Bestand

[S 1] 08 Nachlass Familienarchiv Wippermann (Bestand)

Verwaltungsgeschichte/biographische Angaben: Vorwort

Grundstein für die umfangreiche Aktenregistratur des Familienarchivs der Familie Wippermann ist das Testament von Engelbert von der Wipper, genannt Wippermann, seit 1589 Domscholaster an der Metropolitankirche zu Bremen. Darin verfügte er, dass nach seinem Tod im Jahr 1621 sein sehr beträchtliches Vermögen als Fundus für eine Familienstiftung zu verwenden sei, aus dessen Zinsen Stipendien an Agnaten für ein Studium der Rechte vergeben werden sollten. Des Weiteren sollte eine Stiftungsprofessur (Familienprofessur) an der Universität in Rinteln eingerichtet werden und durch den Dom zu Bremen Armengelder verteilt werden.
Die Aufhebung der Universität in Rinteln 1810 durch König Jerome hatte das Erlöschen der Wippermannschen Familienprofessur zur Folge und die Erhöhung des Studienfonds aus dem freigesetzten Vermögen des Professurfonds.
Die Inflationsjahre 1923/24 und die Währungsreform nach dem Zweiten Weltkrieg dezimierten das Kapital der Stiftung derartig, dass aus den Erträgen keine Stipendien mehr zu finanzieren waren.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges hatte die Stiftung unter der Aufsicht des Landes Schaumburg-Lippe gestanden, nach der Neuordnung der Bundesländer 1948/49 dem Regierungspräsidenten in Hannover.

Weil sie ihrem ursprünglichem Zweck, Stipendien an Studenten zu vergeben, nicht mehr nachkommen konnte, drohte der Stiftung die Auflösung durch die Stiftungsbehörde.
Um dies zu verhindern, lief sie ab 1971 bis 1995 als gemeinnütziger Verein unter der Bezeichnung Verein der Engelbert Wippermann'schen Familienstiftung von 1621 e. V. mit Sitz in Ludwigsburg weiter. Zweck des Vereins im Sinne der Gemeinnützigkeitsordnung war fortan die Förderung der Lippischen und Schaumburgischen Heimatkunde und der Familienforschung sowie weiterhin im dem verminderten Vereinsvermögen entsprechenden Umfange die Förderung von männlichen Studierenden, die in gerader Linie vom Vogt Johann von der Wipper abstammten.
Am 14. Mai 1995 beschlossen die Teilnehmer des 61. Familienkonvents seit 1621 in Mühltal-Trautheim unter der Leitung des damaligen Seniors Friedrich Wippermann die Auflösung des Vereins und die Übergabe des Familienarchivs an das Stadtarchiv Lemgo durch Dr. Gerd Wippermann (verstorben 2015). Dem waren schon seit 1986 Verhandlungen mit dem Stadtarchiv vorausgegangen.

