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LHM, schon ist über meinen Entschluß Ihnen sofort wieder...

Transkription: LHM, schon ist über meinem Entschluß Ihnen sofort wieder zu schreiben, eine Woche vergangen. Ihr letzter hat mich sehr gefreut, da sich so sehr mit der Sache auseinander- setzen, dieser doch so sekundären. Der Schillerbrief hat mich amüsiert ob seiner Zeitgemäßheit. (es scheint ja mehreres heute mit der Zeit vor 100 Jahren zu stimmen) - Ihre wol vergessen beizulegende N. Z. Ztg bekam ich einige Tage später von andrer Seite als einzigstes Exemplar aus dem [...]land. - Wenn ich Ihnen so wenig davon erzählte so war vielleicht aus diesem Gefühl des sekundären, das Sie übrigens schon in Amden etwas ins Wanken brachten, indem Sie es wichtiger nahmen als ich selbst es wollte. Aber es war mir recht als Einleitung u Vorbereitung auf Stuttgart und ich habe mich dann auch die Wochen sehr ausschließlich der Sache gewidmet. - Die Fassung der Besprechung, meinen Sie, sei B. wenig vergnüglich. Fast alle Fassungen waren so, jedenfalls war ich immer als Schöpfer u Ideenträger bezeichnet u die B.'s als Ausführende. Dies mag für B. die große Enttäusschung gewesen sein. Heute sucht er die Schuld wieso es kam. Er meint sie im voraus- gegangenen Literarischen zu sehen: Prolog, Zeitungsnotiz, Programmwort, und er suchte mir dies kürzlich von Berlin zurückkehrend plausibel zu machen: dies müsse in Zukunft unterbleiben, es schaffe Vorurteile, schaffe die Meinung, wir wollten etwas (während wir doch nichts wollen), das Publicum müsse unbefangen bleiben oder sein usw. B. will um alles vermeiden daß sie als nur Ausführende erkannt würden, (was sie ja sind) daß man glaubte, es könnten auch andre in die Kostüme gesteckt werden (was man auch tatsächlich kann); es besagt alles daß B. z.B. auf dem Programm haben wollte: Albert Burger u Elsa Hötsel = Unternehmer! Von mir wollte er, daß ich nicht schriebe "Tanzgestaltung" sondern "nach Tanzideen"; früher wollte er sogar "Entwurf der Kostüme u Decorationen". Ich weiß oder vermute stark nunmehr auch daß er bis zur Aufführung dem Theater gegenüber mit falschen Karten spielte, daß er als von seiner Sache sprach, und den Intendanten z.B. auf dessen Frage, ob Herr Schlemmer "die Tänze schon gesehen habe" nicht aufklärte (er sagte mir damals: er (B.) hätte natürlich nichts gesagt!) Heute wundert sich B. daß der Intendant kein Wort zu ihm (seinem Staatsballetmeister der er nun ist) gesagt habe. Ich weiß von einem Weimar Ministerial- rat der den Intendanten sprach, daß er einen starken wuchtigen Eindruck hatte; Sie erkennen wohl Ihren Burger in dem allem! Betreff Weiterführung liegt die Sache nun so. Anfang Dezember wird in Berlin in einem der ersten kleinen Theater (Kammerspiele) eine Morgenaufführung der besten Tänze aus dem Programm sein und dies vor der eingeladenen Presse und sonst eingeladenem gewähltem Publikum. Dies muß auf eigene Kosten gemacht werden. Nur so gehe heute in Berlin der Weg, auf dem sich eine Sache durchsetze. Daran anschließend entscheide sich alles. Abkommen über Aufführungen in Berlin u dem übrigen Deutschland und vor allem auch Ausland. B. selbst denkt an nichts andres mehr als dies. Er wäre bereit mit ein paar der "einschlägigsten" Costüme ins Ausland zu reisen und in Variéte oder wo es sei zu gastieren. Er kennt heute nur noch das Geschäft und macht kein Hehl daraus. Ich möge das andre (er meint "das künstlerische, näher "das Problematische") machen - er mache da nicht mehr mit; d.h. mit dem nicht oder weniger einschlägigen. Nun wird dies alles die Berliner Aufführung klarmachen. Ich denke selbst so: möge B. mit dem gefälligen Teil dahin fahren - dann soll er mir den problematischen hier lassen - er schlachte jenen aus (und führe den Gewinnanteil an mich ab) ich führe jenen weiter (an dessen Gewinn B. als Besitzer der Costüme beteiligt sein kann). Dies wird alles Gesicht bekommen - nach Berlin. - Vorher ist also schlechterdings nichts zu unternehmen. Möglicherweise nimmt ein Unternehmer das Ganze in die Hände, der stellt die Reisen u Gastspiele zusammen - eine Art Kunsthändle

Collection
Archiv Oskar Schlemmer
Inventory number
AOS 2016/1576
Material/Technique
Papier; Tinte; Buntstift

Event
Herstellung
(who)
Oskar Schlemmer (04.09.1888 - 13.04.1943)
Otto Meyer-Amden (20.02.1885 - 15.01.1933)
Provenance
Abschrift vorhanden; Ordner 1920-1926 (Auszug)

Rights
Staatsgalerie Stuttgart
Last update
28.03.2025, 12:10 PM CET

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