Bestand
Deutscher und Preußischer Städtetag (Bestand)
Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.
Geschichte der Organisation
Der "Preußische Städtetag" als Interessenverband aller preußischen Städte mit über 25000 Einwohnern wurde durch konstituierende Vollversammlung in Berlin im September 1896 gegründet, nachdem der Kasseler Oberbürgermeister Westerburg im Februar 1896 auf einer Versammlung der preußischen Städte in Berlin hierzu einen entsprechenden Antrag vorgebracht hatte. Der bewußt nicht als Verein, sondern als turnusmäßig stattfindender "Tag" organisierte Verband hatte neben dem interstädtischen Austausch über spezifische Verwaltungsfragen das Ziel, die Anliegen der preußischen Städte in der preußischen und der Reichspolitik stärker als bisher zur Geltung zu bringen. Vorbilder dafür waren die (groß-) agrarischen und industriellen Interessenverbände, die solche Art von Interessenpolitik für ihre Ziele schon länger mit Erfolg betrieben. Anläufe zur Gründung eines Städtevereins hatte es schon in dem halben Jahrhundert zuvor gegeben, und auch auf provinzialer Ebene war es schon früher zu unregelmäßigen Städtetagen gekommen (Schlesischer Städtetag 1863, Brandenburgischer Städtetag 1873, Pommerscher Städtetag 1875, Westfälischer Städtetag 1876), welche auch nach 1896 weiterhin stattfanden.
Der neu gegründete Preußische Städtetag war vor allem anfangs eine locker gefügte Organisation: es gab einen zehnköpfigen Vorstand, dem aufgegeben war, mindestens alle zwei Jahre eine Vollversammlung der berechtigten Städte einzuberufen und diese vorzubereiten. Der Vorstand konnte sich in dringenden Fällen auch in der Zwischenzeit zu Beratungen in Berlin treffen. Schwerpunkte der Verbandstätigkeit des Preußischen Städtetages waren vor allem der Kampf um die Versorgung der Stadtbevölkerung mit preiswerten Nahrungsmitteln, gerichtet gegen die agrarisch-staatliche Einfuhrzollpolitik, und das Bemühen um Wahrung der städtischen Autonomie auf dem Gebiet des niederen Schulwesens.
Die Gründung eines "Deutschen Städtetages" wurde in Dresden im September 1903 beschlossen; er lehnte sich in Organisation und Satzung eng an den Preußischen Städtetag an. Das gilt vor allem hinsichtlich einer hauptamtlichen Geschäftsführerstelle, die im April 1913 beim Preußischen, drei Monate später beim Deutschen Städtetag eingerichtet und vom Magdeburger Stadtrat Luther, dem späteren Reichskanzler, in Personalunion in einer gemeinsamen Geschäftsstelle versehen wurde. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs verlagerte sich das Schwergewicht der Verbandsarbeit vom Preußischen hin zu diesem Deutschen Städtetag, da wegen des Krieges Gesetzgebung und Verwaltung zunehmend vom Reich ausgingen und dessen Behörden sich in wichtigen Angelegenheiten dementsprechend an den Deutschen Städtetag wandten. Bestimmende Materie war in den Kriegs- und ersten Nachkriegsjahren die Lebensmittelversorgung, die Organisation des Arbeitsmarktes und die allgemeine wirtschaftliche Lage der städtischen Bevölkerung.
In der Weimarer Republik kam als wesentliche Materie der beiden organisatorisch und personell weitgehend miteinander verschmolzenen Verbände der Wohnungsbau hinzu. Organisatorisch von Bedeutung war, dass 1925 das Amt eines Präsidenten des Deutschen und Preußischen Städtetages geschaffen wurde, dessen Inhaber, Oskar Mulert, zugleich Leiter der Kommunalabteilung im preußischen Innenministerium war.
Nach der Machtübernahme durch die NSDAP 1933 verloren der Deutsche und Preußische Städtetag, zusammen mit den anderen kommunalen Spitzenverbänden (Reichsstädtebund, Deutscher Landkreistag, Deutscher Landgemeindetag, Preußischer Landgemeindetag West, Verband der preußischen Provinzen), ihre Selbständigkeit. Per Gesetz vom 15. Dezember 1933 wurden alle Städte, Landgemeinden, Landkreise, Provinzen im "Deutschen Gemeindetag" zwangsweise zusammengeschlossen.
