Bestand

Landkreistag Baden-Württemberg (Bestand)


Inhalt und Bewertung
Der Landkreistag Baden-Württemberg ist der Zusammenschluss der 35 baden-württembergischen Landkreise. Er wurde am 3. Juli 1956 in Ludwigsburg gegründet und ging aus dem Verband württembergisch-badischer Landkreise, der Arbeitsgemeinschaft der badischen Landkreise und der Abteilung Kreisverbände im Gemeindetag Württemberg-Hohenzollern hervor. er hat u.a. die Aufgaben, die gemeinsamen Interessen der Mitglieder zu vertreten und den Erfahrungsaustausch unter den Landkreise zu pflegen.
1956 ¿ 1973 Landkreise und Landkreistag
Für das noch junge Bundesland Baden-Württemberg war es ein Zeichen des Zusammenwachsens, als badische, hohenzollerische und württembergische Landkreise am 3. Juli 1956 in Ludwigsburg den Landkreistag Baden-Württemberg aus der Taufe hoben. Für die 63 Landkreise ¿ zunächst traten dem Landkreistag nur 59 bei ¿ war die Gründung des neuen, landesweiten kommunalen Verbandes aber nur der erste Schritt hin zu einer starken und wirksamen Interessenvertretung. Wie die ein Jahr zuvor in Kraft getretene Landkreisordnung des Landes war auch der neue Verband zunächst stark von den Strukturen des ehemaligen Landes Württemberg-Baden, des amerikanisch besetzten Landesteils, geprägt. In Württemberg-Baden, wo die kommunale Selbstverwaltung durch die Amerikaner gezielt gefördert worden war, hatte bereits der Vorgänger, der Verband württemberg-badischer Landkreise erfolgreich gearbeitet und diese Erfahrung floss nun unmittelbar in die Arbeit des Landkreistags ein. Augenfällig wurde dies dadurch, dass der Göppinger Landrat Gustav Seebich, bisher Vorsitzender in Württemberg-Baden, das Präsidentenamt übernahm. Eugen Frick, der zuvor die Geschäfte des württemberg-badischen Verbandes geführt hatte, wurde zum Hauptgeschäftsführer des Landkreistags bestellt. Auch die weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vorgängerverbandes, ein Verwaltungsbeamter und zwei Schreibkäfte, wurden übernommen. Neben diesen Personen lässt sich die Kontinuität auch strukturell an der inneren Organisation des Landkreistags ablesen, die im Wesentlichen auf der ersten Präsidiumssitzung Ende Juli 1956 auf der Insel Reichenau festgelegt wurde und von Frick erarbeitet worden war. Entsprechend dem Vorbild des Deutschen Landkreistags wurden neben dem beschließenden Hauptausschuss zunächst fünf Fachausschüsse eingerichtet ¿ für Verfassung und Personalrecht, für Finanzen, für Soziales, für Wirtschaft und Verkehr sowie für Kultur. Ergänzend wurde noch im Gründungsjahr ein Landwirtschaftsausschuss eingerichtet. Innerhalb der Regierungsbezirke konstituierten sich zudem Sprengelversammlungen. Angelegenheiten einzelner Verwaltungsbereiche und damit Probleme des Tagesgeschäftes sollten darüber hinaus in Arbeitsgemeinschaften behandelt werden, die in der Regel ebenfalls auf Ebene der Regierungsbezirke gebildet und von der Geschäftsstelle koordiniert wurden.
