Archivale

Erblehenbrief (Bestandbrief)

Regest: Michael Schmalagker, wohnhaft zu Sickhenhaußen, bekennt, daß er zu einem steten Erblehen bestanden und empfangen hat von Urban Zaininger und Hans Weiß dem Tücher, Pflegern der armen Sondersiechen zu Reutlingen, den Hof der Armen zu Sickhenhaußen, den zuvor Laux Schmalagkher, sein Vater selig, innegehabt und gebaut hat. Darein gehört: Haus, Scheuer, Hofraiti und ein Gärtlein dabei, 30 1/2 Jauchart Ackers in den 3 Zelgen, 6 1/2 Mannsmahd und 1 Viertel Baumgartens und Wiesen, wie diese Güter mit ihren Gelegern (= Lagen) und Anstößern in der Erneuerung der genannten Armen nach seiner Bekanntnus (= Angabe) aufgeschrieben sind. Er hat den Hof empfangen um das Drittel aller Früchte, das der Maier den Armenpflegern jährlich zu Landgarb zu geben hat. Die Kornfrüchte soll er ohne Kosten für sie abschneiden, ihr Drittel vor seinem Teil in die Scheuer führen und in einen eigenen Barn (= Teil der Scheuer) sonderlich legen, desgleichen von andern Früchten, die er in die Äcker des Hofs säen würde, den Armen ihr Drittel getreulich geben, ohne darin Gefährlichkeit (= Betrug) oder Vorteil zu brauchen. Wenn er jedes Jahr schneiden will, soll er es 3 oder 4 Tage zuvor den Armenpflegern zu wissen tun. Diese sollen alsdann einen Landgarber schicken, der ihrer Landgarbe wartet und sie empfängt. Dem Landgarber sollen die Pfleger Belohnung und der Maier zu essen zu geben schuldig sein. Der Maier soll den Armen jährlich ihr Drittel der Kornfrüchte, wenn es auf ihre Kosten ausgedroschen wird, gen Reutlingen vor ihren Kasten führen ohne Kosten für sie. Doch sollen die Pfleger jährlich den oder die, die diese Früchte abliefern, auch ihre Rosse mit Essen und Futter halten wie ihre anderen Maier. Der Maier soll, die Drescher der Armen, solange bis sie ihr Drittel ausgedroschen haben, beherbergen und ihre Speise kochen. Der Maier soll den Armen jährlich auf St. Martins Tag geben 2 Pfund 16 Schilling Heller Wieszins, 1 Faßnachthenne, 2 Herbsthühner, 1 Viertel Eier auf Ostern, ferner 4 Schilling Heller aus 1 Viertel Wiesen, das jetzt ein Acker ist, zu Aichwiesen, "so vor (= vorher) den Pfründen zu Reutlingen gegangen". Und wenn der Maier dieses wieder zu einer Wiese liegen läßt, so ist er daraus jährlich 6 Schilling zu geben schuldig. Der Maier soll auch jährlich die Zinse und Gülten, die aus diesem Hof gehen, desgleichen alle Beschwerden und Auflegungen, die von dem Landesfürsten auf diesen Hof gelegt würden, bezahlen ohne Nachteil und Kosten für die Armen und ihre Pfleger. Der Maier verspricht, den Hof mit aller seiner Zugehörd in guten Ehren, ziemlichem Bau zu Dorf und Feld zu halten, die Äcker und Wiesen zu reuten, zu säubern, zu vermachen, sie an keiner Stelle ungebaut liegen zu lassen, sondern mit Düngen und allem üblichen Bau zu rechter Zeit zu versehen. Der Maier soll Heu, Stroh, Mist und Kurzfutter, so auf diesem Hof wächst und gemacht wird, für diesen Hof brauchen und nichts davon verkaufen noch anderswo verwenden. Falls der Maier eigene Güter hat, so soll er das davon kommende Gestreu auch für diesen Hof brauchen. Doch kann er auf jede Jauchart seiner eigenen Äcker zu jeder Brach soviel Mist führen, wie er zu jeder Brach auf 1 Jauchart dieses Hofs führt. Wenn ein Maier diese Bestimmungen nicht hielte, so soll er die Lehenschaft des Hofs verwirkt haben oder den Armen darum vollkommen Abtrag tun (= Entschädigung leisten) nach Erkenntnis des Gerichts zu Altenburg. Der Hof darf nicht von Erbschaft wegen oder aus sonst einem Grunde zerteilt werden, sondern soll immer in einer Hand bleiben und von einer Hand gebaut werden. Der Maier darf die Lehenschaft des Hofs oder ein darein gehöriges Gut nicht versetzen, verpfänden, verkaufen, mit Zinsen oder Gülten beschweren noch eine Änderung mit den Gütern vornehmen ohne Erlaubnis der Armenpfleger. Welcher Maier dawider tut, der soll darum strafbar sein, und solcher Verkauf, Versetzung oder Beschwerung soll keine Kraft haben. Doch kann der Maier die Lehenschaft Samentkaufs (= als ganze) verkaufen an einen andern Maier, der den Armenpflegern gefällig und für einen Baumann aufzunehmen ist. Wenn der Hof so verkauft wird, so können die Armenpfleger ihn dem Käufer leihen oder die Lehenschaft um das Geld, darum sie verkauft ist, zu ihren Handen lösen, welches ihnen liebt und gefällig ist (= nach ihrem Belieben). So oft der Hof von einer Hand in die andere kommt, es sei wegen Verkaufs oder wegen Sterbens eines Maiers, soll jedesmal der von dem Hof lebendig oder tot Abgehende, den Armenpflegern 1 Gulden rhein. zu Weglöse und der darauf Kommende 1 Gulden rhein. zu Handlohn geben und dazu den Hof von den Pflegern empfangen und diesem Brief zu leben Sicherheit und Tröstung tun mit Verschreibung oder Bürgschaft, wie die Pfleger das begehren. Das soll in Monatsfrist vollzogen werden. Bliebe es über einen Monat anstehen, so soll der Maier seine Lehenschaft verwirkt haben oder den Armen Abtrag tun nach Erkenntnis des Gerichts zu Altenburg.

Dorsal-/Marginalvermerke: Auf der Rückseite: Der 1. Hof. -
Anjetzo Stephan Mayer praetor (?) und Georg Jedelin.

Archivaliensignatur
A 2 a (Kaufbriefe u.a.) Nr. A 2 a (Kaufbriefe u.a.) Nr. 2019
Formalbeschreibung
Beschreibstoff: Pg.
Sonstige Erschließungsangaben
Siegel (Erhaltung): beide Siegel mit undeutlicher Prägung vorhanden

Zeugen / Siegler / Unterschriften: Siegler: Jörg Becht, alter Bürgermeister, und M. Benedict Gretzinger, Stadtschreiber zu Reutlingen und immatrikulierter Notarius

Genetisches Stadium: Or.

Kontext
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 1-6) >> Bd. 5 Armenpflege: Zinsbriefe, Kaufbriefe u.ä.
Bestand
A 2 a (Kaufbriefe u.a.) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 1-6)

Laufzeit
1566 Februar 3, 3. Tag Hornungs

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Letzte Aktualisierung
20.03.2025, 11:14 MEZ

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Objekttyp

  • Archivale

Entstanden

  • 1566 Februar 3, 3. Tag Hornungs

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