Bestand
Hochschule der Deutschen Volkspolizei "Karl Liebknecht" (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Die Hochschule der Deutschen Volkspolizei „Karl Liebknecht" war eine
Bildungseinrichtung des Ministeriums des Innern der DDR. Der Vorgänger
der Hochschule war die Höhere Polizeischule.
Am 1.
Juni 1955 wurde die Höhere Polizeischule gegründet. Ihre Hauptaufgabe war
laut der „Schulordnung der Höheren Polizeischule vom 1. November 1957"(1)
die Ausbildung von Offizieren für leitende Tätigkeiten in der Deutschen
Volkspolizei. Gemäß dem Statut erfolgte die Gliederung der Polizeischule
in die Fakultäten Gesellschaftswissenschaften, Rechtswissenschaften,
Dienstkunde und Ausbildung. Alle Angehörigen der Ausbildungsstätte waren
zur Verteidigung des Geländes der Höheren Polizeischule in ständiger
Einsatzbereitschaft.
Die Gründung der Hochschule
der Deutschen Volkspolizei erfolgte am 1. Dezember 1962 durch Beschluss
vom 13. September 1962.(2) Wie auch ihre Vorgängerinstitution hatte die
Hochschule ihren Hauptsitz in Berlin-Kaulsdorf. Die Hochschule war „die
höchste Bildungseinrichtung des Ministeriums des Innern für die Aus- und
Weiterbildung von Führungskadern der DVP und anderer Organe des
Ministeriums des Innern"(3). Sie war dem Minister des Innern, der
zugleich auch das Amt des Chefs der Deutschen Volkspolizei innehatte,
unterstellt.(4) Neben der Ausbildung von Offizieren für die Führungsebene
sollte die Hochschule auch Forschungstätigkeiten betreiben und die
Weiterbildung von Angehörigen des Ministeriums des Innern und der
Deutschen Volkspolizei unterstützen.(5) Das Institut für Aus- und
Weiterbildung der Volkspolizei in Biesenthal, gegründet am 29. Mai 1967,
ergänzte die Weiterbildungstätigkeiten der Hochschule. Es war der
Hochschule unterstellt.
Die Führung der
Bildungseinrichtung hatte der Leiter der Hochschule inne, der damit auch
der Vorgesetzte aller Angehörigen der Hochschule war. Diese Position
nahmen u.a. Oberst der Volkspolizei Leppert (um 1962), Generalmajor der
Volkspolizei Prof. Dr. Willi Hellmann (1971-1977, 1979-1990) und Oberst
der Volkspolizei Prof. Dr. Rolf Schubert (1977-1979) wahr. Der Minister
des Innern ernannte den Hochschulleiter.(6) Beratende Organe
unterstützten den Leiter bei der Ausführung seiner Aufgaben. Die
Unterstützung erfolgte zum einen durch die Leitung(7) der Hochschule und
zum anderen durch den Wissenschaftlichen Rat(8). Letzter beschäftigte
sich vor allem mit Fragen der Forschung und der Verleihung akademischer
Titel an der Hochschule. Der Lehrbereich der Hochschule gliederte sich in
die Bereiche Marxismus-Leninismus, Grundlagen der Führungs- und
Leitungstätigkeit, Führung und Leitung eines Volkspolizei-Kreisamtes,
Lehrabteilung Führung und Leitung der Strafvollzugseinrichtung und
Lehrgruppen.(9)
Die Hochschule bildete Offiziere
aus, die vorher bereits ein anderes Studium absolviert und sich durch
mehrjährige Tätigkeiten bewährt hatten. Die endgültige Studienerlaubnis
erteilte der Minister des Innern.(10) Die Teilnahme an den
Offizierslehrgängen war sowohl als Studium mit Präsenzpflicht an der
Hochschule (Direktlehrgang) oder als Fernstudium (Fernstudienlehrgang)
möglich. Letzteres fand, mit Ausnahme von Prüfungen und ausgewählten
Lehrveranstaltungen, an Außenstellen der Hochschule in Rostock, Berlin,
Halle, Chemnitz (Karl-Marx-Stadt) und Dresden statt. Weiterhin offerierte
die Hochschule seit 1975 Lehrgänge zur Ausbildung von Offizieren
befreundeter Staaten, wie beispielsweise Vietnam, Äthiopien oder Kuba.
