Bestand

Generalkonsulat Zentralamerika und Neu-Granada (Bestand)

Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.

Behördengeschichte

Konsularbehörden sind diplomatischen Vertretungen nachgeordnete Einrichtungen; ihre gesetzliche Grundlage bildet das Konsularrecht. Nach der Wichtigkeit der Orte wird unterschieden zwischen Generalkonsulaten, Konsulaten und Vizekonsulaten, die jeweils für einen bestimmten Bezirk tätig sind. (General-)Konsuln wurden nicht immer besoldet.
Zu den spezifischen Aufgaben eines Konsulats gehören die Wahrung und Förderung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessen des Entsendestaates in Bezug auf Handel, Verkehr und Schifffahrt sowie der Schutz der eigenen Staatsangehörigen in Form von Unterstützungen und der Ausübung polizeilicher Befugnisse. Dazu kommen ver-schiedene Einzelaufgaben wie Kontrolle der Schifffahrt, Überprüfung der Seetüchtig-keit und der Ladung sowie die Schlichtung von Streitigkeiten auf Schiffen. Den Kon-suln im Dienste Preußens oblag die Führung des Verzeichnisses der in ihrem Ein-flussbereich wohnenden Angehörigen ihres Staates (Konsularmatrikel).
Konsuln bedürfen bei Amtsantritt keines Kreditivs (Beglaubigungsschreiben), sondern nehmen ihre Tätigkeit auf, sobald das Exequatur (Anerkennung) von der Regierung des Empfangsstaats vorliegt.
Die Einrichtung einer preußischen Mission steht in engem Zusammenhang mit der verkehrsmäßigen Erschließung der mittelamerikanischen Gebiete durch die Panama-Bahn. Die wichtigsten Aufgaben des Generalkonsuls waren die Anknüpfung und der Ausbau von Handelsbeziehungen sowie die Beobachtung der politischen Entwicklun-gen in Zentralamerika.
Am 1. Juli 1823 proklamierte die Republik der Vereinigten Provinzen Zentralamerikas ihre Unabhängigkeit. Aufgrund innerer Machtkämpfe sagten sich die Einzelstaaten nach und nach von der Konföderation los, so dass sie zwischen 1838 und 1841 wie-der auseinanderbrach. Zuerst schieden 1838 Nicaragua (30. April 1838), Honduras (26. Oktober 1838) und Costa Rica (14. November 1838) aus, danach 1839 Guate-mala und schließlich El Salvador.
1827/28 war Carl Rudolf Friedrich Klee (1803 in Ahlden/Aller - 1853) nach Guatemala ausgewandert, wo er rasch zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten des Landes wurde. Er war Eigentümer des größten Exportunternehmens und wurde 1841 zum Konsul der Hansestädte sowie 1845 zum ersten preußischen Generalkonsul für Zentralamerika ernannt<1>. Klee hatte auch das Exequatur der Republiken Guate-mala, El Salvador, Nicaragua, Honduras und Costa Rica, war aber unbesoldet.
Mit der Ernennung von Franz Hugo Hesse (1804 in Marburg - 1861 in Lissabon) als preußischem Generalkonsul mit dem diplomatischen Status eines Geschäftsträgers für die fünf Freistaaten und Neu-Granada wurde Klee zum Konsul in Guatemala her-abgestuft.<2>
Hesse, der von Preußen besoldet wurde, erhielt seine Instruktionen am 8. April 1851. Der ehemalige Abgeordnete (fraktionslos) der II. Kammer des Landtages und Ge-heimer Regierungsrat im Finanzministerium hatte unter der Leitung von Graf Her-mann zur Lippe gemeinsam mit Baron Alexander von Bülow wenige Jahre zuvor den "Berliner Verein zur Centralisation Deutscher Auswanderung und Kolonisation"<3> gegründet.
Offiziell nahm Hesse seinen Dienst am 19. März 1853 auf. Zu seinem Ressort gehör-ten die preußischen (Vize-)Konsulate in Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Hondu-ras, Nicaragua und Panama sowie in der Republik Neu-Granada. Hesse war beauf-tragt, Konsuln in den zentralamerikanischen Ländern zu ernennen. Aber er musste rasch erkennen, dass kaum geeignete Männer zu finden waren.<4>
1853 stellte er als Konsularagenten Ludwig Kronmeier (auch: Kronmeyer, Luis Cromeyer)<5> für El Salvador ein, der allerdings vom Minister für auswärtige Ange-legenheiten nie offiziell anerkannt wurde.<6> 1854 ernannte Hesse den Arzt Dr. Ernst Karl Bernhard (auch: Bernhardt) aus Breslau zum Konsularagenten für Nicara-gua und Salvador. Bernhard ging allerdings aus politischen Gründen zwei Jahre spä-ter nach San Miguel de St. Salvador, wo er offiziell den Titel des preußischen Vize-konsuls erhielt. 1858 wurde er zum Konsul in San Salvador, 1868 zum Konsul des Norddeutschen Bundes und 1870 zum Generalkonsul ernannt.<7>
Bereits 1854 hatte Baron von Bülow als Konsul für Costa Rica Ludwig Otto von Schröter (1799-1868) vorgeschlagen, der sich auch persönlich um die Stelle bewarb. Hesse lehnte aber den gebürtigen Sachsen ab und setzte sich für einen Preußen ein. Ohne Hesses Vorschlag zu berücksichtigen, wurde vom Ministerium jedoch zunächst der aus Bielefeld stammende Karl Johanning, der seit 1854 in Costa Rica lebte, vor-gesehen. Dessen politische Vergangenheit machte ihn aber für die preußische Re-gierung untragbar, so dass schließlich Ende 1857 John (auch: Juan) Knöhr (1830-1898) eingesetzt wurde.<8> Knöhr war wahrscheinlich um 1850 über Mexiko einge-wandert und in Costa Rica bis 1854 für das Handelshaus Lippe tätig gewesen, ehe er sein eigenes Unternehmen aufbaute, das zu einem der bedeutendsten des Landes wurde.<9>
1858 sollte Hesse Ministerresident in Persien werden, was er jedoch ablehnte. Da-raufhin wurde er zum Generalkonsul für Spanien und Portugal ernannt. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Tod am 25. Januar 1861 in Lissabon inne. Das Generalkonsu-lat in Zentralamerika blieb nach Hesses Abberufung ab 1859 vakant.
In Guatemala wurde 1858 George (Jorge) Skinner Klee zum preußischen Konsul ernannt. Klees Sohn hatte sich Ende Oktober 1858 anlässlich eines Geschäftsauf-enthaltes in Berlin um die Position beworben.<10> Mit der Aufnahme Preußens in den Norddeutschen Bund wurde er zehn Jahre später von diesem Posten abberu-fen.<11>


