Bestand
Euskirchen 1 (Bestand)
Form und Inhalt: VorwortLandschaftsverband Rheinland, ArchivberatungsstelleZu den Wiederaufbauleistungen, welche die Stadt Euskirchen nach den Zerstörungen des Krieges und dem totalen Zusammenbruch der politischen Verhältnisse nach 1945 aufzuweisen hat, darf sie mit Recht besonders stolz darauf sein, daß man sich in ihr, in der Bürgerschaft und in der Verwaltung im Rahmen des Möglichen auch der Tradition der Stadt angenommen hat. Die schriftliche Überlieferung, so lückenhaft und angeschlagen sie auch sein mag, verknüpft weitaus intensiver als die wenigen noch erhaltenen Bau- und Kunstdenkmäler in der Stadt das neue Gemeinwesen Euskirchen der letzten 3 Jahrzehnte und in seiner jetzigen Größenordnung mit der Stadt in der Zeit des alten deutschen Reiches, mit der Mithauptstadt im Lande Jülich und mit einem Vorort bürgerlichen und gewerblichen Lebens an den Ausläufen der Eifel als Verbindungsstelle zu den niederrheinischen, insbesondere Rheinstädten Köln und Bonn.Die Initiative zu der Traditionspflege in der Stadt Euskirchen hat sich 1952 in dem 650jährigen Stadtjubiläum manifestiert. Ich brauche nicht an die einzelnen Persönlichkeiten zu erinnern, die damals wie Josef Franke die treibenden Kräfte zur Bewahrung und zum Wiederaufleben des städtischen Selbstbewusstseins geworden sind. Ohne sie wären auch alle Anregungen von außen zur Sicherung des städtischen Archivgutes, wie sie in der nachfolgenden Vorbemerkung von Artur Elicker angedeutet sind, wirkungslos geblieben. Ich darf es im Interesse der Stadt als Verdienst von allen Beteiligten, die jeder an seinem Platz und im Bereich seiner Möglichkeiten dazu beigetragen, am Gedanken festgehalten und die Geduld nicht verloren haben, als eine wirkliche Leistung bezeichnen, dass nunmehr die Stadt in der Lage ist, einen wesentlichen Teil ihrer jahrhundertelangen Entwicklung auch dokumentarisch belegen und nachweisen zu können.Die Stadt Euskirchen übernimmt mit diesem fertigen Werk eine undingbare Verpflichtung, aus der sie niemand entlassen kann, nämlich nach besten Kräften dafür zu sorgen, dass diese Dokumentation in dieser geschaffenen Ordnung zum Wohl des Bürgers und zum größeren Ruhme der Stadt selber, wie sie sich auch immer entwickeln mag, erhalten und bewahrt bleibt.Köln, im Dezember 1976Rudolf BrandtsVorwortZum Amt Euskirchen gehörten am Ende des 18. Jahrhunderts die Stadt Euskirchen mit Kessenich, Rüdesheimer Hof und Wüschheim sowie die Herrlichkeiten Großbüllesheim mit Billig und Vernich mit Groß- und Kleinvernich.In einer kurzen Übergangszeit (1794-1798) ist aus diesen Orten, erweitert um Niederberg, die Munizipalität Euskirchen gebildet worden.1798 entstand dann aus der Stadt (ohne Wüschheim), den Orten Rüdesheim, Kessenich und Billig die Mairie Euskirchen, die später unter preußischer Verwaltung als Bürgermeisterei in dieser Form bestehen blieb. Billig wurde 1856, als Euskirchen die Städteordnung annahm, mit der Bürgermeisterei Wachendorf verbunden.Außer den Akten des früheren Amtes Euskirchen besitzt das Archiv kleinere Bestände der benachbarten ehemaligen Ämter Nideggen, Münstereifel, Hardt und Lechenich, der Herrschaft Tomberg, der Bürgermeisterei Frauenberg und einiger anderer Orte.Nicht in allen Fällen ist bekannt, wie die auswärtigen Schriftstücke nach Euskirchen gekommen sind; für einige der Bestände dürfte die Herkunft jedoch geklärt sein. So sind die Akten der Herrschaft Tomburg vermutlich über Joseph Sturm, der bis 1761 Gerichtsschreiber in der Herrschaft Tomburg war und dann diese Stelle in Euskirchen bekleidete (siehe Gerichtsschreiberpatent vom 28. November 1761 unter Nr. 371), nach Euskirchen gelangt. Sturm war, wie schon sein Vorgänger Zipgens, gleichzeitig sowohl für Euskirchen als auch für Nideggen als Gerichtsschreiber