Archivbestand
Kloster Kemnade / Urkunden (Bestand)
Bestandsgeschichte: 1046 als
Benediktinerinnenkloster gegründet, Reichsstift, nach 1150 an Corvey,
1542 evangelisch, 1593 bis in den Dreißigjährigen Krieg von Corvey
direkt verwaltet, dann braunschweigische Domäne.
Form und Inhalt: Kloster Kemnade
an der Weser (heute Stadt Bodenwerder im Weserbergland, Landkreis
Holzminden, Niedersachsen) wurde 959 / 965 von zwei Töchtern des
Billunger Grafen Wichmann dem Älteren gegründet. Der Name des Klosters
leitet sich von caminata (beheizbarer, wohnlicher Raum) ab. Die 1046
geweihte, noch erhaltene Klosterkirche lehnte sich an das Vorbild der
Klosterkirche von Corvey an. Graf Siegfried IV. von Boyneburg, der
letzte Northeimer, Hochvogt des Klosters Corvey, setzte 1143 die Wahl
seiner Schwester Judith zur Äbtissin von Kemnade durch, während Graf
Volkwin II. von Schwalenberg dies vergeblich für seine Nichte
versuchte. Unter Judith kam das Kloster Kemnade in Verruf, worauf der
Papst sie von Kaiser Konrad III. vertreiben ließ, der 1147 die Stifte
Fischbeck und Kemnade an die Benediktinerabtei Corvey übertrug.
Kemnade wurde ein Mönchskloster, stand der Mindener Bischofschronik
zufolge seit 1168 jedoch 25 Jahre lang leer. 1194 ließen
Benediktinerinnen aus dem St.-Peters-Kloster Gehrden das Kloster
Kemnade wieder aufleben. Als lutherische Visitatoren 1542 zunächst
abgewiesen wurden, erfolgte 1544 die Aufhebung des
Benediktinerinnenklosters durch Zwangsverkäufe an das Fürstentum
Calenberg. Bald darauf wurden alle Maßnahmen der Schmalkaldischen
Besatzer wieder annulliert. Herzog Julius von Wolfenbüttel verfügte
1579 die "reformatio" des Corveyer Klosters Kemnade. Ein Prozeß vor
dem Reichskammergericht führte 1579 zu einem "mandatum poenale" wegen
"gewaltsamer occupation" gegen Wolfenbüttel. Nach einem weiteren
Mandat des Reichskammergerichts von 1583 hob Herzog Julius den
evangelischen Konvent 1584 auf. Corvey nahm Kemnade erst 1593 wieder
wirklich in Besitz. Kemnade war nunmehr eine Corveyer Propstei ohne
Konvent. 1617 überwies Corvey die Propstei Kamnade Friedrich von
Eßleben, der sich jedoch von Corvey abwendete, sich unter den Schutz
von Braunschweig begab und 1620 wegen von Corvey nicht erstatteter
Pfandgelder Kemnade eigenmächtig zum Pfand nahm. Der Herzog von
Braunschweig gestattet die Beschlagnahme, weswegen 1621-29 vor dem
Reichskammergericht prozessiert wurde. Als Rechtsnachfolger des von
Eßleben nahm Braunschweig-Wolfenbüttel nach dem Normaljahr 1624 alle
Corveyer Besitzungen auf seinem Territorium in Besitz. Corvey wehrte
sich dagegen vergebens und stimmte erst 1777 angesichts des Verzichts
Wolfenbüttels auf verschiedene Ländereien, Hebungen und Vogteirechte
im Corveyischen Territorium der Aufgabe seiner Rechte aus dem Vertrag
von 1593 zu. "Nun erst kam die de-facto Säkularisierung der Propstei
von 1620 zu einem rechtlichen Abschluß" (Römer, Die Frauenklöster,
1984, 311).
