Bestand

Stein, Max (z.T. Dep.) (Bestand)

Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.

Bestandsbeschreibung: Lebensdaten: 1871 - 1952

Der Nachlass Max Stein besteht aus zwei Teilen: Der erste umfasst Nr. 1-147 und wurde dem GStA PK im September 1994 als Schenkung aus Familienbesitz übergeben. Bereits seit dem Jahr 1952 befindet sich die umfangreiche, von Max Stein angelegte Sammlung als Depositum im Archiv.


Lebenslauf

Max Stein wurde am 25. Dezember 1871 in Ratibor, Oberschlesien, als viertes Kind des Schankwirtes und Getreidehändlers Simon Stein und dessen zweiter Ehefrau Rosalie, geb. Cohn geboren. Seine Eltern waren Juden mosaischer Religion, jedoch von liberaler Einstellung. Mit seinen fünf Brüdern Ludwig, Paul, Arthur, Berthold und Leo wuchs Max Stein in finanziell und räumlich sehr beengten Verhältnissen auf. Alle Kinder besuchten die höhere Schule. Ludwig wurde Arzt, Paul Versicherungskaufmann, Arthur übernahm das väterliche Geschäft. Berthold und Leo wurden Apotheker und wanderten in die USA aus.

Als der Vater 1888 starb, war Max Stein 17 Jahre alt. Er absolvierte eine Lehre in die Getreidehandlung P. May in Glatz, Oberschlesien. Nach der Lehrzeit war er dort bis 1893 als Buchhalter tätig. Seine weiteren beruflichen Erfahrungen sammelte er von 1893 bis 1896 bei Ernst Wiest Nachfolger in Leipzig, bei der großen Prager Verlagsbuchhandlung F. Tempsky von 1896 bis 1897 und bis um die Jahrhundertwende bei Heinrich Haendler Walzmühle in Zabrze. Vorwiegend war Max Stein als Buchhalter und Kassierer in den genannten Firmen tätig.
Seit ca. 1900 arbeitete Max Stein dann bei den Schlesischen Dachpappenfabriken Ludwig Gassmann und Nothmann; zuerst in Gleiwitz, ab 1906 in Breslau. Hier stieg Max Stein bis zum Direktor auf.
Doch neben seiner Arbeit widmete er sich auch den kulturellen Belangen seiner Umgebung. So war er unter anderem Vorsitzender des Aufsichtsrates der Vereinigten Theater GmbH Breslau, Förderer von Künstlern wie Paul Schulz und Initiator beim Ausbau der Breslauer Universitätssternwarte, wofür ihm 1921 die Ehrenbürgerschaft der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Breslau verliehen wurde.

Max Stein legte eine umfangreiche Sammlung von Büchern und Broschüren zur Arbeiterbewegung an, die er im Jahr 1951 der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin verkaufte ("Bibliothek Stein"). Der Umfang beträgt 7.500 Bände. Die restlichen Bücher der herkömmlichen Sammlung von 10.000 Bänden wurden auf die anderen Bestände der Bibliothek verteilt. Das sind vor allem Bücher und Zeitschriften zur Genealogie, Kunstgeschichte, Philosophie, zum Nationalsozialismus etc.
Doch auch Gegenstände wie Medaillen, Briefmarken sammelte Max Stein, "einfach aus Freude an schönen Dingen." In diese Aufzählung muss ebenfalls seine Autographensammlung und die Sammlung zur bürgerlichen Bewegung von 1848, die sich im Depositum Stein im GStA befinden, hinzugezählt werden. Welche Gründe und Motive ihn dazu bewogen haben, soll an dieser Stelle nicht näher ausgeführt werden. Es sei jedoch auf drei Tendenzen seiner Sammelleidenschaft verwiesen: erstens die Parteinahme für die Unterdrückten, zweitens eine allgemeine Sammelleidenschaft und drittens die Bewahrung von nationalem Kulturgut durch seine selbstgestellte Aufgabe "... als Treuhänder ... der die einzelnen Seltenheiten vor der Vernichtung ... bewahrt ...".
Doch noch einer Leidenschaft "frönte" Max Stein - der Ahnenforschung. Dies zeigt sich sowohl im Depositum als auch im bearbeiteten Nachlass, wobei im letzteren vor allem die Familiengeschichte an erster Stelle steht. In einem Brief vom 11. Dezember 1951 an Martin Bernhardt schrieb Max Stein: "Sie fragen mich, ob ich mich auch jetzt noch mit genealogischen Forschungen beschäftige. Ich kann diese Frage mit >Ja< beantworten. Ich habe gerade über jüdische Familien in Schlesien manches recht wertvolle Material sammeln und in Sicherheit bringen können."