tätig. Häufig unterstanden mehrere dieser Ämter in Personalunion einem Amtsverwalter.Beim großen Stadtbrand im Jahre 1533, dem das Rathaus zum Opfer fiel, wurden auch Bestände des Archivs vernichtet. Im 30-jährigen Krieg (1636) ist durch Truppen des Landsbergischen Regiments „das Rathaus eingenommen worden, die archivia eröffnet, Türen und Bänk samt anderem schädlichen Holzwerk verbrennet, als dass diesen Schaden mit 200 Reichstalern nicht zu erstatten“. In den Raubkriegen Ludwigs XIV. schafft der Magistrat die „Stadtbriefe“ vom Rathaus in den „Dicken Turm“ an der Pfarrkirche St. Martin. Wenig später kamen sie wieder an ihren alten Platz. 1691 ist das Stadtarchiv mit Wertgegenständen der Kirche nach Köln in Sicherheit gebracht worden, gelangte 1698 aber nur zum Teil zurück. Über die Verluste berichtet Bürgermeister Krauthausen im Jahre 1812: „In vorigen Kriegen, besonders jenen, so Ludwig XIV. zu Ende des 17. und anfangs des 18. Jahrhunderts geführt, ist das Stadtarchiv öfters geflüchtet worden, wohin aber hab ich nie gehört noch erfahren, wobei jedes Mal die merkwürdigsten Stücke hinten geblieben sein sollen“.Im Jahre 1709 schickte der Magistrat durch Bürgermeister und Steuereinnehmer Hubert Cronenberg wichtige Dokumente an die zum Düsseldorfer Landtag entsandten Euskirchener Deputierten. Der Postwagen, der die Akten beförderte, geriet in den Rhein. Die Akten gingen verloren.Der Stadtgeschichtsschreiber Apotheker Karl Gissinger fand bei seinen Forschungen die alten Bestände in trostlosem Zustande auf dem Speicher des Rathauses. Diese Angaben sind den Aufzeichnungen von Peter Simons und Akten des Archivs entnommen.Als Reichsoberarchivrat Dr. Kisky von der Archivberatungsstelle Rheinland im Jahre 1937 das Archiv besichtigt, bezeichnet er die Unterbringung als wenig gut. Die Stadt bemüht sich um anderweitige Unterbringung, entschließt sich dann für den Luftschutzkeller. Das Vorhaben scheitert aber, weil dieser im September 1938 zum sofort benutzbaren Sammelschutzraum erklärt wird. In einem Schreiben vom 03.06.1940 bezeichnet Dr. Kisky das Stadtarchiv Euskirchen als „ein Schmerzenskind“, da es noch nicht gelungen sei, einen geeigneten Raum zu finden, in dem das Archiv aufgebaut und benutzbar gemacht werden könne. Im gleichen Jahr noch erwägt man eine Lagerung im Erweiterungsbau der Jungenoberschule, entschließt sich dann jedoch, bis Kriegsende nichts mehr zu unternehmen. Die Akten kommen in den Kellerraum des Rathauses. Bei Kriegsende werden die wertvollsten Stücke in das Gemeindewaldhaus im Billiger Wald in die Wohnung des Waldhüters Wachendorf in Sicherheit gebracht. Die weniger wertvollen Akten verbleiben im Rathauskeller.Durch den Bombenangriff am 6.12.1944, bei dem das Rathaus stark beschädigt wurde, sind keine Verluste entstanden. Durch lange Lagerung unter Trümmern haben die Akten jedoch sehr gelitten. Nach Kriegsende (1946) werden die Alt-Bestände zur Ordnung und Verzeichnung in das Archivdepot der Landesarchivverwaltung auf Schloß Gymnich gebracht, werden aber bald danach wieder von der Stadt zurückverlangt, weil sie für die Vorbereitung der 650-Jahr-Feier zur Verfügung stehen müssen.Im Februar 1962 kommt das Archiv mit den älteren Akten in der Villa Ruhr, Wilhelmstraße 62, unter. Von hier erfolgt dann im Jahre 1975 der Umzug in das jetzige Amtsgebäude. Hier sind alle Archivbestände in einer modernen Kompakt-Anlage gut und sicher aufgehoben.Die Unterbringungsschwierigkeiten brachten es mit sich, dass die Ordnung der Akten lange auf sich warten ließ. Den ersten Versuch unternahm Peter Simons. Er schriebt am 28.02.1934 an Bürgermeister Disse: „...Die in völliger Unordnung empfangenen Akten sind von mir streng nach Sachgebieten und innerhalb derselben noch chronologisch geordnet worden, so dass sie anhand des Katalogs sehr rasch nachgeprüft werden können...