Bestand
Amtsgerichte (bis 1968): Amtsgericht Rotenburg (Bestand)
Enthält: Zivilprozesse,
Verwaltungs- und Personalakten, Testamente und Erbscheine,
Strafurteile, Familienrechtssachen, Aufwertungsakten,
Schiedsmannsbücher, Fürsorgeerziehung, Vormundschaften, Konkurse
und Vergleiche
Bestandsgeschichte: Die
Akten der Akzession 1973/72 wurden vom Amtsgericht Rotenburg a.
d. Fulda im Zuge einer regelmäßigen Aussonderung nach Ablauf der
Aufbewahrungsfristen am 5. Oktober 1971 dem Staatsarchiv Marburg
zur Bewertung und Übernahme angeboten. Am 18. April 1972 teilte
das Amtsgericht den Versand der Akten mit. Eine Bewertung der
angebotenen Unterlagen fand nicht statt. Der Versandbestätigung
waren neun Abgabelisten beigelegt. Neben den Generalakten
umfasste die Abgabe:
• sämtliche Unterlagen des 1919
verstorbenen Notars Aulig
• Erbhofakten und
Erbhöferollen
• Flurbücher, Flurbuchsanhänge,
Gebäudesteuer- und Grundsteuerrollen mit An-hängen
•
Spezial-Hypotheken-Protokolle der Stadt Rotenburg an der
Fulda
• Fallakten zu Familienrechtssachen
• Fallakten zu Aufwertungssachen
•
Schiedsmannsbücher
Das Staatsarchiv bestätigte den
Eingang der Ablieferung am 21. April 1972 und am 12. Dezember
1973 wurde vermerkt, dass keine Differenzen zwischen den
abgegebenen Akten und den Abgabelisten bestanden. Zudem wurden
Teile der Ablieferung auf unterschiedliche Bestände aufgeteilt:
Die Erbhöferollen und Erbhofakten wurden zu dem entsprechenden
Grundbuch- bzw. Grundaktenbestand gegeben. Die Flurbücher,
Flurbuchsanhänge, Gebäudesteuer- und Grundsteuerrollen mit
Anhängen kamen zu Kataster II, und die
Spezial-Hypotheken-Protokolle zu Protokolle II Rotenburg.
Nach einem Aktenvermerk vom 16. November 2010 fand am 11.
November wegen der bevorstehenden Auflösung des Amtsgerichts
Rotenburg a. d. Fulda und zur Analyse einzelner Aktenarten für
ein Bewertungsmodell Justiz eine Bewertung der Verwaltungs- und
Verfahrensakten vor Ort statt. Die als archivwürdig bewerteten
Akten kamen am 17. Februar 2011 im Archiv an (Acc. 2011/14). Die
Ablieferung umfasste ca. 2,5 MM und beinhaltete:
•
Generalakten
• Fallakten zu Zivil- und
Konkursverfahren
• Erziehungsbeistands- und
Fürsorgesachen
• Unterbringungssachen
•
Betreuungssachen
• Vormundschaftsregister
• Sammelakten in Strafsachen gegen Minderjährige
• Protokollbände der Schiedsmänner
Die
Protokollbände wurden in den Bestand Protokolle III
überführt.
Geschichte des
Bestandsbildners: Mit der Verordnung „Die Umbildung der
bisherigen Staatsverwaltung betreffend“ vom 29. Juni 1821 wurde
im Kurfürstentum Hessen u.a. die Trennung von Justiz und
Verwaltung eingeführt und das Staatsgebiet neu gegliedert. Durch
eine Verordnung vom 30. August 1821 wurden in Rotenburg drei
Justizämter eingerichtet: das kurfürstliche Amt Rotenburg mit
den Assistenzämtern Nentershausen und Neuenstein (Rotenburg I),
sowie jeweils das bisherige fürstlich-rotenburgische Ober-
(Rotenburg II) und Unteramt (Rotenburg III). Rotenburg I war dem
Obergericht in Kassel unterstellt, das für die Provinz
Niederhessen zuständig war, wohingegen die Justizämter II und
III der fürstlich rotenburgischen Justizkanzlei untergeordnet
waren. Die Justizämter als Untergerichte waren u. a. für alle
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, sofern sie nicht in erster
Instanz vor das Obergericht gehörten, zuständig sowie für die
freiwillige Gerichtsbarkeit, Vormundschaftssachen, für die
Mess-, Markthandels- und Ganggerichtssachen und für die
Polizeigerichtsbarkeit.