Die Verzeichnung wurde nach der Vorlage des 1906 sehr sorgfältig erstellten Repertoriums (Nr. 132) vorgenommen und in AUGIAS.8 übertragen. Zu dieser Zeit war der Familienrezeptor (Geschäftsführer) Conrad Wilhelm Wippermann beauftragt worden, die Aktenregistratur der Familienstiftung neu zu ordnen und als Familienarchiv anzulegen. Ferner hatte er den Auftrag, eine Chronik über die Entwicklung der Stiftung zu schreiben, die in der "Geschichte der Einrichtungen der Engelbert Wippermann'schen Familie" zusammengefasst ist (Nr. 117).
Die Titel der überlieferten Verzeichnung wurden überarbeitet und im heute üblichen Sprachstil abgefasst, um den Bestand der Benutzung zugänglicher zu machen. Veraltete Begriffe wurden teilweise beibehalten und lediglich mit Anmerkungen (eckige Klammern) zur Begriffsklärung versehen.
Im Anhang des Findbuchs findet sich die wortgetreue Transkription des Repertoriums, das bis ca. 1940 geführt wurde. Danach kamen weitere Zugänge in das Familienarchiv, die nur in der Verzeichnung des Stadtarchivs von 1995 vorhanden waren. Der letzte Zugang zum Familienarchiv Wippermann ist das Manuskript zum Buch von Don Wippermann, Wisconsin mit dem Titel: Wisconsin Wippermann Family History. (Nr. 163) Hierbei handelt es sich um einen Nachfahren des im 19. Jahrhundert ausgewanderten Otto Wippermann, dessen Sohn Otto L. Wippermann 1944 ebenfalls eine Familiengeschichte kleineren Umfangs verfasst hat (Nr. 159 und 161).
Die Tiefe der Verzeichnung ist gegenüber der vorhandenen Findkartei merklich intensiviert worden. Unter mehreren Aktengruppen des Repertoriums war nur die Anzahl der weiteren darin befindlichen Akten angegeben. Diese wurden bei der Neuverzeichnung jeweils als Einzelakten behandelt, so dass sich die Zahl der Verzeichnungseinheiten von 96 auf 164 erhöht.
Damit ist jedoch die Verzeichnungstiefe noch nicht vollständig ausgeschöpft. Jeder Einzelakte steht ein Inhaltsverzeichnis voran, in dem die durchnummerierten Dokumente aufgezählt werden.

Die Familiengeschichte wurde seit dem 19. Jahrhundert von Familienangehörigen bestens erforscht und findet in mehreren Publikationen ihren Niederschlag. Mit den Anfängen der Familienforschung erhielten alle Agnaten zur besseren Identifizierung eine Nummer. Die Nummern wurden in die Titel aufgenommen, soweit sie im Repertorium aufgeführt gewesen sind. In der Literatur sowie den Familienrundbriefen von 1948 bis 1995, die selbst eine reichhaltige Quelle von Informationen zur Familiengeschichte sind, werden sie stets als Namenszusatz mit angeführt.
Die erste gedruckte Familienchronik ist die "Geschichte der Engelbert Wippermann'schen Familie" von 1893, anscheinend ein Werk kollektiver Zusammenarbeit, das im Besitz der Familie blieb und nicht veröffentlicht wurde (Nr. 154 und 164).
Auch der amerikanische Zweig der Familie betreibt weiterhin rege Familienforschung. Davon zeugt die kürzlich dem Archiv übergebene 'Wisconsin Wippermann Family History. Die Familie von der Wipper', 3. Auflage von Don Wippermann (Nr. 163).
Außer der umfangreichen Aktenregistratur enthält der Bestand großformatige Stammtafeln (Nr. 80 bis 89) und zahlreiche Fotografien (Nr. 161, 152, 157, 133, 134), unter anderem von den Familienkonventen.

Die Fotos unter den Signaturen NL 16/134 und NL 16/161 liegen im Überformat vor und sind auf dem Dachboden Süsterhaus gelagert.

Erläuterungen (ausführlich siehe Anhang)


Engelbert von der Wipper, genannt Wippermann

-Testator/ Stifter der Engelbert Wippermannschen Familienstiftung
- Sohn des Vogts zu Brakel Johann von der Wipper, der ein Sohn des Lemgoer Bürgermeisters Ernst von der Wipper gewesen sein soll und seiner Ehefrau Elisabeth, geb. Heistermann
- angenommenes Geburtsjahr 1549
- Beginn des Jurastudiums an der Universität Marburg 1566, Professor dort war sein Onkel Anton Heistermann, dessen Nachkommen später bei der Vergabe der Familienprofessuren neben den Nachkommen Johann Wippermanns mit bedacht worden sind (Engelbert hatte keine eigenen Kinder, deshalb ging sein Erbe auf die anderen Nachkommen seines Vaters Johann über, die Johanneische Linie)
- Heirat mit Margarethe Eggeling, Tochter des aus Braunschweig stammenden Dr. Gedeon Eggeling, Syndikus des Bremer Domkapitells

