Neurobiologische Korrelate der instruierten Furcht bei Anorexia Nervosa

Abstract: Anorexia nervosa (AN) ist eine schwere psychische Störung, wobei eine gestörte Emotionsregulation pathophysiologisch relevant ist. Pathologische Muster für das Erlernen und das Verarbeiten von Furcht bei Patientinnen mit AN könnten hinweisgebend auf die Furcht vor Gewichtszunahme und einem entsprechenden Vermeidungsverhalten sein. Die anhaltende Restriktion der Nahrungsaufnahme
hat Studien zufolge einen angstmindernden Effekt, während das Risiko an einer Angststörung zu erkranken bei Patientinnen mit AN signifikant erhöht ist.
In einem sogenannten „Instruierten Furchtparadigma“ wurden funktionelle zerebrale und physiologische Korrelate des Furchtlernenes bei 31 Frauen mit AN und 32 gesunden Kontrollen mittels funktioneller Magnetresonanztomografie untersucht. Die Probandinnen wurden instruiert, dass beim Erscheinen eines anfänglich neutralen Bildes, in Form eines farbigen Rechtecks, ein aversiver
Stimulus appliziert werden könnte („Furchtbedingung“), wohingegen während der Präsentation eines anders farbigen Rechtecks zu keiner Zeit ein aversiver Stimulus gegeben wird („Sicherheitsbedingung“). Als Maß für die Furchtakquisition mittels Instruktion dienten ein Stimulus-Erwartungsrating sowie die Messung der elektrodermalen Antwort.
Die Ergebnisse zeigen bei gesunden Probandinnen Aktivität in aus früheren Studien bekannten Furchtassoziierten Arealen, wie unter anderem der Inselrinde, dem anterioren Cingulum und dem dorsomedialen präfrontalen Cortex. Dies ist beweisend für die gelungene Durchführung des „Instruierten Furchtparadigmas“ (sogenanntes „proof of concept“). Frauen mit AN zeigten eine umfassende Hyporesponsivität in Arealen des zerebralen „Furchtnetzwerkes“, einschließlich
Inselrinde, anteriorem Gyrus cinguli, dorsomedialem und dorsolateralem Präfrontalcortex, wobei sie ihren Angstzustand, als auch ihre ängstlichen Persönlichkeitseigenschaften als signifikant höher bewerteten. Auch der Zeitverlauf der physiologischen Furchtsignale zeigte sich signifikant verändert.
Die funktionelle Hyporesponsivität des „Furchtnetzwerkes“ bei Frauen mit AN steht im Kontrast zu der vergleichsweise hohen Ängstlichkeit dieser Frauen. Dies könnte ein Hinweis auf eine Beeinträchtigung der neurobiologischen Furchtverarbeitung und Furchtregulation sein. Hierbei könnte ein, durch starke Unterernährung hervorgerufener, anxiolytischer Effekt eine zentrale Rolle spielen. Studien die krankheitsspezifisch aversiv wahrgenommene Stimuli (Körperbild und hoch-kalorische Lebensmittel) untersuchten berichten hingegen von einer erhöhten Aktivität des „Furchtnetzwerkes“.
Somit scheint das „Furchtnetzwerk“ bei AN nicht generell hyporesponsiv zu sein. Es wäre hingegen möglich, dass Patientinnen mit AN emotional auf krankheitsspezifische Inhalte fokussiert sind. Diese erste Studie zur Furchtkonditionierung bei AN zeigt somit erhebliche Störungen hinsichtlich
zerebraler Korrelate der Furcht sowie eine Dissoziation zwischen subjektivem Empfinden und neurobiologischer Aktivität

Standort
Deutsche Nationalbibliothek Frankfurt am Main
Umfang
Online-Ressource
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Universität Freiburg, Dissertation, 2017

Schlagwort
American Psychiatric Association
Anorexia nervosa
Angststörung
Präfrontaler Cortex
Furcht
Gyrus cinguli
Anorexia nervosa
Furcht
Anorexia nervosa
Funktionelle Kernspintomografie
Neurophysiologie
Angststörung

Ereignis
Veröffentlichung
(wo)
Freiburg
(wer)
Universität
(wann)
2018
Urheber
Beteiligte Personen und Organisationen

DOI
10.6094/UNIFR/16229
URN
urn:nbn:de:bsz:25-freidok-162294
Rechteinformation
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Letzte Aktualisierung
25.03.2025, 13:47 MEZ

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Entstanden

  • 2018

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