Bei der Besetzung des Präsidiums wie der Ausschüsse wurde darauf geachtet, den geographischen Proporz zu wahren ¿ zumal vier badische Landkreise (Überlingen, Freiburg, Stockach und Donaueschingen) erst im Laufe des Jahres 1956 beitreten sollten. Auf die Verteilung wurde auch bei der Entsendung von Vertretern in die Gremien des Deutschen Landkreistags streng geachtet. Die in dieser Richtung vorhandenen Empfindlichkeiten zeigt ein Antrag, der drei Jahre später, 1959, von den nordbadischen Landkreisen an die Mitgliederversammlung gestellt wurde. Sie wollten erreichen, dass der Präsident des Landkreistags künftig nach regionalen Gesichtspunkten gewechselt werde. Der Vorgang, der schließlich als Empfehlung endete, wirft ein Schlaglicht auf das Innenleben des über die alten Landesgrenzen hinweg tätigen Verbandes.
Organe des Landkreistages sind die Landkreisversammlung, das Präsidium und der Präsident. Die Geschäftsstelle wird von einem Hauptgeschäftsführer geleitet, der vom Präsidium auf acht Jahre gewählt ist. Die wichtigsten Ereignisse ab 1920:
29.9.1920 Gründungsversammlung des Landesverbandes der württembergischen Amtskörperschaften in Stuttgart
1924 Beitritt zum Deutschen Landkreistag
15.12.1933 Auflösung des Deutschen Landkreistags und des Landesverbands württembergischer Landkreise durch Gesetz. Zwangsweise Zusammenfassung aller kommunalen Reichs- und Landesverbände im ¿Deutschen Gemeindetag¿ durch das NS-Regime
22.7.1947 Bildung des Verbands württembergisch-badischer Landkreise in Aalen
28.10.1947 Bildung des Gemeindetags Württemberg-Hohenzollern
9.10.1949 Bildung der Arbeitsgemeinschaft badischer Landkreise
27.5.1950 Bildung der Abteilung Kreisverbände im Gemeindetag Württemberg-Hohenzollern
7.11.1952 Gründungsversammlung der Arbeitsgemeinschaft baden-württembergischer Landkreise in Bad Liebenzel
3.7.1956 Gründungsversammlung des Landkreistags Baden-Württemberg in Ludwigsburg
1.4.1969 Bezug des eigenen Gebäudes Panoramastraße 37 durch die Geschäftsstelle des Verbandes: ¿Haus der Landkreise¿
1.1.1973 Kreisreformgesetz, Bildung von 35 Landkreisen (ehemals 63)
1.7.1995 Sonderbehördeneingliederungsgesetz - Eingliederung der Gesundheitsämter, Veterinärämter und Teile der Wasserwirtschaftsämter in die Landratsämter
1.1.2005 Verwaltungsstrukturreformgesetz (VRG) - Eingliederung der Vermessungsämter, Flurneuordnungsämter, Forstämter, Landwirtschaftsämter, Versorgungsämter, Gewerbeaufsichtsämter, Straßenbauämter, Wasserwirtschaftsämter und Schulämter in die Landratsämter
3.7.2006 Jubiläum 50 Jahre Landkreistag Baden-Württemberg - Festakt in Ludwigsburg Der Landkreistag ist keine Behörde, sondern ein eingetragener Verein mit den baden-württembergischen Landkreisen sowie dem Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg als Mitgliedern.
Einen Sonderstatus hat der Landkreistag aber doch, nämlich das Recht, vom Gesetzgeber zu Gesetzen oder Verordnungen, welche die Landkreise berühren, angehört zu werden (Stellungnahmen für alle Landkreise abzugeben). Dieses Recht ergibt sich aus der Landesverfassung.
Die Abgabe der Akten des Landkreistages Baden-Württemberg erfolgten in den Jahren 1980 (gesamte Aktenschicht 1945-1965) und 1995 (nur soziale Angelegenheiten).