Bei seiner Arbeit in Leipzig lernte Max Stein auch seine spätere Frau, Hedwig Vollpracht, kennen. Sie nahm wohl schriftstellerische Aufgaben wahr, denn am 15. Februar 1899 legte Max Stein folgende Ermächtigung fest: "Ich erteile hierdurch der Schriftstellerin Fräulein Hede Vollpracht zu Leipzig-Eutritsch Vollmacht zum Betriebe des von mir in Leipzig-Eutritsch unter der Firma: >Max Stein< begründeten Geschäftes und räume ihr diejenigen Befugnisse ein, welche nach Artikel 47 des Allgemeinen deutschen Handelsgewerbes bestellten Handelsbevollmächtigten zustehen." Am Osterfest des Jahres 1899 wurde die Verlobung beider bekannt gegeben und am 11. Oktober 1899 in Gleiwitz die Hochzeit gefeiert. Hedwig war nicht jüdischen, sondern evangelischen Glaubens. Aus diesem Grund trat Max Stein aus der jüdischen Gemeinde aus. Der Ehe entstammen 4 Kinder, zwei Jungen und zwei Mädchen. Alle Kinder wurden evangelisch getauft und konfirmiert.
Im Jahre 1927 siedelte die Familie nach Berlin über, da Max Stein Vorstandsmitglied der Vereinigten Dachpappenfabriken AG (Vedag) geworden war.

Was der Machtantritt Hitlers für die jüdische Bevölkerung bedeutete, muss nicht näher ausgeführt werden. Auch Max Stein war Jude, obwohl er 1900 aus der jüdischen Gemeinde und 1925 aus der Breslauer Synagoge ausgetreten war. Da er mit einer "Arierin" verheiratet war und vier Kinder hatte, blieb ihm das Los des Judensterns erspart. Doch mit dem Gesetz vom 17. August 1938, welches besagte, dass ab dem 1. Januar 1939 Juden ihrem Vornamen den Zwangsnamen "Sara" bzw. "Israel" hinzufügen müssen, trug Max Stein fortan den Namen Max Israel Stein.
Dass mit der Machtergreifung Hitlers auch sein Direktorposten auf dem Spiel stand, schien nur eine Frage der Zeit zu sein. So steht im berüchtigten "Stürmer" von 1935 Nr. 17 Folgendes: "Bei den Dachpappen Fabriken AG (Vedag), Berlin, sind nach wie vor jüdische Einflüsse vorhanden. So ist unter anderem der Jude Stein immer noch in leitender Stellung tätig." Kurze Zeit später in der Nr. 42 lesen wir dann: "... Unsere Veröffentlichung (in Nr. 37) hatte den Erfolg, dass der Jude Max Stein am 27. September 1935 aus dem Vorstand der Firma ausgeschieden ist. Wir freuen uns, das feststellen zu können".
Im Zusammenhang mit den Judenpogromen am 9./10. November 1938 wurde Max Stein ins Lager nach Sachsenhausen gebracht.

Die große und bedeutende Büchersammlung mit "ihrem staatsgefährdendem Schrifttum" überstand den Krieg unversehrt. "Erst im April [1942] musste [Max Stein] der Geheimen Staatspolizei ... in einem verhältnismäßig umfangreichen Schriftstück über die Herkunft und Zusammensetzung seines Sammelgutes berichten."