Bestandsgeschichte
Nach Auflösung des Preußischen Generalkonsulats in Zentralamerika und dem Kö-nigreich Neu-Granada wurden in zwei Sendungen 5 bzw. 58 Akten an das Ministeri-um der auswärtigen Angelegenheiten abgegeben.<12> Allerdings wurden nur die Akten aus der ersten Sendung am 22. April 1925 dem Geheimen Staatsarchiv über-reicht.
Die 5 Akten wurden als Teilbestand in die Überlieferung der Gesandtschaften (Resi-denturen) und (General-) Konsulate eingeordnet (vgl. Übersicht über die Bestände des Geheimen Staatsarchivs zu Berlin-Dahlem, I. Hauptabteilung, hg. von Ernst Mül-ler und Ernst Posner, Leipzig 1934, S. 82) und 1943 mit dem Gesamtbestand in die Salzbergwerke Staßfurt und Schönebeck ausgelagert.
Nach Kriegsende beschlagnahmten sowjetische Truppen die Bestände und überführ-ten sie nach Moskau. Nach der Rückgabe aus der UdSSR am 30. Juni 1955 wurde der Bestand im Zentralarchiv, Abt. Merseburg revidiert (November 1955) und neu geheftet. Das Findbuch wurde im Februar 1962 verfilmt.
Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung erfolgte gemäß Einigungsvertrag die Rückführung der Bestände der I. HA Rep. 81 Gesandtschaften (Residenturen) und (General-)Konsulate als Teil der Bestände des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz nach Berlin-Dahlem.
2005 fiel die Entscheidung, den Gesamtbestand I. HA Rep. 81 Gesandtschaften (Residenturen) und (General-) Konsulate nach 1807 provenienzgerecht als Einzelbe-stände der verschiedenen Gesandtschaften etc. aufzustellen, so dass die vorliegen-den Archivalien nun unter der Bestandsbezeichnung GStA PK, I. HA Rep. 81 Gene-ralkonsulat Zentralamerika und Neu-Granada nach 1807 firmieren.
Im Bestand III. HA Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten ist die Gegenüber-lieferung zu diesem kleinen Bestand verwahrt. Zur Erschließung in den JAhren 1977/78 gibt die Archivalie I. HA Re. 178 E, Nr. 567 ebenfalls Auskunft.