“. De in der Zeitung veröffentlichte Katalog (Verzeichnis) enthält eine Aufteilung der Akten nach a) Stadt Euskirchen b) Auswärtige Sachen. Die weitere Gliederung dürfte für die Benutzung nicht ganz befriedigt haben. Das Verzeichnis enthält auch keine Landesangelegenheiten, obwohl diese im Archivbestand einen beträchtlichen Raum einnehmen. So erklärt sich auch der Bleistiftvermerk auf einem Aktenbündel: „Landessachen ! Für Stadt uninteressant“.Daß die Landessachen auch für die Stadt bedeutsame Vorgänge enthalten, wird bei deren Durchsicht schnell deutlich.Dr. Kinsky bezeichnet das Archiv im Jahre 1937 immer nicht als „nicht restlos geordnet“.Die 1946 auf Schloß Gymnich begonnene Verzeichnung wurde aus den angeführten Gründen nicht fortgeführt. Etwa ein Zehntel wurde erfasst und verzeichnet. Der Umfang des weit größeren ungeordneten Teiles machte eine durchgreifende Neuverzeichnung notwendig. Zwischendurch sind für die verschiedenen Zwecke Akten entnommen und nicht wieder eingeordnet worden. Später wurden noch verschiedenen Ordnungsversuche unternommen, aber nicht zu Ende geführt.Es erwies sich als zweckmäßig, die endgültige Ordnung und Verzeichnung ohne Rücksicht auf die bisherigen voneinander völlig verschiedenen Versuche durchzuführen. Bei der ersten Durchsicht stellte sich heraus, dass frühere Archivbenutzer mit den Archivalien leider wenig sorgfältig umgegangen sind. Beschriftungen auf wertvollen Urkunden und Einbanddecken mit Kopier-, Blau-, Rotstift oder Kugelschreiber finden sich häufig.Der Bestand enthält zum größten Teil Archivalien des 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts; ein geringer Teil entstammt dem 16. Jahrhundert, einzelne aus früherer Zeit (älteste Urkunden sind die Stadterhebungsurkunde von 1302 und die Marktrechtsurkunde von 1322). Bei den Akten des 19. Jahrhunderts entstehen geringfügige Überschneidungen mit dem Bestand Euskirchen II.Es war nicht immer möglich, die durcheinander geratenen Akten in den ursprünglichen Zusammenhang zu bringen. Wo beispielsweise Verträge (Kaufbriefe, Testamente und andere Urkunden) einmal als Beweismittel bei Prozessen gedient haben und später aus den Prozessakten entfernt worden sind, ist es möglich, dass sie nicht mehr bei diesen, sondern unter den Kaufbriefen oder Testamenten eingeordnet wurden, wenn ein Zusammenhang nicht mehr erkennbar war.In einigen Fällen sind (vermutlich bei früheren Ordnungsarbeiten) Blätter mit Blei- oder Farbstift durchlaufend nummeriert worden. Nach durchgeführter Ordnung bestehen keine sachlichen Zusammenhänge mehr.Bei allen Arbeiten, die mit der Ordnung und Verzeichnung des umfangreichen Bestandes anfielen, wurde mir in großzügiger Weise Hilfe gewährt. Ich bedanke mich bei den Herren Landesarchivdirektor Dr. Brandts und Landesverwaltungsdirektor Dr. Schmitz von der Archivberatungsstelle des Landschaftsverbandes Rheinland. Sie haben die Voraussetzungen für die Einrichtung des Archiv geschaffen. Mein weiterer Dank gilt Herrn Stadtdirektor Dr. Blaß und seinen Mitarbeitern für jederzeit bereitwillig geleistete Unterstützung. Erwähnt sei aber auch Herr Josef Müsch, der mit von der Verwaltung als Hilfe zugeteilt wurde und der alle ihm anvertrauten Arbeiten mit großem Interesse und Einfühlungsvermögen erledigte.Bonn, im Dezember 1976Artur Elicker
- Bestandssignatur
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Eu 1
- Kontext
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Stadtarchiv Euskirchen (Archivtektonik) >> 3.1 - Archivgut eigener Herkunft, im eigenen Archiv >> Euskirchen
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- Letzte Aktualisierung
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23.06.2025, 08:11 MESZ
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- Bestand