Neben den Urkunden des Klosters Kemnade, die
über das corveysche Archiv in das Staatsarchiv Münster gelangt sind,
kamen auch einige Urkundenverzeichnisse und Rechnungen und zwar nicht
nur aus der Zeit, als das Stift zwischen 1593 und 1617 unter direkter
corveyscher Verwaltung stand, sondern auch einige ältere Rechnungen,
zusammen mit den corveyschen Archivalien in das Archiv. Sie lagen z.T.
in der münsteraner Handschriftensammlung, z.T. im Corveyer
Aktenbestand und wurden, ebenso wie schon früher die Urkunden von
Wigand, 1983 von Dr. Martin Sagebiel zu einem kleinen Bestand
zusammengefaßt. Die Akten im Bestand Fürstabtei Corvey (Findbuch A 295
II), wie auch die Hauptüberliefeurng im niedersächsischen Staatsarchiv
Wolfenbüttel (Bestand 11 Alt Kemn ”Benediktinerinnenkloster (vorm.
Kanonissenstift) Kemnade“, Laufzeit 1427-1800) sind hinzuzuziehen. Das
vorliegende Findbuch A 39 I "Kloster Kemnade - Urkunden" mit seinen
139 Verzeichnungseinheiten wurde 2009 mit Unterstützung der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen eines Projektes von Markus
Gerhards-Padilla unter der Betreuung von Thomas Reich mit dem
Verzeichnungsprogramm VERA abgeschrieben.
Bestell- und
Zitierweise: Kloster Kemnade - Urkunden Nr. xx
Literatur:
··Dolle, Josef (Hrsg.), Niedersächsisches
Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und
Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810
(Veröffentlichungen des Instituts für historische Landesforschung der
Universität Göttingen 56), Bielefeld 2012.
·Lübeck, Konrad,
Korveys Kampf um das Stift Kemnade, in: Westfälische Zeitschrift
101/102 (1953), Teil 2, S. 401-428.
·Rabe, Holger, Die
Übertragung der Abteien Fischbeck und Kemnade an Corvey 1147-1152, in:
Westfälische Zeitschrift 142 (1992), S. 211-242.
·Reitemeyer, Theodor, Kulturgeschichtsbild eines Weserortes.
Kemnade und sein Kloster, Wolfenbüttel 1909.
·Römer,
Christof, Kemnade, in: Die Frauenklöster in Niedersachsen,
Schleswig-Holstein und Bremen (Germania Benedictina XI:
Norddeutschland), St. Ottilien 1984, S. 298-330.
·Römer,
Jürgen, Klöster und Stifte an der Oberweser zwischen Miteinander und
Nebeneinander. Kontakte und Kommunikation im Spiegel urkundlicher
Quellen, 2001/05
[http://www.docjr.de/media/Kl$C3$B6ster$20im$20Weserraum$202005.pdf].
·Spanuth, Friedrich, Protokolle der Visitation der Frauenklöster
des Braunschweig-Wolfenbüttelschen Landes im Jahre 1568 [darunter das
Corvey unterstellte Kemnade], in: Jahrbuch der Gesellschaft für
Niedersächsische Kirchengeschichte 51 (1953), S. 118-127.
Münster, den 27.04.2012 Dr. Thomas Reich
- Reference number of holding
-
F 008u
- Extent
-
139 Urkunden.; 136 Urkunden, Findbuch F 008u.
- Language of the material
-
German
- Context
-
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 1. Territorien des Alten Reiches bis 1802/03 einschließlich Kirchen, Stifter, Klöster, Städte u.ä. >> 1.6. Außerwestfälische Territorien und Institutionen (F) >> Kloster Kemnade
- Related materials
-
Theodor Reitemeyer, Kulturgeschichtsbild eines Weserortes. Kemnade und sein Kloster, Wolfenbüttel 1909; Christof Römer, Kemnade, in: Die Frauenklöster in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen, St. Ottilien 1984, S. 298-330; Stefanie Mamsch, Kemnade, in: Josef Dolle (Hg.), Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810 (Veröffentlichungen des Instituts für historische Landesforschung der Universität Göttingen 56), Bielefeld 2012, S. 875-881.
- Date of creation of holding
-
1147-1605
- Other object pages
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- Last update
-
17.09.2025, 1:26 PM CEST
Data provider
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Westfalen. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 1147-1605