Archivale

Forderung, Arrestsache

Enthält: Jacob Gunterum, der Kellner von Bottenbroich, erscheint am 11.2.1637 vor Gericht und erwirkt im Namen seines +Oheims Hermann Dersfellt wegen einer Schuld von 50 Tlr samt Zinsen ("Pensionen") einen Arrest [Beschlagnahmung, Nutzungsverbot] gegen Brun Baum, den dieser zurückweist ("zu recht entsetzt"). Erst ein halbes Jahr später wird weiterverhandelt. Der Kläger legt zunächst Beweisdokumente für seine Forderung vor, die das Gericht und der [Amtmann] Hermann Dederich Forst [von der Vorst] annehmen. Brun Baum, der auf die Ladung hin nicht erscheint, wird in die Kosten der Gerichtsverhandlung verurteilt. Bei den nächsten Terminen reicht er seine Beweismittel ein. Die Streitursache, wie sie aus den in das Protokoll inserierten Schriftstücken hervorgeht, liegt viele Jahre zurück. [Sie soll zum besseren Verständnis näher ausgeführt werden]: Am 24.9.1604 übernahm Hermann Dersfellt aus Düren von seinem Gevatter Johann Bußbaum einen Kredit von 50 Tlr (à 8 Mark 4 Albus), den dieser dem Wildschützen Niclaß zu Kerpen und dessen Frau Elisabeth gewährt hatte. Dersfellt gelobte, das Geld "zwischen diesem und Macher Messen" [= Aschermittwoch] einschließlich 1 Rtlr "Verehrung" dem Gevatter zu erstatten. Am 19.9.1612 erklärten sich die Schuldner bereit, Dersfellt die Hauptsumme samt der bisher gezahlten Pensionen, und zwar für jedes Jahr einen Malter Gerste, zum kommenden Bartholomäustag [= 23.8.] 1613 zurückzuzahlen. Die Zusage wurde aber offensichtlich nicht erfüllt. Claß Wildschütz verschuldete sich indes weiter, so dass Anfang März 1618 sein Besitz offiziell geschätzt und umgeschlagen wurde. Dem Gläubiger Arndt Steprath aus Sindorf wurden Haus und Hof im Wert von 150 Tlr zugeschlagen. Er sollte davon [wohl für die darauf stehende oben genannte Hypothek] 50 Tlr sowie 9 Gulden 3 1/4 Albus an Unkosten zurückbehalten. Der Rest sollte anteilig ("pro quota") an die Rentmeister Theodor Schreiber und Johann Brewer, je nach ihren Eigentumsanteilen ("Domeynen Restanten") bzw. in Form von Mobilien und Saatgut ("harte Saat") abzüglich ihrer Restanten, gehen. Oder aber, wenn die Rentmeister das ganze "Erbe" behalten wollten, sollten sie Steprath oder seinem Bürgen Merten Kleiffgen die 50 Tlr Kapital und Unkosten vorschießen ("vorabgeben"). Steprath müsse aber dann selbst, notfalls "mit Pfandrecht", die [ausstehenden und künftigen] Pensionen bei Wildschütz oder seinen Erben einholen. Wenn die Erbgüter aber verkauft werden könnten, sollte das, was über 150 Tlr hinaus erlöst werden würde, dem Schuldner Claß Wildschütz zugute kommen. Letzteres geschah anscheinend. Wie sich die Besitzverhältnisse weiter entwickelten, ist undeutlich. Anscheinend erhielt Heinrich Thumben den Zuschlag auf die Güter und nahm sie nach Ablauf der üblichen Jahresfrist in Besitz ("nach Verlauff jähriger Zeit verus Dominus worden"). Nach 18 Jahren verkaufte er sie offensichtlich an Brun Baum, Claßens Schwiegersohn, an den Jacob von Bottenbroich jetzt seine angeblich noch offene Forderung richtet (nach dem Rechtssatz: "quod res transeat cum onere", d. h. die Sache geht mit der darauf liegenden Last [auf den neuen Besitzer] über). Brun bestreitet dies und verlangt, in seinem Besitz ungestört gelassen zu werden und dem Kläger Stillschweigen aufzuerlegen. Er lässt außerdem zu seiner Unterstützung seinen Verkäufer ("venditor") Heinrich Thumben "ad interveniendum" vor das Gericht zitieren. Der Kläger, der sich teilweise durch seinen Anwalt Kaldenberg vertreten lässt, beschuldigt nun Brun, dass er zudem eine oder zwei Kisten aus den gereiten Gütern [des Claß Wildschütz] besitze, dass er sich also der fahrenden Habe bemächtigt habe "sine beneficio inventarii" (d. h. ohne eine Aufstellung über die Erbschaft aufzurichten, die ihn gegebenenfalls berechtigte, noch ausstehende Zahlungen zurückzuweise). Dies sei "Praesumtio iuris" (d. h. der Beklagte müsse erst das Gegenteil beweisen) und ein erschwerender Klaggrund. Bevor sich Brun Baum aber darauf einlässt, fordert er erst einmal vom Kläger die Kaution, die nach damaligem Prozessrecht erforderlich ist, weil dieser ein Auswärtiger ist. [Es soll damit sichergestellt werden, dass Jacob Gunterum den Prozess, auch wenn er nicht Eingesessener der Herrschaft Kerpen ist, am Kerpener Gericht fortsetzt und nicht etwa den Beklagten an ein anderes Gericht zieht]. Jacob Gunterum willigt ein und bestimmt Jacob Wolff, Halfe zu Langenich, die Kaution "auff- und ahnzunemmen". Baum gibt sich zufrieden, bekräftigt aber noch einmal seinen Standpunkt und bittet erneut, von der Klage "absolviert" zu werden. Gunterum dagegen fordert nun seinerseits den Beklagten zu einer Versicherung auf, sich weiter dem Gericht und v. a. den anfallenden Kosten zu stellen ("cautio juratoria"). Der erklärt sich dazu bereit. Das Gericht drängt nun "zu Verhütung größerer Kosten" die Parteien zu einem schnellen Abschluss auch in der Hauptsache ("in principali schleunig undt schließlich handelen"); d. h. wohl, es wird ihnen noch einmal Gelegenheit zu einer Erklärung gegeben, "umb zue rechtlicher decision [Entscheidung] zu gerathen". Eine solche "Conclusion" liegt jedoch nur vom Anwalt des Beklagten Baum vor, der darin noch einmal das Unrecht der Klage anprangert und die Schöffen bittet, "alles cum refusione expensarum [Kostenerstattung] darin an jetzo (zu) schließen". Wer letztlich Recht erhielt, ist nicht überliefert.