Auch nach dem Krieg, mittlerweile 74 Jahre alt, gönnte sich Max Stein nicht viel Ruhe. So gründete er im Jahre 1948 in Berlin-Steglitz eine "... Bildungsanstalt, die über den Bezirk hinaus als >Arbeitskreis< Stein bekannt wurde und in der außer den Vertretern der drei demokratischen Parteien auch sonstige wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Vorträge hielten und über kulturelle, religiöse, wirtschaftliche und politische Fragen diskutierten." Auch nach dem Tod Max Steins führte dieser Kreis seine interessante Tätigkeit fort. Ferner wurde Max Stein 1950 zum Bezirksverordneten und Alterspräsidenten ins Steglitzer Bezirksparlament gewählt und nahm am politischen Leben der Steglitzer SPD-Parteiorganisation als Kreisdelegierter bis zuletzt regen Anteil.

Zwei schwere Schicksalsschläge musste Max Stein in seinen späten Lebensjahren noch ertragen. So starb am 3. April 1949 seine Frau und am 12. November 1951 sein ältester Sohn Hellmut Stein-Vollpracht. Max Stein starb an den Folgen eines Schlaganfalls am 11. August 1952.

Max Stein hinterließ als Ergebnis seiner Sammelleidenschaft und aus dem Wunsch der Bewahrung von oft unersetzlichen Werken, durch seine selbstgestellte Rolle als "Treuhänder ... vor der Vernichtung", eine Bibliothek von unschätzbarem Wert. Er führte Korrespondenzen mit bekannten bzw. bedeutenden Personen der Weimarer Republik und darüber hinaus.


Literatur:

Naumann, Ulrich (Hrsg.): Bibliothek Stein, Katalog. Sozialgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert. Bearb. von Krimpenfort, Wilhelm unter Mitarbeit von Vorath, Dieter, Belser Wissenschaftlicher Dienst 1993.

Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Bd. 2, Berlin 1931, S. 1833.

Spiller, Armin: Die Bibliothek des oberschlesischen Sozialdemokraten Max Stein in der Universitäts-Bibliothek der Freien Universität Berlin. Hausarbeit an dem Bibliothekar-Lehrinstitut des Landes Nordrhein-Westfalen zur Prüfung für den höheren Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken, Köln 1970.

Spiller, Armin: Max Stein. Ein oberschlesischer Bibliophiler und sein Verdienst um die Friedrich-Wilhelm-Universität zu Breslau. In: Jahrbuch der schlesischen Friedrich-Wilhelm-Universität zu Breslau, Bd. XVII., Berlin/München 1972, S. 239-248.


Bestandsgeschichte

Der bearbeitete Nachlassteil Nr. 1-147 wurde im September 1994 aus Familienbesitz dem Geheimen Staatsarchiv als Schenkung übergeben. Dieser Bestand stellt jedoch nur einen "Rest" des Nachlasses "Max Stein" dar, da der überwiegende Teil des Nachlasses schon 1952, ebenfalls aus Familienbesitz, dem Archiv übergeben worden war, jedoch in Form des Depositums. Dieses Depositum gehörte ursprünglich zur I. HA Rep. 94, "Kleine Erwerbungen". Das heißt, es wurde ursprünglich davon ausgegangen, dass in diesem Nachlass persönliche Unterlagen Max Steins nicht enthalten sind, sondern nur Sammlungsstücke, was aber nach näherer Durchsicht als falsch angesehen werden musste. Aus diesem Grund wurde der Nachlass in die I. HA Rep. 92, Nachlässe (heute: VI. HA Familienarchive und Nachlässe) überführt. Noch immer sollen sich die Tagebücher von Max Stein in Familienbesitz befinden. Durch eine zeitweilige Zurückführung an Familienmitglieder zwecks Verkauf einzelner Stücke fehlen einige Exemplare im Depositum, vor allem Autographen.

Zu erwähnen wären noch zwei weitere Nachlassteile Max Steins: zum einen die "Bibliothek Max Stein" an der Freien Universität Berlin, die er selbst 1951 der Universitätsbibliothek verkaufte, zum anderen die "umfangreichen Bücher- und Broschürenbestände zur >bürgerlichen Bewegung von 1848<, die er schon 1949 dem Land Hessen verkaufte und die heute in der Stadt- und Universitätsbibliothek in Frankfurt am Main liegen.

