, die sog. Reisenotizen und Kriegstagebücher aus der Zeit 1914-1918. Die im Jahre 1911 einsetzende Folge endet 1935. [...] In den Notizen nehmen zum einen Eintragungen über den engsten Familienkreis und über die in Teichmüllers Vaterstadt Bernburg lebende Verwandtschaft einen nennenswerten Raum ein. Religiöse und kirchliche Angelegenheiten sind ein durchgehendes Thema, das den praktizierenden Christen zum anderen stark beschäftigte - Teichmüller gehörte der Freien evangelisch-lutherischen Kirche Badens an. Abgesehen von den Kriegstagebüchern enthalten die Hefte nur selten politische Äußerungen; direkt parteipolitische Stellungnahmen fehlen nahezu völlig, obschon Teichmüller bis 1918 den Deutschkonservativen mindestens nahestand und nach 1918 zeitweilig der Deutschnationalen Volkspartei angehörte.
Besonderes Interesse verdienen die Eintragungen zu seiner beruflichen Tätigkeit als akademischer Lehrer und Forscher. Vor 1918 erübrigte Teichmüller diesem Bereich eher beiläufige Erwähnungen. Aus ihnen dringt vor allem der Nachhall durch, den die früheren Streitigkeiten mit seinem Institutsdirektor Prof. Dr. Engelbert Arnold und die dabei erfahrenen Kränkungen erzeugten. Daneben bilden die Kriegstagebücher wertvolle Anhaltspunkte, wie sehr der Hochschulbetrieb während der Kriegsjahre darniederlag.
Erst mit der Errichtung eines Lehrstuhls für Lichttechnik zum WS 1919/20 und Teichmüllers Ernennung zu seinem Inhaber gewann er den ersehnten weitergesteckten Handlungsspielraum. Er verfolgte das ehrgeizige Ziel, an der TH Karlsruhe ein gut eingerichtetes Lichttechnisches Institut aufzubauen. Die meisten seiner seitherigen Reisen dienten mehr oder minder unmittelbar diesem Zweck, nämlich einschlägige Firmen für den finanziellen Rückhalt zu gewinnen, den der verarmte badische Staat schlechterdings nicht gewähren konnte. Für die spannungsreiche Frühgeschichte des Lichttechnischen Instituts stellen die Reisenotizen daher eine unerlässliche Quelle dar. Ebenfalls enthalten sie zahlreiche Auskünfte über den Gang der Lichttechnik in der Architektur, im Ausstellungs- und im Theaterwesen. Ferner spiegeln sie Teichmüllers Geschäftigkeit in Fachverbänden wie vor allem der Deutschen Gesellschaft für Beleuchtungstechnik und der Lichttechnischen Gesellschaft, in geringerem Umfang auch in der Helmholtz-Gesellschaft oder im VDE wider.
In diese fachgeschichtlich dichten Überlieferungen fließen immer wieder Hinweise auf hochschulinterne Vorgänge ein. Diesbezügliche Nachrichten häufen sich, als Teichmüller im Dezember 1925 dazu übergeht, seinen Reisenotizen einen Vorspann beizugeben, der Vorangegangenes aus seiner Karlsruher Umgebung festhält - so u.a. auch aus dem Lichttechnischen Institut, aus der Abteilung (= Fakultät) für Elektrotechnik oder der Hochschule insgesamt. Diesen Zusatzinformationen ist beispielsweise der bislang vermißte Aufschluß über die spektakuläre Rektorwahl zu verdanken, die der badische Kultusminister im April 1933 zwecks "Gleichschaltung" anordnete (sh. Nr. [Signaturnr.] 526, S. 11 ff.).
Verglichen mit dem Umfang der Notizhefte ist die Korrespondenz Teichmüllers auffallend spärlich überliefert. Die "Allgemeine Korrespondenz, 1895-1938" füllt nur ein schmales Bündel (Nr. 586). Einige weitere Briefe hatte Teichmüller in einem Ordner mit der Aufschrift "Personalia. Lebensgeschichte II" abgelegt. Sie wurden darin belassen; das Archiv ergänzte sie aber um einige Einzelstücke aus der Zeit nach Teichmüllers Tod (sh. Nr. 1). Ebenso wurden darin einzelne Schriftstücke zur Geschichte des Lichttechnischen Instituts belassen. Ungleich dichter ist die Institutsgeschichte natürlich im Betreff "Presseberichte über das Lichttechnische Institut der TH Karlsruhe, 1919-1937" dokumentiert (Nr. 606).
Lediglich die Specialia um das Zerwürfnis Teichmüllers mit seinem langjährigen Protegé Rudolf Weigel und mit den lichttechnischen Fachverbänden enthalten ausgiebigere Korrespondenz-Belege. Aus ihnen ergibt sich übrigens (was auch schon aus anderen Quellen ersichtlich war), daß Teichmüllers Emeritierung im Frühjahr 1934 keineswegs politische Grunde hatte, wie manche Zeitgenossen vermuteten oder unterstellten. Daß sich Teichmüllers Kontrahent Weigel aufgrund seiner nationalsozialistischen Würden in einer kaum anfechtbaren Position befand, steht auf einem anderen Blatt. Jedenfalls endete Teichmüllers akademische Laufbahn mit einem Mißklang, wie sie mit einem anhaltenden Mißklang begonnen hatte - wo nicht die Zeitumstände ihr hinderlich geworden waren (sh. die Eintragungen in Nr. 514-515, S. 62 ff.).
Die Sonderdrucke und Monographien Teichmüllers, soweit sie der Nachlaß enthielt, weisen häufig Bearbeitungsvermerke von seiner Hand auf. Auch wird auf einzelne Abhandlungen häufig in den Reisenotizen Bezug genommen. Aus diesen Gründen wurde der Publikationsbestand nicht an die Universitätsbibliothek abgegeben, sondern er erscheint im Nachlaßverzeichnis (Nr. 595-603)."

