Bestand
Polizeipräsidium Karlsruhe: Kriminalpolizeistelle Karlsruhe (Bestand)
Zur Geschichte des Bestandes:
Als im September 1991 das Kreisarchiv Erbach im Generallandesarchiv
Karlsruhe anrief und einen Fund alter "Polizeiakten" aus Karlsruhe
in einer Mühle in der Gemeinde Sensbachtal meldete, löste diese
Nachricht zuerst ungläubiges Staunen, dann jedoch sofortige
Betriebsamkeit aus. Nachfragen beim Gemeindevorstand ergaben, dass
es sich nicht um Einzelstücke handelte, sondern um einen größeren
Komplex (ca. 6 lfd. m) von Akten. Die Unterlagen selbst waren bei
Renovierungsarbeiten in einer alten Mühle im Ortsteil
Untersensbach, die einige Zeit als Bürgermeisteramt Verwendung
gefunden hatte, in einer Zwischendecke aufgefunden worden, wo sie
als Dämmmaterial dienten. Offensichtlich waren sie im Zuge des
"Endkampfes" mit der Auslagerung der Kriminalpolizeistelle
Karlsruhe im Jahre 1945 in das idyllische Odenwalddörfchen gelangt
und dort vergessen worden. Bei einem der zahlreichen Umbauten in
der Mühle, wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Auszug der
Gemeindeverwaltung und der Umwidmung des Hauses zu einer Wohnung,
wurden die Unterlagen wohl Mitte der 60er Jahre als Hohlraumfüllung
verwendet. Dafür sprechen mehrere Indizien. Zum einen fanden sich
unter den Unterlagen Exemplare des "Deutschen Hebammenblattes" aus
den 60er Jahren, zum anderen wurde der Hauptteil hinter einer
Rigipswand gefunden, einem Baustoff, der erst seit ca. 35 Jahren
allgemein Verwendung findet. Durch eine förmliche Vereinbarung
übergab die Gemeinde Sensbachtal am 23. September 1991 die
aufgefundenen Unterlagen dem Generallandesarchiv Karlsruhe als
zuständigem Archiv. Hier wurden die Akten, die sich naturgemäß in
einem schlechten Zustand befanden, ein Zustand, der vor allem durch
die feuchte Zwischenlagerung der Akten im Keller des Rathauses
hervorgerufen worden ist, konservatorisch vorbehandelt, nicht
archivfähiges Material herausgezogen und die archivwürdigen
Unterlagen getrocknet. In einem ersten Verzeichnungsschritt wurden
die Unterlagen, bei denen jeglicher Überlieferungszusammenhang
zerstört war, von den dem Generallandesarchiv zur Ausbildung
zugewiesenen Referendaren Andreas Maisch, Ulrich Nieß und Udo
Schäfer geordnet und verzeichnet. Ein kleiner Nachtrag von ca. 1
lfd. Meter, der im Oktober 1991 noch aufgefunden wurde, wurde vom
Unterzeichneten archivisch bearbeitet. Anhand der noch erkennbaren
behördeninternen Vorsignaturen konnte der Bestand anschließend in
sachlich zusammengehörende Schwerpunkte zusammengefasst und die
losen Einzelakten und Unterlagen zugeordnet werden. Die den
Alarmakten beigeschlossenen Pläne wurden entsprechend der im
Bereich der Landesarchivverwaltung geltenden Regelung aus den Akten
herausgenommen und in der Plansammlung unter der identischen, am
Ende mit einem "K" versehen Signatur gelagert.
Zur Geschichte der Behörde:
Bis zum Jahre 1933 war die Kriminalpolizei Bestandteil des
Polizeipräsidiums Karlsruhe. Mit Gesetz vorn 22. August 1933 wurde
für das Land Baden ein Landeskriminalpolizeiamt mit Sitz in
Karlsruhe eingerichtet. Es war unmittelbar dem Minister des Innern
als selbständige Behörde unterstellt. Als Vollzugsorgan des
Landeskriminalpolizeiamtes wurde am 22. August 1936 beim
Polizeipräsidium Karlsruhe die Landeskriminalpolizeistelle
eingerichtet. Gleichzeitig wurde das Landeskriminalpolizeiamt -
Geheimes Staatspolizeiamt - geschaffen. Durch Runderlass vom 20.
September 1936 wurden die Dienststellen der badischen
Kriminalpolizei fachlich in die Reichspolizei überführt, das
Landeskriminalpolizeiamt in Staatliche Kriminalpolizeistelle
Karlsruhe umbenannt. Sie unterstand der Kriminalpolizeileitstelle
Stuttgart. Mit Erlass vom 7. September 1943 wurden die
Dienststellen der staatlichen und gemeindlichen Kriminalpolizei aus
den Polizeiverwaltungen herausgelöst. Die gemeindliche
Kriminalpolizei beim Polizeipräsidium Karlsruhe wurde aufgelöst,
die gesamte Kriminalpolizei haushaltsmäßig und personell dem
Reichssicherungshauptamt unterstellt. Der vorliegende Bestand
vermittelt Einblick in die Funktionsweise der Kriminalpolizei
zwischen 1921-1945. Überragende Bedeutung gewinnt dieser Bestand
durch die Überlieferung der in Karlsruhe offensichtlich zentral
gesammelten Alarmakten und -pläne sowie durch die kriegsbedingt
entstandenen Unterlagen. Zu erwähnen sind hier die Fahndungen nach
entwichenen Kriegsgefangenen, Deserteuren, Fremd- und
Zwangsarbeitern, die Überwachung und Kontrolle der entsprechenden
Lager sowie die Einzelfallermittlungsakten, die sich mit der
kriegsbedingten Kriminalität, in diesem Falle mit der
Wirtschaftskriminalität beim Bau des Westwalls, auseinandersetzen.
Der vorliegende Bestand hat einen Gesamtumfang von 5,95 lfd. Meter.
Karlsruhe, im Februar 1992 Kurt Hochstuhl
Konversion: Die
Findmittelkonversion erfolgte über den Import aufbereiteter
Midosa-Altdaten im Januar 2018. Neben kleineren Korrekturen wurden
auch die 1991 aus den "Alarmakten" herausgenommenen und an einem
gesonderten Lagerort verwahrten Pläne mit eigener (K-)Bestellnummer
in das neue Findmittel aufgenommen. Dadurch erhöhte sich der
Bestandsumfang von ursprünglich 406 auf 432 Nummern. Karlsruhe, im
Februar 2018 Fabian Beller
- Bestandssignatur
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Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 330 Zugang 1991-34
- Umfang
-
432 Akten und Pläne
- Kontext
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Neuere Bestände (vornehmlich ab ca. 1800) >> Inneres, Soziales und Umwelt >> Polizei >> Polizeipräsidium Karlsruhe
- Bestandslaufzeit
-
1921-1945
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
24.04.20252025, 14:07 MESZ
Datenpartner
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1921-1945