Familienprofessur
- Ausgehend vom Testament des Engelbert Wippermann, richtete die Familie eine Professur für Jura in Rinteln ein, die von Nachkommen Johann Wippermanns, Vogt zu Brakel (Agnaten = männliche Linie) oder Anton Heistermanns (Professor von Engelbert Wippermann und sein Onkel mütterlicherseits = Cognaten = weibliche Linie) eingenommen werden sollte. Der Vorzug aber galt der männlichen Linie.
- Erster Inhaber der Professur war ? Hermann Goehausen. Nach seinem Tod im Jahr 1632 blieb die Stelle unbesetzt bis 1650 Hermann Heistermann die Professur erlangte, der sie an der Universität in Paderborn installierte. 1657 einigten sich die Familien Wippermann und Heistermann nach Jahre andauerndem Streit auf dauerhafte Rückführung der Professur an die Universität Rinteln. Engelbert Wippermann, Sohn des Dekans Jobst Wippermann erhielt die Stelle.

Hermann Goehausen
- war als erster ab 1622 bis zu seinem Tod 1632 Familienprofessor an der Universität in Rinteln. Obwohl er nicht zur Familie gehörte, bekam er die Professur, weil er in Engelbert Wippermanns besonderer Gunst gestanden hatte.
- 1630 publizierte er eine Strafordnung zum juristischen Vorgehen gegen Hexen und Zauberer, die während der Perioden der Hexenverfolgung weite Verbreitung und Anwendung fand und besonders grausame Foltermethoden zur Behandlung der verdächtigten Personen zur Anleitung gab.
- Onkel des Lemgoer Hexenbürgermeisters Hermann Cothmann

Wippermann-Haus in der Kramerstraße, Lemgo
- Erbaut 1576 von Christian Wippermann, einem Sohn des Bürgermeisters Ernst Wippermann

Literatur

Geschichte der Engelbert Wippermann'schen Familie. Privatdruck 1893. Nachtrag 1914.

Heinrich Möller-Friedrich: Aus der Geschichte der Lemgoer Familie Wippermann. In: Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Firma F.W. Wippermann Lemgo 1834-1934, S. 5-18. Lemgo 1934.

Dieter Schepper. Zur Genealogie der Lemgoer Familie Wippermann. Ein Erbstreit aus dem Jahre 1593 als genealogische Quelle. In: Mitteilungen aus der lippischen Geschichte und Landeskunde, 25. Bd., S. 204-217. Detmold 1956.

Fritz Waldeyer: "Haus Wippermann". Kramerstraße 5-7, In Lemgoer Hefte 11 (1980), S. 28-31.

Franz Flaskamp: Das westfälische Patriziergeschlecht Wippermann. In: Westfälische Zeitschrift, 110. Bd., S. 249-270. Münster 1960.

Karl Brenker in Verbindung mit Felix Meyer. Stammtafel des Geschlechts Wippermann. In: Ebd., S. 218-247.

Franz Flaskamp: Konrad Wippermann. Ein Lebensbild an einer kirchlichen Zeitenwende. In: Jahrbuch des Vereins für Westfälische Kirchengeschichte, Bd. 62, S. 109-127. Bethel bei Bielefeld 1969.

Horst Wrenger: "Haus Wippermann" - Sanierungswerk mit Überraschungen, In: Lemgoer Hefte 11 (1980), S. 26-28.

Werner Rodewald: Die Abstammung des Lemgoer Carsten Wippermann. In: Lippische Mitteilungen, 40. Bd., S. 195-198. Detmold 1971.

Wilhelm Süvern: Die Brüder Johann Friedrich und August Wippermann. Ein Beitrag zur Geschichte der Fürstin Pauline zur Lippe. In: Lippische Mitteilungen, 47. Bd., S. 38-110. Detmold 1978.

Reference number of holding
08 NL 16

Context
Stadtarchiv Lemgo (Archivtektonik) >> Nachlässe (natürliche Personen)

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06.03.2025, 6:28 PM CET

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