Urkunde
Die durch Johann Philipp [von Schönborn], Erzbischof von Mainz, Erzkanzler des Heiligen Römischen Reichs, Kurfürst, Bischof von Würzburg und Herzo...
- Archivaliensignatur
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1876
- Formalbeschreibung
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Kopie, Papier, unbesiegelt
- Bemerkungen
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Die Urkunde folgt bei der Berechnung des Tagesdatums sowohl dem alten julianischen als auch dem neuen gregorianischen Kalender.
Die Urkunde weist als Abschrift keine Siegel oder Unterschriften auf, sondern hat für die Siegel neben den Unterschriften den Hinweis L. S. (Locus Sigilli), daneben von der Hand des Schreibers die Unterschriften der am Rechtsgeschäft Beteiligten.
Bannwein: Herrschaftlicher Wein, der allein ausgeschenkt darf und den die Verpflichteten kaufen müssen; das Recht, mit Ausschluss anderer Wein ausschenken zu dürfen; allgemein auch als Abgabe [von Wein], vgl. DRW I, Sp. 1227 f.
- Sonstige Erschließungsangaben
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Identifikation (Urkunde): Originaldatierung: So geschehen in Niderleichtersbach den 3/13ten Octobris anno 1657
Vermerke (Urkunde): (Voll-) Regest: Die durch Johann Philipp [von Schönborn], Erzbischof von Mainz, Erzkanzler des Heiligen Römischen Reichs, Kurfürst, Bischof von Würzburg und Herzog von Franken sowie durch Joachim [von Gravenegg], Abt des Klosters Fulda, nach Niederleichtersbach abgeordneten Räte und Bevollmächtigten bekunden, dass sie sowohl die Klagen des Kellermeisters von Niederleichtersbach, Johann Heinrich Schreiber, die dieser für sich und die dortigen Untertanen erhoben hat, als auch die Klagen des Amtsverwesers in Brückenau, Georg Christoph Ziegler (Zigler) angehört und schriftlich weitergeleitet haben. In Übereinstimmung mit ihren Herren treffen die Bevollmächtigten folgende, für die Zukunft verbindliche Entscheidungen, um die vorgebrachten Beschwerden (gravamina) auszuräumen: [1.] Wegen eines bei der mainzischen Kellerei befindlichen Bauernguts in Niederleichtersbach, das beim Einrauffshof liegt und wie die anderen zehn Bauerngüter fron- und dienstbar ist, wird entschieden, dass dieser Hof dem Kloster Fulda jährlich an Weihnachten drei Eimer Bannwein (bahnwein) aus Hammelburg oder von der Saale (Sahl) nach [Bad] Brückenau liefern soll. [2.] Der Kellermeister ist verpflichtet, dem Kloster Fulda jährlich an Petri und Pauli [Juni 29] für das genannte Gut zwei Maß Bannwein aus Oberleichtersbach zu liefern oder gegen Geld abholen zu lassen. Ihm ist verboten, den dortigen Untertanen an den zwei großen Kirchweihtagen weder gegen Geld noch aus freien Stücken Wein zu geben. [3.] Der mainzische Kellermeister in Niederleichtersbach muss dem Pfarrherrn eine Fuhre Küchenholz und ist wie die anderen Untertanen verpflichtet, als Frondienst Reparatur- und andere Dienste an Kirche und Pfarrhaus zu leisten. [4.] Alle Kommunikanten, die unter der Obrigkeit (in seinem haus) des Kellermeisters stehen, sind durch eine für das ganze Kirchspiel (kirspel) gültige Übereinkunft verpflichtet, dem Pastor von Oberleichtersbach an Ostern pünktlich das Opfer zu liefern. [5.] Die Untertanen in Niederleichtersbach sind wegen der Kaution (bestand) für den genannten Einraffshofs laut einer Abmachung von 1654 Januar 27 sechs Jahre lang zu Zahlungen verpflichtet. Nach Ablauf der sechs Jahre kann die Zahlungssequenz (accord) in dieser Weise fortgeführt werden oder man kann sich vergleichen. Die dem Hof schuldigen Frondienste belaufen sich auf 15 Gulden jährlich und sind mit Rücksicht auf die wirtschaftlich schwierigen Zeiten (armseligen zeit) niedrig gehalten und für die Niederleichtersbacher vergleichbar wie für die anderen fuldischen Untertanen angesetzt worden. Die Niederleichtersbacher sollen 30 Gulden, die aus zwei vergangenen Jahren noch ausstehen, dem Kloster Fulda in Form von Frondiensten ableisten. Außerdem wird festgelegt, dass sie in Zukunft jährlich den Betrag von 30 Gulden als Abgabe leisten müssen. [6.] Falls ein Untertan in Niederleichtersbach jetzt oder in Zukunft jemanden zünftig das Schmiedehandwerk lehren will, soll er diesen bei der Schmiedezunft in [Bad] Brückenau als Lehrling aufnehmen (auffdingen) und als nichtansässigen (ledig sprechen) Handwerker anzeigen lassen; der Betreffende soll sowohl dem Kloster als auch der Zunft verpflichtet sein. Falls