Bestandsgeschichte
Der Bestand des Deutschen und Preußischen Städtetages wird heute von zwei Archiven verwahrt. Ein kleiner Teil an nicht mehr benötigten (Vor-)Akten des preußischen Städtetages wurde schon 1937 durch den Deutschen Gemeindetag an das Geheime Staatsarchiv abgegeben (Akz. 255/1937) und gelangte durch die kriegsbedingten Auslagerungen schließlich in das Deutsche Zentralarchiv in Merseburg, von wo er 1992 nach Berlin in das Geheime Staatsarchiv PK zurückgeführt wurde.
Der zweite, größere Teil besteht aus den während des Krieges in der Berliner Registratur des Deutschen Gemeindetages verbliebenen Akten des Deutschen und Preußischen Städtetages. Sie wurden 1968 dem Landesarchiv Berlin als Depositum übergeben und bilden dort den Bestand "B Rep. 142-01 Deutscher und Preußischer Städtetag" mit einem Umfang von 86 laufenden Metern.
Hingewiesen sei auch auf die Akten aus der Registratur der kriegsbedingt nach Wels verlagerten Geschäftsstelle des Deutschen Gemeindetages, die nach 1945 nach Westdeutschland verbracht wurden; sie werden seit 1953 vom Bundesarchiv als Bestand "R 36" verwahrt.
Bestandsaufbau
Der im GStA PK verwahrte Teilbestand bildet keine organische Einheit. Die Gründungs- und Anfangsphase des Preußischen Städtetages hat in ihm keinen Niederschlag gefunden, ebensowenig der organisatorische Aspekt der Verbandsarbeit (Geschäftsordnung, Verhandlungen, Ausschüsse). Die wesentliche Anzahl der Akten bezieht sich auf die Probleme der Kriegs-(ernährungs)-wirtschaft und der nach dem Krieg auftretenden sozialen Probleme, insbesondere beim Wohnungsbau.
Für eine Übersicht der beim Preußischen und Deutschen Städtetag erwachsenen Überlieferung ist das entsprechende Findbuch des Landesarchivs Berlin heranzuziehen.
Literatur:
Beckstein, Hermann: Städtische Interessenpolitik. Organisation und Politik der Städtetage in Bayern, Preußen und im Deutschen Reich 1896-1923 (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bd. 93), Düsseldorf 1991.
Viergutz, Volker: Die kommunalen Spitzenverbände. Zu ihrer Geschichte und ihrer archivalischen Überlieferung, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jb. des Landesarchivs Berlin, Jg. 1983, 53-74.
Viergutz, Volker: Deutscher und Preußischer Städtetag. Repositur 142/1, Bd. 1 (Findbücher. Herausgegeben vom Landesarchiv Berlin, Nr. 5a), Berlin 1988.
Die Verzeichnung ist eine Datenbankeingabe der in Merseburg angelegten Findkartei; Vorwort und Klassifikation erstellte Dr. Kober.
Der Bestand ist frei benutzbar.
Die Archivalien sind zu bestellen:
I. HA Rep. 193 A Nr. [ ]
Die Archivalien sind zu zitieren:
GStA PK, I. HA Rep. 193 A Deutscher und Preußischer Städtetag, Nr. [ ]
Letzte vergebene Nummer:
November 2007
gez. Dr. Kober
Zitierweise: GStA PK, I. HA Rep. 193 A
- Reference number of holding
-
I. HA Rep. 193 A
- Extent
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Umfang: Umfang: 3 lfm (172 VE); Umfang: 3 lfm (172 VE)
- Language of the material
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deutsch
- Context
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Tektonik >> STAATSOBERHAUPT UND OBERSTE STAATSBEHÖRDEN, MINISTERIEN UND ANDERE ZENTRALBEHÖRDEN PREUSSENS AB 1808 >> Inneres >> Interessenvertretung der Kommunalkörperschaften
- Date of creation of holding
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Laufzeit: 1913 - 1933
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
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19.08.2025, 12:19 PM CEST
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- Laufzeit: 1913 - 1933