Bestand
Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Allgemeines und Aufgaben
Der Oberbundesanwalt
beim Bundesverwaltungsgericht (OBA) wurde durch Gesetz vom 23.
September 1952 (BGBl. I, S. 625; vgl. auch § 35 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Jan. 1960, BGBl. I, S. 17) als eine
selbständige Rechtspflegebehörde beim Bundesverwaltungsgericht
errichtet. Die Einrichtung des Oberbundesanwaltes diente wie die des
Vertreters des öffentlichen Interesses auf Landesebene (VöI, § 36
Verwaltungsgerichtsordnung) der Wahrung des vom Interessenstandpunkt
der Parteien zu unterscheidenden öffentlichen Interesses. Als
unbeteiligter Mittler sollte der Oberbundesanwalt das Gericht bei der
Rechtsfindung und Rechtsverwirklichung unterstützen. Dem
Oberbundesanwalt kam im Verfahren die Aufgabe zu, dem Gericht
"Hintergrundwissen" über die Motive gesetzlicher Regelungen und über
mögliche politische, wirtschaftliche oder sonstige Auswirkungen der
Gerichtsentscheidung zu vermitteln. Eine weitere wichtige Funktion des
Oberbundesanwaltes bestand darin, die Allgemeinheit des Volkes im
Verfahren zu vertreten, soweit die Parteien im Verfahren nicht dazu
bereit oder in der Lage waren, auch Fragen des Gemeinwohls
anzusprechen. Darüber hinaus sollte der Oberbundesanwalt auch zu einer
Entlastung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren beitragen, indem
er außergerichtlich auf die beteiligten Verwaltungsbehörden sowohl des
Bundes als auch der Länder dahingehend einwirkte, dass sie
Rechtsmittel nicht durchführten, die ihm aufgrund seiner besonderen
Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes als
aussichtslos erschienen. Nicht zuletzt kam ihm daher auch die Funktion
zu, Behörden in Rechtsfragen, die anhängige Fälle oder Fälle betrafen,
bei denen damit zu rechnen war, dass sie zu den Verwaltungsgerichten
gelangten, zu informieren und zu beraten.
Als
sonstiger Beteiligter kraft eigenen Rechts war der Oberbundesanwalt
nicht Vertreter des Bundes oder der Bundesregierung und konnte daher
auch nicht mit Vertretungsaufgaben des Bundes oder einer sonstigen
öffentlichen Körperschaft oder Einrichtung betraut werden. An
Weisungen war er nur dann gebunden, wenn die Bundesregierung diese in
ihrer Gesamtheit (also nicht der einzelne Minister) aussprach. Der
Oberbundesanwalt gehörte zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums
des Innern.
Im Zuge der Haushaltskonsolidierung
wurde der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht am 1. Januar
2002 als eigenständige Behörde aufgelöst und durch den Vertreter des
Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht (VBI) ersetzt. Die
Dienststelle wurde zum 31. Dez. 2001 aufgelöst (Artikel 14 DiszNOG
2001, Bundesgesetzblatt I S. 1509). Die Aufgabe wird durch den
Vertreter des Bundesinteresses (VBI) wahrgenommen, der bei der Abt. V
des Bundesministeriums des Innern eingerichtet wurde. Seine
gesetzliche Grundlage findet der VBI ebenfalls in § 35
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Organisation
Bis 1960 beruhte die
Geschäftsverteilung des Oberbundesanwaltes beim
Bundesverwaltungsgericht auf einer kasuistischen Gliederung in
einzelne Sachgebiete, die von der für die Senate des Gerichts
bestehenden Geschäftsverteilung weitgehend abwich. Mit Wirkung vom 1.
April 1960 wurde ein neuer Geschäftsverteilungsplan in Kraft gesetzt,
der sich im wesentlichen der Geschäftsverteilung des Gerichts anpasste
und jedem der drei neugebildeten Referate die Sachen mehrerer Senate
zur dauerhaften Bearbeitung zuwies.
Inhaltliche Charakterisierung:
Im vorliegenden Findbuch sind die als archivwürdig bewerteten Akten
der Jahre 1953-1974 zu finden. Der Bearbeitung des Bestandes ist
vorerst abgeschlossen.
Schwerpunkte der
Überlieferung bilden fachneutrale Akten zu Personalangelegenheiten und
Geschäftsverteilung sowie die jährlichen Geschäftsberichte vom 2.
Halbjahr 1956 an bis zum Jahresbericht 1966. Daneben sind die Akten
über zwei Verwaltungsstreitsachen vorhanden, hier u. a. die Revision
des Verlags "Hohe Warte" und des Bundes für Gotterkenntnis
("Ludendorff-Bewegung") zum Bundesverwaltungsgericht. Die Tätigkeit
des Oberbundesanwalt schlägt sich auch in der Verfahrensakte, die bei
Gericht geführt wird, nieder.
Vorarchivische Ordnung: Der
Oberbundesanwalt führt Generalakten und Spezialakten, die sich
wiederum in Verfahrensakten und in eine Entscheidungssammlung
gliedern.
Zitierweise: BArch B
221/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch B 221
- Umfang
-
14 Aufbewahrungseinheiten; 1,1 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Bundesrepublik Deutschland mit westalliierten Besatzungszonen (1945 ff) >> Bundesrepublik Deutschland (1949 ff) >> Inneres
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Literatur: Ferdinand Kopp, Die Vertretung der Interessen des Staates und des öffentlichen Interesses in anderen modernen Rechtssystemen, in: VerwArch 1980, S. 209-240.
Ferdinand Kopp, Der Vertreter des öffentlichen Interesses in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: DVBl 1982, S. 277-288.
Ferdinand Kopp (Hrsg.), Die Vertretung des öffentlichen Interesses in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, Passau 1982.
Annette Guckelberger, Vor- und Nachteile eines Vertreters des öffentlichen Interesses, Bayerische Verwaltungsblätter 1998, S. 257-263.
Robert Uerpmann, Das öffentliche Interesse: Seine Bedeutung als Tatbestandsmerkmal und als dogmatischer Begriff (Habilitationsschrift), Tübingen 1999.
Klaus-Dieter Schnappauf, Vom Oberbundesanwalt zum Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht, in: Eberhard Schmidt-Aßmann/ Dieter Sellner/ Günter Hirsch/ Gerd-Heinrich Kemper/ Hinrich Lehmann-Grube (Hrsg.), Festgabe 50 Jahre Bundesverwaltungsgericht, Köln u. a. 2003, S. 185-198.
Peter Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, 2. um einen Nachtrag ergänzte Auflage, Berlin 2006.
Annette Guckelberger in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentierung von § 35 VwGO, 2. Auflage, Baden-Baden 2006.
Michael Gerhardt/Susanne Olbertz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentierung von § 35 VwGO, München 2007.
- Provenienz
-
Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht (OBA), 1952-2001
- Bestandslaufzeit
-
1953
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
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Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht (OBA), 1952-2001
Entstanden
- 1953