1. Organisation und Geschichte des Landkreistages: Der Landkreistag Baden-Württemberg ist der Zusammenschluss aller Landkreise des Bundeslandes. Er hat die Aufgabe, die Interessen und Anliegen der Landkreise gegenüber der Landesregierung, dem Landtag und anderen Institutionen zu vertreten und den Selbstverwaltungsgedanken zu pflegen. Die Landesverfassung garantiert ihm das Recht, vom Gesetzgeber zu Gesetzen oder Verordnungen, welche die Landkreise berühren, angehört zu werden, ihn zu beraten und Stellungnahmen im Namen aller Landkreise abzugeben. Weiterhin berät der Landkreistag seine Mitglieder zu grundsätzlichen, politischen Fragen und in Angelegenheiten der täglichen Praxis. Neben dem baden-württembergischen Städtetag und dem Gemeindetag ist er einer der drei kommunalen Landesverbände. Organisatorisch hat der Landkreistag die Rechtsform eines Vereines. Er hat seinen Sitz in Stuttgart. Mitglieder sind die Landkreise, die sich durch je zwei Stellvertreter beim Landkreistag vertreten lassen. Der Landkreistag Baden-Württemberg ist seinerseits Mitglied des Deutschen Landkreistages. Organe des Landkreistages sind die Landkreisversammlung, die Fachausschüsse, das Präsidium und der Präsident als Vorsitzender des Präsidiums. Die Landkreisversammlung besteht aus je zwei Vertretern der Landkreise, meistens aus dem Landrat und einen Kreisverordneten. Sie findet in der Regel jedes zweite Jahr statt und wird vom Vorsitzenden des Präsidiums geleitet. Sie nimmt den Bericht über die Tätigkeit des Landkreistages sowie die Jahresrechnung entgegen, setzt den Haushaltsplan fest, wählt die Mitglieder und Stellvertreter des Präsidiums und fällt die Beschlüsse. Als Fachausschüsse fungieren der Rechts- und Verfassungsausschuss, der Finanzausschuss, der Sozialausschuss, der Gesundheitsausschuss, der Kulturausschuss und der Ausschuss für Umweltschutz, Wirtschaft und Verkehr. Sie entscheiden im Rahmen ihres Fachgebietes und bereiten Stellungnahmen des Landkreistages in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vor. Das Präsidium umfasst den Präsidenten, seine beiden Stellvertreter (Vizepräsidenten), zwölf weitere Mitglieder und den Hauptgeschäftsführer. Es leitet die Geschäfte und entscheidet in allen Angelegenheiten, die nicht satzungsgemäß der Landkreisversammlung, der Landrätekonferenz oder dem Präsidenten vorbehalten sind. Ferner bereitet das Präsidium den Haushalts- und Stellenplan vor, schließt Verträge und Vereinbarungen ab, stellt das Personal der Geschäftsstelle an und übt die Aufsicht über die Geschäftsstelle aus. Es wird durch den Vorsitzenden nach Bedarf einberufen. Der Präsident ist Vorsitzender der Landkreisversammlung, der Landrätekonferenz und des Präsidiums. Gegenüber dem Landtag und der Landesregierung vertritt er den Landkreistag in Angelegenheiten von grundsätzlicher verbandspolitischer Bedeutung. Anfänge mit Vorformen des Landkreistages gehen bis in die Weimarer Republik zurück. 1920 erfolgte die Gründung des Landesverbandes der württembergischen Amtskörperschaften in Stuttgart. Er trat 1924 dem Deutschen Landkreistag bei. Die Nationalsozialisten bekämpften die kommunale Selbstverwaltung, lösten 1933 den Deutschen Landkreistag und den Landesverband der württembergischen Landkreise auf und setzten an deren Stelle den "Deutschen Gemeindetag", der die Kommunen enger in den nationalsozialistischen Staat einband. Nach dem Zweiten Weltkrieg bildeten sich in den südwestdeutschen Ländern wieder kommunale Zusammenschlüsse, so 1947 der Verband württembergisch-badischer Landkreise und der Gemeindetag Württemberg-Hohenzollern. Zwei Jahre später entstand auch die Arbeitsgemeinschaft badischer Landkreise. Nach Gründung des neuen Bundeslandes Baden-Württemberg wurde 1956 in Ludwigsburg der Landkreistag Baden-Württemberg ins Leben gerufen. Ihm schlossen sich zunächst nur 59 der 63 Landkreise an, Januar 1957 dann auch die restlichen vier . 1969 bezog die Geschäftsstelle des Verbandes das Gebäude in der Panoramastraße 37, wo sie heute immer noch residiert. Die Kreisreform in Baden-Württemberg wurde nicht nur intensiv vom Landkreistag diskutiert und vorbereitet. Sie reduzierte 1973 auch mit dem Kreisreformgesetz die Zahl der Landkreise und damit die Mitglieder des Landkreistages von 63 auf 35. 2006 konnte der Landkreistag sein 50jähriges Bestehen feiern.