Diese Lehrgangsteilnehmer hatten zuvor meist eine Fachschule des
Ministeriums des Innern besucht.(11) Nach Abschluss des Lehrganges
erhielten alle Teilnehmer ein Diplom, welches sie als
Diplomstaatswissenschaftler auswies. Darüber hinaus war es auch möglich,
eine Promotion oder Habilitation an der Hochschule abzulegen. Seit 1983
konnten B-Promotionen(12) vorgenommen werden. In den 1980er Jahren
arbeiteten in jedem Volkspolizei-Kreisamt der Deutschen Demokratischen
Republik mindestens zwei Absolventen der Hochschule in einer
Führungsposition.(13)
Die Lehrveranstaltungen an
der Hochschule wurden zumeist von Offizieren der Volkspolizei
durchgeführt. Drei Professoren, vier Dozenten und dreizehn Doktoren
lehrten im Jahr 1971 an der Hochschule. Bis zum Jahr 1989 hatte sich die
Zahl der Lehrenden auf 22 Professoren und 31 Dozenten vergrößert.
Insgesamt beschäftigte die Hochschule über 100 Hochschullehrer und
wissenschaftliche Assistenten.(14) Zudem waren weitere Angehörige der
Volkspolizei als Verwaltungs- und Versorgungspersonal eingesetzt. Daneben
arbeiteten auch Zivilangestellte an der Bildungseinrichtung des
Ministeriums des Innern.
Ab Herbst 1973 erfolgte
schrittweise der Umzug in die neuen Hochschulgebäude nach Berlin-Biesdorf
(heute Ecke Blumberger Damm / Cecilienstraße). Während der X.
Weltfestspiele der Jugend im Sommer 1973 in Berlin bewohnte die
Delegation der Tschechoslowakei (ÈSSR) die Internatsgebäude der
Hochschule. Nach deren Auszug wurde das Internat von den Angehörigen der
Hochschule bezogen. Bis zum Februar 1974 nutzte die Hochschule jedoch
noch den alten Standort Kaulsdorf für ihre Lehrveranstaltungen. Die
Fertigstellung weiterer Gebäudeteile, wie z.B. des großen Hörsaales,
erweiterte die Kapazitäten der Hochschule Ende der 1970er Jahre
erheblich.(15)
Neben der Hochschule befanden sich
am gleichen Standort ebenfalls das zentrale Rechenzentrum und die
zentrale kriminalistische Registrierung des Ministeriums des Innern.
Neben der Versorgung dieser Dienststellen war die Hochschule auch für
deren Sicherheit verantwortlich.(16)
Die
Hochschule erhielt am 27. Juni 1977 den Namenszusatz „Karl Liebknecht".
Im Jahr 1971 erhielt die Hochschule die Ehrenschleife des Zentralkomitees
(ZK) der SED anlässlich des 10. Jahrestages des 10. August 1961. Am 28.
Oktober 1977 wurde ihr darüber hinaus der Vaterländische Verdienstorden
in Gold verliehen. Zum 35. Jahrestag der Deutschen Demokratischen
Republik im Jahre 1984 verlieh der spätere Generalsekretär des ZK der SED
Egon Krenz der Hochschule das Ehrenbanner des ZK der SED.(17)
Zum Ende der Deutschen Demokratischen Republik und der
damit verbundenen Außerdienststellung der Deutschen Volkspolizei änderten
sich die Struktur und der Name der Hochschule. Sie führte nun den Namen
„Hochschule des Ministeriums für Innere Angelegenheiten". Die Hochschule
und ihr Studium sollte fortan an ein ziviles Studium angepasst werden.
Beispielhaft hierfür war der Wegfall der militärischen Dienstgrade der
Angehörigen der Hochschule.(18) Es erfolgte eine Anpassung der
Studieninhalte an die Ausbildung der bundesdeutschen Polizei.(19) Obwohl
das Ministerium des Innern der Deutschen Demokratischen Republik bis Juli
1990 an Umschulungsprogrammen hinsichtlich der Polizeiausbildung
arbeitete, wurden derartige Maßnahmen nicht mehr in die Tat umgesetzt.
Die Pläne zur Bildung einer Polizei-Hochschule des vereinten Deutschlands
scheiterten schließlich.(20) Im Herbst 1990 wurde die Liegenschaft
einschließlich des Personals dem Land Berlin zugesprochen. Die
abschließende Übergabe erfolgt am 15. Oktober 1990.(21) Die Polizei des
Landes Berlin übernahm ungefähr zwei Drittel des Personals der
Hochschule.(22) Heute beherbergt das Gelände teilweise die
Polizeidirektion Berlin-Marzahn des Abschnittes 62.(23)
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1 Vgl. BArch DO 103 / 3175.
2
Vgl. Beschluß über die Bildung der Hochschule der Deutschen Volkspolizei.
Gesetzblatt der DDR Teil II. Nr.73. S. 657. Vom 13. September 1962.
3 BArch DO 103 / 3151. Statut der Hochschule der
Deutschen Volkspolizei „Karl Liebknecht" vom 3. Mai 1982. § 1 Absatz 1
Satz 1.
4 Vgl. BArch DO 103 / 3151. Statut der
Hochschule der Deutschen Volkspolizei „Karl Liebknecht" vom 3. Mai 1982.
