Archivbestand
Gerhard Mensching (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Werkmanuskripte
(Drama, Hörspiele, Fernsehen, Puppenspiele, Prosa, Lyrik, Essays, Vorträge
und Reden, Arbeitsmaterialien); Korrespondenzen (mit den Verlagen Haffmans
und Ravensburg, mit dem Deutschen Bund für Puppenspiel); Lebensdokumente;
Sammlungen (v. a. Presseausschnitte, Rezensionen,
Verlagsprogramme)
Form und Inhalt: Der literarische
Nachlass von Gerhard Mensching wurde aufgrund eines Depositalvertrages vom
17.9./21.10.2013 in das Westfälische Literaturarchiv im LWL-Archivamt für
Westfalen übernommen. Der Nachlass umfasst 198 Verzeichnungseinheiten mit
einer Laufzeit von 1946 bis 1992. Der Bestand ist benutzbar entsprechend der
aktuell gültigen Benutzungsordnung für das Archiv des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe; er ist zu bestellen bzw. zu zitieren als: Westfälisches
Literaturarchiv im LWL-Archivamt für Westfalen (WLA), Bestand 1042/Nr.
[...].
1. Biographie und Werk
Gerhard Mensching wurde
am 11. Oktober 1932 in Riga geboren als Sohn von Erika Dombrowski und Gustav
Mensching. Sein Vater war evangelischer Theologe und vergleichender
Religionswissenschaftler. Er hatte von 1928 bis 1936 eine außerordentliche
Professur an der lettischen Universität Riga. Gerhard Mensching hat nach
eigenen Angaben im Nachlass nur vage Erinnerungen an die frühe Kindheit in
Riga; die Eltern bezeichnen die acht Jahre in Lettland als glückliche
Zeit.
1936 erfolgte der Umzug nach Bonn, wohin der Vater berufen
wurde. Von 1936 bis 1972 war Gustav Mensching Professor für vergleichende
Religionswissenschaften an der Philosophischen Fakultät der Universität
Bonn.
Gerhard Mensching wuchs in Bonn auf und besuchte von 1942
bis 1953 das Staatliche Beethoven-Gymnasium. Sein literarisches Interesse
wurde geweckt durch eine Theatervorstellung von "Hamlet", zu der ihn seine
Mutter 1942 mitnahm. Seine Kindheit hat Mensching in sehr glücklicher
Erinnerung; seinen Vater hat er geliebt und bewundert.
Nachdem
der Vater noch im Sommer 1944 für einige Monate eingezogen wurde, lebte die
Familie kurzzeitig bei Verwandten in Halle an der Saale. Nach seiner
Entlassung hielt Gustav Mensching Vorlesungen in Göttingen, wohin ein Teil
des Bonner Lehrkörpers verlagert worden war. Die Familie begleitete ihn
dorthin und kehrte 1945 zurück nach Bonn-Bad Godesberg.
Gerhard
Mensching begann bereits als Gymnasiast, dramatische Stücke zu schreiben und
mit Mitschülern aufzuführen. Zu seinem Stück "Der Tanz geht weiter" bekam
Mensching eine positive Resonanz von Stefan Andres, der ihn ermutigte, das
Manuskript der Hörspielabteilung des NWDR zu schicken, wo es allerdings
abgelehnt wurde.
1953 bestand Gerhard Mensching sein Abitur. Sein
ursprüngliches Ziel, Schauspieler zu werden, verwarf er, da ihn die
Abhängigkeit von Intendanten, Regisseuren, Intrigen und Zufällen
abschreckte. Nachdem er ein begonnenes Germanistik-Studium abgebrochen
hatte, studierte er Jurisprudenz in Bonn und Berlin. Nach drei Semestern
wechselte er wiederum zu Germanistik, allgemeine Sprachwissenschaft und
vergleichende Religionswissenschaften in Bonn. Das Studium bereitete ihm
wenig Freude, da er glaubte, davon für seine schriftstellerische Tätigkeit
nicht profitieren zu können.
Schon während des Studiums wandte er
sich, angeregt durch einen Tagebucheintrag von Max Frisch über einen Besuch
im Züricher Marionettentheater, dem Puppenspiel zu. Erste Aufführungen
erfolgten bereits 1957. Anregungen dazu erhielt er von Wladimir von
Zalozieckyj, auf den er im Fernsehen aufmerksam geworden war. Dessen
besonders simple Spielweise mit Kugeln und den eigenen Händen faszinierte
ihn derart, dass er ihn an die Bonner Universität einlud, wo Mensching eine
kleine Arbeitsgemeinschaft für Puppenspiel leitete. Da diese Begegnung
fruchtbar verlief, blieb Mensching dieser Art des Puppentheaters treu und
nannte seine Bühne, mit der er ab 1958 auf Reisen ging, "Taschentheater".
Zunächst assistierte sein Bruder Günther, im Lauf der Zeit Studienfreunde.
Das Puppenspiel wurde für Mensching zu einem einträglichen Nebenverdienst.
Durch das Puppenspiel lernte Mensching auch seine spätere Ehefrau Kathrin
Sandermann kennen.
