Wohnungslose Frauen in Baden-Württemberg – eine qualitative Analyse belastender Gesundheitsfaktoren sowie medizinischer und nicht-medizinischer Betreuungsstrukturen

Abstract: Einleitung: Das Thema der Wohnungslosigkeit rückte in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus der öffentlichen Debatte. Die aktuelle Forschung verzeichnet eine steigende Anzahl wohnungsloser Personen in Deutschland und stellt wohnungslose Frauen als besonders vulnerable Gruppe dar. Sie weisen häufig einen schlechten Gesundheitszustand auf und sind von Gewalt betroffen. Die Forschungslücke in Deutschland zeigt sich vor allem in der medizinischen Versorgung wohnungsloser Frauen sowie hinsichtlich geschlechtsspezifischer Unterschiede in der Wohnungslosigkeit. Ziel der Studie ist es, die Sichtweise wohnungsloser Frauen bezüglich ihres Gesundheitsverhaltens und Zugangs zu primärärztlichen sowie nicht-medizinischen Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen zu explorieren.

Methodik: In sieben baden-württembergischen Städten wurden zwanzig leitfadengestützte face-to-face-Interviews mit wohnungslosen Frauen in einem geschlechtshomogenen Setting geführt, deren durchschnittliche Dauer 37:52 Minuten betrug. Sie wurden transkribiert und angelehnt an die qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.

Ergebnisse: In drei Haupt- und sieben Subkategorien wurden folgende Erkenntnisse gewonnen:
1) Die Selbstfürsorge sowie das Gesundheitsverhalten wohnungsloser Frauen werden vor allem durch externe Belastungsfaktoren mit starkem subjektivem Ausmaß beeinträchtigt. 2) Der Zugang zum Gesundheitssystem wird sowohl durch nicht-medizinische Unterstützungsstrukturen wie die Wohnungslosenhilfe als auch durch medizinische Aspekte wie niederschwellige ärztliche Versorgung, eine vertrauensvolle Ärzt*innen-Patient*innen-Beziehung und eine vorhandene Krankenversicherung positiv beeinflusst. 3) Kritische Lebensereignisse wie psychische Erkrankungen, Gewalterfahrungen und Brüche in Beziehungen sind personenübergreifend als Risiko- und Verstärkungsfaktoren für die Entstehung und das Weiterbestehen der weiblichen Wohnungslosigkeit zu werten.

Diskussion: Es wird in großer Kongruenz zu vorherigen Studien erkennbar, dass wohnungslose Frauen eine große Vulnerabilität besitzen, sie dabei gesundheitlicher, teilweise frauenspezifischer Belastung ausgesetzt sind und entsprechender Hilfe bedürfen. Dass betroffene Frauen der eigenen Gesundheit einen hohen Stellenwert beimessen und eigene Strategien entwickeln, bestehende Belastungsfaktoren zu vermindern, ergänzt den bisherigen Forschungsstand. Diese Erkenntnis sollte in der politischen Strategieentwicklung und praktischen Umsetzung von Hilfsangeboten berücksichtigt werden. Auch frauenspezifische Hilfsangebote weisen für einige der Betroffenen Barrieren auf, die es abzubauen gilt. Um der verstärkenden Rückkopplung von „Krankheit“ und „Wohnungslosigkeit“ entgegenzuwirken, bedarf es multidimensionaler Lösungsansätze mit dem Fokus auf einer verbesserten Wohnpolitik sowie einer bedarfsgerechten und auf Frauen ausgerichteten Gesundheitsversorgung. Weiterer Forschungsbedarf besteht für spezifische Teilgruppen wohnungsloser Frauen wie beispielsweise Mütter, migrantische und junge Frauen sowie qualitative Untersuchungen aus
einer Versorger*innenperspektive

Standort
Deutsche Nationalbibliothek Frankfurt am Main
Umfang
Online-Ressource
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Universität Freiburg, Dissertation, 2023

Klassifikation
Soziale Probleme, Sozialdienste, Versicherungen
Schlagwort
Obdachlosigkeit
Obdachlosenhilfe
Frau
Obdachloser
Gesundheit
Obdachlosigkeit
Allgemeinmedizin
Housing First
Gewalt gegen Frauen
Baden-Württemberg
Deutschland

Ereignis
Veröffentlichung
(wo)
Freiburg
(wer)
Universität
(wann)
2024
Urheber
Beteiligte Personen und Organisationen

DOI
10.6094/UNIFR/246138
URN
urn:nbn:de:bsz:25-freidok-2461384
Rechteinformation
Open Access; Der Zugriff auf das Objekt ist unbeschränkt möglich.
Letzte Aktualisierung
25.03.2025, 13:41 MEZ

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Beteiligte

Entstanden

  • 2024

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