§ 1 Absatz 1 Satz 2.
5 Vgl. BArch DO 103 / 3151.
Statut der Hochschule der Deutschen Volkspolizei „Karl Liebknecht" vom 3.
Mai 1982. § 2.
6 Vgl. BArch DO 103 / 3151. Statut
der Hochschule der Deutschen Volkspolizei „Karl Liebknecht" vom 3. Mai
1982. § 4.
7 Diesem Gremium gehörten der
stellvertretende Hochschulleiter und die Leiter der Bereich und Kader der
Hochschule an. Vgl. BArch DO 103 / 3151. Statut der Hochschule der
Deutschen Volkspolizei „Karl Liebknecht" vom 3. Mai 1982. § 5.
8 Die Mitglieder dieses Gremium wurden durch den
Hochschulleiter ausgewählt. Sie mussten vom Minister des Innern bestätigt
werden. Vgl. BArch DO 103 / 3151. Statut der Hochschule der Deutschen
Volkspolizei „Karl Liebknecht" vom 3. Mai 1982. § 6.
9 Vgl. BArch DO 103 / 3151. Statut der Hochschule der Deutschen
Volkspolizei „Karl Liebknecht" vom 3. Mai 1982. § 8.
10 Vgl. BArch DO 103 / 3151. Statut der Hochschule der Deutschen
Volkspolizei „Karl Liebknecht" vom 3. Mai 1982. § 12.
11 Vgl. Hellmann, Willi: Mein erstes Leben. Ein General der
Volkspolizei erinnert sich. Berlin 2001. S. 150.
12 Die Verleihung der Titel „Dr. jur.", „Dr. rer. pol." und „Dr. sc.
rer. pol." war möglich. (Vgl. Hellmann, Leben, S.188)
13 Vgl. Ebd. S. 139.
14 Vgl. Ebd. S.
184.
15 Vgl. Ebd. S. 143.
16 Vgl. Ebd. S. 143.
17 Vgl. Ebd. S.
184.
18 Vgl. Ebd. S. 201.
19 Vgl. Ebd. S. 202.
20 Vgl. Ebd. S.
207.
21 Vgl. Ebd. S. 208.
22 Vgl. Ebd. S. 211.
23 Ergebnis einer
Google-Earth-Recherche auf der Suche nach dem Standort der
Hochschule.
Bearbeitungshinweis: Die Bilder
wurden von Archivinspektoranwärter Pierre Maurice Augel im Rahmen der
Ordnung- und Verzeichnungsarbeit gemäß § 28 Absatz 1 Nr. 3 LAP-ghDArchivV
zwischen Juni und August 2016 erschlossen.
Im
Rahmen der Ordnungs- und Verzeichnungsarbeit erfolgte die Erstellung
einer Sammlung im Digitalen Bildarchiv des Bundesarchivs(1), welche die
Digitalisate der ausgewählten Bilder vereint. Eine Auswahl von 50
Bildern, ausgewählt nach dem Abschluss der Erschließung, dokumentiert den
Bestand in typischer Weise.
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https://www.bild.bundesarchiv.de/collections/127772538/_1472187517/?
(26.08.2016).
Bestandsbeschreibung:
Zusammengefaßter Bestand der Überlieferung folgender Institutionen:
1955 - 1962 Höhere Polizeischule 1962 - 1990 Hochschule
der Deutschen Volkspolizei 1967 - 1969 Institut für die Aus- und
Weiterbildung von Führungskadern an der Hochschule der DVP, Biesenthal
Nachgeordnete Einrichtung des MdI ( DO 1) zur Ausbildung leitender Kader
der Deutschen Volkspolizei im Direkt- und Fernstudium zum
Diplomstaatswissenschaftler; Promotionsrecht und Habilitationsrecht;
Weiterbildung von Führungskadern. 1955 - 1990
Inhaltliche Charakterisierung:
Enthält v.a.: Leitung und Organisation, Ausbildungsprogramme,
Lehrmaterialien, Ausbildung von Ausländern, Studentenakten,
Matrikel.
Erschließungszustand:
Online-Findbuch
Zitierweise: BArch DO
103/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch DO 103
- Extent
-
1691 Aufbewahrungseinheiten; 85,4 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Deutsche Demokratische Republik mit sowjetischer Besatzungszone (1945-1990) >> Inneres, Kirchenfragen
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-
Fremde Archive: Polizeipräsident von Berlin, Bibliothek
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: Bibliothek des Polizeipräsidenten von Berlin (Abschlußarbeiten)
- Provenance
-
Hochschule der Deutschen Volkspolizei "Karl Liebknecht", 1955-1990
- Date of creation of holding
-
1955-1990
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
Bundesarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Associated
- Hochschule der Deutschen Volkspolizei "Karl Liebknecht", 1955-1990
Time of origin
- 1955-1990