Entstehungsgeschichte: Prof. Dr. phil. Joachim Julius Friedrich Heinrich Teichmüller (*04.03.1866 in Bernburg/Anhalt, +26.06.1938 in Marburg) studierte von 1884 bis 1890 an den Technischen Hochschulen Hannover, Berlin-Charlottenburg und Darmstadt (1886-1887 elektrotechnische Werkstattpraxis in der Firma Gebrüder Naglo in Berlin). 1890 trat er in die Firma Naglo ein. 1893 wechselte er zur Firma Felten & Guillaume in Mühlheim a.d. Ruhr auf die Leitung des Elektrotechnischen Laboratoriums. Im März 1895 wurde er 1. Assistent am Elektrotechnischen Institut der Technischen Hochschule Karlsruhe. 1897 wurde er an der Universität Freiburg zum Dr. phil. promoviert. 1898 habilitierte er sich an der Technischen Hochschule Karlsruhe im Fach Elektrotechnik und erhielt hier 1899 den Rang eines außerordentlichen Professors. 1900 wurde er zum etatmäßigen außerordentlichen Professor ernannt, 1919 zum ordentlichen Professor der Elektrotechnik und Lichttechnik sowie zum Direktor des von ihm begründeten Lichttechnischen Instituts. Am 01.04.1934 wurde Teichmüller emeritiert.

Erschließungsinformation: Vorwort Klaus-Peter Hoepkes im provisorischen Findbuch (1992):
"Die Datierungen und Ortsangaben, die Teichmüller auf den Heftetiketten vermerkte, decken sich nicht mit den Angaben im nachstehenden Verzeichnis. Letzteres weist die im jeweiligen Heft tatsachlich angeführten Tage und Aufenthaltsorte aus."
Die von Hoepke übernommenen Erschließungsdaten wurden im Oktober 2014 durch Klaus Nippert leicht überarbeitet und dabei fehlende Angaben zu Datierungen und Laufzeiten ergänzt. Auch die von Nippert eingeführte Klassifikation wurde verändert.

Klassifikationsübersicht: 1 Persönliche Unterlagen
2 Kalender
3 Tagebücher
4 Publikationen, akademische Lehre, Vorträge und sonstige Aufzeichnungen
5 Emeritierung und Streitigkeiten im Zusammenhang damit
6 Sammlungsgut, vor allem zu Elektrotechnik und Lichttechnik

Bestandssignatur
27049
Umfang
0,9 m

Kontext
KIT-Archiv (Archivtektonik) >> 2 Karlsruher Institut für Technologie und Vorläufer >> 27 Nachlässe und Sammlungen zu Personen
Verwandte Bestände und Literatur
Verweis auf ähnliches Material: KIT-Archiv:
23018 Lichttechnisches Institut
28002 Biografische Sammlung, 471

Indexbegriff Sache
Institut für Chemische Technik
Gainstitut
Lichttechnisches Institut
I. Weltkrieg
Tagebücher
Lichttechnische Gesellschaft
Südwestdeutsche Lichttechnische Gesellschaft
Deutsche Beleuchtungstechnische Gesellschaft
Vorlesungen Lichttechnik
Moorkultur
Kraftwerk Wiesmoor
Vorträge
Elektrotechnisches Kolloquium
Schauspiel Vom Kienspan zur Glühlampe von C.F. Otto Müller jr.
Indexbegriff Person
Weigel, Rudolf
Mie, Gustav
Teichmüller, Ilse
Müller, Otto C.F. junior
Indexbegriff Ort
Wiesmoor

Provenienz
Joachim Teichmüller
Bestandslaufzeit
1866-1982

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Letzte Aktualisierung
06.03.2025, 18:21 MEZ

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Objekttyp

  • Handschriften

Beteiligte

  • Joachim Teichmüller

Entstanden

  • 1866-1982

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