Reference number
GerKer, 715
Extent
Schriftstücke: 2

Context
Schöffengericht Kerpen >> 1 Zivilsachen >> 1.1 Forderungen - Geld / Sachen
Holding
GerKer Schöffengericht Kerpen

Indexbegriff subject
Arrest
Bürgschaft
Forderung
Gerichtsprotokoll
Kaution
Macher Messen = Aschermittwoch
Wildschützen von Kerpen
Indexentry person
Baum - Brun 1638
Baum, Brun
Brewer, Johann, Rentmeister ?
Brewer, Johann, Rentmeister des Klosters Bottenbroich
Bußbaum, Johann
Bußbaum, Johann 1604
Claß, Wildschütz in Kerpen und Elisabeth, seine Frau
Dersfellt, Hermann
Dersfellt, Hermann, aus Düren 1604
Draetz, Gerhard, Zeuge 1613
Forst, Hermann Dederich, Amtmann 1637
Gunterum, Jacob, Kellner des Klosters Bottenbroich
Kaldenberg, Anwalt
Kaldenberg, Anwalt 1637/38
Kleiffgen, Merten 1618
Kleiffgen, Merten um 1620
Marioduramis, Anton Bernhardt, Notar 1613
Niclaß N., Wildschütze in Kerpen
Schreiber, Theodor, Rentmeister
Schreiber, Theodor, Rentmeister des Klosters Bottenbroich
Steprath, Arndt, aus Sindorf
Thumben, Heinrich
Thumben, Heinrich 1618
Wolff, Jacob, Halfe zu Langenich
Wolff, Jacob, Halfe zu Langenich 1638
Indexentry place
Bottenbroich, Kloster
Bottenbroich, Zisterzienserkloster (zur Herrschaft Hemmerbach gehörend)
Langenich
Sindorf

Date of creation
1637 - 1638

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Last update
24.06.2025, 2:08 PM CEST

Data provider

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Object type

  • Archivale

Time of origin

  • 1637 - 1638

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