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Die Steuerlastverteilung in der Bundesrepublik Deutschland

1. Empirische Steuerlastanalysen stehen vor der Schwierigkeit, daß die Erkenntnisse theoretischer Wirkungsmodelle nicht ohne weiteres umsetzbar sind und bislang ein Bruch zwischen Theorie und Empirie besteht. Hierdurch bedingt, ist die empirische Untersuchung auf notwendige Vereinfachungen angewiesen. Die Vereinfachungen beziehen sich auf Überwälzungshypothesen, Zurechnungsindikatoren und das eigentliche Ziel der Steuerlastanalyse, die personellen Verteilungswirkungen in möglichst differenzierter Form zu ermitteln. 2. Um dennoch ein möglichst aussagekräftiges Ergebnis zu erlangen, empfiehlt es sich, die möglichen Extremformen: "keine Überwälzung von Steuern" und "totale Überwälzung von Steuern" für alle Steuerarten durchzurechnen, um Verteilungsbandbreiten zu erhalten, innerhalb derer das tatsächliche Ergebnis liegen muß. Will man die Steuerlastverteilung auf private Haushalte nach mehr als nur einem einzigen Merkmal (z.B. Einkommensklassen) vornehmen, ist eine Kombination von Einkommen und sozialer Stellung des Haushaltsvorstandes zweckmäßig, durch welche das Aussagenspektrum erheblich erweitert wird. 3. Die Verteilungsbandbreiten für das Jahr 1973 zeigen, daß das deutsche Steuersystem weder als progressiv (obere Einkommensklassen tragen relativ mehr Steuern als untere) noch als regressiv (obere Einkommensklassen tragen relativ weniger Steuern als untere) bezeichnet werden kann. Vom Belastungsniveau her sind Landwirte am geringsten betroffen, ob eine Überwälzung stattfindet oder nicht. Am gleichmäßigsten sind die Traglasten bei Beamten und Arbeitern verteilt, während sie bei Selbständigen und Nichterwerbstätigen am stärksten konzentriert sind. Eine zusätzlich berechnete "wahrscheinliche Alternative" führt zu dem Ergebnis, daß die Traglast bei Beamten regressiv und bei Nichterwerbstätigen progressiv verläuft. Bei Landwirten, Selbständigen, Angestellten und Arbeitern sind wechselnde Belastungsverläufe zu beobachten. Die Hauptlast tragen durchweg die Einkommensklassen 1800-2500 DM und 2500-5000 DM Nettoeinkommen pro Monat. Die Durchschnittsbelastung in bezug auf das Bruttoeinkommen beträgt bei diesen Einkommensklassen 34 %o, jedoch liegt sie bei darunterliegenden Einkommennsklassen nur 1°/o darunter. 4. Vergleicht man die "wahrscheinlichen Alternativen" für 1969 und 1973, so zeigt sich, daß die Landwirte in beiden Jahren am geringsten belastet waren, die Belastungsquote sich von 1969 auf 1973 sogar in den vergleichbaren Ein kommensklassen verringert hat. Bei den Selbständigen ist die Lastquote ebenfalls gesunken, jedoch in den unteren Einkommensklassen stärker als in den oberen. Bei Beamten und Angestellten sind z.T. geringfügige Erhöhungen der Lastquote festzustellen, bei Arbeitern und Nichterwerbstätigen geringfügige Verringerungen. Die Steuerlastkonzentration ist bei allen Gruppen bis auf Selbständige 1973 gegenüber 1969 gleichmäßiger geworden, was schon damals ein allmähliches "Hineinwachsen in die Progression" andeutet.

Sprache
Deutsch

Erschienen in
Journal: Kredit und Kapital ; ISSN: 0023-4591 ; Volume: 13 ; Year: 1980 ; Issue: 1 ; Pages: 101-125

Klassifikation
Wirtschaft

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Wartenberg, Uwe
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Duncker & Humblot
(wo)
Berlin
(wann)
1980

DOI
doi:10.3790/ccm.13.1.101
Letzte Aktualisierung
10.03.2025, 11:44 MEZ

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Objekttyp

  • Artikel

Beteiligte

  • Wartenberg, Uwe
  • Duncker & Humblot

Entstanden

  • 1980

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