1959 wurde mit "Handarbeiten" ein Kulturfilm
über einzelne Puppenspiel-Szenen für das Kino-Beiprogramm produziert.
Gerhard Mensching beendete sein Studium 1961 in Bonn mit einer
Dissertation bei Wilhelm Grenzmann und Benno von Wiese über "Die Groteske im
modernen Drama".
1963 unternahm er mit dem "Taschentheater" im
Auftrag des Goethe-Instituts eine erste Gastspielreise nach Spanien; spätere
Reisen in die Niederlande, nach Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland,
Belgien, Frankreich, Italien, Griechenland, Zypern, Jordanien und in die
Türkei folgten.
Ebenfalls 1963 arbeitete Mensching für ein
Sommersemester als wissenschaftliche Hilfskraft für Peter Otten, Lektor für
Sprecherziehung an der Universität Münster.
1964 heiratete er
Kathrin Sandermann und im gleichen Jahr wurde seine Tochter Cora
geboren.
Obwohl er ursprünglich keine Neigung hatte, als
Germanist an einer Hochschule tätig zu werden, nahm er 1965 ein Angebot von
Hans-Joachim Schrimpf an und wurde dessen Assistent, als dieser an die
neugegründete Universität Bochum wechselte. Später avancierte er dort zum
Akademischen Rat. Wesentlicher Teil seiner Lehrtätigkeit waren kreatives
Schreiben, Theater und Puppenspiel. Ab 1967 war Bochum auch der Wohnort der
Familie; 1973 wurde dort der Sohn Nicolai geboren.
Zusammen mit
seiner Frau und einem Freund produzierte er für das Nachmittagsprogramm des
WDR in einer eigenen kleinen Filmproduktion weit über hundert
Puppenfilme.
1971 wurde "Das Tosen der Schurkerey und andere
Lustbarkeiten" bei den Schlossfestspielen in Moers unter der Regie von Holk
Freytag uraufgeführt.
Von 1976 bis 1985 war Mensching Präsident
des Deutschen Bundes für Puppenspiel und von 1977 bis 1979 Vorstandsmitglied
der Union Internationale de la Marionnette.
1978 schrieb
Mensching "Jean Jacques Rousseau demonstriert unter Aufsicht des Intendanten
de Cury sein Singspiel vom 'Dorfwahrsager'" für die Wilhelmsbader
Produktionen des Hessischen Rundfunks.
Ebenfalls 1978 begann er
mit der Niederschrift seines ersten Romans "Löwe in Aspik", der vor allem
unterhaltend sein sollte.
1979 schrieb er das Stück "Der
Schauplatz ist ein Gasthaus", inspiriert von einem Motiv E.T.A.
Hoffmanns;
1981 entstanden zwei Einakter, aufgeführt unter Regie
und Mitwirken von Werner Platzek im gemeinsam gegründeten "Grünen Studio" in
Bochum ("Die Dichterlesung", 1981) sowie zusammen mit Kathrin Mensching in
der Musikschule Bochum ("Der Charakterdarsteller", 1982).
1982
wurde "Löwe in Aspik" nach mehreren Überarbeitungen abgeschlossen und war
die erste von vielen weiteren Veröffentlichungen im Haffmans Verlag in
Zürich, auch in dessen Literaturmagazin "Der Rabe"; die enge
freundschaftliche Beziehung zum Verleger Gerd Haffmans ist dokumentiert in
einer umfangreichen Verlagskorrespondenz und -sammlung.
Den
Kinderroman "Der Gespensterfreund" publizierte Mensching 1987 im
Ravensburger Buchverlag, ebenso wie die Fortsetzungen "Der Gespensterfreund
und die Verschwörer" (1988) und "Der Gespensterfreund auf Reisen" (1989).
Bei Ravensburg erschien 1991 auch eine Neuausgabe der
Ferienabenteuergeschichte "Die Insel der sprechenden Tiere" sowie
"Großvaters Geschichten vom Nilpferd und der Raupe", jeweils mit
Illustrationen von Nikolaus Heidelbach und Dietrich Lange.
1989
wurde Mensching als erster mit dem Literaturpreis der Bonner "Lese" (Lese-
und Erholungsgesellschaft) ausgezeichnet.
Gerhard Mensching
verstarb in der Nacht vom 7. auf den 8. Januar 1992 an den Folgen eines
Herzinfarktes in Bochum; posthum wurde 1994 im Haffmans Verlag der
Sammelband "Komm rüber. Erotische, kriminelle, sagenhafte und futuristische
Erzählungen nebst einem Einakter" herausgegeben.
2.
Vorordnung, Bearbeitung, inhaltliche Schwerpunkte des Bestandes
Der Nachlass von Gerhard Mensching war bereits zu Beginn der
Bearbeitung vorsortiert. Die Werkmanuskripte waren in Ordnern und zwei
Sammelmappen mit Kollegheften aus der Schulzeit weitgehend chronologisch
geordnet. Separiert waren Puppenspielentwürfe, Fernseh- und
Rundfunkproduktionen, gesammelte Rezensionen sowie die Korrespondenz.
