Bestand
Immediatkommission zur Verwaltung der Vermögens- und Einkommenssteuer (Bestand)
Findmittel: Findbuch, 1 Bd.
Behördengeschichte
Die Immediatkommission - auch Immediatverwaltungskommission - für die Verwaltung der bar eingehenden Vermögens- und Einkommenssteuer wurde mit Verordnung vom 20. Juni 1812 gebildet. Hintergrund sind die Stein-Hardenbergschen Reformen, die nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon 1806 darauf zielten, den preußischen Staat zu modernisieren und zu befähigen, die Gebietsverluste und belastenden Zahlungsverpflichtungen an das Napoleonische Frankreich kompensieren zu können. Diese Situation verlangte nach zusätzlichen Staatseinnahmen. Die Einführung der allgemeinen Vermögens- und Einkommenssteuer trug außerdem zur Vereinheitlichung und Vereinfachung des Steuersystems in Preußen bei. König Friedrich Wilhelm III. erließ am 24. Mai 1812 ein Edikt, mit dem eine Zentralkommission zur Erhebung der Vermögens- und Einkommenssteuer unter dem Geheimen Staatsrat Johann August Sack gebildet wurde. Für die Verwaltung der eingehenden Vermögens- und Einkommenssteuern wurde dann am 20. Juni 1812 die Immediatkommission eingesetzt. Als vertrauenswürdige, aber nicht mit anderen Staatsfinanzgeschäften betraute Männer wurden zu den Kommissionsmitgliedern ernannt: der Geheime Staatsrat L'Abaye (auch: Labaye) zum Dirigenten der Immediatkommission und als weitere Mitglieder der Vizepräsident des Kammergerichts Freiherr Trützschler von Falckenstein sowie die Bankiers Baron von Delmar und Bankier Benecke .
Auf der Basis der Selbsteinschätzung sollte jeder Bürger drei Prozent seines Vermögens - Grund und Boden, Kapitalien, Warenvorräte - verteilt auf drei Termine pro Jahr zahlen. Diese Barzahlungen wurden über Kommissionen auf Kommunal-, Kreis- und Provinzialebene an die neue Immediatkommission getätigt, die auch eingehende Steuerscheine zu verwahren sowie gestempelte Tresorscheine und Steuer-Anweisungen an die Behörden auszugeben bzw. einzulö-sen hatte. In den überlieferten Akten des Bestandes sind neben den Verordnungen zur Tätigkeit auch wöchentliche Berichte über abgeleitete Gelder und Wertpapiere, Revisionen der Haupt-steuererhebungskasse und Unterlagen zur Organisation des Geschäftsbetriebs zu finden.
1813 erfolgte aufgrund der Bedrohung durch französische Truppen die Umsiedlung der Immediatkommission und deren Kassenbestände von Berlin nach Königsberg in der Neumark. Nach dem Sieg über Napoleon zog die Behörde wieder nach Berlin zurück und hatte zum Zeitpunkt ihrer Auflösung ihren Sitz im Johanniter-Ordens-Palais.
Staatskanzler Hardenberg entschied in einem Schreiben vom 31. Oktober 1815, dass die Geschäfte der Zentralkommission zukünftig vom Finanzministerium übernommen werden sollten. Dadurch wurden gleichfalls die Immediatkommission und sämtliche Departementssteuerkom-missionen ab dem 1. Januar 1816 dem Ressort des Finanzministers zugeteilt. Die Verfügung des Finanzministers vom 24. Februar 1816 verlangte dann die zügige Auflösung der Immediatkommission, der Lokalkommissionen und Spezialkassen. Am 7. Mai 1816 wurde die Immediatkommission zur Räumung ihrer Büros und Inventarisierung sowie Abgabe der Utensilien an die Oberrechnungskammer und andere Behörden aufgefordert. Verbleibende Geschäfte wie die Einziehung der Steuerreste übernahmen die Departements-Steuerkommissionen der Bezirksregierungen.
Bestandsgeschichte
Der Bestand Rep. 154 mit der Laufzeit 1812 - 1817 umfasst 52 VE (1 lfm).
