Schon 1883, zwei Jahre nach Erscheinen des ersten Telefonbuchs, kann auch zwischen Berlin und Potsdam telefoniert werden. Ab 1887 können Berliner*innen auch mit Magdeburg und Hannover sprechen. 5 Minuten zwischen Berlin und Hannover kosten 1 Mark, was heute knapp 7 Euro wären.
„Hier Amt“: Telefon-Etikette um die Jahrhundertwende
Bei diesen Preisen wundert es nicht, dass Telefongespräche möglichst kurzgehalten werden – was übrigens auch in den Vorbemerkungen der Telefonbücher empfohlen wird. Diese Vorbemerkungen erläutern die Verwendung eines Telefonapparates mit äußerster Ernsthaftigkeit, denn die „[g]enaueste Beachtung der […] Bestimmungen ist für einen ordnungsmässigen Betrieb unerlässlich.“ Im Laufe der Jahre wachsen die Vorbemerkungen von einer halben Seite auf sieben Seiten an. „Damals hatte man eben den Teilnehmern noch nicht soviel zu sagen, wie jetzt,“ bemerkt 1933 Friedrich Ludwig Vocke, der zu diesem Zeitpunkt Postrat in Berlin ist.
Telefonieren um die Jahrhundertwende ist allerdings auch etwas komplizierter als heute. Zunächst muss die Telefonvermittlung, also das Postamt, angerufen werden. Dazu nimmt man den Hörer ab und betätigt den sogenannten „Weckknopf“ – anfangs verfügen Telefonapparate noch nicht über eine Kurbel, diese wird erst in der Oktober-Ausgabe des Telefonbuchs 1895 erwähnt. Nach erfolgreicher Vermittlung wird der Weckknopf noch einmal gedrückt oder die Kurbel gedreht, und das Gespräch kann beginnen. Wird man angerufen, sollte man aber auf keinen Fall den Weckknopf drücken oder die Kurbel drehen, dies gilt als „durchaus unstatthaft und bewirkt vorzeitige Trennung.“ Telefonieren, so machen die Vorbemerkungen deutlich, ist kein Kinderspiel, sondern eine ernsthafte Angelegenheit.
Das beherzte Kurbeln am Telefonapparat, wie man es aus dem Film kennt, hätte die Herausgeber des Telefonverzeichnisses zutiefst empört: „Bei Anruf ist die Kurbel langsam einmal herumzudrehen. Mehrmaliges schnelles Drehen kann zu Beschädigungen der Beamten und zu Ersatzansprüchen gegen die Teilnehmer führen.“
Ab 1889 findet sich im Telefon-Verzeichnis außerdem ein instruktiver Beispiel-Dialog: „Hier Amt,“ meldet sich die Telefonvermittlung, worauf Teilnehmer Nummer und Namen der gewünschten Gesprächspartner nennen. Die Vermittlungsstelle antwortet darauf mit „Bitte rufen“ oder „Schon besetzt, bitte nach fünf Minuten nochmals rufen.“ Bei erfolgreicher Vermittlung meldet sich der Gesprächspartner B mit: „Hier B, wer dort?“ und erhält die Antwort: „Hier A“.
Es wird empfohlen, „Pausen […] während der Unterredungen thunlichst zu vermeiden, wie überhaupt die Dauer der Benutzung der Einrichtungen nach Möglichkeit zu beschränken ist.“
Das Ganze hat also noch etwas von Funkverkehr, wohl auch weil die Verbindungen noch nicht die Qualität heutiger Telefongespräche besitzen. Auch bei Verständigungsproblemen hat das Telefonverzeichnis allerdings eine Lösung parat: „Es ist deutlich, aber nicht zu laut und nicht zu langsam zu sprechen; der Mund muss 3 bis 5 cm von der Schallöffnung des Mikrophons entfernt bleiben. Ist trotzdem bei der Uebermittlung einzelner Ausdrücke, Namen etc. eine sichere Verständigung nicht zu erreichen, so wird zweckmässig von der am Schlusse (Seite xii) abgedruckten Buchstabirtafel Gebrauch gemacht.“