2. Zum Bestand und seine Bearbeitung: Die Unterlagen des vorliegenden Bestandes wurden in drei Phasen an das Hauptstaatsarchiv zur Archivierung abgegeben. 1980 erfolgte die erste Ablieferung, die die gesamte Aktenschicht für die Zeit von 1945 bis etwa 1965 umfasste. Diese Unterlagen tragen ein vierstelliges Aktenzeichen, dem noch Zusätze angefügt sein können wie Unterziffern oder Buchstaben (häufig "M"). Für diese Akten existiert ein Aktenplan, der die Aktentitel in systematischer Anordnung aufführt. Die zweite Abgabe erfolgte 15 Jahre später und betrifft die Zeit der 1960er bis 1980er Jahre. Inhaltlich umfasst sie nur Akten der Gruppe 4 "Soziale Angelegenheiten". Das Aktenzeichen ist zweigliedrig und besteht aus einer dreistelligen Zahl, getrennt mit Punkt und einer weiteren, bis zu dreistelligen Zahl. Diese Aktenzeichen beziehen sich auf einen gedruckt vorliegenden Aktenplan. Die letzte Lieferung erfolgte 2018 und umfasst restliches Material aus beiden Aktenschichten sowie Handakten und andere Unterlagen ohne Aktenzeichen. Thematisch steht bei diesen Unterlagen die Kreisreform im Vordergrund. Weiterhin sind Materialien zu der Verwaltungsreform der 90er Jahre und viele Fotos enthalten. Die im Bestand verwahrten Unterlagen bilden auf einer zentralen Ebene die Aufgaben und Probleme der Kreisverwaltung ab. Es geht sich um juristisch einwandfreie Regelungen, nicht um Einzelfälle. Die Nachkriegs- und Wiederaufbauzeit bis etwa 1965 werden durch die älteren Akten in allen Themenbereichen der Kommunalverwaltung abgedeckt, während für die spätere Zeit bis in die 1980er Jahre hinein die Überlieferung auf einen Bereich fokussiert ist, nämlich auf die "sozialen Angelegenheiten". Dieser Bereich war damals von zentraler Bedeutung. Die Kreisreform in den 70ern und die weitere Verwaltungsreform in den 90er Jahren bilden den Abschluss der Überlieferung. Die Erschließung erfolgte durch Anwärter und Referendare, teilweise auch durch Praktikanten unter Anleitung des Unterzeichneten über einen längeren Zeitraum, nämlich von Oktober 2015 bis Februar 2018. Die Erschließungstiefe blieb absichtlich relativ flach, da es sich um massenhaft angefallene, aber durch eine professionelle Registratur gut strukturierte Unterlagen handelt. Anhand der Aktenpläne wurden die Aktentitel überprüft, die Laufzeiten ermittelt und beigefügt, ebenso das Aktenzeichen und der Umfang. Nur gelegentlich waren besondere Inhalte in Enthält-Vermerken herauszustellen. Die Unterlagen wurden nach den erwähnten drei Ablieferungsschichten gegliedert. Eine Integration aller Unterlagen in eines der Gliederungssysteme war nicht möglich. Es fanden sich außerdem Vorprovenienzen zum Landkreistag aus der Zeit vor 1956, die in einem eigenen Kapitel als Vorakten vorangestellt sind. Die Gliederung des Findbuches orientiert sich weitgehend an den beiden vorliegenden Aktenplänen. Nur für die letzte Ablieferung musste eine Gliederung entworfen und eigearbeitet werden. Innerhalb der Kapitel werden die Titelaufnahmen gewöhnlich chronologisch gereiht. Bei umfangreicheren Kapiteln können sie nach dem Aktenzeichen, also in sachlicher Reihenfolge angeordnet sein. An der Ordnung und Verzeichnung des Bestandes wirkten im Einzelnen mit: die Teilnehmer des 54. Lehrgangs des gehobenen Archivdienstes Eva Ilisch, Valeska Martin, Niklas Rößler, Sandra Rosenbruch, Adrian Schneider, Florian Stabel, Natascha Wetzel, die Referendare des 51. wissenschaftlichen Lehrgangs Dr. Marion Baschin, Susanne Clauss, Nina Fehrlen-Weiss, Susanne Laux, Nils Meyer, Friedemann Scheck, David Schnur, Andreas Weber, die Praktikanten Johannes Nagel und Louis-David Finkeldei, sowie die Teilnehmer des 56. Lehrgangs des gehobenen Archivdienstes Margarethe Baumgartner, Dominique Frings, Julia Gernsheimer, Patric Hoch, Steffen Maisch, Tim Odendahl, Alexander Ploebsch und Lisa Weber. Die Betreuung der Arbeiten und die Abschlussarbeiten übernahm der Unterzeichnete. Der Bestand Q 3/27 "Landkreistag Baden-Württemberg" hat eine Laufzeit von 1956-1995, 2005 mit Vorakten ab 1913 und umfasst 5.194 Archiveinheiten in ca. 56,25 lfd. m. Stuttgart im März 2018 Dr. Peter Schiffer

3. Literatur: Wikipedia-Artikel Landkreistag Baden-Württemberg, https://de.wikipedia.org/wiki/Landkreistag_Baden-W%C3%BCrttemberg Homepage des Landkreistages: http://www.landkreistag-bw.de 50 Jahre Landkreistag Baden-Württemberg (=Schriftenreihe des Landkreistags Baden-Württemberg, Bd. 28), Stuttgart 2006

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Q 3/27
Extent
5.194 Büschel (ca. 67,00 lfd. m)

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Nachlässe, Verbands- und Familienarchive >> Verbands- und Familienarchive

Date of creation of holding
Vorakten ab 1913, 1956-1995, 2005

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Last update
20.01.2023, 3:09 PM CET

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • Vorakten ab 1913, 1956-1995, 2005

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