ein Untertan jemanden das Schmiedehandwerk nichtzünftig lehrt, soll das erlaubt sein. Sollte ein in Niederleichtersbach gesessener Schmied zünftig werden wollen, ist er verpflichtet, dies in [Bad] Brückenau zu werden. [7.] Der Kellermeister in Niederleichtersbach hat kein Recht, Wein oder Bier auszuschenken (aus zu zapffen), weil dies gegen ein Privileg der Stadt [Bad] Brückenau verstößt und daher im Umkreis von einer Meile um die Stadt ein Schankverbot existiert. Das Kloster Fulda will es jedoch altem Herkommen gemäß zulassen, dass bei Verträgen (contractum), Kauf- oder Verkaufsgeschäften eines ganzen, halben oder sonstigen von Mainz lehnbaren Guts oder Erbstücks, der gekaufte Wein (weinkauff) beim Kellermeister getrunken wird. Alle anderen Festlichkeiten (ehrenzeichen) wie Taufen oder Hochzeiten müssen jedoch laut eines Beschlusses des fuldischen Hofgerichts nach [Bad] Brückenau verlegt werden. [8.] Wenn ein Gut in Niederleichtersbach gekauft wird oder dessen Schulden nicht mehr bedient werden können (concursum creditorum), an dem das Kloster wegen der Dienstfron Interesse hat, soll der mainzische Kellermeister nach dem Kauf den Amtmann in Brückenau benachrichtigen, den Käufer namhaft machen und in das Fronregister eintragen. [9.] Wegen Beiträgen (contributionen), die an das Amt Brückenau für dessen Auslagen gezahlt werden müssen, kam es zu Beschwerden der Untertanen in Niederleichtersbach, die diese Beiträge nicht zahlen wollten. Sie haben jedoch selbst eingesehen, dass sie wie die anderen Untertanen des Amts Brückenau verpflichtet sind, die Reichs- und Landsteuer dorthin zu entrichten. Die Niederleichtersbacher werden aufgefordert, sowohl an den ausgeschriebenen Terminen als auch für die inzwischen aufgelaufenen Unkosten noch ausstehender Beträge ihre Anteile zu entrichten. Der fuldische Amtmann in [Bad] Brückenau soll sie jedoch so zur anteiligen Bezahlung (proportion) heranziehen, dass sie keinen Grund mehr haben, sich zu beschweren. Der mainzische Kellermeister hat im Gegenzug kein Recht, Beschlüsse über solche Unkosten, die der Schultheiß von Niederleichtersbach zusammen mit anderen Schultheißen trifft, abzuändern. [10.] Der Pfarrherr in Oberleichtersbach erhält jährlich vom mainzischen Keller neun Malter Roggen und acht Malter Hafer, wozu die mainzischen Bevollmächtigten auf Ersuchen des Klosters Fulda ihre Zustimmung gegeben haben. [11.] Der fuldische Amtmann in [Bad] Brückenau hat gegen die Abhaltung des Zinsgerichts, das an Neujahr in Schondra stattfand, durch den Kellermeister und die Zentschöffen in Niederleichtersbach geklagt, weil dies altem Herkommen widerspreche. Zusätzlich hat er den Kellermeister um die Überstellung (abfolgung) der Schöffen ersuchen müssen. Es wird gemäß der landesüblichen Verfahrensweise entscheiden, dass der fuldische Amtmann in Brückenau die Schöffen zu allen Gerichtsterminen unverzüglich (immediati) bestellen kann und der Schöffe dies dem Kellermeister mitteilen muss. [12.] Zuletzt verständigt man sich darüber, Protokolle und Aufzeichnungen von Beamten beider Seiten, die der bisherigen alten Gewohnheit (observantz) oder diesem Vergleich zuwiderlaufen, für ungültig und unwirksam zu erklären. Über diesen Vergleich wurden durch die Bevollmächtigten beider Parteien zwei gleichlautende Exemplare ausgefertigt. Ankündigung der Unterfertigungen und der Siegel. Ausstellungsort: Niederleichtersbach. (siehe Abbildungen: 1. Seite, 2. und 3. Seite, 4. und 5. Seite, 6. und 7. Seite, 8. Seite, Rückseite)
Vermerke (Urkunde): Unterschriften: (Petrus Christianus Franciscus Pagius (?) propria, Wilhelm Ignatz Schütz propria, Balthasar Braunfeld propria)
Vermerke (Urkunde): Siegler: [Peter Christian Franz Pagius (?)], [Wilhelm Ignaz Schütz], [Balthasar Braunfeld]
Vermerke (Urkunde): Weitere Überlieferung: Nr. 1877.
- Kontext
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Fulda: Reichsabtei, Stift [ehemals: Urkunden R I a] >> Reichsabtei, Stift >> 1651-1660
- Bestand
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Urk. 75 Fulda: Reichsabtei, Stift [ehemals: Urkunden R I a]
- Laufzeit
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1657 Oktober 13 / 1657 Oktober 3
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
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10.06.2025, 09:13 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Urkunde
Entstanden
- 1657 Oktober 13 / 1657 Oktober 3