Am 31. Dezember 1823 wurde
das Assistenzamt Neuenstein aufgelöst, wobei sieben seiner
Gemeinden an das neugebildete Assistenzamt Borken des
Landgerichts Homberg gingen und die restlichen zehn Gemeinden
dem Justizamt Rotenburg I zugeschlagen wurden. Das Assistenzamt
Nentershausen wurde am 1. Januar 1827 ein eigenständiges
Justizamt.
Nach dem Aussterben der Linie
Hessen-Rotenburg und dem Heimfall der sogenannten Rotenburger
Quart an das Kurfürstentum wurde die Justizkanzlei Rotenburg am
28. November 1834 aufgelöst und die rotenburgischen Ämter als
kurfürstliche Justizämter eingegliedert. Nach einer Verordnung
vom 5. November 1836 wurde zum 1. Januar 1837 das Amt Rotenburg
III aufgelöst und seine zugehörigen Gemeinden kamen zum
Justizamt Rotenburg I. Die beiden verbleibenden Ämter waren im
Marstallgebäude des Rotenburger Schlosses untergebracht. Ab 1837
bestanden ihre Gerichtsbezirke aus folgenden Ortschaften:
Rotenburg I: Rotenburg a. d. Fulda (inkl. zweier Höfe),
Asmushausen, Bebra, Blankenheim, Braunhausen, Breitenbach (mit
der Ulfenmühle), Ellingerode (Hof), Gilfershausen, Hönebach,
Lispenhausen (mit vier Mühlen), Lüdersdorf, Müschels (Hof),
Ronshausen (mit der Untermühle), Weiterode (mit zwei
Mühlen).
Rotenburg II: Alteteich (Hof),
Atzelrode, Baumbach, Beenhausen (mit der Schneidermühle), Braach
(nebst Mühle), Dankerode, Emmerichsrode (Hof), Erdpenhausen,
Erkshausen (mit der Untermühle), Ersrode (mit zwei Mühlen),
Gerterode, Guttels (Hof), Hainrode, Hausen, Hergershausen,
Heyerode (Hof), Licherode (mit einer Mühle), Lichtenhagen,
Ludwigseck (Schloss und Vorwerk), Mündershausen (mit einer
Mühle), Nausis (mit einer Mühle), Nenterode, Niederellenbach,
Niedergude (mit Klenge), Niederthalhausen, Oberellenbach (mit
der Riedmühle), Obergude (mit der Hasenmühle), Oberthalhausen,
Rengshausen (mit drei Mühlen), Schwarzenhasel, Seifertshausen
(mit der Weißmühle), Sterkelshausen (mit der Osterbachsmühle),
Trunsbach (Hof), Wüstefeld.
Mit Gesetz
vom 31. Oktober 1848 wurden zum 1. Februar 1849 die
Obergerichtsbezirke neu geordnet und in Rotenburg ein
Obergericht für die Verwaltungsbezirke Hersfeld und Schmalkalden
eingerichtet, dem 17 Justizämter unterstanden, darunter auch
Rotenburg I und II. Es war für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten
und Strafsachen in erster und zweiter Instanz verantwortlich.
Mit dem provisorischen Organisationsgesetz vom 22. Juli 1851
wurde mit Wirkung zum 1. November 1851 das Obergericht in
Rotenburg bereits wieder aufgelöst und die Justizämter Rotenburg
I und II erneut dem Obergericht in Kassel unterstellt. Außerdem
wurden mit diesem Gesetz Kriminalgerichte in ganz Kurhessen
eingerichtet, darunter auch in Rotenburg. Sie waren u.a. bei
Vergehen wegen Majestätsbeleidigung und Aufruhr, bei
Pressevergehen sowie bei den Strafsachen zuständig, die nicht in
die Zuständigkeit der Untergerichte fielen. Nach zwölf Jahren
wurden die Kriminalgerichte am 1. Januar 1864 schon wieder
aufgelöst.
Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen
1866 wurde die Justizverwaltung und –organisation nach
preußischem Vorbild umgestaltet. Mit einer Bekanntmachung vom
27. August 1867 wurden mit Wirkung ab dem 1. September 1867 die
Justizämter Rotenburg I und II zum Amtsgericht Rotenburg
zusammengelegt und dem neu gegründeten Kreisgericht in Rotenburg
unterstellt. Das Kreisgericht wurde mit der Verordnung zur
Bildung der Amtsgerichtsbezirke vom 5. Juli 1879 bereits wieder
aufgelöst. Die betroffenen Amtsgerichte wurden auf die
Landgerichte Kassel (darunter auch das Amtsgericht Rotenburg),
Marburg und Meiningen aufgeteilt. Nach Aufhebung des
Kreisgerichts konnte das Amtsgericht in dessen Räumlichkeiten,
ein 1832 erbautes Schulgebäude, einziehen und die ungünstigen
Bedingungen im Marstallgebäude hinter sich lassen.
Im
Jahr 1928 gab es Überlegungen aufgrund der Baufälligkeit des
Gebäudes das Amtsgericht wieder im Rotenburger Schloss
unterzubringen, doch dieses Vorhaben wurde aufgegeben. Vier
Jahre später wurde das Amtsgericht Nentershausen aufgelöst und
die Gemeinden Bosserode, Iba, Imshausen, Machtlos, Obersuhl,
Rassdorf, Richelsdorf, Solz und Süß kamen zum Bezirk des
Amtsgerichts Rotenburg. Außerdem wurden die Gemeinden
Rautenhausen und Bauhaus dem Gerichtsbezirk eingegliedert.
Nachdem die baulichen Zustände im alten Schulgebäude immer
untragbarer wurden, konnte 1960 der Neubau eines Gebäudes für
das Amtsgericht durchgesetzt werden, der 1972 bezogen wurde. Ein
Jahr später kam es im Zuge der Gebietsreformen in Hessen zu
einer erneuten Veränderung des Gerichtsbezirks. So wurden die
Gemeinde Rengshausen mit den Ortsteilen Hausen, Lichtenhagen,
Nausis, Nenterode und Rengshausen an das Amtsgericht Homberg und
die Gemeinde Ludwigseck mit den Ortsteilen Beenhausen, Ersrode,
Hainrode und Oberthalhausen sowie die Gemeinden Niederthalhausen
und Gerterode, und der ehemalige Gutsbezirk Ludwigseck an das
Amtsgericht Hersfeld abgegeben. Im Gegenzug kamen der Ortsteil
Heinebach der Gemeinde Alheim vom Amtsgericht Melsungen und die
Gemeinde Cornberg mit den Ortsteilen Cornberg, Rockensüß und
Königswald sowie die Gemeinde Nentershausen mit den Ortsteilen
Nentershausen, Dens, Mönchhosbach und Weißenhasel vom
Amtsgericht Sontra an das Amtsgericht Rotenburg.
Im
Zuge von Kosteneinsparungen wurde das Amtsgericht Rotenburg mit
Ablauf des Jahres 2011 aufgelöst, wobei sowohl sein Personal als
auch sein Bezirk vom Amtsgericht Bad Hersfeld übernommen
wurden.
Findmittel:
Ablieferungslisten in Dienstakten
Findmittel:
Arcinsys-Datenbank
Referent: Herr Dr. Petter,
Frau Laube
Zusatzinformationen:
Letzte Aktualisierung: 03.11.2017
- Reference number of holding
-
Hessisches Staatsarchiv Marburg, 275 Rotenburg
- Extent
-
18,91 MM, davon 2,66 MM in Arcinsys verzeichnet
- Context
-
Hessisches Staatsarchiv Marburg (Archivtektonik) >> Gliederung >> Akten ab 1867 >> Stellen der Justiz >> Amtsgerichte (Justizämter usw.) >> Amtsgerichte (bis 1968)
- Related materials
-
Korrespondierende Archivalien: Bestand 277 Rotenburg
Literatur: Eckhart G. Franz, Hanns Hubert Hofmann und Meinrad Schaab: Gerichtsorganisation in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen im 19. und 20. Jahrhundert. Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Hannover 1989
- Date of creation of holding
-
Mitte 19. Jh.-ca. 1970
- Other object pages
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- Last update
-
27.05.2024, 10:19 AM CEST
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- Mitte 19. Jh.-ca. 1970