Bei der Verzeichnung wurde diese Ordnung nach Möglichkeit beibehalten,
beispielsweise einzelne Verlagskorrespondenzen bei den Werkmanuskripten
belassen und entsprechend verzeichnet.
Es wurden vier
Klassifikationsgruppen gebildet: 01. Werke, 02. Korrespondenzen, 03.
Lebensdokumente und 04. Sammlungen.
Die Werkmanuskripte wurden
nach Genres untergliedert: 01.01 Drama, 01.02 Hörspiel, 01.03 Fernsehen,
01.04 Puppenspiele, 01.05 Prosa, 01.06 Lyrik, 01.07 Essays, 01.08
Vorträge/Reden und 01.09 Arbeitsmaterialien. Die Datierung der
Werkmanuskripte konnte oft nur aus der chronologischen Vorsortierung durch
Mensching erschlossen werden (in eckigen Klammern angegeben und im
Bemerkfeld erläutert).
Die ersten fünf Untergruppen umfassen
Handschriften und Typoskripte, sowie Druckvorlagen, Werknotizen und in
Ausnahmefällen einzelne werkbezogene Korrespondenzen. Gruppe 01.06 umfasst
in der Hauptsache Gedichtentwürfe aus der Schulzeit, später war Mensching
kaum lyrisch tätig. 01.07 enthält Essays, die sich vielfach mit Marionetten-
bzw. Puppenspiel befassen, aber auch einige philosophische Exkurse. Die
Vorträge unter 01.08 entstanden vor allem durch seine Tätigkeit als
Universitätsdozent und die Aktivität für den Deutschen Bund für Puppenspiel.
Die Arbeitsmaterialien (01.09) umfassen Werkentwürfe und -skizzen.
Die Korrespondenzen unter 02. waren vorsortiert in fünf Ordnern:
Ein Ordner sammelte Korrespondenzen im Rahmen des Deutschen Bundes für
Puppenspiel ab 1983. Diese Briefwechsel waren chronologisch geordnet und
wurden in zwei Einheiten mit je einem fünf-Jahres-Zeitraum
verzeichnet.
Ein weiterer Ordner enthielt Korrespondenz mit dem
Ravensburger Buchverlag; der Schriftwechsel wurde in zwei chronologisch
geordneten Einheiten verzeichnet, die ebenfalls enthaltenen Korrespondenzen
mit anderen Verlagen, Redaktionen und einzelnen Schriftstellern/Künstlern
sind jeweils im Darin-Feld ausgewiesen.
Drei Ordner enthielten
Korrespondenzen mit dem Haffmans Verlag. Zwei davon waren chronologisch
geordnet jeweils mit Schriftwechsel, Verträgen, Abrechnungen des Haffmans
Verlags; Korrespondenzen mit anderen Verlagen und Redaktionen werden im
Darin-Feld aufgeführt.
Der dritte Haffmans-Ordner enthielt
Korrespondenzen zu "Löwe in Aspik" und "Dichterlesung" sowie Prospekte,
Rezensionen und Leserpost.
In der Kategorie 03. Lebensdokumente
überliefert sind frühe Schulhefte und erste Schreibversuche sowie private,
anlassbezogene Reden und Vorträge. Auch ein kurzer Briefwechsel mit Thomas
Mann aus dem Jahr 1954 wurde hier eingeordnet, da Mensching den Brief sehr
viel später (1984) gesondert kommentiert und darin die Bedeutung für sein
eigenes schriftstellerisches Selbstverständnis betont; ebenso der ablehnende
Brief des NWDR zu einem von Stefan Andres empfohlenen Dramen-Manuskript,
ebenfalls aus dem Jahr 1954.
Zu den Sammlungen unter 04. zählen
vor allem Rezensionen, Ankündigungen und Zeitungsausschnitte zu Texten G.
Menschings; diese wurden meist werkbezogen verzeichnet und enthalten in
Einzelfällen auch Druckbelege. Überliefert sind ferner Sammlungen zu
speziellen Themen sowie zum Verlag Gerd Haffmans.
Im Rahmen eines
studiumbegleitenden Praktikums im LWL-Archivamt für Westfalen wurde der
Bestand von Annika Herrmann im September 2014 erstverzeichnet; eine Revision
der Verzeichnung und Redaktion des Findbuchs wurde im Juli/August 2017 von
der Facharchivarin besorgt.
3. Literaturhinweis
Verwiesen sei auf den Eintrag im Online-Lexikon Westfälischer
Autorinnen und Autoren (www.autorenlexikon-westfalen.lwl.org) mit den
umfassendsten bio-bibliographischen Angaben zu Gerhard Mensching.
- Reference number of holding
-
1042
- Extent
-
2,8 lfm.
- Context
-
Westfälisches Literaturarchiv (Archivtektonik) >> Schriftsteller
- Date of creation of holding
-
01.01.1946-31.12.1992
- Other object pages
- Delivered via
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
05.11.2025, 1:59 PM CET
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 01.01.1946-31.12.1992