Vermutlich gelangten auch die Akten der Immediatkommission - analog zu denen der Zentralkommission - ab 1816 an das Finanzministerium bzw. das Schatzministerium. Diese kamen in der Folgezeit von der Registratur des Finanzministeriums an das Finanzarchiv, das später mit der Registratur des Generaldirektoriums zum Ministerialarchiv vereinigt wurde .
1874 wurde das Ministerialarchiv mit dem Geheimen Staatsarchiv zusammengelegt. Der Bestand erhielt die Bezeichnung I. HA Rep. 154. Die Erstverzeichnung stammt von dem Staatsarchivar Karl Sattler, der von 1888 - 1906 im Geheimen Staatsarchiv wirkte. 1923 wurde im Rahmen des Archivumzugs nach Dahlem eine Revision durchgeführt. Im II. Weltkrieg wurden die Bestände des Geheimen Staatsarchivs und damit auch dieser Bestand in die Salzbergwerke von Staßfurt und Schönebeck verbracht. Nach Ende des Krieges wurden diese Akten im neubegründeten Deutschen Zentralarchiv/ später Zentralen Staatsarchiv der DDR, Abteilung Merseburg in Sachsen-Anhalt untergebracht.
Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung 1993 erfolgte die Rückführung der Archivalien aus Merseburg in die Zuständigkeit des Geheimen Staatsarchivs PK in Dahlem. Im Jahr 2018 erfolgte die Retrokonversion des Bestandes durch einen Praktikanten. Dabei wurden die Angaben am Bestand überprüft, gegebenenfalls korrigiert und zum Teil durch Enthält-Vermerke ergänzt. Der Bestand wurde klassifiziert und mit laufenden Nummern signiert.
Literatur und Quellen
- GStA PK, I. HA Rep. 151 Finanzministerium, II Nr. 1822, Nr. 1828 und Nr. 1829
- GStA PK, I. HA Rep. 155 Zentralkommission zur Erhebung der Vermögens- und Einkommenssteuer, Nr. 63
- GStA PK, I. HA Rep. 178 E Geheimes Staatsarchiv PK, Dienststelle Merseburg, Nr. 139 und Nr. 173
- Handbuch für den königlich preußischen Hof und Staat, Berlin 1795-1918
- Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten, Berlin 1810-1906
- Grabower, Rolf: Preußens Steuern vor und nach den Befreiungskriegen, Berlin 1932, S. 279ff
- Brand, Theodor: Handbuch der Preußischen Gesetz-Sammlung von 1806 bis einschließlich 1845. Ein Hülfsbuch für Juristen und alle Verwaltungs- sowie Communalbeamte, für Offiziere, Geistliche, Lehrer, Kaufleute, Fabrikanten, Ärzte und Apotheker, Berlin 1846
- Dieterici, Carl: Zur Geschichte der Steuerreform in Preußen 1810 bis 1820, Berlin 1875
- Franke, Siegfried: Entwicklung und Begründung der Einkommensbesteuerung, Darmstadt 1981
Der Bestand lagert derzeit im Westhafen. Die Akten sind auf gelben Leihscheinen wie folgt zu bestellen:
Bestellweise: I. HA Rep. 154, Nr.
Zitationsweise: GStA PK, I. HA Rep. 154 Immediatkommission für die Verwaltung der Vermögens- und Einkommenssteuer, Nr.
Bestandsumfang: 52 Verzeichnungseinheiten
Laufzeit: 1812-1817
Letzte vergebene Nummer: 52
Berlin, 12. Juni 2019
(Dr. Johanna Aberle, wiss. Archivangestellte)
Zitierweise: GStA PK, I. HA Rep. 154
- Reference number of holding
-
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 154
- Extent
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Umfang: 1 lfm (52 VE); Angaben zum Umfang: 1 lfm (52 VE)
- Language of the material
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deutsch
- Context
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- Date of creation of holding
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Laufzeit: 1812 - 1817
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
28.03.2023, 8:52 AM CEST
Data provider
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- Laufzeit: 1812 - 1817