Bestand
Castell, Kriminalarchiv der Grafen Schenk von (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Der Bestand wurde 1895 zusammen mit dem Guts- und Familienarchiv (siehe B 82) erworben. Er enthält Akten betreffend Generalia (hauptsächlich Verträge und Korrespondenzen mit anderen Herrschaften) sowie Einzelfallakten in alphabetischer Folge der Straffälligen.
Zur Geschichte des Kriminalarchivs: Das seit den 1760er Jahren zunehmende Gauner- und Vagantenwesen sollte auch im Gebiet des Ritterkantons Donau eingedämmt werden. Diese Aufgabe wurde Graf Franz Ludwig Schenk von Castell übertragen, der sich damit auch über die Kreisgrenzen hinaus einen Namen als "Malefizschenk" machte. Mit der Übernahme der Aufgabe des Strafvollzugs wurde am 23. Juni 1787 mit dem reichsritterschaftlichen Direktorium vereinbart, dass 40 Vaganten in einem Zucht- und Arbeitshaus untergebracht werden sollten. In der Folge entstand in Oberdischingen eine dritte Unterbringung der Vaganten innerhalb des Reichskreises neben den bisherigen Kreiszuchthäusern in Ravensburg und Buchloe. Auch die gesamte Administration des Zucht- und Arbeitshauses erfolgte hier. Bereits kurze Zeit später übernahm Graf Franz Ludwig Schenk von Castell auch den Strafvollzug, also die Verwahrung der vor dem Gericht des Kreises verurteilten Verbrecher. Aufgrund der deshalb wachsenden Zahl an Sträflingen wurde der seit 1788 geplante Um- und Ausbau der Fronfeste in Oberdischingen bis 1802 umgesetzt. Das Aufgabengebiet des Grafen Franz Ludwig Schenk von Castell wurde schon bald auf die Strafverfolgung (Aufspürung, Gefangennahme, Untersuchung) ausgeweitet - auch über die Grenzen des Reichskreises hinaus. Zahlreiche bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen Reichsstädten, Fürstentümern und Schweizer Kantonen bildeten die rechtliche Basis für die Ausdehnung seines Wirkungskreises. Als im Zuge der Mediatisierung die Schenk von Castellischen Herrschaften dem Königreich Württemberg zufielen, endete die eigenständige Strafverfolgung des Grafen Franz Ludwig. 1807 befahl König Friedrich I. von Württemberg die sofortige Einstellung jeder Justiztätigkeit sowie die Auflösung des Zuchthauses. Der Bestand des Kriminalarchivs Oberdischingen wurde 1895 zusammen mit dem Guts- und Familienarchiv (B 82) erworben. Er enthält Generalakten, betreffend u. a. die Einrichtung und Administration des Zucht- und Arbeitshauses, Bedienstete, Gauner- und Diebeslisten sowie insbesondere Verträge und Korrespondenzen mit anderen Herrschaften. Der zweite Teil umfasst Einzelfallakten der Straffällige in alphabetischer Folge. Diese "Kriminalakten" liegen in unterschiedlicher Ausführlichkeit vor und können Auszüge aus Verhörprotokollen, Urteilsverkündigungen (Erläuterung des Sachverhalts, Verbrechen, Strafe), Urfehdebriefe, Gutachten und Stellungnahmen über das Strafmaß, Personenbeschreibungen sowie Korrespondenz über die Begleichung der Verpflegungskosten der Sträflinge enthalten. Stuttgart, November 2017 Katharina Maiworm B. A.
Hinweise auf andere Bestände: B 82 Die Grafen Schenk von Castell (Familien- und Herrschaftsarchiv) C 1 Hofgericht Rottweil, Rechtssachen, Einzelprozessakten C 10 III Schwäbischer Kreis: Spezialia, Rubrik Zuchthäuser
Literatur: Arnold, Ernst: Oberdischingen der Malefizschenk und seine Jauner, Oberdischingen 1993 Beck, P.: Schenk von Castell, in: Allgemeine deutsche Biographie (ADB), Band 36, Leipzig 1893, S. 766-771
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, B 83
- Umfang
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88 Büschel (4,40 lfd. m)
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Neuwürttembergische Herrschaften vor 1803/1806-1810 >> Sonstige weltliche Herrschaften
- Bestandslaufzeit
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1654-1861
- Weitere Objektseiten
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- Rechteinformation
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Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
-
20.01.2023, 15:09 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1654-1861