Der 1994 ins Archiv übernommene Nachlass beläuft sich auf ca. 1 lfm und bestand aus vier Aktenordnern sowie 30 weiteren Heftern und Sammlungsstücken. Er wurde unter den Nummern 1 bis 147 verzeichnet.

Die dem Archiv im Jahr 1952 als Depositum übergebene Sammlung umfasst ca. 4 lfm. und ist folgendermaßen gegliedert:
1. Autographen
2. Urkunden vom 16. bis ins 20. Jahrhundert
3. Genealogie und Genealogische Bücher und Broschüren
4. Karikaturen und politische Bilder aus 1848 und früher
5. Plakate und Flugblätter sowie Proklamationen 1848
6. Deutschland zur See und der österreichische Parnass
7. Zeitungsartikel über 1848
8. Portraits

Die Autographen und Portraits wurden alphabetisch, die Urkunden durch Einzelblattverzeichnung in einem Kurzregest aufgeführt, desgleichen die Punkte 4 und 8. Die Punkte 5 bis 7 sind ohne detaillierte Inhaltsangabe.
Wie schon erwähnt, traten beim bearbeiteten Nachlassteil zahlreiche Mehrfachüberlieferungen auf. Diese lagen in Form von Abschriften vor und konnten somit als kassationsfähig angesehen werden. Die Anfertigung eines Kassationsprotokolls wurde vorgenommen.

Hinzuweisen ist schließlich auf GStA PK, XVII. HA Schlesien, Rep. 47 Personen, Standeserhöhungen, Inkolate, Nr. 967. Hierzu ist im entsprechenden Findbuch vermerkt: "Bei dem vorliegenden Material handelt es sich überwiegend um eine Sammlung zur Geschichte verschiedener jüdischer Familien und zwar ausgehend von Direktor Max Stein, der versuchte, Zusammenhänge von Schlesischen Familien zu seinen Vorfahren herzustellen ...".

Claudia Nowak, Studentin der Humboldt-Universität. Die Verzeichnung erfolgte im Rahmen der Diplomarbeit im Fach Archivwissenschaft.

21. September 1995 Claudia Nowak
(gekürzt: SR, 26. April 2018)


Beide Nachlassteile werden im Magazin Dahlem verwahrte und sind auf rosa Leihscheinen wie folgt zu bestellen:
VI. HA Nl Max Stein, Nr. ... (1-147)
bzw. (Depositum:)
VI. HA Nl Max Stein (Dep.), Autographen, Nr. ...
VI. HA Nl Max Stein (Dep.), Urkunden, Nr. ...
VI. HA Nl Max Stein (Dep.), Mappe ..., Nr. ...
VI. HA Nl Max Stein (Dep.), Portraits, Nr. ...

Der Nachlass ist zu zitieren:
GStA PK, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, Nl Max Stein, Nr.
bzw. GStA PK, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, Nl Max Stein (Dep.), Autographen / Urkunden / Mappe / Portraits, Nr.


Zitierweise: GStA PK, VI. HA, Nl Stein, M.

Bestandssignatur
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, VI. HA, Nl Stein, M.
Umfang
Umfang: 5,8 lfm (2038 VE); Angaben zum Umfang: 5,8 lfm (2038 VE)
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Tektonik >> NICHTSTAATLICHE PROVENIENZEN >> Firmen, Familien und Personen >> Personen >> Freiberuflich tätige Personen verschiedener Organisations-, Wirtschafts- und Kulturbereiche >> Unternehmer und leitende Angestellte in den Bereichen Handel und Gewerbe, Wirtschaft, Banken

Bestandslaufzeit
Laufzeit: (1356) 1457, 1517, 1543, 1601 - 1964

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2023-03-28T08:52:24+0200

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  • Bestand

Entstanden

  • Laufzeit: (1356) 1457, 1517, 1543, 1601 - 1964

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