Bestand

A Rep. 020-53 Werner-Siemens-Realgymnasium zu Berlin-Schöneberg (Bestand)

Vorwort: A Rep. 020-53 Werner-Siemens-Realgymnasium zu Berlin-Schöneberg

1. Schulgeschichte

Das Gymnasium wurde im März 1903 unter dem Schulreformer Wilhelm Wetekamp in der Hohenstaufenstraße 47/48 gegründet. Am 16. April 1903 begann mit 23 Sextanern (5. Klasse) und 22 Vorschülern der Unterricht. Zum Direktor wurde 1906 Wilhelm Wetekamp berufen. 1909 führrte er die Schülerselbstverwaltung "Beteiligung der Schüler an der Gestaltung des Schullebens" am Werner-Siemens-Realgymnasium als erster Schule Preußens ein. Er trat als überzeugter Demokrat und Reformer auf, tätig sowohl in der "Wandervogelbewegung" als auch von 1906 bis 1919 als Stadtverordneter in Schöneberg. Zum Lehrerkollegium gehörten prominente Vertreter der Reformpädagogik, unter ihnen 1911 bis 1923 Franz Hilker, der Begründer der Vergleichenden Erziehungswissenschaft und spätere Herausgeber der Zeitschrift Bildung und Erziehung. Der Bund entschiedener Schulreformer wurde im September 1919 im Lehrerzimmer gegründet.
In der Zeit von 1919 bis 1931 hatte die Schule neun Gymnasialklassen (ca. 40 Schüler pro Klasse) und drei Vorschulklassen. Soziales und politisches Engagement galten an der Schule als selbstverständlich: Die Schüler stifteten ihr zweites Pausenbrot regelmäßig einer Friedrichshainer Volksschule, die damit täglich rund 150 belegte Brote erhielt. 1928 löste die Schülervertretung eine Debatte im Preußischen Abgeordnetenhaus aus, als sie sich für freie Liebe und homosexuelle Bekenntnisfreiheit für Schüler ab dem 16. Lebensjahr einsetzte und auf Straßen und Plätzen Unterschriften dafür sammelte. 1931 waren von 382 Schülern 212 jüdischen Glaubens. Sie kamen nicht nur aus dem unmittelbaren Umfeld der Schule, sondern auch aus entfernteren Stadtgebieten wie beispielsweise aus dem Ortsteil Grunewald.
Die Schülerschaft stellte nach der Machtergreifung Hitlers große Veränderungen in ihrem Viertel und auch an ihrer Schule fest. Jüdische und NS-kritische Lehrer wurden aus dem Schuldienst entlassen, der Schuldirektor zwangsweise pensioniert. Private Konflikte zwischen jüdischen und nichtjüdischen Schülern hätte es zwar kaum gegeben, aber auf Grund der immer stärker werdenden Hetze gegen sie - von Seiten der Nationalsozialisten - wurde die Frage nach Auswanderungen in den Familien zunehmend diskutiert. Die qualifizierten Lehrer verließen 1933/1934 das Werner-Siemens-Realgymnasium, die Schülerschaft verlor ihren Zusammenhalt, der damalige Rektor Lemme ging in den Ruhestand und bereits Ostern 1934 wurde aufgrund des herbeigeführten Schülermangels die Oberstufe geschlossen. Ohne weitere Begründung schloss sich im Mai 1935 die Auflösung des Werner-Siemens-Realgymnasium an. Das Schulgebäude wurde anschließend von einer Berufsschule für Mädchen genutzt. 1970 zog die 4. Oberschule Technischen Zweigs, die spätere Georg-von-Giesche-Realschule dort ein.

1994 wurde über einem Seiteneingang des Gebäudes an der Hohenstaufenstraße eine Gedenktafel zur Erinnerung an das Werner-Siemens-Realgymnasium angebracht. Auf Anregung des Vereins ehemaliger Schüler und Lehrer des Werner-Siemens-Realgymnasiums nahm die seinerzeit nach der deutschen Schriftstellerin benannte „Malwida-von-Meysenbug-Schule“ in Nikolassee 1967 den Namen „Werner-von-Siemens-Oberschule“ an und verpflichtete sich, die Tradition des Werner-Siemens-Realgymnasium fortzuführen.


2. Bestandsgeschichte

Der Bestand umfasst 18 Akten (... lfm) mit der Laufzeit 1919-1934. Er beinhaltet nur Zeugnislisten.

Die Akten fanden sich im Februar 2011 im Bestand "Siemens-Schule Charlottenburg" (A Rep. 020-16) an und wurden dort herausgelöst und als neuer Bestand formiert. Ursprünglich wurden die Schulakten im Jahr 2000 als Zugang 5517 dem Landesarchiv Berlin vom BIL (Gutachterstelle für deutsches Schul- und Studienwesen im Berliner Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung und Schulentwicklung früher Pädagogisches Zentrum) übergeben.
Die Akten wurden mit der Software Augias.Archiv 8.3 verzeichnet und sind nun über die Findmittel Datenbank und Findbuch zugänglich.

Zahlreiche Akten sind auf Grund archivgesetzlicher Bestimmungen bzw. der EU-Datenschutz-Grundverordnung für die Benutzung befristet gesperrt. Eine Verkürzung der Schutzfristen kann auf Antrag erfolgen. Dazu bedarf es der besonderen Zustimmung des Landesarchivs.

Der Bestand wird wie folgt zitiert: Landesarchiv Berlin, A Rep. 020-53 Nr. ... .


3. Korrespondierende Bestände

A Rep. 000-02-01 Stadtverordnetenversammlung zu Berlin
A Rep. 041-03 Magistrat der Stadt Schöneberg
F Rep. 290 Allgemeine Fotosammlung


4. Literatur- und Quellenverzeichnis

25 Jahre Werner Siemens-Realgymnasium, Berlin- Schöneberg, Vorwort von Paul Friederiszick, Berlin 1928.


Berlin, November 2012 Kerstin Bötticher

Ernst Werner Siemens, ab 1888 von Siemens, (* 13. Dezember 1816 in Lenthe, heute Gehrden; † 6. Dezember 1892 in Berlin) war ein deutscher Erfinder, Begründer der Elektrotechnik und Industrieller. Er gründete zusammen mit Johann Georg Halske am 12. Oktober 1847 die „Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske“ (die heutige Siemens AG).
Wilhelm Wetekamp (* 4. September 1859 in Lippstadt; † März 1945 in Berlin) war ein deutscher Reformpädagoge und Politiker (Freisinnige Volkspartei). Von 1894 bis 1903 war er Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses. Er war ein Pionier des Naturschutzes in Preußen.

Bestandssignatur
Landesarchiv Berlin, A Rep. 020-53

Kontext
Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> A Bestände vor 1945 >> A 2 Magistrat der Stadt Berlin >> A 2.4 Nachgeordnete städtische Behörden und Einrichtungen >> A Rep. 020-03 bis A Rep. 020-ff Städtische Schulen

Bestandslaufzeit

1919 - 1934

Weitere Objektseiten
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Rechteinformation
Für nähere Informationen zu Nutzungs- und Verwertungsrechten kontaktieren Sie bitte info@landesarchiv.berlin.de.
Letzte Aktualisierung
13.06.2023, 10:04 MESZ

Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • <br />1919 - 1934

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