< > Vgl. GStA PK, III. HA MdA, II Nr. 637, Gesuch vom 18.10.1844; ebd., I. HA Rep. 178 E, Nr. 567. Balharry, S. 76, 114.
<2> Vgl. Dane, S. 87, zur Instruktion Hesses, ebd. S. 86. Schriftwechsel Hesses mit dem Ministeri-um in GStA PK, III. MdA, I Nr. 7943.
<3> Vgl. Bülow, Alexander von: Zweck und Bedeutung des Berliner Vereins zur Centralisation Deut-scher Auswanderung und Kolonisation, Berlin 1849. III. HA MdA, II Nr. 637 und Nr. 5246.
<4> Vgl. im einzelnen Dane, S. 87, 135. Schoonover, S. 47f., 50.
<5> Vgl. Dane, S. 98, 104.
<6> Vgl. Dane, S. 100.
<7> Vgl. Dane, S. 105, 111, 121f. Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes, Band 1869, Nr. 5, S. 46.
<8> Vgl. GStA PK, III. HA MdA, II Nr. 638. Dane, S. 132, 136. Berth, S. 78.
<9> Vgl. Berth, S. 78f.
<10> Vgl. GStA PK, III. HA MdA, II Nr. 639 und Nr. 640.
<11> Vgl. Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes, Berlin 1868, Nr. 31, S. 516
<12> Vgl. GStA PK, I. HA Rep. 178 E, Nr. 567: Das AA hat beide Sendungen quittiert.
<13> Vgl. Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes, Band 1868, Nr. 31, S. 516: Ernennung zum Konsul des Norddeutschen Bundes. Deutsches Reichsgesetzblatt, Berlin 1872, Nr. 32, Seite 408: Ernennung zum Konsul des Deutschen Reichs.

Generalkonsulat
1845 - 1851 Carl Rudolf Friedrich Klee
1851 - 1858 Franz Hugo Hesse

Konsulat in Guatemala / Guatemala
1852 - 1853 Carl Rudolf Friedrich Klee
1856 - 1858 Friedrich Springmühl (Handelsagent)
1858 - 1868 George Skinner Klee

Konsulat in San Miguel de St. Salvador / El Salvador
1859 - 1868 Dr. Ernst Carl Bernhard

Vizekonsulat in Granada / Nicaragua
1856 - 1865 Dr. Ernst Carl Bernhard

Konsulat in Puntarenas / Panama
?? - 1868 Hermann Lunau <13>

Konsulat in Puntarenas / Costa Rica
1858 - 1866 John (Juan) Heinrich Knöhr
1868 - 1873 Johann Friedrich Lahmann (+ 1898)


Quellen und Literatur
" Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes, Berlin 1868.
" Deutsches Reichsgesetzblatt, Berlin 1872.

" Balharry, Eugenio Herrera: Los alemanes y el estado cafetalero, San José 1988.
" Berth, Christiane: Biografien und Netzwerke im Kaffeehandel zwischen Deutsch-land und Zentralamerika 1920-1959, Hamburg 2014.
" Dane, Hendrik: Die wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu Mexiko und Mittelamerika im 19. Jahrhundert, Köln / Wien 1971.


letzte vergebene Nummer: ____
zu zitieren:
GStA PK, I. HA Rep. 81 Konsulate in Zentralamerika und Neu-Granada nach 1807, Nr. #
zu bestellen:
I. HA, Rep. 81 Zentralamerika nach 1807, Nr. #

Berlin, 26. Oktober 2018
(Dr. Pauline Puppel, AR'in)

Zitierweise: GStA PK, I. HA Rep. 81 Zentralamerika nach 1807

Bestandssignatur
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 81 Zentralamerika I. HA Rep. 81 Zentralamerika nach 1807
Umfang
Umfang: 0,1 lfm (5 VE); Angaben zum Umfang: 0,10 lfm (5 VE)
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Tektonik >> STAATSOBERHAUPT UND OBERSTE STAATSBEHÖRDEN, MINISTERIEN UND ANDERE ZENTRALBEHÖRDEN PREUSSENS AB 1808 >> Auswärtige und Bundes-Angelegenheiten >> Auswärtige Angelegenheiten

Bestandslaufzeit
Laufzeit: 1857 - 1858

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Letzte Aktualisierung
28.03.2023, 08:52 MESZ

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  • Bestand

Entstanden

  • Laufzeit: 1857 - 1858

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