Bericht

Meldet sich Japan in der Außenpolitik zurück?

Angesichts von Tokyos schnellem und entschlossenem Handeln auf den 11. September stellt sich die Frage, ob Japan jetzt neue außenpolitische Zielsetzungen verfolgt oder ob diese in den Bahnen der bisherigen reaktiven Außenpolitik bleiben. Unter Berücksichtigung der außenpolitischen Aktivitäten Tokyos seit den neunziger Jahren und mit Blick auf die zur Zeit aktuell scheinende Betonung sicherheitspolitischer Faktoren kommt die Studie zu folgenden Schlußfolgerungen: Die auf den ersten Blick spektakulär anmutende Ausweitung des Aktionsradius japanischer Marineeinheiten (japanische Zerstörer operieren im Indischen Ozean) stellt nur eine konsequente Fortsetzung von sicherheitspolitischen Ansätzen dar, die bereits 1997 zur Revision der Verteidigungsrichtlinien geführt haben. Die bis dahin übliche, zeitraubende "parlamentarische" und innenpolitische "Auseinandersetzung" über Fragen der Verfassungskonformität der neuen gesetzlichen Maßnahmen fand diesmal kaum statt. Koizumi und seiner Regierung gelang es in Rekordzeit, einen juristischen Rahmen für Japans militärische Beteiligung an Antiterrormaßnahmen festzulegen."Neu" an dieser Außenpolitik (verstanden als Kombination außen- und sicherheitspolitischer Maßnahmen) Tokyos ist vor allem die Reaktion von Japans Nachbarn; die gewohnten Proteste aus dem Ausland waren verhalten (Korea) oder blieben ganz aus (China). Der bislang oft vorherrschende "bürokratisierte Pazifismus" Japans, der aus Sicht der USA die Allianz eher behinderte als stärkte, macht einem neuen "sicherheitspolitischen Realismus" Platz, der sich allerdings (noch) strikt im Rahmen des Sicherheitsvertrages manifestiert. Eine neue politische Rolle wird möglicherweise erst nach Überwindung der momentanen Konjunkturschwäche deutlicher werden. Sie könnte dann mit mehr Nachdruck und vor dem Hintergrund eines neugewonnenen sicherheitspolitischen Selbstverständnisses definiert werden. Mit Verblassen der Auswirkungen des 11. September könnte eine neue politische Rolle der "wieder erstarkten Wirtschaftsmacht Japan" (was mittelfristig eher unwahrscheinlisch ist) bei seinen Nachbarn dann zu Irritationen führen, wenn die sicherheitspolitische Partnerschaft mit den USA (durch Japan selbst oder durch seine Nachbarn) in Frage gestellt würde. (SWP-Studie / SWP)

Sprache
Deutsch

Erschienen in
Series: SWP-Studie ; No. S 15/2002

Klassifikation
Politik

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Tidten, Markus
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
(wo)
Berlin
(wann)
2002

Handle
Letzte Aktualisierung
10.03.2025, 11:42 MEZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Bericht

Beteiligte

  • Tidten, Markus
  • Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)

Entstanden

  • 2002

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